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nicht. Oder: hier hast du z. B. einen Menschen, von dem du ganz gewiß weißt, daß er nicht mit Christo in Zusammenhang steht, und er ist als Ehrenmann in jeder Beziehung zu bezeichnen. Hier hast du einen Menschen, der mit Christo sein möchte und überall tritt seine Schwäche hervor. Man sucht zu helfen und sagt: „Er ist unbewußt weit mehr von Christus beeinflußt, als wir glauben, während der andere ferner ist von Christus, als es den Anschein hat!“ Es kann möglich sein, daß eine Diakonisse einen Arzt kennen lernt, der weit treuer ist in seinem Beruf als der Geistliche. Oder: woher kommt das, daß dem einen nichts zuviel ist und dem andern leicht etwas zuviel wird? Gibt’s denn doch eine Sittlichkeit ohne Christus? Ja, es gibt eine Sittlichkeit ohne Christus, wie es heißt: „Wer nicht wider mich ist, der ist für mich.“ (Luk. 9, 50) Und dabei muß man auch noch sagen, daß man bei einem Christenmenschen weit schärfer sieht. Oder: ob denn wirklich dem Christentum noch eine Zukunft beschieden ist? Es ist doch nur ein scheinbarer Gewinn, was die Mission austrägt. Was sie draußen erarbeiten, verliert man innerhalb.

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 Solche Fragen geben weit mehr zu denken, als man manchmal sich gesteht. Das sind Rätsel; da ist ein einfaches Schweigen am Platze. Das sind Stunden der Versuchung, die über jeden Christen kommen müssen. Da will der Herr den Einfältigen es gelingen lassen. Er will sie bewahren in der Stunde der Versuchung. Er wird und will sie daran festhalten heißen, daß am Ende seine Wege alle klar sein werden. Mit einem Wort: Er will sie ein einziges lehren, was so schwer gelernt ist, das göttliche