Die Gartenlaube (1867)/Heft 31
Ein feiner Sonnenstrahl, der durch das wilde Weinlaub des schattigen Ganges spielend auf und ab geglitten war, erlosch plötzlich – es wurde Abend. Felicitas erinnerte sich, daß sie auf ihrem Posten sein müsse, bevor Frau Hellwig in den Garten käme, und bat deshalb um die Erlaubniß, sich entfernen zu dürfen. Die Hofräthin entließ sie mit einem warmen Händedruck, und nach wenig Augenblicken stand sie drüben im Garten und hatte die kleine Anna auf dem Arm. Bald darauf kam auch Friederike; sie trug einen schweren Korb voll Geschirr und sah sehr erhitzt aus.
„Vor einer Stunde sind sie angekommen!“ rief sie beinahe athemlos und sichtbar ärgerlich, indem sie ihre Last niedersetzte. „‘S ist wahr, so kunterbunt wie jetzt ist’s noch nie bei uns zugegangen! … Die Madame sagt mir, wie noch der Wagen über den Markt ‘rüber kommt, es solle nun in der Stadt gegessen werden; ich richte auch im guten Glauben Alles vor – da heißt’s auf einmal wieder, der Professor wolle partout in den Garten, und da bin ich nun so gut, packe die ganze Wirthschaft zusammen und schleppe sie da heraus.“
Damit rannte sie nach einem Beet und schnitt einige Salatköpfe ab.
„Es hat Spectakel drin gegeben, einen gottheillosen Spectakel!“ sagte sie leise, während Felicitas in der Küche neben ihr stand und den Salat putzte. „Die Madame hatte noch nicht einmal recht Guten Tag gesagt, da war auch ihr erstes Wort die Testamentgeschichte… Höre, Caroline, so fuchswild wie heute hab’ ich unsre Madame in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen! Der junge Herr brachte aber auch närrisches Zeug auf’s Tapet; meinte er doch, die alte Tante sei eine Ausgestoßene gewesen, Niemand in der Familie hätte sich um ihr Leben und Sterben gekümmert, und da sähe er gar nicht ein, warum sie den Leuten, die sie verachtet hätten, ihr Geld in die Tasche stecken solle – er hätte in seinem ganzen Leben nicht an die Erbschaft gedacht… Und mitten hinein, wenn die Madame einen Augenblick verschnaufte, da fragte er allemal, ob auch Alles im Hause wohl gewesen sei… Er kam mir gar curios vor, und die arme, gnädige Frau, die sah aus, als wenn ihr die Hühner das Brod genommen hätten!“
Felicitas erwiderte, wie sie es gewohnt war, kein Wort auf die Ausplaudereien der alten Köchin. Sie zog sich später mit einer Handarbeit unter den Nußbaum zurück, während Aennchen auf der Wiese neben ihr spielte. Von ihrem Platz aus konnte sie durch eine schmale Spalte der coulissenartig sich vorschiebenden Taxuswände gerade auf die Gartenthür sehen. Dieses feine, gußeiserne Gitter, das auf beiden Seiten wildblühende Rosensträucher einfaßten, während es hinter ihm in der vorüberlaufenden prächtigen Lindenallee dunkelgrün dämmerte, hatte stets für das junge Mädchen einen geheimnißvollen Reiz gehabt… Sie hatte viele Menschen durch diese Thür kommen und gehen sehen; freundliche, traute Gesichter, denen sie einst jubelnd entgegen gelaufen war; aber auch Gestalten, die ihr das Herz beklemmt, und hinter denen sie gern und aufathmend das eigenthümlich schnurrende Geräusch der zufallenden Thür gehört hatte… Noch nie aber war ihr ein so jäher Schreck, fast ein stechender Schmerz, durch die Glieder gefahren, als in diesem Augenblick, wo sich das Gitter knarrend vorwärts schob, während Frau Hellwig, am Arm ihres Sohnes und gefolgt von der Regierungsräthin, in den Garten trat… Was hatte sie von jenen Menschen zu fürchten? Frau Hellwig ignorirte möglichst ihre Existenz, und jener Mann dort hatte es ja auch aufgegeben, die Taschenspielerstochter zu seinen Ansichten zu bekehren, nach welchen sie eine Ausgestoßene, Geächtete des Menschengeschlechts war und blieb.
Friederike hatte gesagt, er sei ihr „gar curios“ vorgekommen, und Felicitas mußte ihr zum Mindesten zugeben, daß etwas Auffallendes in seinem Wesen liege. Der Begriff „Hast“ ließ sich mit seinen nachlässigen Bewegungen und der außerordentlich indifferenten Haltung im gewöhnlichen Leben eigentlich gar nicht in Verbindung bringen, und doch hätte das junge Mädchen in diesem Moment sein Gebahren mit dem besten Willen nicht anders zu bezeichnen gewußt… Er strebte sichtbar ungeduldig vorwärts zu kommen – bei Frau Hellwig’s schwerfällig gemessenem Gang ein Ding der Unmöglichkeit – und ließ mit hochgehobenem Kopfe seine Augen suchend über den Garten gleiten – das galt jedenfalls seiner kleinen Patientin.
Rosa kam über den Kiesplatz gesprungen, um Aennchen zu holen, und Felicitas folgte den Beiden bis hinter die erste Taxuswand, um das Wiedersehen zwischen Mutter und Kind zu beobachten. Die Regierungsräthin schlang freilich ihre Arme um das kleine Mädchen und tätschelte seine Wangen, aber währenddem schalt sie Rosa heftig aus, daß sie die Schlüssel zur Wohnung mitgenommen und sie gezwungen habe, in dem „entsetzlichen Kleid“ durch die Stadt zu gehen. Die duftige Reisetoilette hatte in der That zum Theil ihre zarte Bläue eingebüßt und hing schlaff, welk und mit einem sehr mißfarbenen Saum über der Crinoline.
„Nun, ich werde mir diese ganze Partie bis zum Schlußmoment zu den unerquicklichsten Ereignissen meines Lebens notiren!“ sagte die junge Dame verdrießlich und schmollend, während [482] sie sich einen Riß in dem verdorbenen Kleid mit einer Nadel zusammensteckte. „Wäre ich bei Dir geblieben, Tantchen, in Deinem stillen Zimmer! Tausend Unbequemlichkeiten, sag’ ich Dir – wohin wir uns auch wenden mochten, stets einen Gewitterregen auf den Fersen, und dazu die unglaublich schlechte Laune meines Herrn Cousin Isegrimm! … Du machst Dir keinen Begriff, Tantchen, wie rücksichtslos und – liebenswürdig er gewesen ist! Er hätte am liebsten gesehen, wir wären schon am ersten Tag wieder umgekehrt. Und was für Mühe haben wir uns gegeben, sein bösartig finsteres Gesicht freundlicher zu machen! Fräulein von Sternthal hatte sich mit solchem Eifer in ihre Aufgabe versenkt, daß ich jeden Augenblick erwartete, sie werde eine Liebeserklärung in Scene setzen. – Nun, sag’ selber, Johannes, war sie nicht die Bereitwilligkeit und Zuvorkommenheit selbst?“
Was der Professor antwortete, konnte Felicitas nicht verstehen. Sie war bereits unter den Nußbaum zurückgekehrt und arbeitete weiter in der Hoffnung, daß man sich nicht um sie kümmern werde… Das sah bös und drohend aus da drüben! Noch lag die grelle Röthe einer heftigen Aufregung auf den Wangen der Frau Hellwig, und die schlechte Reiselaune ihres Sohnes war keinenfalls verbessert worden durch die Empfangsscene.
Eine Zeitlang schien es, als solle die einsame Näherin unter dem Nußbaum in ihrer Zurückgezogenheit unangefochten bleiben; aber einmal schlüpfte ihr Blick durch die Lücke der Taxushecke und fiel zugleich auf die Gestalt des Professors. Er kam ruhig schlendernd, die Hände auf dem Rücken zusammengelegt, über den Kiesplatz; seine Züge hatten jedoch, ganz im Gegensatz zu seiner nachlässigen Haltung, etwas Erregtes, Gespanntes, und sein Blick drang unruhig in die verschiedenen Gänge zwischen den verschnittenen, grünen Wänden.
Felicitas saß bewegungslos und beobachtete ihn; unwillkürlich hatte sie die Rechte auf ihr klopfendes Herz gelegt – ihr war fast unheimlich zu Muthe – sie fürchtete sich vor dem Moment, wo sein Blick auf sie fallen mußte… Noch langsamer als zuvor schritt er auf dem schmalen Kiesweg weiter, der den großen Wiesenfleck umfaßte. Sein Haupt war unbedeckt – war es der eigenthümliche, völlig ungewohnte Ausdruck, oder hatte seine Gesichtsfarbe den kräftigen Ton verloren – der Kopf erschien dem jungen Mädchen verändert.
Er griff in die Zweige eines Apfelbaumes, zog sie zu sich nieder und betrachtete die sich ansetzenden Früchte scheinbar mit ungetheiltem Interesse – er sah jedenfalls das Mädchen unter dem Nußbaum nicht. Die Zweige schnellten wieder empor und er setzte seinen Weg fort. Jetzt stand er in gleicher Richtung mit Felicitas; er bückte sich rasch und pflückte irgend ein am Wiesenrand befindliches Etwas.
„Ah, sehen Sie doch, Felicitas, ein vierblätteriges Kleeblatt!“ rief er hinüber, ohne aufzublicken. Das klang so ruhig und zuversichtlich, als sei sein Verkehr mit ihr nie unterbrochen oder getrübt gewesen, als sei es selbstverständlich, daß sie da drüben unter dem Nußbaum sitze; aber es lag auch zugleich eine gebieterische Nothwendigkeit in dieser Anrede, er fesselte das Mädchen gewissermaßen an die Stelle, wo es sich jetzt erhob.
„Die Leute sagen, diese vier Blättchen bringen dem Finder Glück,“ fuhr er fort, indem er rasch über die Wiese herkam. „Nun, ich werde ja gleich sehen, in wie weit es leidiger Aberglaube ist!“
Er stand vor ihr. Jetzt lag auch etwas Straffes, die ganze Energie des willensstarken Mannes in seiner Haltung. Das Kleeblatt entfiel seinen Händen, er streckte sie beide Felicitas entgegen.
„Guten Abend!“ sagte er – es waren bebende Laute, in denen diese zwei einfachen Worte gesprochen wurden. Hätte er einst vor Jahren diesen Ton angeschlagen, dann wäre er dem neunjährigen Kind gegenüber, das mit aller Heftigkeit eines leidenschaftlichen Herzens Liebe und Theilnahme verlangte, gerechtfertigt gewesen – für diese verfinsterte, von ihm so lange gemißhandelte Mädchenseele jedoch blieb der süßvertrauliche Gruß, in welchem sich unverkennbar die Wonne des Wiedersehens abspiegelte, geradezu unverständlich. Gleichwohl hob sie die Hand – sie, dis Paria, die seine Hand in der höchsten Todesnoth zurückstoßen wollte, sie legte, von einer unerklärlichen Macht getrieben, für einen Moment leise ihre Rechte in die seine. Es war das eine Art von Wunder, und er faßte es wohl selbst so auf – eine einzige unachtsame Bewegung konnte es verscheuchen auf Nimmerwiederkehr… Mit der ganzen Selbstbeherrschung, die der Arzt sich errungen, ging er sofort in einen andern Ton über.
„Hat Ihnen Aennchen viel Last gemacht?“ fragte er freundlich und theilnehmend.
„Im Gegentheil – die Anhänglichkeit des Kindes rührt mich – ich pflege es gern.“
„Aber Sie sind bleicher als sonst – und da der bitter schwermüthige Zug um Ihren Mund ist schärfer ausgeprägt als je… Sie sagten vorhin, die Anhänglichkeit des Kindes rühre Sie – andere Leute sind auch anhänglich, Felicitas! Ich werde Ihnen das sogleich beweisen. Sie haben gewiß nicht ein einziges Mal an die Menschen gedacht, die der kleinen Stadt X. entflohen waren, um sich Seele und Willen in der kräftigen Waldluft zu stählen?“
„Ich hatte weder Zeit, noch Anknüpfungspunkte dazu,“ entgegnete sie stark erröthend, aber mit finsterem Ausdruck.
„Das setzte ich voraus. Ich aber bin menschenfreundlicher gewesen, ich habe an Sie gedacht – Sie sollen auch erfahren, wann und wo… Ich sah eine Edeltanne ganz allein auf einer Felsenzacke stehen – es sah aus, als sei sie in dem Nadelwald zu ihren Füßen verwundet und gekränkt worden, und sie habe sich auf die einsame Höhe geflüchtet. Dort stand sie fest und finster, und meine Phantasie lieh ihr ein Menschengesicht mit wohlbekanntem, stolzverächtlichem Ausdruck. Da kam ein Gewitter, der Regen peitschte ihre Zweige und der Sturm schüttelte sie unbarmherzig, aber nach jedem Stoß richtete sie sich auf und stand fester als zuvor.“
Felicitas hatte die Augen halb scheu, halb trotzig zu ihm aufgeschlagen… Wie seltsam verändert war er zurückgekehrt! Der Mann mit den kalten, stahlgrauen Augen, der ehemalige Pietist und Mystiker, der eingefleischte Conservative, dem Gesetz und Regel jeden Funken poetischer Freiheit erstickt haben mußten, er, der Pedant, den der Gesang der menschlichen Stimme belästigte, er erzählte ihr mit seiner tiefen Stimme, die der ernsten Wissenschaft mit so mächtigem Erfolge diente, eine Art Märchen, ein selbsterfundenes, dessen Sinn sie nicht mißverstehen konnte.
„Und denken Sie,“ fuhr er fort, „da stand ich nun drunten im Thal, und meine Begleiter schalten den unpraktischen Professor, weil er sich vollregnen lasse, während er doch unter Dach und Fach flüchten konnte. Sie wußten ja nicht, daß ihn, den trockenen, nüchternen Doctor, plötzlich eine Vision gepackt hatte, die sich weder durch kalte Regenschauer, noch durch den Sturm verscheuchen ließ. … Er sah nämlich, wie ein Muthiger den Wald verließ, den Felsen hinaufkletterte, droben die Arme um die Tanne legte und sagte: ‚Du bist mein!‘ … Und was geschah weiter?“ –
„Ich weiß es,“ unterbrach ihn das Mädchen in tiefen, grollenden Tönen; „die Einsame blieb sich selbst getreu und brauchte ihre Waffen.“
„Auch als sie einsah, daß er sie fest und sicher an sein Herz nehmen werde, Felicitas? Als sie erkannte, daß sie an diesem Herzen getrost ausruhen könne von allen Stürmen, daß er sie zärtlich behüten werde, wie seinen Augapfel, sein ganzes Leben lang?“
Der Erzähler hatte sich offenbar mit einer Art von Leidenschaft in das Geschick seiner zwei Visionsgestalten versenkt, denn er sprach mit zuckenden Lippen, und in seiner Stimme wurden alle jene Klänge wach, die Felicitas’ Herz am Krankenbett des Kindes erschüttert hatten – jetzt verhallten sie machtlos.
„Die Einsame wird erfahrungsreich genug gewesen sein, zu wissen, daß er ihr ein Märchen erzählte,“ versetzte sie hart. „Sie sagen selbst, sie habe den Sturmstößen getrotzt – nun wohl, sie hatte sich selbst gestählt und brauchte keine andere Stütze!“
Es war ihr nicht entgangen, wie ihm allmählich die Farbe aus dem Gesicht wich – er sah für wenige Secunden erdfahl aus. Es schien fast, als wolle er sich abwenden und gehen, aber näherkommende Schritte wurden laut. Er blieb dicht neben Felicitas stehen und erwartete ruhig seine Mutter, die am Arm der Regierungsräthin zwischen den Taxuswänden hervortrat.
„Nun, das nimm mir aber nicht übel, Johannes,“ schalt sie, „da stehst Du, hältst die Caroline von der Arbeit ab und lässest uns unverantwortlich mit dem Abendbrod warten! Glaubst Du denn, ich liebe es, wenn die Eierkuchen zu Leder werden?“
Die Regierungsräthin ließ den Arm der Tante los und schritt über die Wiese. Sie sah bei Weitem nicht so hübsch aus [483] wie gewöhnlich; die blonden Locken hingen wild und aufgelöst an den Wangen herab, welche in einem unschönen Roth glühten, aus den Taubenaugen aber sprühte es unheimlich.
„Ich habe Ihnen noch nicht einmal danken können, Caroline, daß Sie Aennchen während meiner Abwesenheit beaufsichtigt haben,“ sagte sie. Das sollte freundlich klingen, aber die sanfte Stimme verschärfte sich, sie klang höher als gewöhnlich und war dadurch schneidend. „Sie stehen ja aber auch hier wie eine Einsiedlerin unter dem abgelegenen Nußbaum – wie soll man Sie da finden?“ fuhr sie fort. „Haben Sie diese interessante, zurückgezogene Rolle öfter gespielt? … Ich würde es dann freilich um so leichter begreifen, daß ich Aennchen so unverantwortlich vernachlässigt wiederfinden muß. Ich habe Rosa bereits sehr gescholten, das Haar hat nicht die mindeste Pflege gehabt, ihre Haut ist so sonnenverbrannt, daß man sie für ein Kaffernkind halten möchte, und ich fürchte, sie ist überfüttert worden.“
„Hast Du nicht noch einen Vorwurf für die Pflegerin, Adele? Besinne Dich!“ mahnte der Professor in vernichtendem Hohn. „Vielleicht ist sie auch schuld, daß Dein Kind an den Skropheln leidet, möglicherweise hat sie die vielen Gewitterregen über den Thüringer Wald geschickt, die Dir die Laune verdorben haben, wer weiß“ – er hielt inne und wandte sich mit einer fast verächtlichen Geberde ab.
„Ja, es ist besser, Du redest nicht aus, Johannes,“ klagte die junge Wittwe, mit einem krampfhaften Weinen kämpfend. „Ich muß fast annehmen, Du weißt nicht mehr, was Du mir gegenüber sprichst. Ich habe Sie nicht beleidigen wollen, Caroline,“ wandte sie sich an das Mädchen, „und damit Sie sehen, daß ich nicht den mindesten Groll gegen Sie hege, oder Ihnen gar mein Vertrauen entzogen habe, will ich Sie bitten, heute Abend Aennchen noch einmal zu überwachen – ich fühle mich sehr angegriffen und reisemüde.“
„Daraus wird nichts!“ entschied der Professor hart. „Die Zeit der grenzenlosen Aufopferung ist vorüber. Du verstehst es vortrefflich, Adele, die Kräfte Anderer auszunutzen; von nun an wirst Du Dein Kind selbst wieder unter Deine Obhut nehmen.“
„Gut – ist mir auch recht!“ rief Frau Hellwig herüber. „Dann mag das Mädchen heute Abend tüchtig jäten; von Heinrich und Friederike kann ich’s ohnehin billigerweise nicht mehr verlangen – sie werden zu alt.“
Ein tiefes Roth lief wie eine Flamme über das Gesicht des Professors. So schwer auch seine eigenartigen Züge sich entziffern ließen, in diesem Moment zeigten sie unverkennbar Scham und Verlegenheit. Vielleicht noch nie war ihm das Empörende der Stellung, in die er selbst dies junge, reichbegabte Wesen gedrängt hatte, so zum Bewußtsein gekommen, wie jetzt. Felicitas verließ sofort ihren Platz unter dem Nußbaum; sie wußte, die wenigen Worte der Frau Hellwig waren ein Befehl für sie, dem sie ohne Weiteres Folge leisten mußte, wenn sie nicht eine Fluth spitziger Bemerkungen hören wollte. Aber der Professor trat ihr in den Weg.
„Ich glaube, ich habe hier auch noch ein Wort als Vormund mitzusprechen,“ sagte er, scheinbar sehr ruhig, „und als solcher wünsche ich nicht, daß Sie dergleichen Arbeiten verrichten.“
„So – willst Du sie etwa in den Glasschrank setzen?“ fragte Frau Hellwig, indem sie nun auch ihren großen Fuß auf die Wiese setzte und rascher als gewöhnlich sich vorwärts bewegte. „Sie ist genau nach Deiner Vorschrift erzogen, ganz genau! … Soll ich Dir vielleicht Deine Briefe vorzeigen, in denen Du immer und immer wieder, ja wirklich bis zum Ueberdruß, wiederholst, daß sie dienen solle und müsse, daß sie nicht streng und scharf genug in der Zucht gehalten. werden könne?“
„Es fällt mir nicht ein, auch nur ein Iota von dem verleugnen zu wollen, was auf mein ausdrückliches Verlangen geschehen ist,“ entgegnete der Professor mit dumpfer, aber fester Stimme, „ebenso wenig kann ich mein Verfahren bereuen – es ist damals aus reiner, voller Ueberzeugung, aus dem aufrichtigen Wunsch, das allein Zweckmäßige und Vernünftige zu thun, hervorgegangen, aber ich werde mich auch nie der Schwäche schuldig machen, einen erkannten Irrthum eigensinnig festzuhalten, lediglich der Consequenz halber, und deshalb erkläre ich hiermit, daß ich jetzt anders denke und folglich auch anders handeln werde.“
Die Regierungsräthin bückte sich bei den letzten Worten. Sie pflückte eine einsame Kleeblume, weiche die Sichel verschont hatte, und zerzupfte sie in Atome. Frau Hellwig aber lachte spöttisch auf.
„Mache Dich nicht lächerlich, Johannes!“ sagte sie in eisigem Hohn. „In Deinen Jahren fängt man nicht noch einmal von vorn an mit seinen Grundsätzen, da müssen sie fest und hart sein, sonst wird’s eine Stümperei für’s ganze Leben. … Du hast übrigens nicht allein in der Sache gehandelt – ich war auch dabei, und ich sollte meinen, mein ganzes Leben beweise es, daß ich mit Gottes Gnade stets das Richtige gethan habe. … Es sollte mir leid thun, wenn jetzt noch die Hellwig’sche Schwäche auch in Deinem Charakter zum Durchbruch käme, dann, das sage ich Dir rund heraus – wären wir geschiedene Leute. … So lange das Mädchen noch in meinem Hause ist, bleibt sie mein Dienstbote, der nicht einen Augenblick auf der faulen Bärenhaut liegen darf, und damit Basta! … Nachher mag sie meinetwegen nichtsnutzig werden, die große Dame spielen und ihre Hände in den Schooß legen.“
„Das wird sie nie, Madame Hellwig!“ sagte Felicitas, indem sie mit einem flüchtigen Lächeln ihre schöngeformten, aber braunen und hart gearbeiteten Hände betrachtete; „Arbeit gehört mit zu ihren Lebensbedingungen… Wollen Sie die Güte haben, mir die Beete zu bezeichnen, damit ich anfangen kann?“
Der Professor, welcher der herben Standrede seiner Mutter gegenüber seine gelassene Haltung angenommen hatte, wandte sich jäh um nach Felicitas, und ein tief erbitterter Blick traf ihr Auge.
„Ich verbiete es Ihnen hiermit nochmals!“ befahl er mit finster gerunzelten Brauen rauh und entschieden. „Und wenn meine Einsprache als Vormund Ihren unbezähmbaren Trotz nicht zu beugen vermag, so appellire ich jetzt als Arzt an Ihre Vernunft. … Sie haben sich bei Aennchens Pflege überangestrengt, Ihr ganzes Aussehen beweist es. Binnen Kurzem wollen Sie das Haus meiner Mutter verlassen – es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, daß Sie wenigstens einen gesunden Körper in Ihren künftigen Wirkungskreis mitbringen.“
„Nun, das ist doch noch ein Grund, der sich hören läßt,“ meinte Frau Hellwig. Für ihr Ohr, das bisher vergebens auf einen Tadel ihres Sohnes gewartet hatte, klangen die Worte „unbezähmbarer Trotz“ offenbar wie Musik. „Sie mag meinetwegen für heute nach Hause gehen,“ setzte sie hinzu; „obgleich ich eigentlich nicht recht begreife, wie das Bischen Pflege sie elend gemacht haben soll. Sie ist jung und hat ihr gutes Essen dabei gehabt. … Da sieh Dir andere Mädchen in ihren Verhältnissen an, Johannes, die müssen Tag und Nacht arbeiten und haben doch rothe Backen!“
Sie nahm den Arm der jungen Wittwe und ging über die Wiese zurück, in der Meinung, daß ihr Sohn folge; auch die Regierungsräthin vermied es, offenbar aus Trotz und Groll, sich nach ihm umzusehen. Anfänglich hatte es auch den Anschein, als wolle er mitgehen, allein schon nach wenigen Schritten wandte er sich um und während der letzte Schimmer des verunglückten, blaßblauen Reisekleides hinter der nächsten Taxushecke verschwand, schritt er langsam wieder auf den Nußbaum zu. Er blieb einige Secunden lang schweigend neben Felicitas stehen, die eben die Bänder ihres runden Strohhutes unter dem Kinn zusammenband. … Plötzlich bog er sich nieder und sah unter die breite Hutkrempe, welche Stirn und Augen des Mädchens vollkommen bedeckte. Noch war die Erbitterung in seinen Zügen vorherrschend; als jedoch ihr Auge dem seinen begegnete, da schmolz sein Blick.
„Sie fühlen wohl gar nicht, daß Sie mir heute sehr wehe gethan haben?“ fragte er kopfschüttelnd und so weich, als ob er zu einem Kinde spräche.
Sie schwieg.
„Felicitas, es ist mir nicht möglich, zu denken, daß Sie zu jenen Frauen gehören sollten, denen die Bitte um Verzeihung aus einem Männermunde ein ersehnter Genuß ist,“ sagte er jetzt sehr ernst und nicht ohne eine Beimischung von Schärfe.
Sie fuhr empor. Ihr weißes Gesicht mit dem wahrhaft keuschen, mädchenhaft reinen Ausdruck erröthete bis über die Stirn.
„Eine solche Bitte hat in meinen Augen stets etwas Peinliches für den Gekränkten,“ antwortete sie nach einer Pause in sanfterem Tone, als sie gewohnt war, ihm gegenüber zu sprechen; „von Solchen aber, denen in der Welteinrichtung eine besondere Würde zugestanden ist, möchte ich sie um keinen Preis hören… [484] Kinder sollen die Eltern um Verzeihung bitten, aber ich kann mir den Fall nicht umgekehrt denken. Ebensowenig –“ sie schwieg, während abermals die zarte Röthe über ihr Gesicht flog.
„Ebensowenig wollen Sie den Mann gedemüthigt vor sich sehen, nicht wahr, Felicitas?“ ergänzte er rasch den unterbrochenen Satz, in seiner Stimme klang es wie Frohlocken. „Aber eine so hochherzige Anschauungsweise hat auch ihre Consequenzen,“ fuhr er nach einem momentanen Schweigen fort. „Und nun seien Sie einmal recht gut und ruhig und überlegen Sie, ob es nicht die Pflicht des Weibes ist, dem Mann hülfreich die Hand zu bieten, wenn er einen Irrthum ausgleichen möchte! … Halt, jetzt will ich keine Antwort hören! Ich sehe schon an Ihrem Auge, daß sie ganz anders ausfallen würde, als ich wünsche… Ich will geduldig warten – einmal kommt doch vielleicht eine Zeit, wo die böse Tanne auf dem Felsen ihre Waffen nicht braucht!
“Er ging. Ihr Auge haftete auf dem Boden, an dem Kleeblatt, das seinen Händen entglitten war und das er als Symbol des Glückes gepflückt hatte. Es lag, die vier Blättchen sauber ausbreitend, wie hingemalt auf den Stoppeln des Wiesengrases – aufnehmen durfte sie es nicht – sie hatte ja nichts mit seinem Glück zu schaffen – aber – sie umschritt in einem weiten Bogen den kleinen, grünen Propheten – zertreten wollte sie es auch nicht! –
Nach einer Reihe blauer Tage voll Sonnenglanz und Frühlingslust hing heute ein bleifarbener Regenhimmel über der kleinen Stadt X.; er lag fest auf dem hohen Thurm, der, eine Art Wahrzeichen des Städtchens, weiß, rund und mit einer leuchtend grünen Kuppel wie ein Spargelstengel in die Lüfte stieg. Das alte Kaufmannshaus am Markt nahm in solch’ trüber Beleuchtung stets den vornehm düsteren, verschlossenen Charakter jener Zeiten wieder an, wo noch die Bilder raubritterlicher Ahnen in seinen Sälen hingen und der vor einer neuen Zeit geflüchtete Geist des Mittelalters finster und grollend in ihm hauste.
Heute hingen sämmtliche Rouleaux herabgelassen hinter den Fenstern der großen Vorderfronte. Die Regierungsräthin litt an einer heftigen Migräne und war überhaupt in einer unbeschreiblichen Aufregung; man hatte ihre Zimmer verdunkelt und vermied jedes laute Geräusch. Auch das Frauengesicht, das Jahr aus, Jahr ein jeden Morgen pünktlich neben dem Asclepiasstock am Fenster des Erdgeschosses erschien, ließ sich heute nicht sehen. Der graue Himmel droben war eine schlimme Vorbedeutung für den Tag, der in der That einer der grauesten, mißfarbigsten im Leben der großen Frau werden sollte – es war der Tag der Testamentseröffnung. Mit völliger Uebergehung ihrer Person waren nur ihre beiden Söhne und der Hausknecht Heinrich auf das Justizamt beschieden worden, aber sie vertrat ihren abwesenden Sohn Nathanael und mußte deshalb der Eröffnung beiwohnen.
Gegen Mittag kehrte sie in Begleitung des Professors über den Markt zurück, Heinrich folgte in bescheidener Entfernung… Sterbefälle und gefährliche Krankheiten im Kreis ihrer Angehörigen waren einflußlos auf die marmorharten Züge der großen Frau geblieben; ihr starker Geist, der sich nicht beugen ließ, ihre tiefe Frömmigkeit, die sich stets thränenlos dergleichen Heimsuchungen gefügt hatte, waren gar oft mancher schwachen, verzagenden Frauen- und Mutterseele als erhebendes Vorbild hingestellt worden… Heute nun hatte die kleine Stadt das ungewohnte Schauspiel, dies Muster unerschütterlicher Charakterstärke aus dem Geleise weichen zu sehen. Auf den Wangen der stattlichen Frau lag eine verrätherische Gluth innerer Aufregung, ihr feierlich gemessener, stets im Kirchenstil gehaltener Gang zeigte Hast und Eile, und wenn sie auch nur leise in ihren schweigend neben ihr herschreitenden Sohn hineinsprach, so ließ sich doch nicht verkennen, daß es heftige Worte waren, die sie flüsterte.
Die Regierungsräthin hatte trotz ihrer Kopfschmerzen jedenfalls hinter einem der Rouleaux auf der Lauer gestanden und die Zurückkehrenden erwartet, denn als sie die Hausflur betraten, kam die junge Wittwe zwar mit aschfahlen Wangen und eingesunkenen Augen, aber trotzdem in äußerst geschmackvoller Morgentoilette die Treppe herab, um nach dem Ergebniß zu fragen. Sie traten zusammen in das Wohnzimmer.
„Nun, gratulire uns doch, Adele!“ rief die große Frau tief erbittert und malitiös auflachend. „Zweiundvierzigtausend Thaler Baarvermögen ist da und die Familie Hellwig, der das Geld von Gott- und Rechtswegen gehört, kriegt keinen Groschen! … Dies Testament ist das hirnverrückteste Machwerk, das sich denken läßt, aber man darf um Gotteswillen mit keinem Finger daran rühren und muß sich dies himmelschreiende Unrecht ruhig gefallen lassen! … Da sieht man, wohin es führt, wenn die Männer Schlafmützen sind; wäre ich Chef des Hauses gewesen, mir hätte das nun und nimmer passiren dürfen! … Ich begreife nicht, wie mein seliger Mann, ohne die mindeste Sicherheit in der Tasche, die alte Person unter dem Dache so ohne alle Aufsicht hat schalten und walten lassen!“
Der Professor war, die Hände auf den Rücken gelegt, schweigend hin und wieder gegangen. Auf seiner Stirn lag eine düstere Wolke, und unter den gefurchten Brauen hervor zuckten Blitze der Entrüstung nach seiner Mutter hinüber. Jetzt blieb er vor ihr stehen.
„Wer hat es denn durchgesetzt, daß die alte Tante hinauf unter das Dach verwiesen worden ist?“ frug er ernst und nachdrücklich. „Wer hat den damaligen Chef des Hauses, meinen Vater, in seiner Abneigung gegen sie bestärkt, und wer ist unerbittlich streng gegen eine Annäherung der alten Verwandten an uns Kinder gewesen? … Das warst Du, Mutter! … Wenn Du erben wolltest, dann mußtest Du ganz anders handeln!“
„Nun, Du meinst doch nicht etwa, ich hätte mich zu ihr auf einen guten Fuß stellen sollen? Ich, die ich im Herrn gewandelt bin mein Lebenlang, und diese schuldbeladene Person, die den Sonntag entheiligte, die nie im wahren Glauben gelebt hat! – sie wird jetzt wissen, daß sie vor dem Angesicht des Herrn auf ewig verstoßen ist… Nein, dazu hätte mich keine Macht der Erde gebracht! … Aber sie mußte für unzurechnungsfähig erklärt und unter Curatel gestellt werden, und dazu hätten Deinem Vater tausend Mittel und Wege zu Gebote gestanden.“
Das Gesicht des Professors wurde ganz blaß; er warf einen tief erschrockenen Blick auf seine Mutter, dann nahm er stillschweigend seinen Hut und ging hinaus… Er hatte eben in einen Abgrund geblickt… Und dieser starre Buchstabenglaube, dieser entsetzliche christliche Hochmuth, unter welchem ein bodenloser Egoismus mit dem Anschein vollster Berechtigung wuchern durfte, sie waren ihm viele Jahre lang ein Glorienschein gewesen, der das Haupt seiner Mutter umstrahlt hatte! .. Das war der Frauencharakter, den er so lange als das Urbild der Weiblichkeit festgehalten! Er mußte sich eingestehen, daß er einst auf demselben Boden gestanden, wie seine Mutter und der Führer seiner Jugend, ja, sie hatten ihm kaum genug gethan in Unduldsamkeit und Glaubensstrenge; auch er war damals ein rastloser Kämpfer gewesen, um diese Partei zu einer mächtigen zu machen, er hatte um Seelen geworben und sie in sein Bereich zu ziehen gesucht, in der starren Ueberzeugung, daß er sie dem ewigen Heil zuführe. … Und jene arme, schuldlose Waise mit dem Köpfchen voll klarer, idealer Gedanken, mit dem stolzen, rechtschaffenen, tiefsinnigen Gemüth – er hatte sie mit harter Hand gepackt und in jene lichtlose, tödtlich kalte Region gestoßen… Wie mußte sie gelitten haben, die süße Nachtigall unter – den Raben! … Er legte die Hand über die Augen, als ob ihm schwindle, stieg langsam die Treppe hinauf und verschloß sich in sein einsames Studirzimmer.
Wer die freundliche „Gartenstadt“ Düsseldorf in der fruchtbaren niederrheinischen Ebene jemals besuchte, die Stadt, welche so manche literarische wie künstlerische Berühmtheit unter ihren Einwohnern zählte und noch zählt, dem wird ihr Hauptschmuck, der reizende „Hofgarten“ von dem romantischen Bächlein, das ihr den Namen gegeben, durchströmt, mit seinen schattigen Alleen und Laubgängen, mit seinem sonnigen, frischen Wiesengrün, seinen von Schwänen durchruderten Teichen, unvergeßlich geblieben sein. Wahrlich, diese
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Prinz Friedrich. | Prinz Karl (jetzt Fürst von Rumänien). | Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen. | Erbprinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen. | ||
Prinzessin Maria (jetzige Gräfin von Flandern). | Erbprinzeß von Hohenzollern geborne Infantin von Portugal. |
[486] die ganze Stadt umkränzende liebliche Umgebung mag mit ihrem poetischen Zauber nicht wenig dazu beigetragen haben, daß Düsseldorf seit langer Zeit ganz besonders dazu ausersehen war, eine Pflanzstätte deutscher Kunst und deutschen Künstlerlebens zu werden, als welche sie heute, der Sitz einer blühenden Malerschule, einen Weltruhm erworben hat. Man muß in diesem lauschigen, grünen Park besonders zur lieblichen Pfingstzeit umhergewandelt sein, um in dem Schmettern der Nachtigallen und anderer gefiederter Sänger der Haine das Loblied der schönen rheinischen Kunststadt verstanden zu haben.
Aber nicht blos die Musen sind es, die hier heimisch geworden, die Anmuth der Umgebung zog auch von jeher hochgestellte und fürstliche Personen, welche einen empfänglichen Sinn für ihre Schönheit hatten, in ihren Zauberkreis und ließ sie in ihm sich wohl und heimisch fühlen, bis die süße Gewohnheit sie zu ihren treuesten Bewohnern machte.
Es ist noch vor der bürgerlichen Mittagsglocke und die Zeit, wo die still-fleißige Stadt allenthalben lebendiger wird. Beamte, Geschäftsleute, Künstler schließen die dumpfe Arbeitsstube, um der mittäglichen Häuslichkeit zuzueilen; aus hundert Fabriken sendet die Industrie ihre Diener jeden Alters und Geschlechts lärmend dem dampfenden Kochtopf zu, Alleen und Plätze kreuzen zierliche Dämchen, elegante Flaneurs und solche, die, wie wir, ihren Appetit zur Mittagstafel in der frischen Himmelsluft noch etwas beleben. Viele haben, wie es hierorts zur Mode gehört, auf den Ausstellungen des „permanenten“ Schulte oder Bismeyer noch rasch etwas „Kunst gekneipt“ und die neuesten Gemälde darin kritisch beleuchtet. Doch, schnell fertig mit dem täglich geübten Geschäft, ziehen auch sie bald vom Cultus der Muse hinaus in die warme sonnige Frühlingsluft. Kurz Alles ist zur Stunde auf den Beinen, Zwei- und Vierfüßiges, denn auf glänzenden Rossen courbettiren jugendliche Marssöhne auf und ab, gefolgt vom treuen Hündlein, das, nach langem polizeilichen Hausarrest heute zum ersten Male wieder frei, dem Gebieter noch einmal so lustig seine fast vergessenen Sprünge vormacht.
Wir aber schlendern hinaus in den „Hofgarten“ durch Blüthen und Blättergrün, und ich zeige dem Leser dort am Ende der breiten Ulmenreihen den „Jägerhof“, einst kurpfälzisches Jagdschloß, jetzt seit manchem Jahr schon die Residenz des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, dessen Söhne und Töchter hier aus dem Kindesalter heranreiften und jetzt zum Theil noch hier weilen, zum Theil die Zierde fremder Höfe geworden sind.
Und sieh – wie berufen: eine leichte Stauwolke wirbelt heran und gleißend und glitzernd bricht eine bunte Cavalcade daraus hervor. Sie umgeben ein zierlich Pony-Wäglein, das zwei rosige Frauenbilder inne haben. Dem stattlichen Herrn da vorn in der preußischen Generalsuniform mit der strammen, vornehmen Haltung stelle ich uns später persönlich vor – es ist unser Fürst Karl Anton, das Haupt der Familie, der Mann, der als der erste der kleineren deutschen Herrscher in der Sturm- und Drangperiode des Jahres 1848 prophetisch voraussah, welche Wege das Werk der deutschen Einheit nehmen werde. In der richtigen Erkenntniß, wie das Heil des großen Vaterlandes mit dem Aufgehen der Kleinen in einen großen mächtigen Staatskörper identisch und unausbleiblich sein werde, trat er bekanntlich die Regierung seines Ländchens an Preußen ab, zog der Stellung eines regierenden Herrn, dessen Thron die nächste politische Erschütterung vielleicht gestürzt haben würde, die bescheidnere eines preußischen Generals vor und gab damit seinen fürstlichen Vettern im Reich ein Beispiel, das einer bessern Nachahmung werth gewesen wäre. Und das ist auch der Grund, warum wir den Lesern sein Bild skizziren und sie einführen in seine Herrlichkeit.
Zu ihm auf blickt Prinzeß Marie, seit Kurzem bekanntlich die Gemahlin des Grafen von Flandern, und lenkt mit kundiger Hand das feurige corsicanische Rapphengst-Pärchen, das schnaubend und beißend seine edle Last daherzieht. Neben ihr sieht man Prinzessin Antoinette, Infantin von Portugal, im Gespräch mit ihrem Gemahl, dem Erbprinzen Leopold; zur Linken, dem Vater zur Seite galoppiren die jüngern Söhne, der Fürst Karl von Rumänien, hier noch preußischer Dragonerofficier, und Prinz Fritz, der jüngste, Rittmeister bei den rheinischen Ulanen. Hofcavaliere schließen den Zug, den in leichtem Umriß die umstehende Zeichnung wiedergeben soll. Vorbei sind sie, überall freundlich grüßend und begrüßt vom lustwandelnden Publicum, dessen ungetheilte Verehrung die Fürstenfamilie genießt.
Sahen wir sie nun hoch zu Roß und vornehm zu Wagen in der freundlichen Mittagssonne, umringt vom grünen Park, den das stattliche Schlößchen überschaut, so lade ich, vermöge meines Autor-passe-partout’s ein, mir jetzt, wo es Abend geworden, in die innern Räume des Jägerhofs zu folgen. Sind wir auch etwa nicht „hoffähig“ oder just zu heute „befohlen“, nun, unser Fürst nimmt’s nicht so genau und gestattet uns gern einen Blick auf den traulichen Kreis, der sich zu dieser Stunde im Familiensalon versammelt.
Wären wir gestern gekommen, so hätten wir die Räume sehen können, festlich strahlend im Lichterglanz, enggefüllt und durchwogt von einer glänzenden Menge aus allen gebildeten Ständen, zu Tanz und Spiel und Schmaus geladen; wir hätten gesehen, wie unter zwangloserer Etikette, als an andern deutschen Höfen, alle Geladenen sich gleich liebenswürdiger Beachtung, gleichen Entgegenkommens von Seiten des Hauses erfreuen, wie aber auch Alles mit der vollen Opulenz des fürstlichen Gastgebers und reichbegüterten Herrn zugeht. Heute aber, wo die „officielle Fête“ vorüber, nimmt die ganze Erscheinung des Fürsten, dem das geräuschvolle conventionelle Hofleben nicht allzusehr behagt, offenbar den erhöhten Ausdruck befriedigter, gemüthlicher Existenz an, wie er dort, die selten verlöschende Havannacigarre im Munde, unter befreundeten Altersgenossen am Whisttisch seinen Robber macht oder, mit der Liberalität eines klaren Verstandes, der seine Zeit begreift, die politischen Tagesereignisse discutirt. Nicht nur, daß seiner ganzen Umgangsform das leichtere süddeutsche Gewand angepaßt ist, so merkt man dem fürstlichen Herrn im Gespräche bald an, daß er, allem äußern Scheinwesen abhold, am liebsten mit Jedem nach seiner Weise verkehren möchte. Das sagt uns der offene, helle Blick, mit dem er uns fest und grade in’s Auge schaut: man wird sich bewußt, es mit einem Manne von echt deutschem Kern und Wesen zu thun zu haben.
Am Nebentisch dort sitzt unter den Ihrigen seine Gemahlin, die Fürstin Josephine, deren äußere Erscheinung jenes ätherisch-zarte Gepräge trägt, welches physisches und geistiges Leid tieffühlenden Frauengemüthern verleiht. Denn, wenn es bei so innigem Familienleben dem fürstlichen Hause auch nicht an reichem Sonnenschein des Glückes fehlen kann, so sind doch auch ihm, wie jedem Staubgebornen, harte Prüfungen nicht erspart geblieben, die Wunden noch nicht vernarbt, die das unerbittliche Schicksal vor Allem dem liebenden Mutterherzen geschlagen hat. Richtet sie sich in echt weiblicher Ergebung auch auf an dem Glück, das ihr blieb, so entgeht es uns doch nicht, daß die dunkeln, schmerzlichen Stunden, die ihr Haus in den letzten Jahren gesehen, einen bleibenden Hauch stiller Trauer um sie gebreitet haben. Zwei blühende Kinder sanken in ihrem hoffnungsreichsten Alter dahin, zuerst die allen Düsseldorfern im Prunkgemach wie in der Zelle der Armuth durch anmuthige Jungfräulichkeit und durch ihren Wohlthätigkeitssinn gleich unvergeßliche Prinzessin Stephanie, die bekanntlich als Königin von Portugal, kaum ein Jahr vermählt, an der fernen Küste bösartiger Krankheit zum Opfer wurde. Der andere schwere Verlust traf die Familie, als in dem blutigen Feldzuge des vorigen Jahres der tapfere Prinz Anton in Folge seiner schweren Blessuren, die er, an der Spitze seiner stürmenden Compagnie vom ersten Garderegiment zu Fuß, bei Königgrätz erhielt, in den Armen der herzugeeilten Mutter den Heldentod starb. Fast wäre es der sorglichsten Pflege der Seinen gelungen, die Wunden heilend zu schließen, da ergriff, wie die Gartenlaube schon berichtet, den unsäglich leidenden Jüngling – dämonisch – dieselbe tückische Krankheit, die auch der vorangegangenen königlichen Schwester das Ende bereitet hatte.[1]
Doch zurück zu unserm freundlichen Familienbilde im Jägerhof. In einer andern Gruppe ist eben eine seltene Mönchsschrift mit kunstreichen Initialen, ein werthvolles byzantinisches Kirchengefäß oder ein zierliches Elfenbeinschnitzwerk des Mittelalters Gegenstand der Besichtigung, das der Fürst als bekannter Sammler von Geschmack und Sachkenntniß heute erstanden und das seine reichen Collectionen auf dem Schlosse Sigmaringen zu mehren und zu zieren bestimmt ist. Oder es ist auch wohl das jüngst erworbene Werk eines hiesigen Malers, welches besprochen wird; denn daß eine Familie von so geistiger Regsamkeit auch diesen Bestrebungen [487] nicht fremd bleibt, ist selbstverständlich, zieren die Gemächer doch eine Menge von Gemälden der namhaftesten Düsseldorfer Meister.
So athmet die ganze Umgebung den wohlthuenden Geist glücklicher Häuslichkeit, belebt und gehoben durch die mannigfaltigsten Interessen ernster wie heiterer Art, vor Allem an Literatur und Kunst.
Und nun zu einem reizenden Stückchen moderner Romantik! Auf Doctor Faustus Zaubermantel schwingen wir uns über wogende Saatfelder hinweg nach dem hübschen Rococo-Schlößchen Benrath, das, eine Meile von hier, mit seinen dunkel schattigen Alleen, die an den Ufern des leise vorbeirauschenden Rheines münden, ein Lieblingsbesuch der benachbarten Ortschaften ist. Unsichtbar mischen wir uns unter die fröhlich plaudernde Gruppe von Herren und Damen, die dort auf der Gartenterrasse in der wonnigen Luft des lauen Sommerabends weilen. Von den nahen Jasminbüschen und üppig entfalteten Rosenbeeten steigt balsamischer Duft auf und erfüllt sinnberauschend mit würzigem Hauch ringsumher die Luft. Aus dem grünen Dunkel flötet die Nachtigall und begrüßt mit ihrem Liede den aufsteigenden Mond, der mehr und mehr die phantastischen Schnörkel des zierlichen Zopfbaues erhellt. Es ist eine Nacht,
„so köstlich, wie eines sel’gen Gottes Traum,“[WS 1]
und Jugend und Liebesglück scheinen die Genien des Ortes. Unwillkürlich versetzt uns die Phantasie in die Zeiten des Puders, der Zöpflein und rauschenden Reifröcke, deren Träger ein Säculum früher hier einem empfindsamen Schäferspiel zwischen „Amynt und Chloë“ gelauscht haben mögen, und schmerzlich vermissen wir den modernen Watteau, dessen zierlicher Pinsel auch das heutige Bild zu fesseln vermöchte.
Inmitten dieser Tafelrunde schöner Frauen und stattlicher Cavaliere, die sich dem Zauber der poetischen Scenerie hingeben, strahlt in den Rosen der Jugend das portugiesische und doch so echt deutsch blondlockige Königskind, die Erbprinzessin, eine der schönsten Frauen der Zeit, und bildet durch ihre blendende Erscheinung und durch ihr kindlich anmuthiges Wesen den leuchtenden Mittelpunkt des reizenden Kreises. Mit ihr vereint weiß ihr jugendkräftig blühender Gemahl in des Vaters liebenswürdiger Weise auch hier einen reichen geselligen Cirkel um sich zu versammeln. Wie er mit dem Fürsten das rege Interesse an geistigen Genüssen theilt, so ist es vorzugsweise die Malerei, der die Prinzessin sich mit Talent und Eifer unter der Leitung erfahrener Lehrmeister hingiebt.
Dort unter der Gruppe junger Damen sehen wir den jüngsten Familiensprossen, den fröhlich kecken Prinzen Fritz, der indessen dem aufmerksamen Beobachter unter der Hülle schäumender und oftmals überschäumender Lebenslust das ernst gediegene Naturell des Vaters nicht verbirgt. Er erzählt eben seinen neugierigen Zuhörerinnen von seiner letzten Reise zum Bruder Karl durch die rumänischen Fürstenthümer und deutet dabei als Illustration seines Berichtes auf die schöne Schwägerin, die heute ganz besonders anmuthig erscheint in der kleidsamen rumänischen Blouse von weißer Seidengaze, reich mit goldenen Spitzen und Stickereien durchwirkt, deren Ueberbringer Namens des galanten Schwagers in Bukarest er letzthin gewesen. Wohl mag es dem jungen Fürsten dort ein Werk der Erholung gewesen sein, in solcher Weise der fernen Lieben zu gedenken, ihm, der muthig die Herculesarbeit übernommen, den Augiasstall der noch tief im Argen liegenden Zustände seines Landes zu fegen. Mag sein fester, energischer Charakter auch ganz dazu angethan sein, seine schwere Aufgabe erfolgreich zu lösen, immer wollen wir ihm aus vollem Herzen ein „Glück auf!“ dazu wünschen.
Wollen wir aber dies innige Familienleben in seiner ganzen Blüthe kennen lernen, so müssen wir zu spätsommerlicher Zeit die bei Rheineck am Bodensee reizend gelegene Villa, die Weinburg, besuchen. Hier, in dieser paradiesischen Umgebung, ist dann der Lieblingsaufenthalt der fürstlichen Familie. Die letzten Reste zwingender Etikette des städtischen Hoflebens blieben, wo sie unumgänglich, zurück, die knappe Uniform des preußischen Kriegers ist vertauscht mit dem leichten Rock des rüstigen, alpenkundigen Bergsteigers, und wir selbst brauchen, als unbefrackte Touristen, nicht zu befürchten, am Eingangspförtchen des fürstlichen Tusculums abgewiesen zu werden. Nach dem Sprüchwort: „Wie der Herr, so der Diener“, empfangen uns treuherzige schwäbische Führer und geleiten uns freundlich durch den sauberen Ziergarten u. A. hinauf an den Bergeshang, wo wir vom „steinernen Tisch“ eine entzückende Aussicht auf das herrliche Landschafts-Panorama genießen. Besucher aller Stände finden auf der Weinburg die gastlichste Aufnahme und namentlich bekannte deutsche Schriftsteller und Künstler haben hier wochenlang mit dem Fürsten und den Seinigen in zwanglosester Weise verkehrt.
So haben wir eine Familie geschaut, wie sie nur in unserm Vaterlande zur edelsten Form sich durchbilden, eine Fürstenehe, wie sie nur unter dem deutschen Volke vorkommen kann. Glaubt der Leser aber jetzt, wo ich ihm Valet sage, ich habe diesem Fürstenhause, dessen Chef, wie ich wiederholt betone, der Erste war, der im Interesse der deutschen Einheit seine Souverainetätsrechte opferte, nur eine persönlich begeisterte Lobrede schreiben, meine Feder blos in die Tinte banaler Schmeichelei tauchen wollen – nun, so antworte ich auch ohne das einstimmig bestätigende Zeugniß Alt- und Jung-Düsseldorfs, das mir zur Seite steht, seinem zweifelnden Fragezeichen: Er komme selbst und sehe, ob die Farben des Bildes, das ich ihm im Geiste gemalt, allzuhell, allzufreundlich gegriffen waren.
Kaum waren die Festtheilnehmer von der Wartburg heimgekehrt, als sich falsche Nachrichten über das Fest und Verleumdungen desselben durch die sich überall wieder regende Reaction verbreiteten. Leider fanden dieselben in der kurz darauf erschienenen kleinen Festbeschreibung von Maßmann mit ihrer ausführlichen Darstellung der Verbrennungsgeschichte und ihren derben Ausfällen gegen die Verfasser der verbrannten Bücher reichhaltige Nahrung, und gegen dieses offene Hervortreten richteten sich vor Allem die Angriffe.
Diese Verbrennungsgeschichte war kein Theil der officiellen Feier, sie stand nicht mit auf dem Programm, geschah auch ohne Genehmigung, ja ganz ohne Vorwissen des Festausschusses. Wohl wußte, wie er selbst später offen erklärt hat, Professor Fries davon und hatte den Plan und das Bücherverzeichniß gebilligt, das Ganze war und blieb aber ein besonderes Vorhaben Maßmann’s, das er mit wenigen Eingeweihten vorbereitete und plötzlich ausführte. Von der überraschten Menge wurde die Demonstration lediglich als ein Studentenwitz aufgenommen und jubelnd mitgemacht. Schon in Eisenach erhoben sich aber bedenkliche Stimmen dagegen, mehr noch in Jena im Schooße der Burschenschaft selbst, und Maßmann hatte mancherlei Anfechtungen muthig und männlich mit dem Schwerte zu bekämpfen. Selbst Professor Kieser in seiner dem Feste gewidmeten Schrift nannte den ganzen Vorgang einen jugendlichen Muthwillen, und in der erst neuerdings erschienenen Biographie von Fries bedient sich dessen Schwiegersohn ebenfalls dieser Bezeichnung. Muthwillen – „ein schönes Wort, wer’s recht verstünde!“ Muthwillen – warum nicht Willensmuth? Lebensmuth? – Wer die Zeit nach den Freiheitskriegen recht geisteswach mit durchlebt hat oder jetzt nach fünfzig Jahren in anschaulichen Schilderungen nachlebt, mit allen ihren gräßlichen Verfolgungen, ja Hetzjagden; wer die damalige Erregtheit der Gemüther sich vergegenwärtigt, wird sich da, wo die Gegner der Burschenschaft und des Turnwesens an Unbesonnenheit und Unsinnigkeit sich überboten und wo das gesetzte und gesetzliche Alter eines königlich preußischen Ministers wie Herrn v. Kamptz in so wahrhaft entsetzlichen Schmähungen sich erging, über die ja stets wärmer schlagenden Herzen der Jugend nicht wundern können.
Die von den Jünglingen von 1817 verbrannten Schriften, [488] was waren es für Werke? Es waren die Werke eines Ancillon, der die Aeußerung gethan, „das Volk habe das Bedürfniß, wie Kinder regiert zu werden,“ – eines Haller, der als Grundsätze des Staatsrechts gepredigt: „das Volk oder die Nation sei keine freie Bürgerschaft, sondern blos ein Aggregat von Untergebenen, ein Aggregat dienstbarer oder verpflichteter Menschen, der Souverain sei vor dem Volke wie der Stamm vor den Aesten, er sei von Formen unabhängig und über die von ihm gemachten positiven Gesetze und Einrichtungen erhaben,“ – eines Janke, der einen Arndt, Jahn, Fichte und andere Patrioten bei der preußischen Regierung als Volksaufwiegler verdächtigt hatte, – eines Kamptz, der durch seinen Codex der Gensd’armerie seine freiheitsfeindliche Gesinnung deutlich genug offenbart hatte, sowie durch seine kurz darauf erschienene Schmähschrift über das Fest das Beginnen der Jugend selbst rechtfertigte, – eines Schmalz, der frech genug die Erhebung des deutschen Volkes gegen die Franzosen nur als das Loslassen einer Koppel Jagdhunde durch die Fürsten und wie ein Commandiren zur Löschspritze darstellte, mit Kotzebue das elende Geschäft des Auflauerers, des Spions und Denuncianten trieb und damit das Schimpfwort „Schmalzgesell“, „Schmalziade“ als den Ausdruck äußerster Gemeinheit und Niederträchtigkeit, sowie den Spottvers veranlaßte:
Nun auf, ihr Burschen frei und schnell,
Ihr Brüder Du und Du,
Noch bellt der Kamptz- und Schmalzgesell,
Der Beel- und Kot-zebue!
Es waren die Werke von Anhängern und Schmeichlern Bonaparte’s, von Theoretikern des Despotismus, von Verräthern an deutschem Volksrecht und deutscher Freiheit. Warum sollte eine Schaar für Recht, Freiheit und Vaterland begeisterter junger Männer, denen der Bart schon gewachsen war, – die großentheils schon vor vier Jahren ihr Blut mit eingesetzt und mit geholfen hatten, die fremden Dränger zu vertreiben, – die ebenso gut wie das gesammte deutsche Volk erwarten durften, daß von den Fürsten das so feierlich gegebene Fürstenwort freier Verfassungen und Gründung eines einigen und starken Deutschlands gelöst werde – die durch ihre Studien des Rechts und der Geschichte mit den politischen Verhältnissen der Völker älterer und neuerer Zeit bekannt geworden, – die in den philosophischen Vorlesungen ihrer hochgeschätzten akademischen Lehrer ganz andere Begriffe vom Staat erhalten hatten, als die Diplomaten jetzt hineinlegten, – die noch von keinen Amtsinteressen befangen, noch unter keinen bureaukratischen Zwang gestellt waren und sich als freie Männer fühlten und fühlen durften, – warum sollten sie nicht auch das Recht besitzen, gegen das Treiben jener Personen, von denen es bekannt war, daß sie nicht nur die Hemmschuhe jener Erfüllungen, sondern die erklärten Feinde aller Freiheits- und Einigungsbestrebungen des deutschen Volkes waren, ihre Entrüstung zu äußern? Mag es auch unklug gewesen sein, „in ein Wespennest zu stören, in welchem eine Hornisse sich mit befand,“ – die Motive, welche Maßmann und seine Vertrauten bei ihrer improvisirten Demonstration leiteten, waren ebenso berechtigt wie edel.
Indem nun aber die Maßmann’sche Festbeschreibung die Einzelnheiten zu allgemeiner Kenntniß brachte und Oken in seiner „Isis“ das Verzeichniß der verbrannten Schriften mit bezeichnenden maliciösen Bildchen, z. B. einem Paar Eselsohren, einem Schafkopf, einem Fuchsschwanz, einer Knute etc. versah, wurden die beleidigten Schriftsteller auf das Aeußerste aufgebracht. Die Wespen flogen aus, ihnen voran die Hornisse. Mit der Gehässigkeit und Denunciationswuth, die ihre verbrannten Schriften athmeten, erhoben Kamptz und Consorten lautes Geschrei über den „Haufen verwilderter Professoren und verführter Studenten“, über „Vandalismus demagogischer Intoleranz“, über „Jacobinisches Complot“ etc. und denuncirten das Fest in leidenschaftlichster Weise. Die Jenenser Liberalen, ein Fries, Kieser, Oken, Luden, blieben die energischste Antwort nicht schuldig und die akademische Jugend antwortete in ihrer Weise. Nach den aufreizenden Holzschnitten in Oken’s Isis erschienen zur nächstfolgenden Fastnacht die sämmtlichen Thiergestalten und Persönlichkeiten verkleidet auf dem schönen offenen Markte zu Jena, widmeten dem Teufel, der zufällig aus Fries’ Hause hervorging, ihre sämmtlichen auf dem Wartenberg verbrannten Schriften und umtanzten ihn. Während dessen stand ein großer langhalsiger Vogel (der Vogel Ibis aus der Isis, zur Kennzeichnung Kotzebue’s) da, unbeweglich, fast von Niemandem beachtet, bis er endlich den langen Hals erhob, zwischen seinen Storchbeinen nach hinten fuhr, etc. Jedermann verstand die Geste, ein schallendes Gelächter lief an allen den dicht besetzten Fenstern des Marktes herum. Dicht neben dem Vogel, den Karl Ludwig Sand aus Wunsiedel darstellte, stand aber gleichfalls durch Zufall der Sohn Kotzebue’s. Er forderte Sand sofort auf Pistolen, wurde aber noch an demselben Abend spät von seinem Vater nach Weimar abberufen.
Die Reaction benutzte die Wartburgsgeschichte als Vorwand zu den heftigsten Angriffen auf die verhaßte freie Verfassung und freie Presse des kleinen Weimar. Ja selbst ein Niebuhr sprach von „kaum mannbaren Burschen, welche die Gesetzgeber machen wollten,“ ein Stein nannte in einem Brief an den Staatsminister von Gersdorff vom 10. Dec. 1817 in unbegreiflicher Verblendung Fries und Oken „ganz unreife, hohle, haltungslose Schwätzer,“ denen der Lehrstuhl zu verbieten sei, „sansculottische Schriftsteller, welche Mord und Aufruhr predigten,“ „Thoren, von denen der eine durch mystischen, anarchischen Unsinn und der andere durch demokratische Scurrilitäten die jungen Gemüther irre leite“!! Wenn selbst Männer wie Niebuhr und Stein zu solchen Ausfällen sich hinreißen ließen, wie kann es befremden, daß die Männer der Reaction – und leider Preußen voran – den Moment zur Eröffnung der Hetzjagd auf den erwachten Volksgeist und Liberalismus gekommen glaubten? Wer kennt sie nicht, die Jugend-Hetzereien, welche damals begannen und denen auch Sand’s That sowie die spätern geheimen Jugendbünde zur Last fallen? die nichtswürdigen „Demagogen“-Verfolgungen, die hochnothpeinlichen Untersuchungen gegen Männer wie Arndt etc. und das schmähliche Verfahren gegen den Mann, der vielleicht nur den einen Fehler hatte, sein Herz zu offen auf der Zunge zu tragen, gegen Friedrich Ludwig Jahn? Ihm, dem die berüchtigte Mainzer Untersuchungs-Commission unseligen Andenkens zum Vorwurfe, ja zum Verbrechen machte, daß er von Jugend auf die Einheit Deutschlands gewollt und angestrebt habe, wie hat ihm und seinen Bestrebungen die Entwickelung der Zeit Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen! Wahrlich, man könnte am Vaterlande, an der Menschheit verzweifeln, wenn man nicht zugeben müßte, daß eben nur durch Kampf und Druck das Gute und Bessere, gereinigt und bewährt, veredelt und inzwischen Gemeingut, Gemeinkenntniß geworden, endlich doch zu Tage, zum Siege käme. Zunächst aber galten damals die Angriffe der Reaction dem mit Metternich’scher Staatsweisheit unvereinbaren liberalen Regierungssystem des Weimarischen Fürsten. Jene und seine freisinnigen Lehrer oder vielmehr der kleine freisinnige Großstaat Weimar selbst wurden gemaßregelt; über Fries und Oken wurden Criminal-Untersuchungen verhängt, Luden’s „Nemesis“ unterdrückt, Oken’s „Isis“ aus dem Weimarischen verdrängt. Was Maßmann selbst betrifft, so ging das Gerücht, daß preußische Soldaten von Erfurt herüber ihn festnehmen würden. Als Robert Wesselhöft ihn eines Tages frug, was er zu thun gedenke, entgegnete er ruhig: ich werde Jena nicht verlassen. Die Soldaten kamen nicht, aber ohne Untersuchung kam auch er nicht davon. Durch Kamptz wurde er in Weimar und Jena verklagt. Bei Bearbeitung seiner Vertheidigungsschrift ging ihm aber selbst der Professor und Geheime Hofrath, späterer Minister Schweitzer mit Rath und That zur Hand und forderte ihn sogar geradezu auf: „Schlagen Sie nur recht scharf und derb darauf!“ Maßmann wurde, wie er in seinem Traum „Die hohe Schule“ 1858 mitgetheilt, dafür, daß er sich bei Eisenach die Finger verbrannt hatte, zu einer Carcerstrafe von acht Tagen verurtheilt, deren letzten er dem Pedell „abkaufte“. Die Maßregler Weimars, die deutschen Großmächte, schickten sogar ihren Fürsten von Hardenberg und Grafen von Zichy eigens zur Revision nach Jena. Die Herren kamen und sahen sich um. Es war ein merkwürdiger Abend, als die beiden Herren am Markte am Fenster lagen und die gesammte Studentenschaft mit ruhig ernstem Gesange vor ihnen auf dem Markte auf- und abwogte. Kein rohes Wort, keine Ausgelassenheit wurde vernommen; – sie ahnten Alle, was es galt. Die Gesandten aber reisten wieder ab und berichteten, „daß die Sache nicht so sei, wie man sie dargestellt habe.“
Ja, die Sache war in der That nicht so, wie die Reaction sie dargestellt hatte. Das Wartburgfest war, wie die Liberalen schon im Jahr 1817 anerkannten, eine hehre Versammlung der edelsten, deutschen Jugend, ein Silberblick deutscher Geschichte nach jahrhundertelangem wüsten Treiben auf den Hochschulen, ein endlicher [489] Blüthendurchbruch der Zeit. Das Fest der deutschen Jugend war das erste deutsche Bruderfest und zugleich, um mit Fries zu reden, das helle Morgenroth eines schönen Tages, der über unser[WS 2] schönes Vaterland heraufkam. Indem der deutsche Jünglingsgeist von der alten Lutherburg aus über die deutschen Universitäten sich verbreitete, zunächst die allgemeine deutsche Burschenschaft schuf, bald aber auch darüber hinaus alle Stände, alle Kreise unseres Volks durchdrang und überall deutschen Gemeingeist und Begeisterung für ein einiges freies Vaterland wirkte, wurde das Wartburgfest fürwahr zu dem größten, edelsten Fruchtbaum! Sind seine Früchte schon zum vollen schönen Tage geworden? O nein, noch sind wir nicht am Ziele, „untröstlich ist’s noch allerwärts“; aber eben diese gegenwärtige Zerrissenheit unseres Vaterlandes und der heiße unermüdliche Kampf seiner treuesten Freunde für die endliche Vollendung einer freiheitlichen Einigung unseres deutschen Vaterlandes muß uns doppelt und dringend mahnen, des großen Wartburgtages und seiner deutschen Jünglinge ehrend zu gedenken. Sollte denn wirklich, wie schon im Jahre 1857 ein deutsches Blatt frug, über solche Erinnerung erst Gras, erst Bäume aus dem Felsen gewachsen sein müssen? „Meine Herren, ich höre schon Gras wachsen,“ sagte L. Uhland auf dem Germanistencongreß zu Frankfurt am Main. –
Als bei der Eisenacher Abendmahlsfeier alle die Jünglinge den Worten des Geistlichen in Andacht lauschten, stampfte Robert Wesselhöft, in sich gekehrt dastehend, plötzlich mit dem rechten Fuße heftig auf; später darüber gefragt, gab er die Erläuterung, er habe daran gedacht, wie viel später dem freiwillig und feierlich gegebenen Worte durch Erschlaffung untreu werden würden. Er irrte. Die weitaus meisten der Männer von 1817 sind dem Geiste, in dem sie dort vereinigt standen, im Leben, das ihnen wahrlich nicht leicht gemacht worden ist, treu geblieben. Ihnen, die in den Herzen der deutschen Jugend die Liebe zum gemeinsamen Vaterland wirken und pflegen und unter den künftigen Führern, Lehrern, Richtern und Vertretern des Volkes ein Vorbild der Einheit und Einigkeit des theuern Vaterlandes aufstellen wollten, schlägt für die hohe patriotische Idee das Herz im Greisenalter noch ebenso warm wie einst in der Jugendgluth. Wie haben sie ihre Jugendbegeisterung, die vielleicht über die Schnur hieb, durch jugendliche Frische bis in’s Greisenalter bewährt! Das Jenaer Universitäts-Jubiläum 1858 wie das fünfzigjährige Jubelfest der deutschen Burschenschaft 1865 hat es bewiesen. Und als am 12. Juni 1865 ein kleines Häuflein Mitbegründer der deutschen Burschenschaft, unter ihnen Scheidler, im deutschen Haus zu Jena bei der Vorfeier ihres Burschenfestes zusammensaß, gedachten sie auch des Wartburgfestes als der eigentlichen That der Burschenschaft und beschlossen eine Gedächtnißfeier desselben am fünfzigsten Jahrestage; und als sie am Abend jenes erhebenden August-Festtags im „Paradies“ zu Jena mitten unter dem Jubel der jüngern Geschlechter und gegenüber dem Hausberg, wo der burschenschaftliche Wahlspruch: „Freiheit, Ehren, Vaterland“ in strahlendstem Glanze leuchtete, am Ufer der rauschenden Saale standen, schlossen sie, die Jünglinge mit dem Schneehaar, gleichwie zu neuer Besiegelung des alten Bundes die Hände in einander und sangen leise und innig (nach Binzer’s schönem Liede):
„Bis die Welt vergeht am jüngsten Tag,
Seid treu, ihr Burschen und singet uns nach:
Frei ist der Bursch!
Mit dem 18. October 1867 nun vollenden sich fünfzig Jahre seit dem Wartburgfest von 1817. Möge es den Bestrebungen des Burschenschafts-Comités in Jena gelingen, eine würdige Erinnerungsfeier zu veranstalten; möge auch die gastliche Stadt Eisenach dazu freundlich einladen! Zwar haben sich inzwischen die Reihen der damaligen Festgenossen gar sehr gelichtet, auch Scheidler, der Burgvoigt von 1817, der Fahnenträger beim Burschenschaftsjubiläum, der „eifrige, ewige Jüngling von Jena“, der sein ganzes Leben der vaterländischen und volksthümlichen Bildung der deutschen Jugend gewidmet hat, ist vor Kurzem abgeschieden, ohne daß ihm vergönnt gewesen wäre, das Burschenschwert zum zweiten Mal zu führen. Noch leben aber zahlreiche Festgenossen des Wartburgfestes in Nord- und Süddeutschland, in der Schweiz und jenseit des Meeres. Freudig werden sie sich bei der Erinnerungsfeier nach langer Trennung wieder in die Arme sinken und jener goldenen Jugendzeit, jener erhebenden Festtage gedenken. Mit Stolz und ohne zu erröthen dürfen sie den Rittersaal wieder betreten, sich mit höherer Freude in’s Auge schauen und mit Carové sagen: „Wir hatten den Geist unsers Volks verstanden und, was er damals von uns gefordert, soviel an uns war, erstrebt und vollbracht!“
Und nur die Alten allein? Nein! neben ihnen erscheine am festlichen Tage die lebensfrische, fröhliche akademische Jugend von all’ den deutschen Universitäten. Im Jahre 1857 schrieb das Morgenblatt über die Zahmheit und Lahmheit der jetzigen Studirenden: „O Wartburg, Wartburg, auf deren Höhen die Väter einst ein Feuer geschürt, daß die Lohe davon weithin den deutschen Himmel röthete, in deren Hallen sie ein deutsches Wort geredet, daß davor die Fürsten erschraken, von deren mächtigem Feste der Dämon des Wahnsinns ausging, der Vaterlandsverräther suchte und eine sonst treue Hand zum Morde trieb, wie wirst du dich freuen, wenn die Musensöhne unserer Tage zu dir kommen![WS 3] Sie werden harmlos und heiter deine Gastlichkeit und deine schöne Fernsicht genießen; sie werden dein restaurirtes Alterthum mit Kunstsinn bewundern; sie werden artig französisch sprechen mit den Franzosen, und keinem wird es gelüsten, die Hand eigenmächtig gegen Vaterlandsfeinde zu erheben! O Deutschland, wie viel hast du einst von der Kraft und Begeisterung deiner Jugend gehofft, – und wie viel von ihr gefürchtet! Du hast jetzt nichts mehr zu fürchten!“
Nun wohl, ihr deutschen Studirenden, zeigt denn beim Erinnerungsfeste 1867, wie unbegründet die spöttischen Urtheile über die Richtung und Denkart der jetzigen akademischen Jugend sind, zeigt, wie auch ihr von Vaterlandsbegeisterung durchglüht und den Vätern nachzueifern bestrebt seid, und daß von euch, der jungen, frischen Kraft, das Vaterland die endliche volle Ernte des vor fünfzig Jahren ausgestreuten Samens erwarten darf!
Und nur die alten Burschenschaften? nur ihre jungen Epigonen? O nein, nein! Jene Zeit, die bloß das Samenkorn barg, hat schon bis jetzt reiche Frucht getragen und verspricht für die kommenden Tage noch reichere Frucht. Wir leben bereits inmitten einer großen deutschen Burschenschaft. Jeder deutsche Mann, jeder Bürger, dessen Herz für die große Sache der Einheit und Freiheit des noch immer ungeeinten, jetzt in drei Theile zerrissenen Vaterlandes schlägt – weß Standes und Berufs er auch sei – sei herzlich willkommen, auf daß das Erinnerungsfest eine wahre, würdige Erinnerungsfeier des ersten deutschen Nationalfestes, selbst ein wahres Nationalfest werde! Ihre Betheiligung sei uns Bürgschaft für die endliche Erreichung des großen nationalen Ziels. Möge dies dem Vaterland und der Menschheit gewidmete Blatt ihnen, wie vor zwei Jahren beim großen Burschenfeste, so auch heute bis weithin an den Rhein und zu den Alpen, durch den „norddeutschen Bund“ wie durch Süddeutschland und Deutsch-Oesterreich hin bis an das Meer und über das Meer den Gruß bringen, zum Feste echt brüderlicher, deutscher Einigung, und mögen sie dem freundlichen Ruf fröhlich Folge leisten! Frisch auf denn!
Frisch auf! frisch auf zur Burschenfahrt,
Ihr Jungen und ihr Alten,
Wir wollen dort nach unsrer Art
Den großen Festtag halten!
Vor wenigen Tagen hat man in Kissingen das Andenken jenes 9. Juli des vorigen Jahres, welcher den sonst so friedlichen Badeort und seine polyglottische Sommerbevölkerung in so große Schrecken und Gefahren bringen sollte, in ernster Feier begangen, wie man das Gedächtniß der Entscheidungstage von Gitschin, von Skalitz und Königgrätz festlich erneuert hat. Lebhaft sind dabei die Scenen des blutigen Gefechts wieder vor die Seele getreten, das an den Ufern der fränkischen Saale und bis mitten in die Straßen der freundlichen Stadt hinein sich Preußen und Baiern geliefert haben; es wird daher gewiß auch unsern Lesern nicht überflüssig erscheinen, wenn wir ihnen einzelne Momente jenes Kampfes, wie sie ein englischer, also ein völlig unparteiischer
[490] Augenzeuge schildert, noch einmal vorführen; zählt doch der Sommer von 1866 zu den denkwürdigsten Zeiten, die jemals über Deutschland aufgegangen sind, und verdient darum[WS 4] auch in den kleinen Einzelnheiten und Episoden im Gedächtniß der Menschen, der jetzt lebenden und der nach uns kommenden, bewahrt zu werden.
Ich hatte nicht erwartet, Kissingen voll zu finden, – schreibt unser Brite – und wunderte mich daher nicht, als mir bei meiner Ankunft gesagt wurde, daß statt der dreitausend Badegäste, auf die man in dieser Jahreszeit gewöhnlich rechne, blos fünfhundert anwesend seien. Diese Leere hatte auf den gewöhnlichen Gang der Cur natürlich keinen Einfluß, bei der uns die Zeit im Badedolcefarniente ganz angenehm verging. Inzwischen hörten wir, daß der Krieg begonnen habe und Ludwig von Baiern sehr gegen seinen Willen in den Kampf hineingezogen worden sei. Die Lager im Süden wurden abgebrochen und in großer Zahl zogen täglich baierische Truppen durch die Stadt, Fußvolk, Reiterei, Geschütze und ein endloser Trainzug, der hauptsächlich aus Bauernwagen bestand. Da in der Stadt so viele Wohnungen leer standen, so hatten wir von der Einquartierung der Truppen keine Unbequemlichkeit und sahen in dem Durchzuge der Truppen blos eine angenehme Unterbrechung der gewöhnlichen Eintönigkeit des Ortes.
Was wir von den Kriegsereignissen hörten, erfuhren wir Alles aus den englischen Zeitungen. Die deutschen Blätter waren sämmtlich stumm und selbst die Frankfurter „Europe“, die sonst eine so laute Sprache führte, sagte nicht viel. Wir lasen übrigens von dem Gange der Dinge in Böhmen, und bei der Nachricht von der Schlacht von Königgrätz gaben wir uns mit der ganzen Welt der Erwartung hin, daß es im Süden nicht ernstlich zum Kriege kommen werde. Die Oesterreicher waren geschlagen, die Hannoveraner hatten die Waffen gestreckt. Gerade jetzt hörten wir, daß die Mainarmee unter Vogel von Falckenstein Befehl zum Vorrücken erhalten habe und daß der Prinz Karl von Baiern, der den Hannoveranern Hülfe zu bringen versucht hatte, von den Bundestruppen unter dem Prinzen Alexander von Hessen im Stich gelassen, bei Dermbach geschlagen worden sei.
Tags darauf ereignete sich in Kissingen eine sonderbare Scene. Am Morgen des 5. Juli ritt ein ungeordneter Haufe Reiterei und Artillerie auf den Marktplatz. Geschütze hatten die Leute nicht und an den Artillerie-Pferden hingen die abgeschnittenen Stränge. Menschen und Thiere sahen gleich erschöpft aus. Unter uns entstand eine große Aufregung, als wir von den Bürgern hörten, daß die Reiterei-Division der Armee von den Preußen eine Strecke jenseits des bekannten Bades Brückenau überfallen worden sei und blos diese kleine Abtheilung sich habe retten können. Die Leute waren ganz entmuthigt und warfen ihren Führern Verrath vor. Da sie sich fest einbildeten, daß die Preußen ihnen dicht auf den Fersen wären, so hielten sie auf dem Marktplatze nur so lange, wie sie brauchten, um eine nothdürftige Ordnung herzustellen, und zogen sich dann weiter südwärts zurück.
Eine Stunde später kam wieder Reiterei und Artillerie durch die Stadt, Kürassiere, Chevauxlegers und Ulanen durcheinander, zu zweien und dreien, mitunter auch ein größerer Trupp mit einem Officier, der seine Leute in Ordnung zu bringen suchte. Die Artillerie hatte nicht ein Geschütz bei sich, von den Ulanen hatten viele die Lanzen von sich geworfen. Alle diese Flüchtlinge schienen die Besinnung verloren zu haben und spornten ihre Pferde, als ob es um’s Leben ginge. Sie glaubten in der That die Preußen auf ihren Fersen und verbreiteten überall die Nachricht von der nahen Ankunft der Feinde, bis sie am Main endlich Halt machten. Wir erfuhren bald die Wahrheit: die wilde Flucht war durch einen panischen Schrecken entstanden. Jenseits Brückenau kam die Division in eine bergige und bewaldete Gegend, die zu Hinterhalten wie geschaffen war. Da man die Preußen in der Nähe wußte, so marschirte man mit großer Vorsicht. Der Vortrab ritt mit der gespannten Pistole in der Hand. In einem Hohlwege, wo eine undurchdringliche Dunkelheit herrschte, ging zufällig eine Pistole los. Die Reiter glaubten, daß man von den Bäumen auf sie schieße, feuerten ihre Pistolen in den Wald ab, machten Kehrt und sprengten hastig zurück. Als sie auf ihre Leute stießen, sahen sie die Colonnenspitze in der Dunkelheit nicht und kamen mit ihr in Collision. Schon von den gefallenen Schüssen beunruhigt, hielten die Baiern ihre Leute für Preußen. Pistolen wurden abgefeuert, ein Kampf entstand, auf der engen Straße geriethen Kanonen, Pferde und Wagen durcheinander. Die schrecklichste Verwirrung folgte und es entstand das Geschrei, daß man verrathen, in einen Hinterhalt gelockt sei. Nun war der panische Schrecken da; Alles floh und zerstreute sich in der Nacht. Um das Maß des Komischen voll zu machen, wurden die stehen gebliebenen Geschütze von einer Abtheilung Truppen, die sich von Kissingen aufmachte, unberührt aufgefunden.
Vom 5. bis zum 9. Juli blieb Kissingen ungestört. Die Anwesenheit der Officiere von Zoller’s Brigade, unter denen der Bruder der Kaiserin von Oesterreich war, trug zur Heiterkeit der Gesellschaft viel bei. Die Behörden haben gewiß gewußt, wie nahe die Preußen seien, von den wenigen Badegästen aber, die geblieben waren, dachte keiner an Gefahr.
Der 9. war ein Montag. Als wir unter den Bäumen im Curgarten unsern Kaffee tranken, bot die Stadt das Bild der größten Ruhe dar. Die Sonne sank tiefer im Westen und ich wanderte mit zwei Freunden zu der Bodenlaube, einer Burgruine auf dem Berge im Osten, die eine schöne Aussicht auf die Stadt gewährt. Als wir auf dem Rückwege den Berg hinabstiegen, überraschte uns der Anblick von Geschützen, die auf der Straße nach Winkels aus der Stadt fuhren, plötzlich auf’s offene Feld einlenkten und auf einem Bergrücken Stellung nahmen. Natürlich eilten wir nach Hause, um den Grund dieser Bewegung zu erfahren. Unterwegs begegneten wir einer langen Linie von Bauernburschen, die sich verstecken wollten, weil sie von den Preußen, welche im Anmarsch seien, zu Soldaten ausgehoben zu werden fürchteten. Bei unserer Ankunft in Kissingen fanden wir Alles in Bewegung. Die Kaufleute packten ihre Waaren, um sie fortzuschicken, die Truppen setzten die Stadt in Vertheidigungszustand.
Man erwartete die Preußen auf der Straße von Brückenau, die von Norden auf der anderen Seite der Saale gegen die Stadt läuft und plötzlich in einem rechten Winkel über eine steinerne Brücke in die Stadt führt. Da die Straße an einen steilen Berg angrenzt und auf der Flußseite blos durch eine Pappelallee gedeckt wird, so war sie den Kugeln sehr ausgesetzt. Die Baiern wollten deshalb ihr Feuer auf diesen Punkt concentriren. Zwei Feldstücke faßten auf einer hohen Straße östlich von der Brücke Posto und wurden von einem Bataillon unterstützt, das sich hinter dem Chausseedamm auf die Böschung legt. Alle Häuser auf unserer Seite des Flusses wurden mit Schießscharten versehen und das große Logirhaus von Adam Hailmann, das dicht an der Straße liegt, stark mit Schützen besetzt, die sich an allen Fenstern durch Matratzen deckten. Die Brücke selbst wurde mit Wagen und anderen zweckdienlichen Gegenständen verrammelt, so daß ohne Artillerie gegen die Stellung nichts auszurichten war. Die hölzernen Brücken der Saale wurden abgebrochen, der eiserne Steg hinter den Arcaden des Curgartens seiner Bohlen beraubt und stark verrammelt. Eine hölzerne Brücke, die jenseits des Curgartens bei Sanner’s Hotel zu Wiesen hinüberführte, wurde ebenfalls abgebrochen, aber die Brückenpfeiler ließ man stehen und dieser Nachlässigkeit hatte die Stadt schließlich ihre Rettung zu verdanken.
Am Abend ritt General Zoller auf seinem grauen Pferde, von seinem Stabe begleitet, an die Brücke und richtete an die Truppen ermunternde Worte. Wir erfuhren auf diese Weise, um was es sich handle. Falckenstein wollte den Prinzen Karl von Schweinfurt abschneiden. Durch seine Schnelligkeit hatte er bereits einen Vorsprung gewonnen, und hielt man ihn nicht bei Kissingen auf, wo sich allein mit Erfolg Widerstand leisten ließ, so wurde der Prinz von einer überlegenen feindlichen Macht eingeholt. Zu General von der Tann waren Boten gegangen und er kam mit seiner Division gewiß von Münnerstadt zu Hülfe, aber den ersten Stoß hatte Zoller mit seiner Brigade von fünftausend Mann allein auszuhalten. Unsere Aufregung und unser Interesse an den kommenden Ereignissen waren zu groß, als daß wir viel an Gefahr gedacht hätten. Wir verhehlten uns aber nicht, daß der Feind, wenn er den Uebergang über die Saale auf keine andere Weise erzwingen könne, die Stadt von den Bergen gegenüber beschießen und bald jedes Haus in Asche verwandeln werde.
Es wurde dunkel und die Truppen legten sich auf ihren Posten längs des Flusses schlafen. Für Manchen war es der letzte Schlaf! In der Stadt gab es noch lange keine Ruhe. Die Straßen waren voll von Truppen, während der ganze Wagenzug Befehl erhielt, eiligst Vorbereitungen zur Abfahrt nach Schweinfurt zu treffen. Bei dem düsteren Licht der rothen Lampen an [491] den Ambulance-Wagen wurden Pferde angeschirrt und bis Mitternacht hörte der Lärm nicht auf. Dann hörte ich die lange Wagenlinie unter meinen Fenstern in der Richtung auf Schweinfurt fortrasseln.
Am andern Morgen früh besuchte ich die Ufer des Flusses, wo die Truppen eben von dem Stroh aufstanden, das ihnen zum Lager gedient hatte. Die Leute waren heiter und trieben Späße, die Officiere waren ernst und aufgeregt, da sie wußten, daß sie mit einer Uebermacht zu thun haben würden. Von den Preußen hatte sich blos ein Späher gezeigt, der sich am Waldrande des Berges gegenüber zu weit vorgewagt hatte und von einer bairischen Kugel niedergestreckt worden war.
Um neun Uhr hörten wir die ersten Flintenschüsse. Aus den Fenstern unseres Hotels, dem dicht am Curgarten gelegenen russischen Hof, konnten wir Alles mit ansehen. Auf den Bergen drüben erschienen, aus den Wäldern der Maxruhe und des Altenbergs hervortretend, feindliche Plänkler, während General Falckenstein mit seinem Stabe auf der Höhe des Berges im Westen sichtbar wurde. Das Feuern wurde nun ein ununterbrochenes und in das Pfeifen der Gewehrkugeln mischte sich das Sausen der Geschosse einer preußischen Batterie, die auf einem Vorsprunge des Altenbergs aufgefahren war. Dieses Artilleriefeuer richtete sich aber nicht auf die Stadt, sondern auf die dichten Reihen der zweiten bairischen Division, die jetzt herangekommen war und die Höhen im Osten besetzt hielt. Augenzeugen beschreiben die Genauigkeit desselben als wunderbar. Jede Kugel traf und riß in den bairischen Bataillonen so furchtbare Lücken, daß die Befehlshaber die Linien sich öffnen ließen. So sehr die Baiern dort litten, so wacker hielten sie sich am Ufer des Flusses. Die angreifenden Preußen waren die Division Goeben, lauter Westphalen und etwa sechstausend Mann stark. Ihre Plänkler drangen mit ihrem gewöhnlichen Ungestüm gegen die Brücke vor, aber ein mörderisches Feuer der gut gedeckten Baiern empfing sie und trieb sie immer wieder zurück. Eine Stunde und länger thaten die Preußen ihr Möglichstes, doch ohne Erfolg. Auch daß Manteuffel der Division Goeben zu Hülfe kam, änderte nichts. Die Zugänge zur Brücke waren dem feindlichen Feuer so ausgesetzt, daß die Preußen nicht vordringen konnten, ohne sofort niederschossen zu werden. Ihre Plänkler sahen sich daher gezwungen, in den Häusern auf dem westlichen Ufer Schutz zu suchen, und wir sahen von unserem Fenster die Blitze aus den Fenstern des Hotel de Baviere, von denen die Preußen das bairische Feuer von der Brücke erwiderten. Es war übrigens klar, daß dieses Gewehrfeuer nicht im Stande war, die Vertheidiger der Brücke zu vertreiben und den Preußen einen Weg zu bahnen. Falckenstein hatte keine andere Wahl mehr, als die Stadt zu beschießen. Er zögerte aber, angeblich weil er selbst in Kissingen einst Heilung gefunden hatte, wahrscheinlich aus Humanitätsrücksichten gegen einen Ort, den er mit Kranken aus allen Ländern gefüllt glaubte. Wie er einem meiner Landsleute später erzählte, saß er mit der Uhr in der Hand auf dem Pferde, um noch zehn Minuten zu warten. War die Brücke dann nicht in preußischen Händen, so sollte mit der Beschießung der Stadt begonnen werden. Die preußischen Geschütze, deren Kugeln bisher dicht über unseren Dächern hinüber geflogen waren, brauchten blos niedriger zu zielen und Kissingen wurde ein Trümmerhaufen.
Dieses Schicksal wurde von uns abgewendet. Vom Altenberge aus wurden die stehengebliebenen Pfähle der Brücke unterhalb des Curgartens bemerkt und dem General gezeigt. Im nächsten Augenblicke eilten einige hundert Preußen zu dem Schweizerhäuschen an der Straße von Gemünden, rissen die Breter der äußeren Wandbekleidung los und trugen sie zum Flusse. In wenigen Minuten war auf den Pfählen ein Uebergang hergestellt und im Nu waren ein paar Bataillone Westphalen drüben und rückten über die Wiesen gegen die Stadt vor. Die Baiern sahen kaum, was dort vorging, als sie Anstalten zur Vertheidigung ihrer Flanke trafen. Eine starke Abtheilung besetzte Sanner’s Hotel und ließ von den Fenstern des Hinterhauses einen Kugelhagel auf die Stürmenden niederschmettern. Mancher Preuße wurde auf den Rasen gestreckt, aber Goeben’s Leute waren zu zahlreich und zu ungestüm, um zurückgeschlagen werden zu können. Sie kamen wie ein Bergstrom daher, stürmten das Hotel und drangen mit aufgepflanztem Bajonnet in den Speisesaal, wo die Gäste sich auf den Boden gelegt hatten, um den Kugeln zu entgehen. Sie riefen den Herren und Damen zu, daß sie noch liegen bleiben möchten, da fortgeschossen werde, stürmten die Treppe hinauf und machten alle Baiern, die im Hause waren, zu Gefangenen. Eine andere feindliche Abtheilung hatte inzwischen, nicht ohne einen heftigen Kampf, das südliche Ende des Curgartens genommen. Dicht vor unseren Fenstern hörten wir das Geschrei von Kämpfenden und das Krachen von Schüssen. So neugierig wir auch waren, wurden wir doch durch den Ton anschlagender Kugeln und durch klirrende Scheiben von den Fenstern ferngehalten. Die Baiern wurden auf unser Hotel zurückgeworfen und suchten sich zum Theil durch das Haus zu retten. Die Preußen waren ihnen aber zu rasch und verfolgten sie durch die Thür und die Treppen aufwärts. Die meisten Gäste hatten sich in den Keller geflüchtet, oben befand sich blos noch ein Amerikaner. Als er die Treppe hinauflief und den ersten Absatz erreicht hatte, wo er sich rechts wenden mußte, um die nächsten Stufen zu erreichen, fuhr ihm eine preußische Kugel durch den Schnurrbart und zerschmetterte die Gasthofsglocke zu tausend Stücken. Bleich vor Schrecken, rieb er sich die Ohren, um zu probiren, ob er noch lebe, und lief dann weiter. Die Baiern wurden bald überwältigt und warfen die Waffen weg. Nun durchsuchten die Pickelhauben mit aufgepflanztem Bajonnet das ganze Hotel und kamen auch zu uns. Sie waren übrigens weit rücksichtsvoller, als sich bei ihrer Aufregung vermuthen ließ, und gingen weiter, sobald sie sahen, daß keine Gefangene zu machen seien.
Als ich auf die Straße ging, war die steinerne Brücke, um die man so lange gekämpft hatte, frei. Die preußischen Colonnen stürmten in die Stadt, während ihre Kanonenkugeln noch immer über die Häuser flogen und den abziehenden Baiern an den Berghängen jenseits schwere Verluste zufügten. An der Thür unseres Hotels, dicht neben der Leiche eines bairischen Soldaten, hielten zwei preußische Officiere und tranken behaglich den Rheinwein, den der Wirth ihnen in großen Römern auf’s Pferd reichte. Ueberall zeigten sich Spuren des Kampfes. Im Curgarten lagen Todte zwischen Tornistern, Seitengewehren, Feldflaschen und Patronen, die entweder den Gefallenen gehört hatten oder von den Fliehenden weggeworfen worden waren. Noch an diesem Tage zeigte sich, daß von der Einwohnerschaft blos zwei ihren Tod gefunden hatten, und zwar durch verirrte Kugeln. Nur auf diese Weise hatte ein Unglück vorkommen können, da die Preußen allen Nichtkämpfenden die größte Schonung bewiesen.
Von den Badegästen wurde nicht einer verletzt, obgleich manche in große Gefahr geriethen. Zwei Damen und ein Herr, die einen Spaziergang machten, mußten sich in einen Graben legen, um den Kugeln zu entgehen, und in diesem Schlupfwinkel drei Stunden ausharren. Andere, die sich weiter auswärts befanden, flüchteten in nahe Dörfer und kamen erst wieder zum Vorschein, als Alles ruhig war. In die größte Angst geriethen die Gäste des Hotel de Russie. Sie hatten die Thür verrammelt und waren in den Keller gegangen. Aus den nächsten Häusern hatten die Preußen viele Kugeln bekommen und glaubten, daß auch aus dem Hotel auf sie geschossen worden sei. Als sie nun stürmten, feuerten sie durch die Gitter der Kellerlöcher, doch wurde glücklicher Weise Niemand getroffen.
Am Nachmittag und Abend ging es in Kissingen lebhaft zu. Dreißigtausend Preußen lagen in der Stadt und fortwährend wurden Verwundete eingebracht. Die Soldaten fanden gute Quartiere und Speisen und Getränke in Fülle, nachdem sie tagelang im Freien gelagert und nichts als Schwarzbrod gegessen hatten. Aus jedem Hause schallten Töne heraus, die bewiesen, wie freudig die armen Leute ihr Wohlleben stimmte. Im Hotel de Russie, wo Falckenstein mit seinem Stabe quartierte, zeigte sich eine neue Scene. Im Speisesaale saßen statt der ruhigen Curgäste preußische Officiere an den Tafeln. Große Batterien leerer Flaschen zeugten für ihre Thätigkeit und von ihrer lauten Unterhaltung konnte man taub werden. Oben an einem der Tische saß der Veteran Falckenstein und sprach leise mit seinen Divisionsgeneralen Manteuffel und Goeben. Obgleich am andern Tage früh aufgebrochen werden sollte, wurde es doch fast Morgen, ehe das Klappern der Säbel und das Klirren der Sporen auf den Treppen und Gängen aufhörte.
Falckenstein’s Ziel war, Schweinfurt so schnell wie möglich zu erreichen. Am 11. Juli war daher die Armee schon sehr früh in Bewegung und vier Stunden lang zogen die Preußen in dichten Reihen durch Kissingen. Sie erreichten ihren Zweck übrigens [492] nicht. Prinz Karl hatte die Zeit, während der um die steinerne Brücke von Kissingen gekämpft wurde, zu einem Marsch gegen Süden benutzt. General von der Tann war mit seiner Division und den Resten der Brigade Zoller, deren General gefallen war, zu ihm gestoßen und Beide hatten Schweinfurt erreicht, von wo sie die Eisenbahn benutzen konnten. Die Preußen marschirten zurück, um sich auf den Prinzen von Hessen zu werfen, und am 12. sahen wir sie über die steinerne Brücke zurückmarschiren, die so viele Soldaten gekostet hatte. Die stämmigen Westphalen Goeben’s und weiße Kürassiere mit funkelnden Helmen und Brustharnischen zogen voran, Artillerie und Train folgten und unter den Wagen befanden sich nicht wenige, die mit den Namen hannöver’scher Regimenter beschrieben waren und folglich zur Kriegsbeute gehörten. Wir sahen die Armee gern abziehen. Die vielen Soldaten hatten die Vorräthe rein aufgezehrt und Badegäste wie Einwohner waren auf Schwarzbrod angewiesen. Der hübsche Curgarten sah wie ein Pferdestall aus und war auch dazu benutzt worden. Es dauerte indessen nicht lange, so waren alle Spuren der Verwüstungen an Gärten wie in Gebäuden beseitigt, und wären nicht so viele preußische und bairische Verwundete zurückgeblieben, so hätte man das Gefecht von Kissingen für einen Traum halten können. Diese Verwundeten wurden jetzt der Hauptgegenstand der Aufmerksamkeit und die Energie, mit der sich die englischen Damen ihrer Pflege widmeten, machte mich auf meine Abkunft stolz.
Kissingen zu verlassen, war eine Zeit lang schwer. Die Baiern und nach ihnen die Preußen hatten alles Fuhrwerk in Beschlag genommen, und einige Familien, die durchaus fort wollten, mußten froh sein, daß sie Bauernwagen auftreiben konnten. Auf Strohbündeln sitzend, fuhren sie mit der heitern Aussicht fort, die ganze Strecke bis Cassel auf diese Weise zurücklegen zu müssen. Als die Preußen weiter vorrückten, kamen wieder Wagen zum Vorschein, und Kissingen war nun bald den Verwundeten und den niedergeschlagenen Einwohnern überlassen. Auch wir schieden mit Erinnerungen an die Kriegsscenen, die in unserer Seele mit dem Bilde der freundlichen Stadt auf immer verwoben sein werden.
Beim Schulhaus bleiben die Leute steh’n.
So sagt, was ist denn dort zu seh’n?
In Laubschmuck prangt die Pforte ganz,
Darüber hängt ein großer Kranz.
Heut Garn auf ihre Spule,
Denn sie jauchzen von Haus zu Haus und schrei’n:
„Ei, heut’ ist keine Schule!“
Wo sonst die Bänk’ und Tische, ist heut
Das Bücherbret nur allein hielt Stand
Und die schwarze Tafel an der Wand.
Ein frisches Hemd am Wochentag
Und Sonntagsrock und Weste?
Wohl für besondre Gäste?
Da sitzt er lächelnd im Sonntagsstaat,
So froh, wie kein König im Ornat.
Es zieht zu seines Geburtstags Ehr’
O Ernteglück in dem treuen Gesicht!
Wie behaglich im Großvaterstuhle
Der alte Lehrer selber spricht:
„Ei, heut’ ist keine Schule!“
„Guten Morgen, Herr Lehrer!“ aus einem Mund.
Und da kommen sie alle im Sonntagsgewand,
Und keines der Kinder mit leerer Hand.
Und die Freude strahlt aus jedem Blick,
Dem einmal im Jahre so lohnet das Glück
Dreihundert Tage der Mühen.
In der Welt ist kein König und Volk zu schau’n
Mit solchen Augen voll Lieb’ und Vertraun!
Für die Schule in Allen zum rechten Muth!
Blieb’ sie ein Kleinod Weib und Mann,
Ein Theuerstes auf Erden!
Fürwahr, wie würde glücklich dann
Hab’ Acht, hab’ Acht, klug ist die Nacht,
Steh’ für die Schule auf der Wacht,
Du Volk, das um Erleuchtung rang
Und schweren Kampfs die Nacht bezwang –
Sich in des Machtwahns Pfuhle
Und einst sein Hohn nur triumphirt:
Ei, heut’ ist keine Schule!
Vor etwa dreißig Jahren lebte in Boston ein sonderbarer Kauz, Davis mit Namen, der durch die auffallende Art seiner Kleidung und mehr noch durch seine paradoxe und bilderreiche Redeweise zu einer Stadtmerkwürdigkeit geworden war. Nichtsdestoweniger war das Original ein höchst geschickter Mechaniker, dessen nautische Instrumente namentlich sich eines bedeutenden Rufes erfreuten. Er hatte die Technik mit verschiedenen werthvollen Erfindungen bereichert und gern erholten sich andere Mechaniker bei Erfindung und Verbesserung von Maschinen bei ihm Raths.
So kamen auch 1839 zwei Bürger Bostons zu ihm, in großer Verlegenheit. Jahre lang hatten sie sich gequält, eine Strickmaschine zu erfinden, hatten der Eine, ein Opticus, all’ sein Wissen und Können, der Andere, ein Capitalist, ein gut Stück Vermögen daran gesetzt, hatten auch schließlich einen Apparat zu Stande gebracht, aber alle ihre Bemühungen, ihn in Gang zu setzen und arbeiten zu lassen, blieben umsonst. Da sollte nun Davis wieder einmal helfen. Kopfschüttelnd hörte er eine Zeitlang die Erklärungen des Erfinders an, welchen das gesammte Personal der Werkstatt umstand, dann platzte er in seiner gewohnten wunderlichen Manier plötzlich mit der Frage heraus:
„Aber um Gotteswillen, Mann, was plagt Ihr Euch mit Eurer Strickmaschine? Warum macht Ihr denn nicht lieber eine Nähmaschine?“
„Wenn ich’s nur könnte!“ erwiderte seufzend der Capitalist; „aber es geht nicht.“
„Freilich geht’s,“ sagte Freund Davis, „freilich, und Ihr sollt sehen, daß es geht; ich werde gleich selbst eine Nähmaschine construiren.“
„Schön, Mr. Davis,“ antwortete lächelnd der Andere; „thut’s und Ihr seid ein gemachter Mann.“
Bei diesem Gespräch hatte indeß die Sache ihr Bewenden. Davis’ Bemerkung wurde für das genommen, was sie in der That blos war, eine seiner bekannten paradoxen Behauptungen, und es fiel ihm niemals ein, die Erfindung einer Nähmaschine auch nur zu versuchen.
Unter seinen Arbeitern aber, welche der Scene beigewohnt,
[493][494] befand sich ein junger Mann vom Lande, ein gewisser Elias Howe, der unlängst erst bei Davis als Gehülfe eingetreten war, damals etwa zwanzig Jahre alt. Auf ihn machte die Bemerkung, daß man durch die Erfindung einer Nähmaschine zum reichen Manne werden könne, einen gewaltigen Eindruck. Es war ein grübelnder Kopf, dieser Howe, der selbst schon über allerhand Erfindungen getiftelt hatte, allein nichts weniger als praktisch, dazu trotz seines Alters noch läppisch und kindisch und vor Allem ein Feind jedweder anstrengenden Arbeit. Die Energie, mit welcher ein Watt, ein Stephens und andere Erfinder auf ihr Ziel lossteuerten, fehlte ihm total; allein die Nähmaschine, an die er vorher niemals nur gedacht hatte, wurde gewissermaßen zur fixen Idee bei ihm. Er träumte blos von seiner Maschine; er schlenderte bei den Schneidern umher und sah wieder und immer wieder der Procedur des Nähens mit einer Aufmerksamkeit zu, daß die Leute an seinem Verstande zu zweifeln begannen. Sie lachten laut auf, wenn er seufzend die Haufen zugeschnittener Tuchstreifen betrachtete, die sämmtlich eines und desselben Stiches bedurften, um sich zu Kleidern zusammenzufügen, und klagte, daß eine so einfache, so wenig Kraftaufwand erfordernde Manipulation nicht mittels einer Maschine bewerkstelligt werden könnte, – indeß das Ideal seiner Träume, seines Brütens und Grübelns zu verwirklichen legte er keine Hand an.
So vergingen Jahre. Howe hatte sich selbst als Mechaniker etablirt, allein sein Geschäft wollte nicht vorwärts. Sorgenvoll saß er auf seinem elenden Dachstübchen und wußte oft nicht, wie er für seine hungernde Familie Brod schaffen sollte. Unablässig aber brütete er über seiner Maschine und mußte gar manchmal von seinen Bekannten, ja von seinem eignen Weibe den Vorwurf hören, daß er wohl Besseres thun könne, die Noth der Seinigen zu lindern, als unaufhörlich Hirngespinnsten nachhängen, bei denen doch nun und nimmermehr etwas herauskommen werde.
Und wirklich schien nichts dabei herauskommen zu wollen. Monatelang folgte er falscher Fährte, von der Ansicht ausgehend, daß die Maschine blos nachzuahmen brauche, was er seine Frau täglich mit der Hand thun sah, und daß dazu nichts weiter erforderlich sei, als eine an beiden Seiten zugespitzte Nadel mit dem Oehr in der Mitte, die sich den zu nähenden Zeugstücken entlang bewegen und bei jeder Bewegung den Faden durchziehen müsse. Endlich, nachdem er sich Hunderte von Stunden fruchtlos mit dieser Idee beschäftigt und seinen letzten Dollar an ihre Verwirklichung gewandt hatte, kann ihm 1844 plötzlich der Gedanke, ob es denn auch nothwendig, daß die Maschine die Manipulation der Hand nachahme, ob denn nicht ein anderer Stich möglich sei. Das war die Krisis der Erfindung. Er fiel jetzt darauf, zwei Fäden zu nehmen und den Stich mittels eines Webschiffes und einer gebogenen Nadel mit dem Oehr an der Spitze zu bewerkstelligen, und wußte sofort, daß er nunmehr erreicht hatte, was so lange all’ sein Denken und Sinnen, sein Streben und Mühen gewesen war. Schon im October des genannten Jahres konnte er durch ein rohes Modell von Holz und Draht sich selbst überzeugen, daß die von ihm construirte Maschine wirklich nähte. Wie aber vermochte er Andern die gleiche Ueberzeugung zu verschaffen, wenn er nicht im Stande war, eine mit der Genauigkeit eines Uhrwerks arbeitende Maschine aus Stahl und Eisen herzustellen? Und zur Anschaffung dieser Materialien besaß er keinen Heller!
Zum Glück hatte er in Cambridge einen ehemaligen Schulcameraden, einen Holz- und Kohlenhändler, Namens George Fisher, der vor Kurzem durch Erbschaft zu einem kleinen Vermögen gelangt war. Mit diesem Freunde hatte er oftmals von der Idee gesprochen, die ihn erfüllte, und es war ihm gelungen, jetzt, wo er seine Gedanken gewissermaßen greifbar produciren konnte, Fisher für die Sache zu interessiren, so daß derselbe darauf einging, sich zur Ausbeutung der Erfindung mit ihm zu verbinden. Der einstige Mitschüler gab nicht nur das zur Anschaffung von Werkzeug und Material erforderliche Geld her, sondern nahm auch Howe und dessen Familie in sein Haus und an seinen Tisch auf. Dafür wurde er Miteigenthümer des Patentes, falls die Maschine eines solchen würdig erachtet ward. Fisher war übrigens der einzige Mensch, der in die Projecte seines Freundes Vertrauen setzte; alle Andern, Howe’s eigene Frau nicht ausgenommen, verlachten den Erfinder als einen Träumer und Pläneschmied und überhäuften ihn mit Hohn und Vorwürfen. Es ist eben die alte Geschichte, wie sie mehr oder weniger leider alle Erfinder, alle Wohlthäter und Reformatoren der Menschheit zu erzählen haben. – Emsig arbeitete Howe den Winter von 1844 zu 1845 an seiner Maschine, die so klar vor dem Auge seines Geistes stand, daß er durch kleine Störungen und Hemmnisse, wie sie nicht ausbleiben konnten, in der Verfolgung seines Zieles kaum abgehalten wurde. Im April nähte er die erste Naht mit seinem Apparat und Mitte Mai stand das Werk vollendet. Im Juli endlich gingen die sämmtlichen Nähte zweier vollständiger Anzüge, des einen für ihn selbst, des anderen für seinen Freund und Theilhaber Fisher, aus seiner Maschine hervor – Nähte, die sich nachmals so bewährten, daß sie die Kleider selbst überdauerten; Diese erste Nähmaschine, welche den Ocean zu wiederholten Malen gekreuzt und in unterschiedlichen Gerichtshöfen als stummer, aber unwiderleglicher Zeuge fungirt hat, ist noch heute in Howe’s Geschäftslocal auf dem Broadway New-Yorks zu sehen, und alle unparteiischen Sachkenner, die sie in Augenschein genommen und ihre Leistungen geprüft haben, gestehen zu, daß kein anderer Erfinder jemals mit dem ersten Versuche, gleichsam auf den ersten Wurf die Idee seiner Erfindung alsbald so vollkommen und praktisch brauchbar verwirklicht hat, wie Howe mit seiner Nähmaschine. Es ist ein kleines Ding, diese erste Nähmaschine, eine Schachtel von kaum anderthalb Kubikfuß kann sie bequem beherbergen, und seitdem sind eine Menge von Veränderungen und Verbesserungen an dem Apparate gemacht worden, allein – darüber sind sämmtliche Fabrikanten einig – von all’ den siebenhundert verschiedenen Nähmaschinensystemen, die gegenwärtig existiren, ist kein einziges, welches im Wesentlichen nicht auf Howe’s Urmaschine basirte, wie dies auch viele Rechtssprüche einstimmig bestätigt haben.
Die Maschine war also erfunden und stand leibhaftig und arbeitend da, die eigentliche Leidensgeschichte, eine Leidensgeschichte à la Ressel und Bauer, sollte für Howe und seinen Gesellschafter jedoch erst ihren Anfang nehmen. Nachdem der Apparat seine ersten Stiche vortrefflich vollführt hatte, begab sich Howe zu einem ihm bekannten Schneider nach Boston, der die neue Erfindung praktisch probiren, auf ihr einige Kleidungsstücke nähen und dann ein öffentliches Urtheil über den Befund abgeben sollte. Allein der Mann wollte sich dazu nicht herbeilassen. Jetzt wanderte unser Erfinder mit seiner Maschine von Schneider zu Schneider, doch kein einziger war zu dem Versuche zu gewinnen. Die edlen Ritter von der Nadel erblickten in der Nähmaschine, wenn diese, was ihnen indeß unmöglich schien, ihre Aufgabe löste, nur den sicheren Ruin ihres Gewerbes und beharrten bei dieser ihrer Ansicht volle zehn Jahre hindurch, trotzdem, daß Howe ihnen Gelegenheit gab, sich von den Leistungen des Apparats durch den Augenschein zu überzeugen, und ihnen klar und bündig darlegte, daß ihr Geschäft nicht darunter leiden, vielmehr einen ganz überraschenden Aufschwung nehmen werde. Er hatte in einem großen Confectionsgeschäfte seine Maschine aufgestellt und erbot sich, damit jedwede Naht zu fertigen, die man ihm vorlegen würde. Ein zweifelnder Schneider nach dem andern erschien mit zu nähenden Kleidungsstücken und sah, wie die umfänglichen Nähte in einer Geschwindigkeit von zweihundert fünfzig Stichen in der Minute hergestellt wurden, mithin fast sieben Mal so schnell, als sich die Arbeit durch Menschenhand bewirken ließ. So nähte Howe vierzehn Tage lang von früh bis Abend für alle Welt, ergötzte auch wohl das Publicum durch Ausführung von allerhand Kunst- und Decorationsstichen und durch besondere Bravourstücke seiner Maschine. Endlich forderte er fünf der flinksten und geschicktesten Arbeiterinnen des Etablissements zu einem Wettnähen mit ihm heraus. Zehn Nähte von gleicher Länge wurden hergerichtet; davon sollte fünf die Maschine, die übrigen die fünf Mädchen herstellen. Der Geschäftsinhaber, welcher, die Uhr in der Hand, als Kampfrichter fungirte, versicherte eidlich, daß die Nähterinnen schneller gearbeitet, als gewöhnlich und als sie überhaupt nur eine Stunde es auszuhalten vermöchten – und dennoch war Howe mit seinen fünf Nähten eher fertig, als die Mädchen mit den ihrigen und seine Arbeit die sauberste und haltbarste, die man sehen konnte, wie dies ein Sachverständiger, selbst Schneider, beschworen hat.
Merkwürdig, auch solch’ zweifelloses Resultat konnte Niemanden zur Anschaffung einer Nähmaschine bestimmen, weder Fabriken noch Schneider! Die Mehrzahl der letzteren mochte sich zumeist vor dem Widerstand ihrer Gesellen fürchten, alle aber scheuten die großen Kosten des Apparats. Denn 1845 konnte Howe die Maschine nicht unter dreihundert Dollars liefern, und ein größeres [495] Kleider- oder Wäschgeschäft hätte vielleicht dreißig bis vierzig Maschinen aufstellen müssen.
Wie schmerzlich diese Erfahrungen auch waren, unsern jungen Erfinder beugten sie nicht nieder. Zunächst galt es nun, das Patent auf seine Erfindung zu erwerben. Abermals schloß er sich in seine Mansarde ein und construirte eine neue Maschine für das Patentamt. Mit ihr und mit den nöthigen Zeichnungen und Documenten in der Tasche machten sich die beiden Associés nach Washington auf den Weg. Sie erhielten das Patent, die Maschine wurde öffentlich ausgestellt, wurde viel angestaunt und gepriesen – von materiellen Erfolgen war indeß wiederum nicht die Rede, und tiefbetrübt und sorgenschwer zogen die jungen Männer aus der Bundesstadt wieder nach Hause.
Fisher hatte jetzt allen Muth verloren. Monate lang hatte er den Erfinder und dessen Familie erhalten, hatte das Geld für zwei Maschinen hergegeben, die Auslagen für die Reise nach Washington und für das Patent bestritten, hatte in Summa mehr als zweitausend Dollars der Sache geopfert und erblickte auch nicht die entfernteste Aussicht, daß die Erfindung jemals nur einigen Gewinn abwerfen werde. Die beiden Freunde trennten sich denn; Fisher betrachtete das aufgewandte Capital als unwiederbringlich verloren und Howe kehrte in seines Vaters, eines ehemaligen Sägemüllers, Haus zurück, ärmer und unglücklicher, als er je gewesen war.
Doch Mütter und Erfinder geben ihre Kinder so leicht auf. Hatte Amerika die Erfindung verworfen, so entschloß sich Howe, sie nun England anzubieten. Unter pecuniärer Beihülfe seiten seines Vaters schickte er im October des nächsten Jahres seinen Bruder Amasa mit einer Nähmaschine nach London, und ein englischer Fabrikant, ein gewisser William Thomas, der in seiner Koffer-, Regenschirm- und Schuhmanufactur in Cheapside nahezu zweitausend Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigte, war der Erste, welcher die Bedeutung der neuen Erfindung begriff und ein Stück Geld daran wagte. Freilich machte er selbst ein ausgezeichnetes Geschäft dabei, Amasa Howe aber ein außerordentlich schlechtes. Für zweihundert fünfzig Pfund Sterling erwarb Ersterer nicht nur die mitgebrachte Maschine, sondern zugleich das Recht, in seinem Etablissement so viele andere aufstellen zu können, wie er in seinem Geschäft bedürfe. Außerdem wurde noch ausdrücklich stipulirt, daß Thomas sich für England die Erfindung patentiren lassen dürfe, dem eigentlichen Erfinder aber von jeder verkauften Maschine drei Pfund Sterling abgeben solle. Er zögerte auch nicht, das Patent zu lösen, und seitdem hat Thomas von jeder der in England fabricirten oder eingeführten Nähmaschinen durchschnittlich seine vier Pfund Sterling als Tribut erhoben und so mit einer Capitalanlage von zweihundert fünfzig Pfund im Laufe der Zeit eine Million Dollars realisirt, während Howe von den ihm zugesicherten drei Pfund niemals einen Heller besehen. Zugleich machte Thomas noch den Vorschlag, Howe solle zu ihm kommen, seine Maschine auf das Nähen von Corsetten und dergleichen einrichten und außer den Auslagen für Werkstatt, Werkzeug und Materialien den glänzenden Gehalt von wöchentlich drei Pfund Sterling beziehen.
Mit diesem Anerbieten reiste Amasa nach Amerika heim. Hier war noch Alles beim Alten; kein Mensch wollte von der neuen Erfindung etwas wissen, die von Thomas gezahlten zweihundertfünfzig Pfund, welche Amasa nach Hause gesandt hatte, waren längst aufgezehrt und andere Aussichten eröffneten sich Howe nirgend. So nahm er denn den Antrag des Engländers an, wie erbärmlich und demüthigend er auch war, fuhr mit seinem Bruder als Zwischendeckpassagier im Februar 1847 nach London und ließ seine Familie kurz darauf dorthin nachkommen. Nach manchem vergeblichen Versuche, nach acht Monaten ununterbrochener Arbeit war es ihm geglückt, seine Maschine den Zwecken der Corsettenfabrikation anzupassen, und Thomas zeigte sich hocherfreut. Allein der Mohr hatte nun seine Schuldigkeit gethan und konnte gehen. Thomas nahm den Ton des Geldmanns gegen den armen Teufel von Arbeiter an, Howe opponirte wider solches Gebahren und der Engländer benutzte mit Vergnügen diese Handhabe, den lästigen Erfinder, aus welchem jetzt nichts mehr herauszupressen war, mit guter Manier los zu werden.
Die Noth, der sich nun Howe, seines Dienstes entlassen, preisgegeben sah, war grenzenlos. Der englische Boden, der ihm nichts als Enttäuschungen gebracht hatte, brannte ihm unter den Füßen; doch woher die Mittel zur Heimfahrt nehmen? Nichts Anderes blieb ihm übrig, als seine kostbare erste Maschine und die Documente seines Patents zu verpfänden! Mit nicht völligen drei Schillingen im Beutel, dem einzigen baaren Vermögen, das er besaß, landete er nach einer Abwesenheit von zwei Jahren im April 1849 vor New-York. Zu einigem Troste fand er wenigstens bald Beschäftigung, obschon nur als simpler Arbeiter in einer Maschinenbauanstalt. Sein Gemüth war ganz umdüstert; er sah aus wie ein lebensmüder alter Mann und mit jedem Tage schwand ihm mehr und mehr die Hoffnung, seine Erfindung noch einmal zur Geltung zu bringen und sich und seinen Kindern nutzbar machen zu können. Zudem, wie die Natur ja selten zwei außerordentliche Gaben in einem und demselben Individuum vereinigt; wie der Mann, welcher eine weittragende Erfindung macht, selten auch der ist, der ihr beim Publicum Eingang zu verschaffen versteht; wie jeder Watt seinen Boulton braucht: so besaß auch unser Howe nicht die nöthige Thatkraft zu dem schwierigen Werke, seiner Maschine, die ohnedies noch zwei- bis dreihundert Dollars kostete und auf der man sich erst einschulen mußte wie auf einem Clavier, zum allgemeinen Gebrauche zu verhelfen. Andern vielmehr war es vorbehalten, das Volk vom Segen dieses ausgezeichneten arbeitssparenden Geräthes zu überzeugen, der Maschine den Platz zu sichern, welcher ihr gebührt und den sie jetzt einnimmt, als eine unentbehrliche Gehülfin und Hausfreundin des Menschen.
Zu seinem Erstaunen gewahrte Howe bei seiner Rückkunft nach Amerika, daß unterdessen die Nähmaschine gewissermaßen berühmt worden war, wenn auch ihr Erfinder vergessen schien. Mehrere geschickte Mechaniker, die seine Erfindung gesehen oder auch nur von ihr gehört und[WS 5] gelesen, hatten sich an der Construction von Nähmaschinen versucht und zum Theil auf Howe’s Grundlage weiter gebaut. In New-York und an anderen Orten der Vereinigten Staaten waren Nähmaschinen öffentlich ausgestellt, in Boston dergleichen bereits in verschiedenen Etablissements in Thätigkeit, freilich sämmtlich noch sehr primitiver Art.
Mittellos wie Howe war, wollte er sich doch nicht dergestalt die Früchte seiner Erfindung entreißen lassen. Sofort begann er den Rechtsstreit gegen die Usurpatoren. Mit einem Darlehen von hundert Dollars, das er nach unsäglicher Mühe auftrieb, löste er zunächst seine in England sammt der Patenturkunde verpfändete Maschine wieder ein, und später fand er in einem gewissen Bliß einen Speculanten, der, allerdings nur gegen eines Andern Bürgschaft, Fisher’s Antheil an dem Patente übernahm. Nunmehr konnte er den Proceß gegen jene Eindringlinge führen und gewinnen, und noch vor Ablauf des Jahres 1850 sehen wir ihn bereits in der Herstellung von vierzehn neuen Maschinen begriffen.
Da trat plötzlich ein anderer Mitbewerber in die Schranken, der Howe’s Interessen auf das Bedenklichste zu gefährden drohte, ein Mann, der alles Das hatte, was ihm selbst fehlte, kühne, rastlose Thatkraft und zähe Ausdauer, und schließlich es wurde, welcher dem Publicum die neue Erfindung aufzwang. Seines Zeichens ursprünglich Schauspieler und Theaterdirector, in Wahrheit ein Abenteurer, der sich bereits in den verschiedenartigsten Berufszweigen und Unternehmungen, bisher jedoch ohne großes Glück, umhergetrieben hatte, war er darauf gekommen, auch einmal den Erfinder zu spielen und zwar – so hat er nachmals vor Gericht beschworen – erfand er 1850 eine Tranchirmaschine, mit welcher er sich nach Boston begab. Bei dem Kurzwaarenhändler, der ihm dieselbe abnahm, sah er zum ersten Male in seinem Leben einige Nähmaschinen, die zur Ausbesserung dahin gebracht worden waren, und der Kaufmann warf beiläufig die Bemerkung hin, wie schade es sei, daß diese Maschinen zu so wenigen Verrichtungen gebraucht werden könnten. „Wäre diesem Uebelstande abzuhelfen,“ meinte er, „alsdann ließe sich wohl ein Geschäft damit machen.“
Der Andere sah sich den Mechanismus genau an und brachte ihn die ganze Nacht nicht wieder aus dem Sinn, so daß er schon am andern Morgen im Stande war, die Zeichnung einer verbesserten Nähmaschine vorzulegen. Seine Skizze – das hat er ferner eidlich betheuert – enthielt drei völlig neue Grundgedanken und fand den Beifall des Geschäftsmannes, dem er die Anregung dazu verdankte. Ohne Weiteres streckte ihm derselbe fünfzig Dollars zur Construction der verbesserten Nähmaschine vor, und mit einem Feuereifer ging der ehemalige Mime an das Werk, der Niemand anders war, als Isaac Merritt Singer, derselbe, welcher gewöhnlich [496] als der eigentliches Erfinder der Nähmaschine gilt, der jetzige Crösus von New-York, der im Augenblick ganz Paris durch den Glanz und die Originalität seiner Equipagen in Staunen versetzt.
Nach eilf Tagen, während welcher sich Singer fast keinen Schlaf gönnte, war die Maschine vollendet und am Morgen darauf, nachdem er noch einige kleine Mängel an dem Mechanismus seines Apparates abgestellt, reiste er mit seiner Schöpfung nach New-York ab, um hier sich ein Patent auszuwirken.
Groß waren auch für ihn die Schwierigkeiten, unsäglich die Hindernisse, ehe er seine Maschine durchsetzte, allein seine unerschütterliche Energie, seine rastlose Thätigkeit überwanden dies Alles. Er wußte sich Geldmittel zu verschaffen, er associirte sich mit seinem Bostoner Gönner, annoncirte Tag für Tag in allen amerikanischen Zeitungen, ließ gehörig die Reclame arbeiten, er reiste, er sandte Agenten durch die Staaten der Union und stellte seine Maschine auf Messen und Jahrmärkten in Städten und Dörfern aus. Mehrmals stand er am Rande des bürgerlichen Ruins, immer aber raffte er sich wieder empor und von Jahr zu Jahr wuchs sein Wohlstand. Lange freilich blieb seine Existenz eine sehr bescheidene; er hatte ein kleines Magazin in Broadway, und kein Mensch in der Welt hätte ihm damals prophezeit, daß nach Verlauf von zwölf Jahren Singer tausend Nähmaschinen in der Woche mit einem täglichen Reingewinn von tausend Dollars verkaufen würde. Er ist der wahre Pionier für den Absatz von Maschinen überhaupt geworden und hat diesen Zweig des Verkehrs angebahnt für Alle, welche ihm auf dem nämlichen Gebiete nachgefolgt sind.
Natürlich konnten die Bestrebungen und Erfolge Singer’s der Aufmerksamkeit des ursprünglichen Erfinders nicht entgehen. Howe klagte auf Verletzung seines Patents und ein langwieriger Rechtsstreit entspann sich. Singer führte alle seine Thatkraft und alle seine Mittel in’s Feld; er ließ die Patentämter von Amerika, von England und Frankreich nach einem etwaigen frühern Erfinder der Nähmaschine durchstöbern – denn einen solchen aufzufinden kam es hauptsächlich an – er schlug alle möglichen Encyklopädien nach, er versuchte sogar den Beweis, daß die Chinesen schon vor Jahrhunderten die Nähmaschine gekannt hätten, ja er entdeckte selbst in New-York einen gewissen Hunt, der bereits 1832 eine Nähmaschine erfunden haben wollte, er spürte auch noch Bruchstücke dieser Maschine in irgend einer Rumpelkammer auf – allein der unumstößliche Beweis einer Priorität der Erfindung ließ sich trotzdem nicht führen. Aus den Fragmenten konnte keine Maschine zusammengestellt werden; Hunt mußte bekennen, daß er mit seiner Maschine nie habe wirklich nähen können, und Howe wurden vom Gericht die Ehre der Erfindung und die daraus entspringenden Vortheile förmlich zugesprochen, sein Patent ward erneuert und erkannt, daß fortan sämmtliche Nähmaschinenfabrikanten ihm steuerpflichtig, d. h. sie und wer dergleichen Apparate nach den Vereinigten Staaten einführte, ihm fünf Dollars (seit 1860 nur noch einen Dollar) per Maschine zu zahlen verbunden sein sollten.
Von da an wandte sich das Geschick des Erfinders, der jetzt, neun Jahre nach der Vollendung seiner ersten Maschine, durch den Tod seines Associés zudem sich den alleinigen Besitz seines Patentes hatte erwerben können. Von wenigen hundert Dollars stieg seine Jahreseinnahme allmählich bis zu zweimalhunderttausend Dollars. Im Ganzen hat ihm die Nähmaschine schon mehr als eine Million siebenmalhunderttausend Dollars eingebracht und wenn, im September des laufenden Jahres, sein Patent erlischt, wird an der runden Summe von zwei Millionen kaum noch etwas fehlen. Indeß sind die pecuniären Opfer, welche ihn die Verfechtung seines Rechts gekostet, so bedeutende gewesen, daß er noch bei Weitem nicht zu den ersten der jetzt lebenden Nähmaschinenkönigen zählt.
Und solcher Nähmaschinenkönige giebt es bereits eine ganze Reihe. Wie Pilze schossen die Verbesserer, oder, wie man es bezeichnet, die Erfinder neuer Systeme von Nähmaschinen auf, denn diese waren eben ein Bedürfniß der Zeit und jede Erfindung ist das Product der letztern. Ungefähr zwanzig Häuser ersten Ranges befassen sich mit der Herstellung von Nähmaschinen, darunter auch unter andern die Firmen Grover und Baker und Wheeler und Wilson, deren Fabrikate in Deutschland allgemein bekannt und benützt sind.
Fast Alles, was nur die Nadel verrichten kann, das vollbringt auch die Nähmaschine, wie sie jetzt verbessert und in ihren Leistungen erweitert ist. Amtliche Untersuchungen haben dargethan, daß die durch sie bewirkte Arbeitsersparniß allein in den Vereinigten Staaten jährlich einen Werth von neunzehn Millionen Dollars repräsentirt und daß die Totalsumme der von ihr verrichteten Arbeit schon 1863 über dreihundertundvierzig Millionen Dollars betrug. Eine gute Näherin macht durchschnittlich fünfunddreißig Stiche in der Minute, die schnellsten Nähmaschinen können bis zu dreitausend die Minute leisten. Nun gehören zu einem soliden Hemde etwa sechsundzwanzigtausend Stiche; was für eine Ersparniß an Zeit und Arbeit gewährt mithin die Nähmaschine! Die Nähte an einem Männerhute kosten der Hand etwa fünfzehn Minuten, der Maschine blos eine. Ein einziges Mädchen kann mit Hülfe der letztern ebenso viele Knabenmützen nähen, wie zehn Männer dies mit der Hand vermögen. Bei feinern Kleidungsstücken ist selbstverständlich die Ersparniß nicht so groß; wenn die Fertigung eines eleganten Männerpaletots sechs Tage anhaltenden Handnähens erheischt, so braucht die Nähmaschine indeß immer nur drei dazu. Im Allgemeinen erspart sie dem Schneider von zwölf Stunden durchschnittlich vier. Wo es sich endlich um bloßes Säumen handelt, leistet eine speciell zu diesem Behufe construirte Maschine so viel wie fünfzig fleißige Mädchen!
Unser Nationalwohlstand ist folglich diesem kleinen Apparate mit seinem einfachen Mechanismus hundert und tausend Mal mehr schuldig geworden, als vielen andern Erfindungen von anscheinend weit imposanterem Charakter. Die Nähmaschine ist der wahre Socialdemokrat, der praktische Communist; sie ist es, welche den Arbeiter so stattlich kleidet wie den Millionär, sie, die Behagen gießt auch in die kleinste Wohnung und Tausenden namentlich von Arbeiterinnen zu einem menschenwürdigen Dasein verholfen hat, und darum gebührt auch dem armen Mechaniker von Boston der Kranz, mit dem wir die Stirn der Wohlthäter der Menschheit schmücken.
Inhalt: Das Geheimniß der alten Mamsell. Novelle von E. Marlitt (Fortsetzung.) – Im Hausfrieden eines fürstlichen Patrioten. Mit Abbildung. – Das October-Jubiläum auf der Wartburg. Von Robert Keil. (Schluß.) – Erinnerungen aus dem letzten deutschen Kriege. Nr. 7. Kriegsabenteuer eines Friedfertigen. – Ei, heut’ ist keine Schule. Von Fr. Hofmann. Mit Illustration. – Die Geschichte einer Hausfreundin. – Freiligrath-Dotation.
Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig erscheint:
- ↑ Diphtheritis.
- ↑ Von C. Lasch, dem Künstler unserer Illustration „Der Geburtstag des Dorfschullehrers“, haben unsere Leser schon früher (Gartenlaube 1866, Nr. 15) Treffliches gesehen, und um so mehr freuen wir uns, mit obigem Bilde ihnen ein neues Erzeugniß dieses ausgezeichneten Düsseldorfer Künstlers vorlegen zu können.