Textdaten
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Autor: Max Bernstein
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Titel: Die böse Grethe
Untertitel:
aus: Die zehnte Muse. Dichtungen vom Brettl und fürs Brettl. S. 278–279
Herausgeber: Maximilian Bern
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Otto Eisner
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
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Quelle: Commons = Google-USA*
Kurzbeschreibung:
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[278]

Die böse Grethe.

Der Vater tot, die Mutter tot –
Wer hilft mir in der Not?
Nicht eine Seele kennt mich noch –
Und leben muss ich doch!

5
Mein gold’nes Kreuzchen hier –

Wer giebt mir ’was dafür?

»Arbeite!« der Herr Pfarrer spricht;
Doch Arbeit giebt es nicht.
Ich bin gegangen Tag um Tag:

10
Ist keiner, der mich mag?

Die fleissigen Hände hier –
Wer giebt mir ’was dafür?

Ich hab’ die ganze letzte Nacht
Gebetet und gewacht.

15
Heut über Tag war’s bitter kalt …

Ich wollt’, ich stürbe bald.
Denn so … wem liegt an mir?
Wer giebt mir ’was dafür?

Nun sitz ich da so still und stumm –

20
Mir geht im Kopf ’was um.

Das Restchen Kerze flackert sehr –
Ich hab’ kein and’res mehr …
Thu ich’s, so thu ich’s mir –
Wer giebt mir ’was dafür?

25
Da kommt der Hans, der liebe Hans, –

Er holt mich ab zum Tanz.

[279]

Es ist nicht gut, es ist nicht schön,
Ich sollt’ nicht mit ihm geh’n.
Doch bleib ich einsam hier –

30
Wer giebt mir ’was dafür?


Um Mitternacht – der Tanz ist aus –
Er geht mit mir nach Haus.
Nehm’ ich ihn mit in’s Stübchen ein?
Ach nein, das darf nicht sein,

35
Doch weis’ ich ihm die Thür’ –

Wer giebt mir ’was dafür?

Ja, Du bist schön, und ich bin jung,
Und das ist mir genung.
Die Welt ist schlecht, und ich bin schlecht.

40
Und es geschieht nach Recht.

Wer dankt mein Leben mir?
Wer giebt mir ’was dafür?


Max Bernstein.