Die Zeit beräuchert ein Gemälde

Die Gemäldeschlacht W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Zweite Abtheilung (1840) von Franz Kottenkamp
Die Zeit beräuchert ein Gemälde
Das Ende aller Dinge
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Die Zeit beräuchert ein Gemälde.
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DIE ZEIT BERÄUCHERT EIN GEMÄLDE.
TIME SMOKING A PICTURE.

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Die Zeit beräuchert ein Gemälde.
(Time smoking a picture.)




Den vorhergehenden Blättern schließt sich das beiliegende an, indem es den Gedanken ausdrückt, seitdem die Kunst in Mode gekommen, pflege man die italienischen und niederländischen Gemälde wegen ihres Alters den neueren vorzuziehen. Wie man übrigens auch aus Horace Walpole sieht, war es damals bei sogenannten Kunstkennern die herrschende Meinung, durch Alter werde das Colorit milder und harmonischer und die Bilder somit auch werthvoller. Dieser Peer sucht wenigstens seine Zeitgenossen eines andern zu belehren, und erweist, daß nur Stümper in der Kunstkenntniß sich beim Ankauf in solcher Art anführen lassen. Hogarth stellt den Gedanken in seiner Weise eindringlich dar.

Der ehrwürdige Saturn ertheilt einem Gemälde den höheren Werth, indem er es aus allen Kräften mit Taback beräuchert, um jene kostbaren sanften Tinten hervorzubringen, welche den höheren Werth erschaffen. Kunstsammler mögen ihn nachahmen, und neuere Gemälde, wie Schinken, in den Rauchfang aufhängen, um ihre Kunden besser bedienen zu können. Das Gemälde selbst ist durchaus charakterlos. Es stellt eine Haide dar mit zwei Bäumen. Als Staffage dient ein Weib, welches Holz trägt, und ein todtes Huhn. Saturn, der es wegen jener Procedur an der Wand genommen und auf eine Staffelei gestellt hat (den Haken, woran es aufgehängt war, hält er noch in der Hand), verbessert diese Mängel in noch höherem Grade, indem er mit seiner Sense ein Loch hineinreißt. [920] Um ferner dem Ruß des Rauches eine glänzendere Tinte zu ertheilen, steht ein Topf mit der Inschrift: Firniß (Varnish), daneben. Die abgebrochene Hand eines antiken Torso weist darauf hin, als nothwendiges Erforderniß, um den Kunstwerth der sanften oder vielmehr räucherigen Tinten durch Glanz zu erhöhen. Der Torso selbst, dessen abgebrochener Kopf übrigens eben so arg verstümmelt ist, wie jene Elgin-Marbles, an denen Byron den Mangel der Nasen hervorhebt[1], dient dem ehrwürdigen Saturn zum Sessel. Die Verstümmelung und das Alter hat ihm den Werth ertheilt, denn Hogarth hat den Vers darunter gesetzt:

A statues moulder into worth.
Wie Statuen bis zur Trefflichkeit verwittern.

Die Krämerei mit Antiken bei unwissenden Liebhabern hat der Künstler hier im Auge gehabt, denn er hegte vor der alten Kunst eine höhere Achtung, ob er gleich auch einen Theil derselben, die Säulen-Ordnungen der Architectur, in den „Perrücken-Ordnungen“ verhöhnte. In der Analysis of Beauty spricht er nämlich über die antike Sculptur in anderer Art, wie er hier dergleichen Reste mit dem Griffel bezeichnet.

Die andern Inschriften erklären sich in Bezug auf den Stoff von selbst. Unter dem Gemälde steht:

Χρὀνος γἀρ ον τἐκτων σόφος
Άπαντα δ εργαξὸμενος ὰςδενἐστερα
Kein weiser Künstler ist die Zeit,
Der jeglich Ding als schwächlicher erschafft.

Hogarth verstand kein Griechisch, und ist auch so ehrlich gewesen, den Ort, woher er den Vers genommen, anzugeben, nämlich Addison’s spectator II., 83, wo auch die englische Uebersetzung dabei steht. Aus welchem antiken Schriftsteller die Verse genommen sind, ist hier gleichgiltig. Im Spectator werden sie als ein Fragment des Comikers Crates angegeben.

Die englischen Worte, die unter dem Blatte stehen, sind für Hogarth’s Malerei charakteristisch. Sie lauten:

To nature and yourself appeal
Nos learn of othors wat to feel.

An die Natur und an Dich selbst mußt Du Dich halten,
Laß Andr’ im Fühlen nie als Lehrer walten.

Die Zeichnung sollte anfänglich den Subscriptionsschein zur Sigismunda bilden. Ihre Bedeutung in Bezug auf dies verunglückte Bild Hogarth’s bedarf wohl keiner Erläuterung.




  1. A noseless Lord brought noseless blocks,
    To show what time can do and what the pox.