Die Marktweiber in der Stadt (Hebel, 1803)

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Siehe auch: Die Marktweiber in der Stadt (Werkausgabe 1834)
Textdaten
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Autor: Johann Peter Hebel
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Titel: Die Marktweiber in der Stadt
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aus: Allemannische Gedichte, S. 76–81
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Erscheinungsdatum: 1803
Verlag: Macklots Hofbuchhandlung
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons
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[76]
Die Marktweiber in der Stadt.

     I chumm do us ’s Rothshere Hus,
’s isch wohr, ’s sieht proper us;
doch ischs mer, sie heigen o Müeih und Noth
und allerlei schweri Gidanke,

5
          „Chromet süssen Anke!“

wies eben überal goht.

     Jo weger, me meint in der Stadt
seig alles sufer und glatt;
die Here sehn eim so lustig us,

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und ’s Chrütz isch ebe durane,

          „Chromet jungi Hahne!“
mengmol im pröperste Hus.

[77]

     Und wemme gchämpft muß ha,
gohts, meini, ehnder no a

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im Freie dusse, wo d’ Sunn o lacht;

do innen ischs zum Bitrüebe;
          „Chromet geli Rüebe!“
Sie hen schier alliwil Nacht.

     Früeih, wenn der Tag verwacht,

20
was ischs nit für e Pracht!

Der lieb Gott, meintme, well selber cho,
er seig scho an der Chrischone,[1]
          „Chromet grüni Bohne!“
und chömm jez enanderno.

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     Und d’ Vögeli meines o,

sie werde so busper und froh,
und singe: „Herr Gott dich loben wir“
und ’s glitzeret ebe z’send ane;
          „Chromet jungi Hahne!“

30
’s isch wohr, me verlueget si schier.
[78]

     Und faßt e frische Muth,
und denkt: Gott meints jo gut,
sust hätt der Himmel kei Morgeroth;
er willis nummen o üebe;

35
          „Chromet geli Rüebe!“

mer bruche ke Zuckerbrod.

     Und innewendig am Thor
se hen sie d’ Umhäng no vor,
’s isch ebe no alles still und tod.

40
Und ziehn sie der Umhang fürsi,

          „Chromet schwarzi Chirsi!“
se sehn sie kei Morgeroth.

     Drum merke sies selber schier,
und chömme zum Pläsir

45
ufs Land, und hole ne frische Muth

im Adler und bym Schwane;
          „Chromet jungi Hahne!“
üs stünd jo d’ Stadt wol gut!

[79]

     Und doch meint so ne Her,

50
er seig weiß Wunder mehr,

aß üsers gattigs und bschaut ein nit.
es dunkt mi aber, er ir si;
          „Chromet süssi Chirsi!“
mer tuuschte wegerli nit.

55
     Rich sin sie, ’s isch kei Frog,

’s Geld het nit Platz im Trog;
thut üser eim e Büeßli weh,
Verbause sie Dublone,
          „Chromet grüni Bohne!“

60
und hen no alliwil meh.


     Was chost en Immis nit?
’s heißt numme: Mul, was witt?
Pastetli, Strübli, Fleisch und Fisch,
und Törtli und Makrone;

65
          „Chromet grüni Bohne!“

der Platz fehlt uffem Tisch.

[80]

     Und erst der Staat am Lib!
me cha’s nit seh vor Chib.
Jo wedelet numme, d’ Stroß isch breit,

70
mit eue Junten! I thätich –

          „Chromet zarti Retich!“
i hätt schier gar näumis gseit.

     Doch isch eim ’s Herz bitrübt,
se gib em, was em bliebt,

75
es schmekt em nit und freut en nit;

es goht eim wie de Chranke;
          „Chromet süssen Anke!“
Was thut me denn dermit?

     Und het me Chrütz und Harm,

80
sen isch me ringer arm;

me het nit viel, und brucht nit viel,
und isch doch sicher vor Diebe;
          „Chromet geli Rüebe!“
z’lezt chuunt men o zum Ziel.

[81]
85
     Jo gell, wenns Stündli schlacht?

He jo, ’s bringt jedi Nacht
e Morgen, und me freut si druf.
Gott het im Himmel Chrone;
          „Chromet grüni Bohne!“

90
Mer wen do das Gäßli uf.

Anmerkungen

  1. Alte Kirche auf einem Bergrücken.