Lied der Enterbten
Lied der Enterbten.
Mein Vater war ein Trunkenbold,
Er schlug mich, dass ich betteln sollt!
Mir blieb zum Trost die Mutter nur;
Die Mutter, die Mutter war eine Hur!
Kein guter Bissen mich hat gelabt;
Für mich sind nicht die zehn Gebot;
Das erste, was ich stahl, war – Brot!
Sie haben mich zur Schul gebracht,
Sie wollten nicht sitzen neben mir;
Ich schien mir selbst ein unrein Tier!
Ich lief durchs Land auf blutiger Sohl,
Und war ich satt, so wars mir wohl.
Als mich der Büttel im Dorfe fing.
Weiss nicht mehr, wanns zuerst geschah,
Dass ich dem Richter ins Auge sah.
Ich log ihn an, er schalt mich aus;
Ein bischen Lieb und Sonnenschein
Hätten mir Retter können sein!
Ach Gott, man war mir ungelind
Und nannte mich ein Teufelskind!
Und aus dem Kinde ward sein Knecht!
Die Hölle lacht mir im Gesicht,
Wenn aus der Scheuer die Lohe bricht!
Ich hass’ das Volk in Stadt und Land;
Und heut erst hab ich, wie zum Trost,
Ein kleines Bettelkind gekost. –
Wir sind enterbt auf weiter Welt
Wie Laub, das von den Bäumen fällt!
Der Sturmwind jagt uns durch das Land!
Begrabt mich lebend, schliesst mich ein,
So ıst doch eine Zelle mein!
So will ich grübeln in enger Haft,
In Bibel und Gesangbuch still
Sonntags ich buchstabieren will
Und warten, ob mirs wiederfährt,
Dass Einer kommt, der mich bekehrt!