Die gewebten Tapeten. (Woermann 1887)

Textdaten
<<< >>>
Autor: Karl Woermann
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die gewebten Tapeten
Untertitel:
aus: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Dresden (1887)
Herausgeber: Generaldirection der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Druck von Wilhelm Hoffmann
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Dresden
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[818]
Dritter Abschnitt.




Die gewebten Tapeten.




Die gewebten Tapeten sind im Kuppelsaal der Königlichen Gemäldegalerie aufgehängt. Die altniederländische Folge nimmt die untere, die Raphaelische Folge die obere Reihe ein.


I. Altniederländische gewebte Tapeten.

Es sind sechs reich mit Goldfäden durchwirkte Wandbehänge aus dem Anfange des XVI. Jahrhunderts. Die erste Gruppe derselben bilden die zusammengehörigen vier grösseren a, b, c, d, die zweite Gruppe die ebenfalls zusammengehörigen zwei kleineren e, f. – Die Künstler, welche die Vorlagen zu diesen Geweben geschaffen, stehen nicht fest. Bei den vier grösseren hat man an Quinten Massys (vor 1460–1530) gedacht; vielleicht nicht mit Unrecht; jedenfalls gehören sie der Zeit- und Schulrichtung dieses Meisters an; die beiden kleineren zeigen eine schwächere Hand; wegen der Eulen im Rande der einen derselben diese oder gar einige der grösseren dem Hendrik Bles, dessen Merkzeichen die Eule war (Civetta; oben S. 267), zuzuschreiben, wie Alfr. Michiels wollte, liegt stilistisch nicht der mindeste Grund vor. – Seit wann diese altniederländischen Wandbehänge sich im Besitze des sächsischen Königshauses, dessen Eigentum sie sind, befinden, ist nicht ermittelt. Sie wurden zuerst 1790 vom Hausmarschall Freiherrn von Racknitz an’s Licht gezogen, gerieten dann aber in Vergessenheit. Erst [819] 1854 wurden sie zufällig in den Zimmern der Garde-Meubles im Brühl’schen Palais wieder aufgefunden und dann, bei Eröffnung des neuen Museums, diesem zur Aufbewahrung und zur Ausstellung im Kuppelsaale überwiesen.

a) Die Kreuzigung.

In der Mitte das Kreuz, an dem, leicht nach links gewandt, von langbekleideten Engeln umflattert, der sterbende Heiland hängt. In tiefem Schmerze umringen seine Angehörigen und Freunde das Kreuz, dessen Stamm Maria Magdalena umfängt. Die Mutter des Heilands bricht links, von zwei Frauen gestützt, in sich zusammen. Rechts zeigt die hl. Veronica zwei Männern das Schweisstuch. Johannes steht, weiter zurück, ganz zur Linken. – Der Rand besteht aus einem von Flügelknäbchen belebten Blumengewinde.

H. 3,36; br. 3,29.

b) Die Kreuztragung.

Rechts das Thor, aus dem der lebhaft bewegte Zug, nach links gewandt, herauszieht. Vorn in der Mitte stürzt Christus im Goldgewande, sich mit der rechten Hand aufstützend, unter der Last des Kreuzes zu Boden. Das Antlitz wendet er nach rechts zurück, wo die hl. Veronica mit ihrem Schweisstuche steht. Nach links sucht ein Henker ihn am Stricke emporzuziehen. Ganz rechts bricht Maria in Johannes’ Armen zusammen. – Den Rand bildet ein Blumen- und Traubengewinde.

H. 3,44; br. 3,38.

c) Die Anbetung der Hirten.

Links der vorn geöffnete, mit einem Holzdach versehene Stall, über dem der Stern steht. Rechts die Landschaft, aus welcher die Hirten heranziehen. Links im Stalle kniet Maria, nach rechts gewandt, an der Krippe, in welcher das Christkind liegt. Hinter ihr kniet, auf seinen Stab gestützt, einer der anbetenden Hirten. Andere musiciren ganz links vor den Fenstern. Die meisten aber drängen sich rechts im Vordergrunde. – Den Rand bildet ein Blumen- und Traubengewinde.

H. 3.47; br. 3,36.

d) Die Himmelfahrt Christi.

In der Mitte hat der Heiland, von vorn gesehen, sich, gen Himmel schwebend, gerade [820] von dem Felsen erhoben, den die Zurückbleibenden, welche ihre Hände teils dem Heiland nachstrecken, teils zum Gebete erheben oder erstaunt und geblendet an die Stirn legen, knieend umringen. Unter den Aposteln kniet rechts vorn, fast von hinten gesehen, des Heilands Mutter. – Den Rand bildet ein Blumen- und Traubengewinde.

H. 3,42; br. 3,33.

e) Die Himmelfahrt Christi.

Christus schwebt, als Halbfigur sichtbar, mit dem Kreuzesstabe in der Rechten, schon oben in den Wolken. Die Apostel umknieen unten in lebhafter Bewegung die heilige, mit bunten Blumen gefüllte Stelle. – Den Rand bildet ein reiches, loses Gewinde von Blumen, Früchten und Vögeln, in dem unten an jeder Seite ein Papagei sitzt.

H. 2,96; br. 2,88.

f) Das Abendmahl.

In einer Halle, durch dessen Bögen man in’s Freie hinausblickt, sitzt Christus, von vorn gesehen, an der Mitte der Tafel unter einem Thronhimmel. Johannes liegt rechts an seiner Brust. Die übrigen Apostel füllen, die vordere Mitte freilassend, beide Seiten der Tafel. – Den Rand bildet ein reiches, loses Gewinde von Blumen, Früchten und Vögeln. Unter den letzteren in der Mitte links und rechts je eine Eule, unten links und rechts je ein Papagei.

H. 3,05; br. 2,84.

II. Die Raphaelischen Tapeten.

Es sind Wiederholungen von sechs der zehn Wandbehänge mit Darstellungen aus der Apostelgeschichte, welche Leo X. nach den 1515–1516 von Raphael in Rom gemalten Cartons in Brüssel für die Wände der Sixtinischen Capelle des Vaticans weben liess. – Sieben der zehn Original-Cartons Raphael’s, unter ihnen die sechs zu unseren Tapeten, haben sich erhalten und werden im South-Kensington-Museum zu London aufbewahrt. – Die ursprünglichen zehn Gewebe, welche mit Goldfäden durchwirkt sind, befinden sich gegenwärtig im vaticanischen Museum. Gute alte Wiederholungen, ebenfalls noch mit Gold durchwirkt, befinden sich in der Rotunde des Berliner Museums; andere [821] im Königlichen Palaste zu Madrid, in Wien und in der Kathedrale zu Loreto. – Unsere sechs ohne Goldfäden gewirkten Tapeten, deren mit Apostelgestalten, mit Cartouchen, Relief-Darstellungen, Fruchtgewinden und Putten links, rechts und oben geschmückte Ränder nicht auf Zeichnungen Raphael’s zurückgeführt werden können, sondern auf’s siebzehnte Jahrhundert hinweisen, sind offenbar erst in dieser späteren Zeit entstandene, wahrscheinlich in England gewebte Wiederholungen. Aus England kamen sie ganz zu Anfang des vorigen oder Ende des XVII. Jahrhunderts in den Besitz des Kardinals Fürstenberg in Paris. Aus dessen Nachlass erstand der Premierminister und Feldmarschall August’s des Starken, Jakob Heinrich Graf von Flemming, sie 1723 für weniger als 3000 Thaler; August der Starke aber kaufte sie ihm 1728 für 12 000 Thaler ab. – Später gerieten sie in Vergessenheit. Erst im Jahre 1790 wurden sie vom Hausmarschall Freiherrn von Racknitz wieder aufgefunden; sie wurden nun in einem Saale des Brühl’schen Palais aufgestellt und dem Publicum zu gewissen Zeiten zugänglich gemacht; einen allgemein zugänglichen, ihrer würdigen Platz aber fanden sie erst als nunmehrige Bestandteile der Königlichen Gemäldegalerie im Kuppelsaale des Semper’schen Museumbaues.

g) Die Heilung des Lahmen.

Apostelgeschichte Cap. 3, v. 1. Der Vorgang spielt in der Tempelvorhalle unter den mächtigen gewundenen Säulen, zwischen denen das Volk in verschiedenen Gruppen sichtbar ist. In der Mitte zwischen den beiden vorderen Säulen stehen Petrus und Johannes; vor ihnen am Boden hockt der Lahmgeborene, dem Petrus, ihn heilend, die Hand reicht. Ein zweiter Krüppel harrt links vorn. – Oben im Rande links Petrus, rechts Johannes.

H. 4,23; br. 6,35.

h) Die Bestrafung des Elymas.

Apostelgeschichte Cap. 13, v. 6–12. In der Mitte, leicht nach links gewandt, thront der Landpfleger. Links vorn, nach rechts gewandt, greift der infolge seines Streites mit Paulus plötzlich erblindete Zauberer Elymas tastend in die Luft. Hinter ihm die Zuschauer. Unter dem Throne des Landpflegers die Inschrift: L. SERGIVS PAVLVS ASIAE PROCOS: CHRISTIANAM FIDEM AMPLECTITVR PAVLI PREDICATIONE. – Die rechte [822] Hälfte der Composition Raphael’s zu dieser Tapete, welche Paulus zeigt, wie er gebietend und wunderwirkend die Hand gegen Elymas ausstreckt, fehlt unserem Exemplar. – Oben im Rande links der Apostel Simon, rechts Matthäus (?).

H. 4,23; br. 3,30.

i) Das Opfer zu Lystra.

Apostelgeschichte Cap. 14, v. 8 bis 18. Rechts auf den Stufen des Hauses stehen Paulus und Barnabas. In der Mitte die Vorbereitung des Opfers, das die Heiden ihnen schlachten wollen, weil sie sie ihrer Wunderthaten wegen für Jupiter und Merkur halten. Links in der Volksmasse der Geheilte, welcher die Hände anbetend erhebt. – Oben im Rande links der Apostel Jacobus minor (?), rechts Judas Thaddäus.

H. 4,23; br. 6,35.

k) Der wunderbare Fischzug.

Evang. Lucae Cap. 5, v. 1 bis 11. Vorn rechts das Boot, in dem der Heiland nach links gewandt sitzt, Petrus sich vor ihm auf die Kniee wirft, Andreas mit hingebender Geberde hinter seinem Bruder steht. Links das Boot, an dessen Steuer ein Mann mit nacktem Oberkörper sitzt, während zwei Fischer im Begriffe sind, das schwere Netz mit kräftigen Armen in’s Boot zu ziehen. Links vorn am Ufer einige Kraniche. – Oben im Rande links der Apostel Barnabas (?), rechts Bartholomäus.

H. 4,23; br. 5,00.

l) „Weide meine Schafe!“

Evang. Johannis Cap. 21, v. 15 bis 24. Rechts steht, von vorn gesehen, der Auferstandene in weissem Gewande neben seinen Schafen. Vor ihm kniet Petrus, die Weisung empfangend. Links stehen die übrigen Apostel in der Landschaft. – Oben im Rande links der Apostel Thomas, rechts Philippus.

H. 4,23; br. 6,15.

m) Des Paulus Predigt in Athen.

Apostelgeschichte Cap. 17, v. 22 ff. Rechts auf der Treppe steht Paulus, nach links gewandt, mit erhobenen Händen predigend. Unten stehen links vorn, rechts weiter zurück, die andächtig und bewegt lauschenden Zuhörer. – Oben im Rande links der Apostel Andreas, rechts Jacobus major.

H. 4,23; br. 5,25.