Textdaten
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Autor: Franz Wallner
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Titel: Die grüne Insel in Wien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 346–350
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[346]
Die grüne Insel in Wien.
Eine Zufluchtsstätte deutschen Humors.
Von Franz Wallner.

Unter der Metternich’schen Polizeiregierung nannte der Volkswitz die zahllosen geheimen Spione, mit welchen alle Classen der Gesellschaft in Wien gespickt waren, „Naderer“, und der Warnungsruf: „Naderer da!“ ertönte sofort, wenn Jemand, der im Verdacht stand, ein solcher Söldling zu sein, in einem öffentlichen Local erschien. Auch „Spitzl“ (Spitz) hießen diese gefährlichen Handlanger [347] eines verhaßten Systems. Der Chef dieser Meute war ein „Hofrath Persa“, ein ebenso mißliebiger als gewaltthätiger, unangenehmer Patron.

Im Jahre 1827 machte derselbe durch einen Sturz aus dem Fenster seiner Wohnung in den Stadtgraben seinem Leben ein Ende. Ein schöner Pudel, das Lieblingsthier des Selbstmörders, sprang seinem Herrn nach, brach beide Vorderfüße, kam aber wunderbarer Weise noch mit dem Leben davon.

„Welche Gattung von Hund ist treuer,“ hieß es damals in Wien, „der Pudel oder der Spitz?“

„Natürlich der Pudel, da der Pudel des Hofrath Persa seinem Herrn aus dem Fenster nachsprang, während dies keinem seiner Spitzl eingefallen war.“

Die Wiener verziehen Persa sein Leben, weil sein Tod ihnen die Gelegenheit zu diesem seichten Witz gab, der den Weg vom Palast bis zur Hütte zurücklegte. Der letzte Gewaltgeniestreich Persa’s war die Auflösung der Ludlamshöhle in Wien am 26. April 1826. Die Ludlamiten, eine durchaus harmlose, aller Politik ferne Gesellschaft, bildeten einen Verein der heitersten und witzigsten Köpfe der Residenz und eine Merkwürdigkeit derselben. Einheimische und Fremde drängten sich zu diesem Tempel des höheren Blödsinns, zu dessen eifrigsten Priestern ein Grillparzer, Rückert, Holtei, Carl Maria von Weber, Saphir, Lewald, Castelli, Theodor Hell, Anschütz und noch viele Andere zählten, deren Namen guten Klang in der deutschen Kunstwelt hatten.

Castelli erzählt in seinen Memoiren das originelle Treiben der Ludlamiten in ergötzlichster Weise. Und doch wurde diese Gesellschaft, eine Gesellschaft, die öffentlich zusammen kam, in der jedes politische Wort aufs Strengste verpönt war, die aus den geachtetsten Männern der Residenz bestand, eine Gesellschaft, deren Dasein jedem Kind in Wien bekannt war, diese Gesellschaft wurde der damaligen Polizei verdächtig, und die Aufhebung derselben, wie Castelli erzählt, mit einem Aufwand von Zwangsmaßregeln bewerkstelligt, als ob es gälte, eine Bande von Räubern und Mordbrennern zu fangen. Man erbrach das Local, nahm jedes Stückchen Papier mit, confiscirte Bilder, Albums, Portraits, sogar die schwarze Ankündigungstafel, auf welcher die rätselhaften geheimnißvollen Worte standen: „Diesmal ist der Samstag an einem Sonntag“.[1] Zwei Polizeicommissäre mußten jedes der verdächtigen Mitglieder Morgens um sechs Uhr schon im Bette überfallen und ihm die Pistole des ersten Verhörs auf die Brust setzen. Unendlich komisch wirkte die Vernehmung des Oberhauptes (des Hofschauspielers Schwarz), welcher auf die dringende Frage, warum er zum Chef der Gesellschaft ernannt worden wäre, und auf die ernste Mahnung, die Wahrheit zu gestehen, wenn er sich nicht die größten Unannehmlichkeiten zuziehen wolle, ganz ernsthaft antwortete: „Er sei zum Oberhaupt der Ludlamiten ernannt worden, weil er unter Allen der Dümmste sei und eine schöne Tochter habe.“

Obwohl sich nicht ein gravirendes Atom bei der strengsten Untersuchung herausstellte, wurde doch die Auflösung der Höhle beschlossen, die lustigen Streiche hatten ein Ende, die Polizeigewalt war Sieger!

Ich erzähle diese Brutalität nur als Einleitung für meine heutige Skizze und als Beweis, was damals möglich war. Zahllose Versuche zur Gründung eines ähnlichen Vereins in dem lebenslustigen Wien schlugen fehl oder verwandelten sich in gewöhnliche Concertkränzchen mit der üblichen Fütterung der anwesenden Bratenbarden. Es kam kein rechter Zug in die Sache, bis einige humoristische Köpfe Wiens die „grüne Insel“ für sich eroberten, dies frische Eiland, auf welchem unter der rosigen Flagge der Heiterkeit und dem Panier des Frohsinns sich jene beigesellten, „die neben kunstreichem Wissen und frischem Muth auch ein Erbtheil überkommen haben alter Freudigkeit und Lust und diese hegen wollen in treuer Innung.“

Die barocke Form der launigen Satzungen, an denen alle, die der Insel angehören, treu festhalten müssen, dieses scheinbar kindische Spiel, welches die Bewohner der grünen Insel dem absoluten Willen des Großmeisters (Otto, der Grausambe) unbedingt unterwirft, hält das flotte Reich seit Jahren fest zusammen.

Was Wien an witzigen Köpfen, an hervorragenden Talenten zählt, versammelt sich an bestimmten Abenden an der Tafelrunde, und consumirt bei einem solchen Feste in ein paar Stunden mehr treffliche Scherze, als die übrige Gesammtbevölkerung Wiens während eines vollen Monats. Wer einmal einer solchen Versammlung beigewohnt, den überfällt in der Ferne manchmal dahin ein Heimweh, welches dem der Schweizer nichts nachgiebt.

In den „Satzungen“ kommen unter Anderem auch folgende Bestimmungen vor:

„Die Mitglieder der Rittergesellschaft ,grüne Insel’ bestehen aus dem Großmeister (als Vorsitzenden), Würdenträgern, darunter vier, welche mit dem Großmeister die Leitung besorgen, Comthuren, Rittern, Knappen, Troßbuben und den Dienstleuten der Würdenträger (Burgpfaff, Geheimschreiber, Archivar, Burggärtner, Büttel), und können nur Künstler aller Kunstzweige, Dichter und Gelehrte dem Verbande der Gesellschaft angehören. Jedes neue Mitglied tritt als Troßbube ein und wird nach seinen Verdiensten in höhere Grade befördert, hat sich einen mittelalterlichen Namen zu wählen, bei dem es (unter Strafe von 2 kr. für jeden Uebertretungsfall) von den übrigen Mitgliedern zu nennen ist; auch die Anrede mit Sie, und der Gebrauch eines Fremdwortes wird mit 2 kr. Strafe belegt.

Außer den angeführten Ordnungsstrafen kann die Strafe des Verließes, und zwar mit oder (bei Verschärfung) ohne Atzung, nach Ermessen des Großmeisters verhängt oder auf Anklage eines Mitgliedes gegen den Schuldigen verfügt werden.

Jedes Mitglied verpflichtet sich durch Handschlag: ohne Bewilligung des Capitels keinerlei Mittheilung über Vorträge, Verhandlungen, kurz das ganze Treiben der ‚grünen Insel‘ in öffentliche Blätter zu geben.“

Zu den ferneren Satzungen der Insel gehört es auch, daß Frauen und „Mägduleins“ der Besuch des Eilandes streng verwehrt ist, und nur einmal ließ sich der strenge Großmeister, nach langen und lebhaften Debatten, erweichen, „zwölf edlen Frawen und sittsamblichen Mägduls den Eintritt in diese sonst so geheimnißvoll verschlossenen Räume zu gestatten.“

Der feierlichen Erlaubniß wurde folgende Zuschrift beigelegt: „Reguln, so Ihr Euch danach zu benemben habt als da seyend:

1. Sullt Ihr kummen in schlichter Tracht.
2. In Euer Anred ziemt nur das ,Ihr’, gleichart Ihr auch von uns mit Euern Vornamen und dem ,Ihr’ sullet geheißen werden.
3. Ihr seyend unsere lieben Gäst und dahero nit verhalten uns zu erlustigen mit ein Vortrag.
Versammlungsort: die Albrechten Dürer Burg.
Versammlungstund: der Abend des 8. Martii,
am Tage Johannis von Gott, als man schrieb
im Jahre des Unheils, so Ihr angerichtet 1864,
unserer Regierung im ersten.
00Der Großmeister
Odo der Grausambe.

Am 27. Februar 1864.

Der Schriftwart
     Hans Max,
Comthur und Chronist.“

An diesem Abend prangte an langer Tafel, angethan mit allen Zeichen seines Ranges, im vollen Ornate der Großmeister, rund herum die Damen im schönsten Kranz zwischen den Rittern, Knappen und Troßbuben.

Die geniale Frau Heitzinger, die reizende Gabillon, die große Tragödin Rettich, die Tänzerin Friedberg, der ernste Dichter Halm neben dem allbekannten Komiker Fritz Beckmann, Carl la Roche und der Componist Flotow, Constantin von Wurzbach, Herausgeber des Schillerbuches und der Dichter der Eglantine, vis-à-vis dem echtesten Wiener, dem Redacteur des Fremdenblattes, daneben Heine, der Bruder des berühmten Heinrich, Mosenthal, die witzigen Schriftsteller Woyl und Grandjean; kurz wer zählt sie alle, die Lieblinge des Wiener Publicums, die da gekommen waren, um sich „einen Jux zu machen“.

Die Feier begann mit einer Ansprache des Großmeisters, worin er die Gäste unterrichtete:

Was wir Euch bieten? Freien Sinn vor Allen,
Ein froh Gemüth und kindisch lust’gen Schwank;
Wir sind der Kunst, der heiteren, Vasallen,
Und nicht an der modernen Lüge krank.

[348]

Was wir Euch bieten? Hofft nicht Pilgerinnen,
Nein, fürchtet nicht ein ewiges Concert;
Das habt Ihr draußen in der Welt; wir spinnen
Ganz andern Flachs an unserm Ritterheerd.

Laßt uns in blüh’nden Unsinn untertauchen,
In weltvergessende Freilebigkeit,
Zum Kitt der Herzen süße Thorheit brauchen,
Beherrscher und nicht Kinder unsrer Zeit!

So Ihr, geliebte Frauen, dies verstanden,
(Und Ihr versteht’s, das sagt mir Euer Blick)
Entfesselt selbst Euch von der Erde Banden,
Empfangt und gebt der weisen Thorheit Glück!

So waltet Eures Amtes, Ritter, Knappen,
Und seid des Rufes uns’rer Insel werth!
Und haltet rein ihr unbeflecktes Wappen,
Die Narrenkappe und das blanke Schwert.

Und froher Kumpanei als Gast
Dich ritterlich benommen hast!
Du hobst des Deckelglases Bürde
Mit ehrenfester, edler Würde,
Und was Du trankst, Bier oder Wein,
Es ließ Dich nie betrunken sein!
Doch wähne nicht, daß Du im Haufen
Der Ritter sitzest, um zu saufen.
O lieber Kämpe mein, mit nichten!
Wir haben auch noch andre Pflichten!
Die grüne Insel, schau’ Dich um,
Besteht aus einem Ritterthum,
Wo jeder Einzelne als Mann,
Sowie als Ritter etwas kann!
Was kannst denn Du? Du bringst viel mit;
Vor Allem bist Du gleich ein Schmied.
Und das ist gut, mein dicker Sohn,
Wir brauchen Deine Profession,
Dieweil in seinen alten Tagen
Schon mancher Ritter schlecht beschlagen

Die böhmischen Musikanten in der grünen Insel.
Maler Zampes. Souppé. Dr. Wacher. Maler Cramolini. Schauspieler Braumüller. Hofschauspieler Wagner. Fritz Beckmann.
Maler Swoboda.

Dies Programm wurde treulich festgehalten. Unser Bild, von dem überaus talentvollen Maler Swoboda, zeigt uns „einen Ritterschlag“ auf der grünen Insel, wo ein neuaufgenommenes Glied, Doctor Schmidt, umgeben von allen um den Thron versammelten Würdenträgern des Reiches, die Zeichen seines neuen Amtes empfängt, und im Namen „der Freundschaft, der Kunst und der Menschlichkeit“ den Ritterschlag erhält.

Von unbeschreiblicher Wirkung war die Ansprache des Großpriors (Beckmann) an den neuen Ritter, Vortrag und Text bildeten ein urkomisches Ensemble und riefen ein Lachen hervor, daß die Wände dröhnten.

Wir lassen die Anrede zugleich als Muster des Tones folgen, der auf der Insel herrscht:

Ein Wort an Dich, zwei an die Bande!
 Mein Sohn!
Man hat zum Ritter Dich geschlagen,
Dieweil Du stets bei Trinkgelagen
An Geist, an Witz und frommen Sitten,
D’rum taugst Du her in uns’re Mitten.
Will hoffen, daß Du Curschmied bist,
Was sonderlich von Nutzen ist,
Da unser Insel-Dichtergaul
Oft flügellahm und hufefaul!
Magst zuseh’n, wie man das curirt,
Damit das Vieh uns nicht krepirt!
Zum engen Bund in Lust und Frieden
Magst Du als Schmied die Ketten schmieden!
Du dicker Gauch bist auch ein Sänger,
Und zwar ein Baß, der treibt’s noch länger,
Als Bariton und Tenoristen,
Dieweil er auf den Krankenlisten
Nur dann gewöhnlich steht zu lesen,
Wenn Nachts vorher er Lump gewesen.
Wohlan, als Sänger ehrt Dich hoch
Die Insel. Du hast’s tiefe „doch“.
Sei hier Sarastro und sing süß,
Wenn Einer kommt in’s Burgverließ,
Was auch in unsern heil’gen Hallen

[349]

Damen-Capitel am 8. März 1864.
Der Ritterschlag.
Nach einer Originalzeichnung vom Maler Swoboda in Wien.

[350]

Schon ziemlich häufig vorgefallen.
Hier kennt man Rache wirklich nicht.
Und wenn ein Ritter Dummes spricht,
Zahlt er zwei Kreuzer Unsinnsteuer,
Dann ist er, nach wie vor, uns theuer.
Du bist in Mußestunden Jäger,
Bist Waidsackschlepper, Flintenträger,
So Einer, der im Wald verknöchert,
Mit grobem Schrot die Luft durchlöchert!
Ich kenne das [2] – in meiner Nähe
Erschrecken auch gar oft die Rehe,
Und wenn ein Hase mich nur wittert,
So flieht er weit davon und zittert!
Sei, Bruder Nimrod, uns willkommen,
Ein Jäger wird gern aufgenommen.
Hier ist das Wild: Humor und Witz,
In diesem Sinn’ sei Insel-Schütz.
Du bist ja endlich, wackrer Gauch,
So wie wir wissen, Doctor auch;
Und noch dazu ein Mediciner,
Von Aeskulap ein flücht’ger Diener,
Der weislich vorzog, brav zu singen,
Statt Menschen künstlich umzubringen.
Die Insel dankt Dir feierlich,
Denn dieser Tausch war ritterlich!
Somit bist Du mit Glanz und Ruhm
Qualificirt zum Ritterthum!
Und weil gegeben das Capitel
Von Hatto Dir den Rittertitel,
Schlägst in mein Fach Du offenbar,
Dieweil der Hatto Bischof war!
Daß den die Mäuse einst gefressen,
Das hast Du Sohn wohl nicht vergessen.
Nun denke Dir, welch’ saft’ge Speise
Du selber wärest für die Mäuse.
Das wär’ ein Speck, wenn Dich und mich
Die Mäuse theilten unter sich!
D’rum laß fromm leben uns auf Erden,
Damit wir nie gefressen werden!
Erfülle Deine Ritterpflicht,
Und heißt es: Sing’, so spreiz Dich nicht!
Sonst ist die Strafe Dir gewiß
Und Du brummst dann im Burgverließ!
Ihr aber, Inselritter all’,
Quält ihn mir nicht in jedem Fall;
Glaubt nicht, daß, weil er ein Bassist,
An ihm nichts zu verderben ist.
Treibt nie mit einem Sänger Scherz,
Denn glaubt: er fühlt wie Ihr den Schmerz.
Und selbst ein Riesenbaß wird toll,
Der trinken will, und singen soll!
Und nun, mein Sohn, stärk Deine Glieder,
Geh hin in Frieden, setz’ Dich nieder,
Sei brav als Ritter, lieb’ die Damen,
Zeig Dich der Insel würdig. Amen!

Nach dieser Amtshandlung folgte eine Scene heiteren Blödsinns der anderen. Das kleinere Bild veranschaulicht uns eine solche in der Production einer Bande herumwandernder böhmischer Musikanten und erklärt sich von selbst. Nicht schildern aber läßt sich, ohne es gehört zu haben, der überaus komische Vortrag des von Suppé componirten Musikstückes, in welchem Beckmann als Flötenvirtuose die erste Stimme spielt. Ströme von Lachthränen, ein seltener Artikel in unserer „ernsten Zeit“, werden vergossen, und nicht eher legt sich der brandende Applaus, bis die Künstler ihre Leistung wiederholen.

Der Großmeister und der Narr (Otto Prechtler und Grandjean[3] brachten nun eine parodirende Scene „nach Anregungen in Schiller’s Don Carlos“ durch Ernst und Würde im Vortrag zur vollen Geltung. Großmeister Philipp ruft dem Posa Zeitungsschreiber vergebens zu:

 „Dies Feuer
Ist lobenswerth. Ihr möchtet Gutes stiften.
Wie Ihr es stiftet, kann dem Patrioten,
Dem Narren gleichviel heißen. Suchet Euch
Den Posten aus in meinem Inselreiche,
Der Euch berechtigt, diesem edlen Triebe
Genug zu thun.“

Dieser antwortet kühnen Muthes:

„Ich finde keinen.
Die Zeitung in der Hand hier Spaß verbreiten
Ist mir genug. Nach Höh’rem streb’ ich nicht.
Des Priors frommer Sinn ist mir nicht eigen,
Und nicht die Demuth des Almoseniers,
Zum Büttel fehlt das Ohr mir und die Faust,
Als Castellan zerreiß ich zu viel Stiefeln,
Als Kanzler brauch ich zu viel Briefpapier,
Als Säckelmeister dauern mich die Ritter,
Den Monatsbeitrag sammeln, das ist bitter.
Otto der Grausame, schau, sekir mich nicht!
Nur keinen Stempel, bitt’ ich, auf die Zeitung,
Den Stempel der Empfindlichkeit. Verworfen
Sind alle Stempel, welche diesem gleichen,
Denn was dem Schatze frommen kann, ist das
Auch mir genug? O nein, ich muß
Mich weigern, diese Stempel auszugeben.
Jetzt wißt Ihr es, hier steh ich – sperrt mich ein.“

Großmeister (etwas rasch):

„Ihr seid ein dummer Kerl.“

Narr (nach einigem Bedenken):

„Ihr Glaube, Sire, ist auch der meinige“ (nach einer Pause):
„Ich werde mißverstanden,
Das war es, was ich fürchtete“ etc. etc.

Erst das Tagesgrauen scheucht die Gesellschaft und die Geister froher Laune auseinander. Ich weiß recht wohl, daß ich mit meiner Schilderung weit hinter dem Eindruck zurückbleibe, den das originelle Treiben auf der grünen Insel auf jeden Besucher hervorruft, und verweise nochmals auf die beigegebenen Illustrationen, die ein viel besseres Bild von demselben geben, als meine arme Feder zu zeichnen vermag. Möge das österreichische Eiland des deutschen Humors auch in Zukunft grünen und blühen und diese Zeilen als Dankesspende hinnehmen für die vielen unvergeßlich frohen Stunden, welche Schreiber derselben dort verlebt hat!

  1. Der Versammlungstag war für diese Woche vom Sonnabend auf Sonntag verlegt worden.
  2. Beckmann ist passionirter Jäger, der aber öfter „ein Loch in die Natur schießt“, als dem Wilde gefährlich wird.
  3. Grandjean ist zugleich Redacteur und einziger Mitarbeiter der überaus witzigen Inselzeitung; Otto Prechtler, der bekannte lyrische Dichter, handhabt die Großmeisterwürde mit einer Fülle von parodirendem Ernst in ergötzlichster Weise.