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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum: 1856
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[165]
Johann Wittenborg und seine Tochter.
Geschichtliches Bild aus dem XIV. Jahrhundert.
(Schluß.)

Bertram lächelte höhnisch, da er Katharina in sein Haus treten sah, ging ihr höflich entgegen und sagte, ihre Hand ergreifend und küssend: „Ei, was verschafft mir denn die Ehre dieses holden Besuches?“

„Das braucht Ihr nicht erst zu fragen, Herr Bertram!“ antwortete sie, unter diesem Empfang zusammenzuckend. „Mein Vater ist hier und gefangen – Ihr habt Gewalt über ihn, seine Hüter gehorchen Euch –– laßt mich zu meinem Vater!“

„Das ist ein sehr kühnes Verlangen!“ sagte Bertram. „Euer Vater ist als Verräther am Bund der Hansa angeklagt und in Gewahrsam – er darf Niemanden sprechen –“

„Als Euch!“ fiel sie ihm in’s Wort, „und unmenschlich wäre es, ihm den Trost seines Kindes zu verweigern; ich will ihn nicht befreien, keine Mittel zu seiner Vertheidigung ihm angeben – weiß ich denn, wessen man ihn anklagt? Ich will nur als Tochter seine schweren Tage theilen! Sperrt mich mit ihm ein, laßt mich ihn pflegen und trösten!“

„Man hört, daß Ihr von den Dingen der bürgerlichen Gesetzgebung Nichts versteht,“ sagte Bertram hämisch, „es ist nicht Brauch, eine solche Erleichterung Staatsgefangenen zu gewähren; und außerdem,“ fuhr er fort, da Katharina eben wieder gegenreden wollte, „wäre es sehr unklug von Euch, Jungfrau Katharina, Euch mit ihm einsperren lassen zu wollen – Ihr würdet es nicht lange aushalten, und während Ihr frei etwas für ihn thun könnt, würdet Ihr Euch dies ja selbst unmöglich machen, wenn Ihr Euch gefangen gebt.“

Dieser letzte Grund ließ sie von dieser Bitte abstehen.

„O sagt mir, was kann ich für ihn thun?“ rief sie.

„Das wird sich wohl später finden,“ sagte er ausweichend.

Noch einmal, noch dringender bat sie, ihr das Wiedersehen mit ihrem Vater zu erwirken – sie sank sogar vor ihm auf die Knie nieder. Nie hatte er sie schöner gesehen, als in diesem Schmerze, dieser Demuth; er hatte sie lange nicht so nah gesehen, jetzt bemerkte er erst, welche Veränderung seitdem mit ihr vorgegangen. Der Liebe ihres Erich gewiß und in der Hoffnung, daß sie seit seiner Heldenlaufbahn ihm noch ganz vereinigt werden könne, hatten alle ihre Reize sich reicher und voller entfaltet, und die Siegesgewißheit der Liebe hatte ihrem Antlitz den Stempel der vollendet weiblichen Schönheit ausgedrückt. Bertram´s sinnliche Natur regte sich mehr und mehr – er hob Katharinen auf und sagte:

„Ich will sehen, ob es möglich ist, daß ich Euch morgen zu Eurem Vater führen kann – allein dürft Ihr ihn nicht sprechen und es wird schwer halten, daß Ihr von den andern Richtern und Magistratspersonen durch meine Verwendung diese Erlaubniß erhaltet – aber ich bringe damit Euch in meiner Stellung ein großes Opfer – welchen Dank habt Ihr dafür?“

„Den innigsten Dank eines gerührten Tochterherzens!“ sagte sie, vor seinen Blicken zitternd.

Er lächelte faunisch, legte seine Hand auf ihre Schulter und sagte: „Nun, Ihr werdet doch endlich dafür mir einen Kuß gönnen?“

Sie trat schaudernd zurück und sagte tonlos: „Führt mich zu meinem Vater – Ihr verspracht´s – kein Dienst findet seinen Lohn, bevor er nicht ausgeführt ist.“

Er biß sich in die Lippen und entließ sie ohne weitere Entgegnung.

Als sie fort war, ging er aufgeregt in seinem Zimmer auf und nieder. „Jetzt läuft sie mir selbst in’s Garn!“ rief er, „wie schön sie ist! – Was soll ich thun? Versuche ich’s, Wittenborg zu retten, erwerbe ich mir seine Freundschaft, den Dank der Tochter – dann darf sie sich nicht mehr weigern, mein Weib zu werden! Aber die Tochter eines abgesetzten Bürgermeisters? – Nein, nimmermehr! Und käme es nicht zur Absetzung – so entginge mir sein Amt. Das geht auch nicht. Wittenborg muß schuldig sein – ich werde meine Maßregeln darnach ergreifen.“


IV.

Katharina durfte ihren Vater wiedersehen. Wie ward ihr, da sie seinen Kerker betrat! Eine elende Zelle war’s, in der jedes Geräthe mangelte, einen Strohsack und eine hölzerne Bank abgerechnet, auf welcher der Gefangene saß. Wie war er verändert! Die stolze Gestalt mit der majestätischen Haltung war gebeugt und zusammengesunken, das sonst so frische Antlitz war bleich und runzelig, der Glanz seiner Augen halb erloschen. An äußeres Wohlleben gewöhnt, hatte die Entbehrung desselben ihn schnell gealtert – noch mehr dieser Sturz von seiner Höhe, diese Beraubung seiner Würde, dies Bewußtsein, sein Unglück, wenn nicht verdient, so doch verschuldet zu haben.

An Bertram´s Seite trat die Tochter bei ihm ein und umarmte ihn unter Thränen. Auch der Gefangene konnte zum Erstenmale weinen, da er sein Kind wieder sah. Gerührt streckte er Bertram die Hand entgegen und rief:

„Daran erkenn’ ich Eure Treue! Ihr haltet in dieser Prüfung bei uns aus – wenn sie überstanden, wird Euch Katharina [166] dafür belohnen – wir feiern dann vereint das Fest Eures Glückes und meiner Wiedereinsetzung!“

Bertram lächelte – und indem er Katharina den Kuß raubte, den er sich gestern ausbedungen, sagte er: „Und sagt jetzt Katharina immer noch nein?“

Der Vater sah sie flehend an und flüsterte: „Auf seine Stimme wird das Meiste ankommen – wenn Du ihn verschmähst, so –“

Katharina ließ ihn nicht vollenden, sondern sagte, schnell ihr Haupt demüthig zur Erde neigend: „Für meines Vaters Leben und Freiheit giebt es kein Opfer, das ich nicht mit Freuden zu bringen bereit wäre!“

Bertram lächelte arglistig. Dann versprach er hoch und theuer, daß er Alles aufbieten werde, Wittenborg zu retten, daß aber seine Sache sehr schlimm stünde, da alle Heimkehrenden wider ihn zeugten, und die Hansa es nicht ungestraft hingehen lassen könne, wenn ihre Feldherren durch Pflichtvergessenheit eine ganze Flotte opferten – wem viel gegeben, von dem werde viel gefordert.

Kaum eine Stunde ließ er ihr Zeit, bei ihrem Vater zuzubringen, dann trieb er sie fort. Auf ihre Frage, wenn sie hoffen dürfe, den Gefangenen wiederzusehen, zuckte Bertram die Achseln und sagte, er habe nicht darüber zu bestimmen, doch wolle er auch hierbei sehen, was sein Einfluß bei der obersten Gerichtsbehörde und dem Hüter des Gefängnisses vermöge. In den nächsten Tagen werde es nicht möglich sein. Nur die Erlaubniß, ihm frische Wäsche und etwas Wein zu schicken, erhielt sie. Im Innern des Rathhauses trennte er sich von ihr. Sonst wäre es sein Stolz gewesen, mit ihr durch die Straßen Lübecks zu schreiten und er kochte oft vor Zorn, weil sie dies ehemals nie duldete, so oft er auch eine Gelegenheit dazu suchte – damals erschien es ihm als Ehre, die Tochter des Bürgermeisters zu geleiten – aber die Schmach, neben der Tochter des Gefangenen gesehen zu werden, vermied er sorgfältig, noch mehr den Verdacht, den man bei dieser Gelegenheit auf ihn werfen könnte. Er übergab sie einem Gerichtsdiener, um sie nach Hause zu geleiten und, wie er lächelnd sagte, vor den Insulten des Pöbels zu schützen.

Als Katharina wieder ihre Wohnung betrat und ihrer Haushälterin, der alten Elsa, Bericht erstattet hatte von Allem, was ihren Vater betraf, was sie jetzt erfahren und erlebt – daß sie Bertram schon zu Dank verpflichtet sei und daß er versprochen, die Rettung ihres Vaters aus so schwerer Gefahr und von so schwarzer Anklage zu versuchen – und daß, wenn dies ihm gelungen – Katharina vermochte nicht weiter zu sprechen, und Elsa kam selbst der Bebenden zu Hülfe mit Ermahnung und Zuspruch:

„Nein, liebes Kind,“ sagte sie, „wenn das Leben Eures Vaters davon abhängt, da dürft Ihr Euch nicht länger zieren und sträuben – und wenn’s Euch auch ein Opfer ist, Herrn Bertram’s Hand anzunehmen, so müßt Ihr es bringen. Es ist ja auch ein gar stattlicher und feiner Herr, der Euch anbetet und Ihr könnt gewiß recht glücklich mit ihm werden. Ihr habt Euch nun einmal überschwengliche Dinge in den Kopf gesetzt! Solche Minne, wovon die Meistersänger singen und Ihr aus ihren Versen und Sprüchen gehört, die giebt es nun einmal nicht in der wirklichen Welt – und auf was wollt Ihr denn warten?“

„Sprich nicht so weiter!“ bat Katharina, „ich weiß, daß Du nicht an wahre Minne glaubst und die Sänger schmähst – ich aber glaube an jene und weiß, daß diese Wahrheit singen – um kein Gut der Welt möcht’ ich ein Verbrechen begehen, wie das ist, einen Mann zu ehelichen, dem meine Minne nicht gehört – aber es braucht keine Ueberredung von Dir, wenn Gott dies Opfer von mir fordert, so kann ich für die Rettung meines Vaters Leib und Seele zum Opfer bringen, und Bertram’s Gemahlin werden – bete mit mir zu allen Heiligen, daß sie mir Kraft zu dem Opfer geben, wenn sie es mir nicht ersparen können – aber sprich mir jetzt nicht mehr von Bertram!“

Elsa schüttelte den Kopf, und um die liebe trostlose Herrin zu zerstreuen sagte sie: „Es ist auch indeß ein Brieflein an Euch angekommen mit gar schönen Schnörkeln um Euren Namen – der Ueberbringer that sehr geheimnißvoll damit, und da hab’ ich’s hinein auf Euren Nachttisch gelegt. Dem Boten war es gar nicht recht, daß Ihr nicht selbst da waret, er hat auch gewartet, aber länger konnte er sich nicht aufhalten, da er sagte, er müsse heute noch weiter reiten.“

Ahnungsvoll eilte Katharina in ihr Closet, da lag der Brief – sie riß das Siegel auf, er war von Erich. Er schrieb: „Meine süße Herrin! Nur zwei Zeilen laß mich Dir als Liebesbotschaft senden. Vielleicht hast Du es schon gehört, daß es in unserm siegreichen Seegefecht mir gelang, mich auszuzeichnen, und daß ich nun zum Lohn dafür der Führer eines großen Corps geworden bin. Wir sind in Dänemark gelandet, und ich stehe mit meinen Mannen unter dem edlen Grafen Heinrich von Holstein, der mich wie einen Freund behandelt. Er wird mein Brautwerber bei Deinem Vater sein! Denke an mich im frohen Hoffen und Gottvertrauen. Ich hoffe noch mehr Thaten für das Vaterland zu thun und noch mehr Ehren zu erringen – für Dich, mein Lieb. Deine Schärpe ist mein Talisman, mein Schutz in jeder Gefahr! Ich küsse jeden Tag die sinnigen Blumen, die Deine zarten Hände da hinein gestickt haben. Denke, wie wahr unser Lieblingssänger Walther von der Vogelweide singt:

 „Niedere Minne läßt den Mann erschlaffen
Und den Leib nach schlechten Freuden ringen,
Die Lieb’ ist nicht preiswürdig und thut weh.
Hohe Minne weiß den Reiz zu schaffen,
Läßt den Geist nach würd’ger That sich schwingen.
Die winket jetzt mir, daß ich mit ihr geh!“

Alles danke ich Dir und unserer Minne und bin nun der frohen Zuversicht, daß Du doch mein wirst, daß ich Dich mir erkämpft, wenn Du mir treu geblieben! Und Du bleibst mir treu, ich weiß es. Verbrechen wäre es, daran zu zweifeln! – Dein Vater ist wohlauf und glücklich über den Sieg. Seit wir aber gelandet, bin ich mit der Heeresabtheilung, der ich angehöre, schon um eine Tagesreise vorangerückt und von ihm getrennt – Ade! Sei fröhlich in Hoffnung! Mit tausend Küssen grüßt Dich, meine Heißgeliebte, Dein treuer Erich.“

Wie ward Katharina, da sie diesen Brief gelesen! Zuerst preßte sie ihn an die sehnenden Lippen, an das klopfende Herz – das Gefühl des unaussprechlichen Entzückens der Liebe faßte sie mit seiner ganzen Allgewalt, hob sie in den seligsten Himmel mit Sturmesflügeln empor – um sie im nächsten Augenblick in den höllischen Abgrund der Entsagung stürzen zu lassen.

Der Brief war an demselben Tage geschrieben, an dem der dänische Ueberfall der Hansaflotte geschehen war – Erich konnte noch nichts davon wissen. Katharina konnte nur den Trost daraus schöpfen, daß er dabei unbetheiligt und fern von diesem Schauplatz war, wenn nun auch auf keinem von minderer Gefahr – eindringend in Feindesland, im Rücken einen siegreichen Feind und die Rückkehr zur See abgeschnitten.

Katharina warf sich auf ihr Betpult nieder und rang unter tausend Schmerzen und Aengsten die ganze Nacht. Wie freudig wäre sie für ihren Vater in den Tod gegangen, aber es war mehr, was heilige Kindespflicht ihr gebot, wenn sie versuchen wollte, seine Freiheit, sein Leben zu retten: ihr ganzes Leben, ihr ganzes Liebesglück sollte sie opfern und das des Geliebten mit, eine Untreue an ihm begehen, eine Untreue auch an den heiligen Gesetzen der Natur, indem sie dem verhaßten Mann zum Altar folgen sollte.


V.

Die höchste Bundesgewalt der Hansa lag in den Händen der städtischen Abgeordneten, wenn sie auf den Hansatagen gesetzlich versammelt waren. Daselbst wurden alle für die Gesammtheit geltenden Beschlüsse gefaßt, Gesetze gegeben, Urtheile gefällt, Streitigkeiten entschieden und alle Verfügungen getroffen, welche den Bund betrafen. Allmälig war es üblich geworden, daß Lübeck als das Haupt der Hansa angesehen ward und man daselbst auch die Hansatage abhielt. In der Regel geschah dies alle drei Jahre auf Pfingsten; aber so oft es die Angelegenheiten des Bundes erforderten, ward ein außerordentlicher Hansatag ausgeschrieben, und zwar ward auch dieses Recht von Lübeck mit Hinzuziehung der wendischen Städte ausgeübt. Bei den Ausschreibungen wurden die Hauptartikel, die zur Berathung kommen sollten, angezeigt, damit die Abgeordneten mit hinreichender Vollmacht versehen werden konnten. Jede Bundesstadt hatte das Recht, Abgeordnete zum Hansatag zu schicken; doch wurde es den kleinen Städten nachgesehen, daß sie sich durch die Abgeordneten der größern vertreten ließen.

[167] Auch jetzt machte Lübeck von diesem Rechte Gebrauch und berief in größter Eile einen außerordentlichen Hansatag, um in Sachen des Bürgermeisters Johann Wittenborg Recht und Urtheil zu sprechen.

Die Sache des Bürgermeisters stand schlimm genug. Zwar, ein Landesverräther in dem Sinne, daß er absichtlich die Flotte in Dänemarks Hände gespielt, war er nicht – und es bekümmerte ihn am Meisten, daß man ihm eine solche Niederträchtigkeit, eine solche Arglist wider deutsche Brüder auch nur zutrauen konnte, aber seinem Mangel an Feldherrntalent und seiner siegesfrohen Nachlässigkeit war es allerdings zuzuschreiben, daß die Flotte überfallen und halb vernichtet werden konnte. Wittenborg war ein eitler und hoffärtiger Charakter. Als die erste Person in Lübeck und mit einem nicht unbedeutenden Verwaltungstalent in städtischen und friedlichen Verhältnissen begabt, schmeichelte er sich in der Behäbigkeit eines stolzen Bürgerthums auch zu jeder andern Würde der passendste Mann zu sein. Wo Alles zu den Waffen rief und dem Feind entgegendrängte, wollte er am Wenigsten zurückbleiben, er wollte an der Spitze stehen – und dachte nicht daran, daß dies im Felde noch Etwas mehr zu bedeuten hatte als daheim aus dem lübecker Rathhaus. Der erste glückliche Sieg über den Feind, den er hauptsächlich seinen Fähigkeiten und Anordnungen zuschrieb, obwohl er in Wahrheit einen sehr geringen Antheil daran hatte, sondern ihn nur der Begeisterung der kampflustigen Mannschaft dankte, die sich lange danach gesehnt hatte, den übermüthigen Feind Deutschlands zu züchtigen – bestärkte ihn in seiner hohen Meinung von sich und zugleich in seiner Sorglosigkeit. Nach der ersten glücklichen Landung an den dänischen Küsten, indeß der Graf von Holstein mit seiner Heeresabtheilung weiter vorrückte, veranstaltete er nach heimischer lübecker Gewohnheit eine Art Siegesfest. Ein munteres Gelag, wo es an übermüthigen Toasten nicht fehlte – und indeß sie zu Lande zechten und jubilirten, machte sich der listige verschlagene Däne die passende Gelegenheit zu Nutze, überfiel die fast wehr- und mannenlose Flotte und vernichtete sie zur Hälfte. Mit Mühe konnten noch einige Schiffe einen Theil der Gelandeten aufnehmen und die Heimfahrt wagen. Darunter der Bürgermeister – aber nicht als Führer, sondern als Gefangener. Denn einige der untern Führer hatten vergeblich schon vorher gewarnt vor seinem übermüthigen Gebahren, Andere hatten ihn beneidet, und noch Andere wollten dadurch, daß sie alle Verantwortlichkeit auf ihn wälzten, sich selbst von derselben befreien.

Die Untersuchung war in Lübeck geführt worden; nicht der absichtliche Verrath, aber die Schuld der Nachlässigkeit war erwiesen, und der Hansatag war einberufen, den letzten Spruch zu fällen. Der Angeklagte hatte nichts zu seiner Vertheidigung zu sagen – die Thatsache war erwiesen. Er schrieb sie einem unglücklichen Ohngefähr zu – aber das half ihm nichts, denn seine Sache wäre es gewesen, ein solches vorauszusehen oder doch auf alle Fälle gefaßt zu sein. Seine Berufung auf frühere Verdienste nutzte eben so wenig – sie waren vergessen vor der letzten Handlung, welche Schmach über die Hansa gebracht hatte. Zudem fühlte sich Lübeck das den Vorsitz führte, zu einem um so strengern Gericht verpflichtet, um sich von jeder Mitschuld und Mitschmach rein zu waschen, und die Abgeordneten der andern Orte, eifersüchtig auf die Vorrechte Lübecks, freuten sich, eine Gelegenheit zu finden, diese stolze Stadt zu demüthigen und Rache an seinem ersten Bürger zu üben.

An einem gewitterhaften Sommertage zogen die Abgeordneten ein. Wie immer wurden sie bei ihrer Ankunft von den Lübeckern festlich bewillkommnet und mit Ehrenwein aus silbernen Pokalen beschenkt. Wenn dies sonst geschah, war Katharina die Krone dieser Festlichkeiten. Alle huldigten ihr und Jeder fühlte sich hochgeehrt, dem sie selbst den Becher reichte oder für den sie sonst einen freundlichen Blick, ein aufmerksames Wort hatte. Jetzt waren die Fenster ihres Hauses dicht verhangen, es dufteten keine Blumen, weheten keine Fahnen und Teppiche von ihrem Balkone – wie ein bleiches Marmorbild stand sie in ihrem dunklen Gemach. – Anfangs hatte sie ihren Vater noch ein paar Mal wieder sehen dürfen, jetzt war es ihr seit Wochen nicht mehr gestattet. Seit sie erfahren hatte, daß an seine Freisprechung nicht zu denken sei, hatte sie versuchen wollen, ihn durch einen Fluchtplan zu befreien, aber ehe derselbe zur Reife gediehen, war er entdeckt und vereitelt worden. Man hatte keine Beweise dafür. Aber sie hatte sich verdächtig gemacht, und seitdem durfte sie weder zu ihrem Vater noch ihr Haus verlassen – es war mit Wachen umstellt. Dies Letztere war ein Werk Bertram’s. Er wollte es verhindern, daß sie einen der heimischen Richter oder fremden Abgeordneten spreche und für ihren Vater bitte. Er selbst kam zuweilen unter dem Vorwande, ihr von ihrem Vater Nachricht zu bringen, im Dunkeln zu ihr, und sie mußte seine Gegenwart unter unaussprechlichen widrigen Empfindungen und Aengsten ertragen. Er stellte sich immer als ihren Beschützer, ihren Bräutigam dar, und wenn er zudringlich ward, so rief sie nach Elsa und versprach ihm zum Altar zu folgen, wenn ihr Vater sie segnen könne.

So kam Bertram auch am Abend vor dem Hansatag, vor der letzten Entscheidung. Halb trunken vom Wein hatte er sich leise vom Fest der Abgeordneten fortgeschlichen und taumelte in Katharina’s Zimmer. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Hatte er zuvor noch eine Spur von Mitleid und Achtung gezeigt, so herrschte jetzt nur das Thier in ihm. Er plauderte aus, was er längst gewußt und beschlossen, aber bisher verschwiegen: ihr Vater sei zum Tode verurtheilt, und es sei keine Frage, daß die meisten Abgeordneten das Urtheil bestätigen würden; vielleicht könne noch seine verneinende Stimme einen günstigen Ausschlag herbeiführen, und dann werde er Mittel finden, ihm zur Flucht zu verhelfen. Und als sie unter Jammern ihm erklärte, daß sie ja dann sein werden wolle, aber erst müsse sie die Gewißheit haben, daß es ihm Ernst sei mit seiner Hülfe – da fragte er sie lachend, ob sie denn wirklich glaube, er werde die Tochter eines Verurtheilten zu seiner Gemahlin machen? Die ärmste Dirne sei sie dann, denn des Geächteten Vermögen falle der Hansa zu – und bei diesen Worten wagte er es, frech das arme Mädchen zu umarmen.

Da trat Elsa ein, die an der Thür gehorcht, entriß ihm Katharina und schrie: „Nein, wer so niederträchtig sein kann, dem ist es auch nicht Ernst darum, etwas für den armen Gefangenen zu thun!“ – Und ohne zu wissen, wie ihm geschah, fühlte er sich von den starken Armen eines wüthenden Weibes zur Thür hinausgeworfen und dieselbe hinter sich verriegelt. Entsetzt fragten sie Katharina’s starre Augen um Aufklärung.

An einen der Comptoiristen Herrn Bertram’s war von seinem frühern Collegen Erich ein Brief an ihn und an Katharina gekommen. Erich hatte gehört, daß Wittenborg gefangen in Lübeck sitze, und obwohl er nicht die ganze Schwere seines Geschickes ahnte, so trug er doch Sorge um die Geliebte. Er gestand darum nun dem ehemaligen Genossen sein Verhältniß zu ihr und bat ihn um seinen Schutz für sie – insonderheit gegen Bertram. Er sollte die Schritte seines Prinzipals bewachen und Alles aufbieten, daß Katharina nicht von ihm zu leiden habe. Erich’s Freund, dem Bertram’s Betragen längst verdächtig vorgekommen, spähte ihm jetzt weiter nach und brachte es bald heraus, daß hauptsächlich er es war, welcher im Stillen die Bürgerschaft von Lübeck mehr und mehr gegen Wittenborg zu erregen wußte, dabei Alles vorbereitend, daß er zu seinem Nachfolger gewählt werde; daß er es war, welcher Wittenborg’s Schuld vergrößert darzustellen und das harte Urtheil durch allerlei Machinationen vorzubereiten suchte, das nun seiner wartete. Dem Comptoiristen ahnte von Bertram’s heimlichen Gängen zu Katharina nichts Gutes – er suchte endlich Elsa darüber auszuhorchen und öffnete derselben über Bertram’s Nichtswürdigkeit die Augen, da er dem trunkenen Bertram heimlich in das Haus nachgeschlichen war, so daß die Wache ihn für einen Begleiter desselben hielt. Aber er vermied von seinem Herrn gesehen zu werden, Elsa genügte zu Katharina’s Rettung, und er selbst floh durch den Garten über die Mauer, die sonst so oft die Liebesleiter seines Freundes gewesen war. Erich’s Trostbrief an Katharina fand er erst an diesem Abend Gelegenheit an Elsa abzugeben.

Zu Katharina’s Rettung hatte der Comptoirist das Möglichste gethan – aber für ihren Vater war es ihm nicht beschieden! – Das Urtheil des Hansatages lautete: „Tod durch das Schwert“ – und da gab es keinen Widerspruch, keinen Instanzenweg, keine Gnade. Das Urtheil war und blieb gefällt und mußte am dritten Tage vollzogen werden.

Jetzt wagte der Comptoirist noch das Aeußerste. Er hatte einem Bekannten im Rath, dem er vertraute, mitgetheilt, wie schändlich Bertram an Katharina gehandelt, und der Rathsherr bewirkte es, daß die Tochter am Vorabend der Hinrichtung ihren Vater noch einmal

[168]

Die Friedenskonferenz in Paris
Mehemet Djemil-Bei. Lord Cowley. Graf Cavour. Ali Pascha. Lord Clarendon. Graf Walewski Marquis Villamarina. Baron Brunnow. Baron von Hübner. Graf Orlow. Graf Buol-Schauenstein.

[169] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [170] mal sehen durfte ohne einen andern Zeugen als den Priester, der ihn zum Tode vorbereitete.

Es war eine erschütternde Scene. Johann Wittenborg hatte sich mühsam gesammelt und ging dem Tod mit erzwungener Würde entgegen. Am Meisten schmerzte es ihn, daß er sich in Bertram so getäuscht und daß er nun sein Kind elend und geächtet allein im Leben zurücklassen mußte, denn all’ sein großes Gut fiel an die Hansa als Sühnopfer für das, was er ihr verloren. Katharina beichtete ihm das Geheimniß ihrer Liebe – aber wie sie, um sein Leben zu erhalten, bereit gewesen, dieselbe zu opfern, so hielt sie jetzt die Hand des Vaters auf, die sie zur Braut des würdigen Heldenjünglings segnen wollte. „Nicht doch, mein Vater,“ sagte sie still. „Nicht der Braut Erichs – der Braut des Himmels gieb Deinen Segen, der sie in die Klosterräume begleiten soll.“

Und der Vater segnete weinend auch diesen Entschluß, denn er wußte wohl, daß es noch eine Zeit war, in welcher die Sünden der Väter auch an ihren Kindern gestraft wurden – und daß wohl auch der von Stufe zu Stufe schnell gestiegene Erich nun die Hand der Enterbten und Geächteten verschmähen würde, um seinen reinen Ruf nicht dadurch zu beflecken, daß er die Tochter eines hingerichteten Missethäters heimführe.

Katharina blieb standhaft bis zum letzten Augenblick. Als aber am folgenden Morgen ein entsetzlicher Trommelwirbel ihr verkündete, daß der Henker sein Werk an ihrem Vater vollzogen, sank sie leblos zusammen. Wie sie es schon vorher angeordnet, brachte sie Elsa unter sicherm Geleit des lübecker Rathes in ein Kloster zu Rostock. Wochenlang lag sie hier in einem hitzigen Fieber

Nur langsam erholte sie sich von ihm. Monate vergingen, und obwohl sie noch Novize war, lag sie doch schon allen Pflichten der Ordensschwestern mit Sorgfalt ob. Da ward sie eines Tages in das Sprachzimmer beschieden – und Erich stand vor ihr. Durch das Sprachgitter streckt er ihr flehend die Hand entgegen und rief:

„O, nimm sie und folge mir an ihr hinaus in das Leben der Liebe!“

Sie berührte die theure Hand – und wie ein elektrischer Strom zuckte Wonne und Leben durch ihr ganzes, fast erstarrt erschienenes Wesen – aber sie weigerte sich noch lange, ihm zu folgen, gedachte des Kummers um ihren Vater und der Schmach, die man im Leben um des Todten Willen auf sie häufe – aber Erich wies jedes Bedenken zurück und versicherte ihr, daß er sie nicht nach Lübeck zurückführen werde, sondern nach Schleswig, wo er eine Liegenschaft erworben, von der aus er Handel und Schifffahrt treiben und in seliger Ungestörtheit mit ihr leben könne. Da willigte sie endlich ein, entsagte dem Schleier und zog nach Jahresfrist als sein holdes Weib in die neue Heimath. Und ob sie auch das Geschick des Vaters nie vergaß, so erblühte ihr doch das süßeste Glück an der Seite des treuesten Gatten, wie ihm in ihrem Besitz.

Herr Bertram ward nicht Bürgermeister von Lübeck. Wie fein er sie auch verhüllte, man durchschaute doch seine arglistigen Handlungen, und ob auch davon nicht genug an den Tag kam, ihn gesetzlich zu bestrafen, so war es für ihn doch die entsetzlichste Strafe, daß er bei der neuen Wahl sich gar nicht beachtet sah.




Ein Besuch bei den Helden der Friedenskonferenzen in Paris.
(Mit Abbildung.)

Es war ein conservativer Krieg. Auch der Friede soll conservativ werden. Obgleich es eine alte Geschichte ist, daß, was man eben blos conserviren will, tödten und in Spiritus setzen muß und die Türkei, das specielle Objekt, welches conservirt werden sollte, auch bereits vollends todt gemacht ward (nur fehlt noch der Spiritus), glaubten doch wenigstens die Conservatoren etwas zu conserviren, sich. Das zeigt sich auch als starker Irrthum. Alle kriegführenden Parteien haben ihre Armeen und die Arme einer Million starker, arbeitsfähiger Männer und die Millionen, welche sie auf die Nationen borgten, verloren. England hat außerdem speciell die Glorie des Glaubens, die um seine Flotte, um seine Aristokratie, um seine „Freiheit“ strahlte, zugesetzt Und wer hat gewonnen? Ein paar Lieferanten, ein paar Pfandleiher. Die kriegführenden Mächte und die betreffenden Nationen haben alle nur verloren. Auch nicht ein Schmetterlingsflügel ist conservirt worden. Auch die nicht Kriegführenden haben nur verloren, zwei Jahre der Kultur mit mehrjährigen Nachwehen. Während man das große Ritterschauspiel aufführte, drängte sich das Publikum Europa’s in die Logen und ließ Geschäft und Haus und Herz und Kopf und Tasche unbewacht, und sperrte voll Bewunderung über die großen Scenen mit Donner- und Knalleffekt das Maul auf und merkte es gar nicht, wie ihm geschickte Taschenspieler inzwischen Geld und Uhr wegstahlen, Rechtsparagraphen, kleine durchgeschmuggelte Andenken an „Errungenschaften“ und dergleichen anmuthige Nippsachen.

Jeder vermißt etwas nach diesem vorläufigen Ende des conservativen Krieges. O und was und wie viel vermissen Tausende von Müttern und Frauen und Bräuten und Kindern und Greisen und Greisinnen? Es gab eine Zeit, wo halb England und halb Frankreich in Trauer gingen, und die Todtenlisten sich noch täglich enggedruckt und ellenweise verlängerten. Außerdem bezahlten die ihrer Jugend- und Produktionskraft beraubten Trauernden doppelte Steuern und doppelte Preise für Lebensmittel. Ja, wir haben Alle verloren durch diesen Krieg für die Erhaltung dessen, was die „Civilisation“ zu besitzen meinte. Blos mein liebes Deutschland hat verhältnißmäßig gewonnen. Zwar übte oft der Muth in der Brust seine Spannkraft, und wollte mitschlagen und bluten und fallen und wieder auferstehen für die Freiheit, die im Kaiser Napoleon eine so glänzende Krone trug und ein so reines, blankes Feldherrnschwert führte und die englischen Feldherren mit so warmen Gichtstiefeln versorgte; aber wir durften doch halt nun mal nicht, und so gewöhnten wir uns an Declinirung lauter Dinge keinerlei Geschlechts, was man Neutralität nennt auf Deutsch, und lasen Gartenlaube, spielten mit Bausteinen zu einer naturgemäßen Selbstheillehre, statt mit Kronen und Sceptern und Stern, studirten Natur und gewöhnten uns den stillen Trunk ab, dem wir uns so lange an den Quellen des Idealismus hingegeben, indem wir uns immer mit der schönen Stelle trösteten: „’s hilft am Ende doch!“ Und nun? Revalenta arabica ist Wicken- oder Bohnenmehl und die revalenta orientalis des Krieges, expreß im Großen zur Erhaltung und Stärkung der Gesundheit fabricirt, besteht aus noch schwerer verdaulichen, blauen, bleiernen und eisernen Bohnen, so daß selbst Petschens[WS 1] „Eppelwein“ in Berlin, obgleich verurtheilt, noch vorzuziehen wäre. Werden’s nun die Friedenspillen thun? I nun, wer gesund ist, kann viel vertragen und mancher Kranke, den eine starke Natur mit Gewalt kuriren will, allenfalls auch trotz einiger Pillen und Bullen wieder gesund werden. Insofern aber unser Gewinn während des Krieges wesentlich darin besteht, daß wir etwas von der Natur und der Selbstheillehre gelernt haben, werden wir auch alle Pillen, die wir uns nicht selbst gedreht haben, mehr als idealisirten Bohnen- Wicken- und sonstigen componirten Brei ansehen und uns dergleichen Artikel ohne Ideal-Preiserhöhung verschaffen, im Uebrigen uns aber nur auf das verlassen, was wir uns selbst zur Erhaltung, Herstellung und Stärkung der Gesundheit kochen und componiren. Dies befähigt uns auch zu einer mehr objektiven Auffassungsweise des Friedens-Pillen-Collegiums in Paris.

Die Friedens-Konferenzen wurden nach einem sehr europa-wichtigen Streite über den Vortritt zwischen zwei „Bevollmächtigten“ am 25. Februar Mittags um die erste Stunde im Hotel des auswärtigen Ministers an der Seine eröffnet. Stühle und Meubles und Pracht sollen viel kostbarer sein, als beim wiener Congreß 1815.

Graf Walewski, Minister des Auswärtigen von Frankreich, präsidirt. Als Napoleon I. auf der Höhe seines Ruhmes eine große Festlichkeit zu Warschau besuchte, ward er, der Held von Austerlitz, von einer polnischen Schönheit total geschlagen. Sie war Gattin eines bejahrten sarmatischen Edeln, und ihr junges [171] Herz loderte in Flammen auf für den von ihr geglaubten „Befreier Polens.“ Napoleon, nicht minder Flamme, überwand ihren Kampf für die Pflicht zu Gunsten ihres hoffnungsvollen, liebenden Herzens und ging mit ihr durch. Graf Walewski ist Sohn Napoleon’s und dieser schönen, patriotischen Polin, deren Fehler, wie Lamartine einmal sagte, durch Täuschung ihrer patriotischen Hoffnungen und Unglück geheiligt ward. Einige weitere Notizen über den Präsidenten dieses Friedens-Congresses gaben wir in einem frühern Artikel. Ihm zur Seite steht Baron de Bourqueney, ehemals Gesandtschaftssekretair Chateaubriand’s in Rom, nach der Revolution von 1830 Beamter im Ministerium des Auswärtigen, dann diplomatisch thätig in London und Constantinopel mit Vorliebe für das Haus Orleans, bis ihn Napoleon zum Gesandten in Wien machte, als welcher er schon Mitglied der Friedens-Konferenzen des vorigen Jahres war.

Ali Pascha, Vertreter der Türkei, steht in dem Rufe, der gelehrteste und gebildetste Mann seines ganzen Landes zu sein. Er ist lebendiger, ausdrucksvoller, freier, als die meisten Türken, auch als unkäuflich einzig unter den Beamten der Türkei und hat blos eine Passion, eine noble, die für seine berühmte Bibliothek. In der Politik gehört er der „nationalen“ Partei an. Er war Gesandter in England, dann sechs Jahre Minister des Auswärtigen, 1852 Premierminister, dann Gouverneur von Brussa, später Präsident des obersten Staatsraths. Zu Ende 1854 wieder Minister des Auswärtigen, vertrat er die Türkei in den wiener Friedenskonferenzen des vorigen Jahres. Jetzt erscheint er mit derselben Funktion in Paris, zugleich als Groß-Vezier und erster Minister des Sultans. Mehemet Djemil-Bei, Gesandter in Paris, ist sein Assistent.

Graf Buol-Schauenstein, einer Familie angehörend, die dem Hause Habsburg seit länger als einem Jahrhundert diente, ward vor sechzig Jahren in der Schweiz geboren und trat schon im neunzehnten Jahre seine diplomatische Laufbahn an, die er als Legationssecretär in Florenz, Haag, Paris und London und als Gesandter in Karlsruhe u. s. w. fortsetzte. Als Gesandter in Turin 1848 forderte er von Karl Albert auf eigene Verantwortlichkeit seine Pässe. Als Gesandter in Petersburg und in London, neuerdings als Minister des Auswärtigen bekam er die Fäden des Krieges und Friedens mehr als andere Diplomaten in die Hand und spielt demnach auch eine wichtige Rolle in Paris. Baron von Hübner, außerordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter in Paris, unterstützt ihn. Er ist ein Schüler Metternich’s. Im Jahre 1848 bewieß er viel persönlichen Muth mitten unter revolutionären Kugeln, durch welche er zum Kaiser nach Schönbrunn ging. Er leitete die Abdankung des Kaisers u. s. w. und was sich demnächst anschloß.

Graf Cavour, Schöpfer und Seele des jetzigen liberalen Regierungssystems in Sardinien und der Alliance mit den Westmächten, machte in Bezug auf letztere Erfahrungen, die auch andere Leute noch zu machen und zu überwinden haben. Die Hoffnungen und Illusionen, welche zu der Alliance einluden, sind die Westmächte zu erfüllen weder Willens noch fähig. Marquis de Billamarina, sardinischer Gesandter in Paris, ist College Graf Cavour’s in den Friedens-Konferenzen.

Die Vertreter und Bevollmächtigten Rußlands, Graf Orlow und Baron Brunnow, stehen zugleich in dem Rufe einer bedeutenden Superiorität über ihre diplomatischen Friedens-Collegen. Ersterer war der intimste Freund und Rathgeber des Kaisers Nikolaus. Schon 80 Jahre alt, ist er noch frisch, gesund und thatkräftig, Aide-de-Camp-General, General der Kavallerie, Kommandeur der Kavallerie, Kommandeur des kaiserl.-militärischen Haushaltes und Mitglied des Staatsraths. Er war tapferer Krieger in allen Kämpfen dieses Jahrhunderts, wurde bei Austerlitz verwundet und sieben Mal bei Borodino. Als General der Garde unterdrückte er hauptsächlich die Revolution vom 26. December 1825, welche dem Kaiser Nikolaus den Thron versagen wollte. Seitdem war er stets der intimste Freund des Kaisers. Er kommandirte 1828 im türkischen Kriege und zeichnete 1829 den Frieden von Adrianopel, dessen Inhalt Palmerston Jahre lang leugnete, entstellte und umging, wenn er darum gefragt ward, bestimmte auf den Konferenzen wegen Belgiens und begleitete den Kaiser auf allen seinen Reisen: Seit 1845 an der Stelle Benckendorff’s als Chef der dritten Section der kaiserlichen Privatkanzlei und der Gendarmerie des ganzen Reichs leitete er die Inspectionen der Administration, welche die Vollmacht einschlossen, jederzeit zum Kaiser zu gehen und über Alles und Jeden mit ihm zu sprechen. Er mißbilligte Menschikow’s Mission und Stil, in der Türkei, welche zum jetzigen Kriege führte, mit den Worten: „Menschikow verlangte viel, um wenig zu erhalten; ich verlange wenig, um viel zu bekommen.“ - Ein sehr inhaltvoller Ausspruch. – Baron Brunnow, von Geburt ein Deutscher, trat seit 1818 in bestimmte Verbindung mit dem Hofe von Petersburg. Die vierzig Jahre, die er in dessen Dienste zubrachte, gaben ihm eine europäische Reputation. Er wirkte entweder im Ministerio des Auswärtigen oder als politischer Missionär mit Orlow, Nesselrode und allein in Constantinopel, London, Stuttgart u. s. w., besonders aber als vierzehn Jahre langer Gesandter in London, als welcher er durch seine feine, weltmännische Persönlichkeit und geistige Ueberlegenheit die englischen Staatsmänner stets in einer Abhängigkeit hielt, die Niemand merkte oder, wenn bemerkt, so angenehm gefunden ward, daß es Niemand über’s Herz bringen konnte, sich davon loszumachen. Beim Ausbruche des Krieges reis’te er unter allgemeinem Bedauern und mit Lobeserhebungen der Presse und des Publikums ab.

Die beiden Diplomaten, welche jetzt Rußland in Paris vertreten, haben dreißig Jahre lang Hand in Hand nach einem bestimmten Plane gearbeitet; sie werden es jetzt auch thun und zwar mit besonderer Aussicht auf Erfolg, da das vom Kriege erschöpfte Rußland in Concessionen an die Kultur und Civilisation, welche Kapitalien und Kapacitäten für Industrie und Handel, Eisenbahnen, Fabriken u. s. w. anziehen will, sein Heil sucht, während England sich bemüht, eine Polizei und Politik einzuführen, welche Rußland in seinem Interesse als abgetragene Schuhe ablegen will. Außerdem gehört jetzt mehr als je die Türkei den Russen, da England und Frankreich durch diesen Krieg jede Lust verloren haben, die von ihnen nun gründlich ruinirte Türkei jemals wieder zu retten. Ueberhaupt kann Rußland, wenn die westliche Civilisation auf ihren diplomatischen Wegen so fortfährt, wieder ein Asyl für verfolgte westliche Flüchtlinge werden, wie schon einmal unter Alexander – – –

„England wird sich beugen, aber nicht seinen Nacken,“ wie die berliner Volkszeitung zu ihrer Genugthuung prophezeite Für das Gelingen dieses äußerst schwierigen Kunststückes diplomatischer Gymnastik bürgen die Bevollmächtigten Englands, George William Frederik Villiers Lord Clarendon und Lord Cowley. Um über Ersteren nicht selbst zu urtheilen, übersehen wir die in der „lllustrated Times“ vom 1. März Seite 154 dritte Spalte als Volksmeinung über ihn angegebene Stelle: „Armer Lord Clarendon, Du bist der rechte Mann für die Konferenzen. Sieh nur diese schwache, dünne, schwankende Figur in einem Comité kämpfend gegen Männer wie Brunnow, Buol und Walewski! Man wird Sr. Lordschaft mitspielen, man wird ihn compromittiren und „„gemacht““ („„squelched““) und ganz und gar an die Lust gesetzt („„utterly exploded““) mit einem Frieden in der Tasche nach Hause schicken. Man wird ihn verhöhnen, wie man Bolingbroke verhöhnte, und er, der kein Bolingbroke ist, wird zusammensinken, ehe man ordentlich anfängt zu zischen.“

Lord Clarendon war Gesandtschaftsattaché in Petersburg 1820–23, dann Steuercommissär in Irland bis 1833, Zollcommissionär in Dublin, Gesandter in Madrid und vom vierzigsten Jahre Mitglied des Oberhauses, wo er nie weder als Redner noch als Staatsmann eine männliche Rolle spielte. Der große Moment des Krieges fand ein kleines Geschlecht, in welchem Lord Clarendon selbst nie groß erschien. Von Lord Cowley, seinem Collegen, wußten die besten Freunde fast nie etwas Rühmlicheres zu sagen, als daß er Neffe Wellington’s sei, und sein Vater, Sir H. Wellesley, sich während des Krieges mit Napoleon fast an jedem Hofe Europa’s aufgehalten habe. Auch Lord Cowley hielt sich und Andere an vielen Höfen auf, erst als Attaché in Wien (1824), dann in Haag, als Legationssecretär in Stuttgart (1832) und als Gesandtschaftssecretär in Constantinopel (1838), 10 Jahre später als Bevollmächtigter in der Schweiz und in Frankfurt, wo er dem deutschen Bunde die Ruhe Deutschlands wieder herstellen half. Jetzt ist er Gesandter am Kaiserhofe Frankreichs, den sein Vater ruiniren half, und der Assistent bei Wiederherstellung der Ruhe Deutschlands wird auch das Seinige thun, den Frieden wieder herstellen zu helfen und ihn dem Lord Clarendon in die Tasche stecken.

Das sind die Haupthelden, welche jetzt das Schicksal Europa’s, Asiens u. s. w. bestimmen. Aber darum keine Angst. Was [172] die Diplomaten auch bestimmen, sie sind ein ganz besonderes Geschlecht, das ganz außerhalb der Kreise steht, welche das Schicksal der Welt bewegen. Sie beschließen, bestimmen, machen Paragraphen, und draußen beschließt und bestimmt und treibt das Leben und das Interesse der Kultur, die Eisenbahn, das Dampfschiff, der Geldmarkt, die Erfindung, Produktion und Bedarf der Völker ganz nach den Natur-, Sitten- und socialen Gesetzen des Lebens, ohne sich um die Paragraphen der Diplomaten zu bekümmern. Du Diplomatie glaubst zu schieben und du wirst geschoben. Setzen wir gemeinen Leute, die wir im gemeinen Leben irgend etwas Nützliches und Gescheidtes treiben, überall, wo wir einen Karren in der Tinte sitzen sehen, unsere Schultern mit an’s Rad, so schieben wir und die Diplomaten werden geschoben, denn sie sitzen fast immer auf solchen in’s Pech gerathenen Karren. Lassen wir sie dabei ruhig in dem Glauben, daß sie durch ihre Hü’s und Hott’s den Karren und sogar die Welt regieren.





Hauptmomente aus der Geschichte der Architektur.
(Fortsetzung.)
II. Klassische Baukunst
(griechische, etruskische und römische).

Die Völker, welche vor den Griechen auf die Entwicklung der Architektur Einfluß ausübten, wie die Inder, Babylonier, Perser und Aegypter (s. Gartenlaube 1855. Nr. 45), konnten dies – vermöge ihres Kulturgrades, ihrer Verstandes und Gemüthsausbildung, die hauptsächlich von den eigenthümlichen Verhältnissen der sie umgebenden Natur abhängig war, – nur in so beschränkter und einseitiger Weise, daß ihre Baukunst voll öder Monotonie eine entscheidende Einwirkung auf andere Nationen äußern und sich zu einer weltumfassenden Bedeutung zu erheben durchaus nicht vermochte. Erst bei den Griechen, welche vorzugsweise in Folge der Eigenthümlichkeiten ihres Vaterlandes eine vielseitigere Verstandes- und Gefühlsbildung erlangten, gewann die Baukunst eine naturgemäße, wahre und schöne Einfachheit neben Harmonie und dadurch, trotz ihrer ausgeprägten nationalen Form, einen Allgemeinwerth, der sie, wie es scheint, zum unerreichbaren Vorbilde für alle Zeiten und Völker gemacht und ihr vorzugsweise den Ehrennamen der klassischen Architektur verschafft hat. An sie schließt sich dann die etruskische und römische Baukunst an.

Parthenon.

A. griechische Architektur.

Die ersten Anfänge der griechischen Baukunst sind für uns in tiefes Dunkel gehüllt, denn zu der Zeit, wo die Griechen aus der Dämmerung der mythischen Vorzeit in das Licht geschichtlichen Daseins hervortraten, tritt uns auch schon das System ihrer Architektur als ein bereits fest geordnetes entgegen. Als Vorläufer dieser Architektur könnten höchstens die sogen. cyklopischen Werke (Mauern, Thore, Grabhügel, Schatzhäuser u. s. f., die als Charakteristisches anstatt eines Quaderbaues eine scharfe Zusammenfügung großer unregelmäßig gestalteter Blöcke zeigen) angesehen werden; sie stammen aus der Zeit vor dem Eindringen der Dorer (1104 vor Chr.) aus dem Norden Griechenlands nach dem Peloponnes. Eigentlich läßt sich die griechische Baukunst erst von Solon’s Zeit an als klassische bezeichnen und in drei Epochen vertheilen, von denen die 1ste von Solon bis auf Perikles (590–450 vor Chr.), die 2te von Perikles bis zur macedonischen Oberherrschaft (450–350 vor Chr.), die 3te von dieser Oberherrschaft bis zum Untergange Griechenlands reicht.

Es zeichnet sich die griechische Architektur zuvörderst durch den Steinbau (vorzüglich in Marmor) und den Tempelbau aus, da es bei der republikanischen Einfachheit der Griechen keine Paläste gab und alle übrigen öffentlichen Gebäude von künstlerischer Bedeutung ihre Formen denen des Tempelbaues entlehnten. – Das Wesen des griechischen Tempels läßt sich aber am besten durch den Begriff des Säulenhauses, an dem nur das Aeußere von Wichtigkeit war, ausdrücken. Auf einem mächtigen, aus großen Steinblöcken fest und sorgfältig gefugten Unterbaue (Krepidoma) von drei oder mehreren Stufen (zu welcher Plattform an der vordern und hintern Schmalseite in der Mitte kleinere Treppenstufen führen), thront der Tempel als Rechteck, dessen längere Seiten etwa das Doppelte der schmäleren messen. Ringsum oder blos von oder an beiden Schmalseiten bezeichnet die (dem Privathause untersagte) Säulenreihe die Bedeutung des Tempels. Sie stützt das aus mächtigen Steinblöcken zusammengesetzte Gebälk und durch dieses das steinerne Giebeldach mit seinen Bildwerken. Die Decke der Säulenhalle wird aus Steinbalken gebildet, welche einerseits auf dem Gebälk der Säulen, andererseits auf der Mauer des Tempelhauses (Cella) aufliegen. Die Zwischenfelder (Kalymmatien) wurden mit dünnen steinernen Platten ausgefüllt, die man durch viereckige Aushöhlungen (Kassetten) noch mehr erleichterte. Fenster finden sich im griechischen Tempel nicht; dagegen ist in der Mitte der vordern Giebelseite eine mächtige von Säulen nicht verdeckte Flügelthür. –- Die Säulen bestehen aus Basis (Fuß), Schaft (Stamm) und Kapitäl. Durch die Basis sind sie mit dem Fußboden verbunden, der Schaft bildet den mittlern größten Theil, das Kapitäl bildet das Auflager für das Gebälke. – Das Gebälke besteht zunächst aus dem Architrav (Epistylion), mächtigen Steinbalken, die von einer Kapitälmitte zur andern reichen und die Säulenreihe zu einem Ganzen verbinden. [173] Auf dem Architrav ruht der Fries, dessen Vorderfläche mit Bildwerken in Relief geschmückt wurde. Dieser trägt nach außen die weit vortretende Platte des Hauptgesimses, nach innen die Steinbalken der Hallendecke. Das Gesims, welches auf den Langseiten die horizontale Dachtraufe bildet, steigt an den Schmalseiten giebelartig auf und schließt ein dreieckiges Feld (Tympanon) ein, in welches Bildsäulen gestellt wurden. Das Gesims wird durch einen ausgehöhlten Rinnleisten bekrönt, der, über die Dachfläche hervorragend, das Regenwasser sammelt und durch die auf Ecken und an den Langseiten in gewissen Abständen angebrachten hohlen Thierköpfe hinabschickt. Das Dach mit sanfter Steigung ist mit Ziegeln gedeckt und durch palmettenartig verzierte, in gewissen Abständen stehende Stirnziegel (Akroterien) decorirt. – Die Wände der Cella werden aus horizontal gelegten, ohne Mörtel, nur durch sorgfältigste Fügung verbundenen Steinblöcken gebildet. – Das Innere des Tempels ist von nur untergeordneter Bedeutung. Es diente nur dem Bilde des Gottes als Behältniß und verlangte daher als Haupterforderniß eine Cella, welcher die Vorhalle (Pronaos) nur als Zugang diente, während an der Rückseite die entsprechende Säulenstellung das Posticum bildete. Manchmal wurde von der Cella noch ein besonderer Hinterraum (Opisthodomos) geschieden. Bei größern Tempeln wurde, um dem Innern mehr Licht zu geben, der mittlere Theil des Daches mit einer Oeffnung (Opaion) versehen und solche Tempel, wo also die Cella unter freiem Himmel lag, hießen Hypäthraltempel. Der mittlere Theil des Daches ruhte dann auf zwei Säulenstellungen und diese wieder auf dem Gebälke zweier unterer Säulenreihen.

Hinsichtlich ihrer Bestimmung unterschied man Kult- und Agonal-Tempel. In den ersteren (von einem heiligen Tempelbezirk umgränzt, von welchem aus dem Volke durch die geöffnete Tempelpforte nur der Blick in’s Heiligthum gewährt wurde) befand sich das Bild des Gottes mit den kostbaren Weihgeschenken, der Brandopferaltar (dem Eingange gegenüber) und die Weihwasserschale, aus welcher sich Der als Zeichen innerer Reinigung mit geweihtem Wasser besprengen mußte, wer in’s Innere treten wollte, um dem Gotte ein Weihgeschenk oder ein Opfer darzubringen. Die Fest- oder Agonaltempel waren nur als Besitzthum der Gottheit heilig, und enthielten anstatt des Kultbildes Gottes gewöhnlich nur eine kostbare Statue der Gottheit ohne Altar. Außerdem bewahrten sie noch die Kostbarkeiten des öffentlichen Schatzes und die zu großen Festzügen erforderlichen Geräthe. –- Obschon die Grundform des Tempels unabänderlich feststehend war, so gestattete sie doch mancherlei Abänderungen im Einzelnen und diese beziehen sich hauptsächlich auf die Anordnung der Säulenhallen, sowie auf die Behandlung von Gebälk und Giebel. Man nimmt danach einen dorischen und jonischen Styl an, aus denen dann als eine Ableitung die korinthische Form hervorging.

Dorische Säule mit Gebälke.

a. Dorischer Styl.

Ernst, würdig und feierlich, wie der Charakter der Dorer, ist das Wesen des dorischen Styles. In dichtgedrängten Reihen steigen vom Unterbaue zum Architrav mächtige Säulen ohne Basis und mit rundem kanellirtem Schafte (von 20 flachen Vertiefungen, die in scharfer Kante aneinander stoßen) kühn in die Höhe. Der Schaft (c) schwillt bis auf etwa ein Drittel seiner Höhe um ein Geringes an und verjüngt sich dann wieder allmälig. Dicht unter dem obern Ende zieht sich ein feiner Einschnitt (e) ringsum und bezeichnet den Hals der Säule; darüber folgen drei schmale Riemchen (d) und über diesen ladet die Säule, um das Kapitäl zu bilden, weit über den Schaft aus (Echinus b) und trägt eine kräftige viereckige Platte. (Abakus a). Auf dieser Platte ruht, etwas zurücktretend, der Architrav (f); ein schmales vortretendes Plättchen gränzt ihn nach oben vom Friese (g h) ab, der durch viereckige kanellirte Steinplatten (Triglyphen h), welche als Träger des Giebels erscheinen, in einzelne Felder getheilt und abwechselnd mit Sculpturen geschmückt ist. Die Anordnung der Triglyphen, die sich schon am Architrav durch sechs Pflöckchen (Tropfen) andeuten, ist so, daß über jeder Säule und zwischen je 2 Säulen sich eine erhebt. Das fast quadratische Feld (Metopon g) zwischen den Triglyphen ist entweder offen, bisweilen mit hineingestellten Gefäßen oder durch eine Steinplatte, die bald nackt, bald mit Reliefs (Zophoros) versehen ist. Das Kranzgesims (Geison i), welches nach oben den Fries begrenzt, besteht aus einer weit ausladenden hohen Platte und enthält die schmalen viereckigen, und nach unten mit Tropfen versehenen Dielenköpfe (Mutuli), einen über jeder Triglyphe und über jeder Metope. Das Dachgesims des Giebels (l) besteht aus derselben Platte wie das Kranzgesims, nur ohne Dielenköpfe; über dem Gesimse lagert noch die Rinnleiste (Sima m), deren Ende mit einem Löwenkopfe (o) geziert zu sein pflegt und dem Wasser zum Abflusse dient. Stirnziegel erheben sich auf einer Platte (u) an den Seiten und in der Mitte des Giebels; der Giebel (k) selbst, mit erhabenem Bilderschmucke, ist sehr niedrig. Fries und Giebel trugen in der Regel noch verschieden und lebhaft-farbige (besonders blaue und rothe) Bemalung(Polichromie), während Säulen und Architrav aus blendend weißem Marmor bestand.

b. Jonischer Styl.

Dieser Styl zeichnet sich vor dem ernsten und strengen dorischen durch heitre Anmuth und milde Weichheit aus; die Verhältnisse sind feiner, leichter, eleganter; die einzelnen Bauglieder sind weniger streng von einander getrennt, gehen im Gegentheil sanft in einander über. – Die Säulen (in weiterem Abstande von einander stehend) besitzen eine Basis, und diese besteht zu unterst aus einer viereckigen Platte (Plinthus), auf welcher Glieder von runder Grundfläche lagern, über denen sich dann zwei scharf eingezogene Hohlkehlen (Trochilus) und ein polsterartiger Wulst (Torus) befinden, auf welchem letzteren (der in der späteren Zeit mit plastischen Ornamenten in Gestalt von Ländern, Blättern und Knospen geschmückt wurde) sich der Schaft erhebt. Die sogen. attische Basis bestand nur aus runden Gliedern, mit einer Hohlkehle und zwei Wulsten. –- Der kanellirte Schaft ist bei der jonischen Säule von leichterer schlankerer Gestalt als bei der dorischem mit leiserer Anschwellung und mäßigerer Verjüngung Er besitzt 24 und tiefere, rund ausgehöhlte Kanäle, die aber einen breiteren Steg zwischen sich lassen. Auch enden diese Kanäle kurz oberhalb der Basis und kurz unterhalb des Kapitäls in einer runden Linie, an welcher Stelle sich die Säule plötzlich mit einer starken Ausbiegung (Ablauf) erweitert. – Im Kapitäl stellt sich der Echinus als Eierstab und der Säulenhals unter diesem als ein schmales, manchmal mit einem Perlenstabe geschmücktes Band dar. Auf den Echinus legt sich ein Polster, das, nach beiden Seiten weit ausladend, mit seinen vertieften Kanälen sich zu Schnecken (Voluten) erweitert, die dann spiralförmig sich zusammenziehen und zuletzt in einem Auge (bisweilen von einer Rosette ausgefüllt) enden. Auf der Seitenansicht [174] des Kapitäls zeigen sich die vordere und hintere Seite des Polsters durch ein Band in Gestalt einer Binde oder einer geflochtenen Schnur verbunden. – Der Architrav, minder hoch als der dorische, wird durch drei über einander etwas vortretende Theile gebildet, die manchmal durch feine Perlenschnüre mit einander verknüpft werden. Dem Friese fehlt die dorische Triglyphen- Eintheilung; er ist durchaus ungegliedert und deshalb für Skulpturschmuck geräumiger. Das Kranzgesims besteht hauptsächlich aus einer vortretenden Hängeplatte; das Giebeldreieck ist höher als beim dorischen Tempel. Mit dem Vorherrschen von Skulpturarbeiten tritt hier die malerische Ausstattung zurück.

Ionisches Kapitäl. Attische Basis. Ionische Basis.

c. Korinthischer Styl.

Dieser Styl ist eine Abart und Mischung des dorischen und jonischen. Die Gestalt des Schaftes und der Basis der höheren und schlankeren Säule ist im Wesentlichen der jonischen Säule entlehnt, nur ist die Basis mit Ornamenten versehen, und am Schafte ist der Abstand der 24 Kanäle größer. Vorzugsweise charakteristisch ist aber die Form des Kapitäls, an welchem sich eine weit freiere und reichere, pflanzenartige Gestaltung zeigt, und welches in der Folge die allgemeinste Verbreitung erfuhr. Ein Rundstab faßt oben die Kraft des Säulenschaftes zusammen und läßt das Kapitäl in der Gestalt eines geöffneten Blumenkelches emporsteigen; 8 Blätter des Akanthus (Bärenklau), die mit ihren Spitzen zierlich überschlagend sich nach außen biegen, bilden den untersten Kreis; aus den Zwischenräumen dieser Blätter erhebt sich eine 2te, ähnlich gestalten, oben höhere Blattreihe. Zwischen den obern Blättern steigt je ein Blumenstengel auf, welcher, von zarten Deckblättern eingefaßt, sich theilt, um mit dem einen schwächern Stengel (dem Schnörkel, Helix) sich nach der Mitte des Abakus emporzuwinden, während der andere zu einer kräftigen Volute anschwillt, die sich nach der Ecke des Abakus aufschwingt und dort schneckenartig umbiegt. So treffen auf den Ecken stets je zwei Voluten der benachbarten Kapitälseiten zusammen, wodurch der Uebergang aus dem Runden in’s Viereck vollkommen wird. Der oft reich ornamentirte Abakus ist an den Seiten nach seiner Mitte hin, wo eine Blume hervorknospt, eingezogen, während seine spitzwinklig zusammenstoßenden Ecken über dem Volutenpaar schräg abgeschnitten sind. – Das Gebälk des Architravs ist wie das des jonischen dreifach getheilt, nur reicher mit Perlen- und Eierstöcken geschmückt. Der Fries ist gleich dem jonischen eine nackte Fläche, zur Aufnahme von Bilderwerken bestimmt. Das Gesims wird noch durch Konsolen (Kragsteine) ausgezeichnet, vor deren zierlich geschwungene Unterseite ein Akanthusblatt sich legt. Die Bemalung der korinthischen Bauglieder scheint noch mäßiger als an den jonischen Formen gewesen zu sein.

Korinthisches Kapitäl.

Die ausgezeichnetsten Bauwerke aus den verschiedenen Epochen der griechischen Architektur, von denen einige noch auf unsere Zeit gekommen sind, zeugen, daß in der 1. und 2. Epoche der dorische Styl, in der 3. dagegen der jonische und später der korinthische vorherrschend waren. -– In der ersten Epoche waren berühmt : der um die Mitte des 6. Jahrhunderts aufgeführte große Tempel der Hera auf Samos, von welchem nur noch wenige Trümmer vorhanden sind; der Artemistempel zu Ephesus, der kolossalste aller griechischen Tempel und durch Herostratus vernichtet; der Apollotempel zu Delphi und der Zeustempel zu Athen. Die alterthümlichsten der erhaltenen Denkmäler gehören Sicilien und Unteritalien an; zu Selinus allein finden sich die Trümmer von 6 Tempeln; auch zu Agrigent liegen Ueberreste mehrerer bedeutender Tempel; in Unteritalien sind die Ruinen von Pästum (der Poseidontempel die bedeutendsten. Im eigentlichen Griechenland sind nur wenig Denkmäler erhalten; die bekanntesten sind: ein Tempel zu Korinth, wahrscheinlich der Pallas heilig; der Pallastempel zu Aegina und der Nemesistempel zu RhamnusAus der zweiten Epoche, in welcher der dorische in den jonischen Styl überzugehen anfing, besitzen wir ebenfalls großartige Monumente der Baukunst, wie: den Parthenon zu Athen, der Pallas Athene geweiht; der Theseustempel zu Athen; das Prachtthor der Propyläen; der kleine Tempel der Nike Apteros (der ungeflügelten Siegesgöttin); das Erechtheum (oder Pandroseion), ein Tempel der Pallas Polias; der Tempel zu Rhamnus (der Nemesis), zu Bassä (des Apollo Epikurios), zu Olympia (des Zeus). – Aus der dritten Epoche, in welcher der dorische Styl fast ganz in Vergessenheit kam, und der Tempelbau gegen die Prachtpaläste, Denkmäler und Privatgebäude bedeutend zurücktritt, stammen: der Tempel der Athena Alea zu Tegea, der Zeustempel zu Nemea, die äußeren Propyläen zu Eleusis, der Dianentempel zu Eleusis, der Cerestempel zu Pästum, der Athenetempel zu Priene, Apollotempel zu Milet, Zeustempel zu Athen, das Monument des Lysikrates und Thrasyllos, der Thurm der Winde (Horologium) zu Athen. (Ausführlicheres über die griechische Architektur, in angenehmer Kürze, findet man in „Lübke’s Geschichte der Architektur.“)

(Fortsetzung folgt.)




Blätter und Blüthen.

Iffland und Haydn. Unter dem Titel: „Erinnerungen eines weimarischen Veteranen,“ hat der Theaterdirector Schmidt in Brünn so eben ein Büchlein erscheinen lassen, das seine persönlichen Erlebnisse mit den Heroen Weimars und Jena’s erzählt. Schiller, Goethe, Herder, Wieland , de Wette, A. W. Schlegel, L. Tieck etc. spielen darin eine Rolle. Die zweite Abtheilung enthält Mittheilungen aus seinem Theaterleben und auch darin treten die ersten Kunstgrößen der Vergangenheit, wie Iffland, Haydn, Hummel, Fürst Esterhazy in Eisenstadt, Zelter, Clemens Brentano etc. auf. Interessant ist eine bis jetzt noch ungedruckte Skizze Iffland’s: Ein Besuch bei Haydn, welche der Veteran mittheilt und die wir auszugsweise unsern Lesern hier wiedergeben.

Haydn wohnte damals (1807) in seinem kleinen Häuschen in Gumpendorf bei Wien, das er seines hohen Alters und seiner immerwährenden Kränklichkeit wegen fast niemals mehr verließ. Der Veteran begleitete Iffland, der später diese Erinnerung niederschrieb und sie seinem Freunde Schmidt zur Durchsicht übersandte, hinaus nach Gumpendorf. Iffland erzählt:

„Der Herr sei daheim, sagt die Magd, wir möchten nur oben etwas verziehen,“ [175] er komme eben mit dem Diener aus dem Garten. Sobald er heraufgekommen, wolle sie anfragen. Sein Gang sei aber etwas langsam. Wir möchten uns gedulden. Wir werden in ein Zimmer geführt, neben welchem ein Kabinett mit kleinen Notenstücken von seiner Hand und Komposition, mit Blumenkränzen jedes eingefaßt, verziert ist. Eine kostbare Wand, sagten wir schmerzlich, die einst einen noch höhern Preis haben wird. – Im Zimmer daneben war sein Gemälde zu sehen, wie er einst war. Ein durchdringender, weit hinausreichender Blick! –- Nach einer Weile tritt die Magd ein und sagt sehr freundlich, der Herr sei nun oben und warte unser. Wir treten in einen Saal: Haydn saß, das Gesicht nach dem Fenster gerichtet, völlig angekleidet, den Hut in einer Hand, den Krückstock und den Blumenstrauß in der andern. Der Diener stand hinter seinem Stuhle, vor welchem Stühle für uns gesetzt waren. Er machte eine Bewegung aufzustehen, der Bediente half ihm dazu, und so trat er uns, die Hand über die Augen gehalten, einige Schritte entgegen, wobei er die Beine etwas mühsam an dem Boden nach sich zog. Er reichte dann Herrn Schmidt die Hand und neigte den Kopf mit freundlicher Miene gegen mich, den er zu einem Sitze führte; wir nahmen alle Platz. Das Athemholen ward ihm schwer, wir suchten also ein gleichgültiges Gespräch anzufangen, worauf es seinerseits keiner Antwort bedurfte, damit er Zeit gewänne, sich zu sammeln. Er sah oft auf die Blumen in seiner Hand und nahm sichtbar Erquickung von ihrem Duft.

„Ich habe heute meine Andacht in der Natur gehalten,“ sagte er. „Ich kann nicht anders;“ hier zogen sich seine Augen zum Weinen zusammen. „Es ist auch so am Besten,“ setzte er mit zum Himmel aufgerichtetem Blicke hinzu. Unsere Antworten sind von keiner Bedeutung, aber bei dieser Stelle kamen wir darauf, wie er so innig und herrlich die Natur geschildert habe, wie treu er ihr gelebt haben müsse. „Die „Jahreszeiten,“ ja die „Jahreszeiten,““ fiel er mit einer Art Heftigkeit in die Rede, die „Jahreszeiten“ haben mir den Rest gegeben. Ich wollte doch, ich wollte doch“ – Hier suchte er nach Ausdrücken und bewegte sich lebhaft hin und her. „Aber die Worte sind auch gar zu wenig. Nein, sie sind wahrlich zu wenig. Ganze Tage habe ich mich mit einer Stelle plagen müssen und dann, dann, nein! das glauben Sie nicht, wie ich mich gemartert habe.“ Hier stieß er mit dem Stock auf den Boden, der Bediente sah ihn freundlich bittend an. „Hm! es ist wahr,“ sagte er, „Du hast Recht! Es ist vorbei und abgethan.“ Darauf setzte er sich wieder in seine vorige Lage. „Ja, ja, es vorbei! wie Sie sehen, und die „Jahreszeiten“ sind Schuld daran. Ich habe überhaupt in meinem Leben viel und schwer arbeiten müssen.“ Nach einer Weile: „Ich habe nicht leicht gearbeitet, nein, nicht leicht! Meine Jugend war schwer! sehr schwer!“ er erzählte dann, wie er in seinen frühern Jahren bei den Michaelern sehr hoch gewohnt und eine große Stiegenzahl, die er nannte, täglich gar oft habe auf- und niedersteigen müssen. Indem er auf die Brust deutete:„ Sehen Sie, das kommt nun nach und wirft mich nieder! Aber es ist eine Niederlage mit Ehre; es war sauere Arbeit, allein Gott hat geholfen!“ Er kam dann auf die Theater, wie es ihn schmerzte, nicht Neues mehr zu hören, aber es gehe durchaus nicht mehr an. Hierauf sagte er mir etwas Verbindliches, wie er mich vor acht Jahren gesehen habe, einige Worte über meine Schauspiele. Er sah mich eine Weile an und dabei nickte er mir etliche Male überaus freundlich zu. Ich bat ihn, zu gestatten, daß ich die geliebte Hand welche der verehrte Greis mir darreichte, auf mein Herz legen dürfte. Rasch reichte er mir beide Arme dar, küßte mich und weinte von Herzen. „Mir ist wohl! recht wohl!“ sagte er, „aber ich kann jetzt nicht mehr anders, wenn mich etwas erfreut, muß ich weinen, das will ich nicht; ich kann es aber nicht anders. Ehedem war es anders, ja ehedem!“ Dabei sah er wie in weite Ferne nach dem Fenster hin und seufzte. Wir kamen dann nach und nach auf eine vortreffliche Messe von Haydn, die wenige Tage zuvor in Eisenstadt von der fürstlich esterhazy’schen Kapelle trefflich ausgeführt worden war. Besonders hatte mich das Credo in dieser Messe hingerissen.

Haydn sprach mit großer Lebhaftigkeit von seiner Kirchenmusik überhaupt zu Herrn Schmidt, der ihm mit Kenntniß, Liebe und Gefühl antwortete. Der treffliche Künstler war unbemerkt in solche Lebendigkeit gerathen, daß er, ohne es zu wissen, Hut und Stock weggegeben hatte und mit so schnellen Gesticulationen redete, daß man hätte glauben sollen, man sehe ihn wieder an der Spitze seines Orchesters. Sein Auge glänzte vor Wonne, aber allmälig mahnte ihn seine Schwäche wieder, er sah den bekümmerten Diener an, nickte ihm zu, nahm Hut und Stock aus seinen Händen zurück, ließ uns dann eine Weile fortreden und sah indeß, sich wieder zu sammeln, ruhig an den Boden. Er kam dann auf die esterhazy’sche Kapelle zu sprechen, that Fragen nach diesem und jenem seiner Bekannten, nach den neuesten Musiken, welche in Eisenstadt gegeben worden wären, und hörte die Antworten mit besonderer Theilnahme. Er sprach von dem regierenden Herrn, von dem Wohlwollen, welches ihm dieser bewiese, von den Verdiensten des esterhazy’schen Hauses um die Künste. Was er über diesen Gegenstand sagte, hatte den Ausdruck inniger Erinnerung und Liebe. Ich erzählte ihm, welchen Beifall seine „Schöpfung“ in Berlin gefunden habe, daß sie mit Enthusiasmus aufgenommen worden sei und daß einst die Aufführung derselben für einen frommen Zweck über 2000 Thaler eingetragen. Er sah hoch auf und wiederholte langsam mit strahlender Freude: „Ueber 2000 Thaler! für die Armen! Ueber 2000 Thaler! Hörst Du das wohl?“ Hier wandte er sich wieder nach dem Bedienten um. „Meine Schöpfung hat in Berlin über 2000 Thaler eingetragen, und für die Armen!“ – Hier legte er sich ganz zurück in den Stuhl und ließ den Thränen freien Lauf: „Für die Armen! Meine Arbeit hat den Armen einen guten Tag gegeben! Das ist herrlich, das ist tröstlich!“

Nach einer Weile richtete sich Haydn wieder auf und sprach etwas trübe: „Das ist nun vorbei, ich wirke jetzt nicht mehr, aber“ – indem sah er freundlich auf jeden der Anwesenden hin – „es ist doch gut gegangen, nicht wahr? Wie viel hat die Schöpfung den Armen eingetragen? Merk’ es Dir! Ich werde mich noch oft daran erfreuen.“ Er war nun wieder eine Weile recht herzlich froh und sagte dann: „Sie werden wohl auch meine Ehrensachen sehen wollen? Hole sie herein!“ Der Bediente brachte die Medaillen herein, welche zu Paris, London und Petersburg auf ihn geschlagen worden waren. Er zeigte uns jede selbst und legte sie dann neben sich nieder. „Ich habe große Freude empfunden, da ich diese Beweise des Wohlwollens empfangen habe, und ich freue mich noch manchmal, wenn ich sie mit meinen Freunden betrachte. Sie werden sagen: das sind die Spielzeuge der alten Männer! – Für mich ist es aber doch noch mehr. Ich zähle daran mein Leben rückwärts und werde auf Augenblicke wieder jung. Alle diese Sachen sollen nach meinem Leben in werthen Händen bleiben.“ Wir erwiederten darauf nach unserm Gefühl für ihn und hielten dies zurück, so gut wir konnten. Nach einiger Zeit fuhr er fort: „Ich sollte Ihnen doch etwas vorspielen! Wollen Sie etwas von mir hören?“ Es war unser lebhafter Wunsch, aber wir wagten es nicht, ihn auszusprechen. Er sah sich nach dem Instrument um. „Ich kann freilich wenig mehr. Sie sollen meine letzte Komposition hören. Ich habe sie gesetzt, eben als die französische Armee vor drei Jahren auf Wien vordrang!“ Er stand auf, reichte dem Bedienten den Arm und wir geleiteten ihn alle Drei in unsern Armen zum Pianoforte. Er setzte sich dann nieder und sagte: „Das Lied heißt: Gott erhalte Franz den Kaiser!“ – Er spielte hierauf die Melodie ganz durch und zwar mit unverkennbarem Ausdruck mit einigen Haltpunkten, welche sein schimmerndes Auge ausfüllte. Nach Endigung des Liedes blieb er noch eine Weile vor dem Instrumente sitzen, legte beide Hände darauf und sagte mit dem Ton eines ehrwürdigen Patriarchen: „Ich spiele dieses Lied an jedem Morgen und oft habe ich Trost und Erhebung daraus genommen in den Tagen der Unruhe. Ich kann auch nicht anders, ich muß es alle Tage einmal spielen. Mir ist herzlich wohl, wenn ich es spiele und auch noch eine Weile nachher!“ Er zeigte an, daß er zu seinem Sitz am Fenster zurück wolle. Wir wollten ihn dahin geleiten, aber mit eigener Geschäftigkeit machte er vorher das Instrument wieder zu und es war deutlich zu sehen, daß er dabei keine Hülfe annehmen wolle. Still und mit etwas gesenktem Kopfe ging er alsdann in unsern Armen zu seinem Sitze zurück. Auf seinem Gesicht war viel Bewegung zu sehen, die er nicht ausbrechen zu lassen sich anstrengte. Der Bediente gab uns, ohne daß Haydn etwas gewahr werden konnte, freundlich und mit Gefühl der Ehrfurcht und Liebe für seinen Herrn ein Zeichen, daß wir abbrechen möchten. Wir traten einen Schritt zurück. Haydn sah uns an und sagte: „Gott sei mit Ihnen, ich tauge heute nicht viel mehr. Es gehe Ihnen gut! Adieu!“ Er stand auf, wir umarmten ihn und sagten wenig Worte. Er setzte sich nieder und griff nach dem Blumenstrauß, der vor ihm auf dem Stuhle lag. Ich bat ihn um eine Blume zum Andenken. Haydn sah mich gütig an, ließ sein Gesicht ganz in den Strauß sinken, reichte mir diesen dann mit beiden Händen dar und schloß mich fest in seine Arme. „Adieu!“ rief er mit sanfter, gebrochener Stimme, wandte sich ab, setzte sich und wir schieden mit Empfindungen von ihm, die Jeder mit uns theilen wird, ohne daß sie ausgesprochen werden. Wir konnten uns von den hohen Gefühlen nicht losmachen, die wir im Anblick dieser scheidenden Sonne empfangen hatten, und wir wollten es auch nicht.“

So weit Iffland’s Erzählung. Schmidt setzt hinzu, daß Alles der Wahrheit gemäß, nur habe Iffland seiner selbst darin zu wenig gedacht. Haydn bezeigte ihm eine Verehrung, die außerordentlich war. Auch war Iffland’s Benehmen dabei eben so rührend und ergreifend wie das Haydn’s.




Der Bär und die Lappin. Man schreibt aus Stockholm: Seit Jahren schon haben sich die Raubthiere, als: Bären, Wölfe, Füchse etc. nicht so häufig in unsern nördlichen Landestheilen gezeigt, als in diesem Frühjahre. Selbst die Rennthiere der Lappen kommen in Folge des strengen Winters weit in die südlicheren Gegenden herunter, um sich vor des Winters Strenge zu schützen. Die Norob. P. schreibt, daß unlängst ein Fall vorgekommen ist, der deutlich zeigt, wie unerschrocken die Weiber der Lappen sind. Die Lappin Christum, welche schon mehrmals verheirathet war, ging in Gesellschaft eines anderen Lappen in einen Wald, als plötzlich sich ihren erstaunten Augen eine Bärenmutter mit zwei jungen halbgewachsenen Bären wies. Die Bärin durchrauschte das kleine Buschwerk, um sich wahrscheinlich über die beiden Lappen zu machen. Der Mann, ohne sich weiter zu bedenken, rannte davon und suchte hinter dichtem Dickicht sich zu verbergen, wohl in der Absicht, irgend auf einen Baum zu gelangen, von wo aus er sich gegen die Meister Petze vertheidigen könnte. Doch die Lappin, ein herkulisch fest gebautes Weib, trotzte der Gefahr und blieb an Ort und Stelle. Schnell hatte sie einen Plan gefaßt, und als der Bär sich ihr nahte, warf sie ihm kunstgerecht, wie man wilde Pferde fängt, die Leine, die sie bei sich führte, um den Hals und lief, den Bären hinter sich herziehend, zu einem nahen Baume und band ihn dort fest. Die Jungen standen unthätig um die Mutter, die laut brüllte. Während die Bärin sich mit Macht befreien wollte, war auch das Weib nicht säumig, sich eine Waffe zu fassen. Sie ergriff einen abgebrochenen Baumast und versetzte der Bärenmutter damit mehrere mächtige Hiebe, so daß diese sich endlich im Blute schwimmend vor ihren Füßen wälzte. Die jungen Bären liefen brummend umher. Als dies geschehen war, erhob die Lappin ein lautes Freudengeschrei, wodurch sich der versteckte Mann hervorwagte und nun die Bescheerung mit großen Augen ansah. Nun wollte der Mann die Beute getheilt wissen, doch gab dies das muthige Lappenweib nicht zu und warf ihm seine Feigheit in den schärfsten Ausdrücken vor. Die jungen Bären wurden gefangen genommen und im Triumphe nach der Hütte der Lappin gebracht.




Musäus, der Verfasser der trefflichen „Volksmährchen“ war ein ungemein launiger und aufgeräumter Gesellschafter. Nichts war ihm aber fataler als Erkundigungen nach seiner Gesundheit oder Expcetorationen über [176] sein schlechtes oder gutes Aussehen. Er fing dann sofort an zu zählen, eins – zwei – drei etc. und so fort, bis die Anfragen oder Komplimente vorüber waren. Eines Tages nach einer längern erst eben überstandenen Krankheit, war er zu Tische geladen. Alles freute sich über sein gutes Aussehen, als er eintrat. Gegen Ende der Mahlzeit konnte es jedoch seine Frau nicht länger über sich gewinnen, zu verschweigen, daß er nur darum so gut aussehe, weil er sich geschminkt habe, als er in die Gesellschaft gegangen sei.

„Hast Du’s nun endlich vom Herzen herunter,“ sagte er darauf, „ist Dir nun leichter? Nun ja, ich habe mich roth angestrichen, um dem Bedauern wegen meiner Krankheit auszuweichen und lieber wegen meiner Gesundheit beneidet zu werden. Aber weil meine Frau eine solche Plaudertasche ist, so will ich nun auch das Maul nicht halten und erzählen, was mir mit ihr vor Kurzem auf dem Wege nach Erfurt passirt ist. Wir fuhren an einem blau blühenden Feld vorbei, und ich sagte: „Sieh’, wie schön der Flachs steht!“ Darauf weist meine Frau auf das Feld daneben und sagt, um ihre außerordentlichen Wirthschaftskenntnisse zu zeigen: „Auch das Werg daneben steht recht gut!“

Es dürfte übrigens wenig bekannt sein, daß sich Musäus seine Volksmährchen, die durch die geniale Einkleidung allerdings die seinigen wurden, von einem kleinen Kerl, einem gewesenen Tambour, Namens Rüppler, erzählen ließ, den er mit einer Pfeife Taback und einem Glas Schnaps in die geeignete Stimmung und Begeisterung zu setzen verstand.




Schlangen. (Nachtrag zu dem Artikel in Nr. 12.) Die Schlangen sind eine der größten Plagen der Naturforscher, weil sie sich nicht classificiren lassen und mit der größten Verschiedenheit die familiärste Gleichartigkeit verbinden. Linné theilte sie nach Lage, Zahl und Gestalt der Schuppen ein, aber diese machen nicht ihre innere Verschiedenheit aus. Andere machten andere Klassen, ohne damit Ordnung und Klarheit in diese scheußlichen Gewinde zu bringen. Wir halten uns an die natürlichste Art, sie zu unterscheiden: sind sie giftig oder nicht? groß oder klein? Was für ein Unterschied zwischen der 40 Fuß langen Liboga von Surinam und den Millionen Schlangen am Senegal und Kap der guten Hoffnung, die, nicht länger als 3 Zoll, große sandige Ebenen überdecken? Die Schlangen haben wie die Fische keine Grenze in ihrem Wachsthum. Ihre cartilaginösen Knochen sind in jedem Alter noch der Ausdehnung fähig. Man hat auf Java Schlangen von 50 Fuß Länge gefunden, die sonst blos höchstens 20 Fuß lang vorkamen. Auf Java giebt es eine Art, die einen ganzen Buffaloochsen zermalmt und ganz verschlingt.

Nach der Größen-Verschiedenheit bietet sich besonders der Grad ihrer Schädlichkeit als unterscheidendes Merkmal. Es giebt giftige und ganz unschuldige Schlangen. Das Schlangengift ist eins der merkwürdigsten und fürchterlichsten Präparate der Natur. Es tödtet oft auf der Stelle und verwandelt den ganzen vergifteten Körper binnen wenig Minuten in eine geschwollene, zersetzte, faul-gährende Masse. Das Gift sitzt in zwei großen Fangzähnen, die von der obern Kinnlade über die untere herabhängen. Schlangen ohne diese Fangzähne gelten durchweg für nicht giftig. In unserm Klima kennen wir blos die Viper als giftig, in Ost- und Westindien und den Tropen beschränken sich die giftigen auf die Klapperschlange, die Peitschenschlange und das Scheusal von Grausamkeit, die Cobra de Cabelo. Sie sind überall selten und selbst die Viper unsrer Gegenden kann als Rarität gezeigt werden. Man findet sie zuweilen zwischen trockenem, kalkigen Boden, von 1 bis 3 Fuß lang, schmutzig gelb mit schwarzen, rhomboidischen Flecken auf dem Rücken, die an der Seite dreieckig sind und auf dem Bauche in continuirliche Schwärze zusammenlaufen.

Die Klapperschlange kommt in keinem Theile der alten Welt vor und beschränkt sich auf die einsamen Theile Amerika’s. Die gewöhnliche Größe ist 4–5 Fuß mit einer Dicke etwa eines menschlichen Beines. Der Kopf ist groß, der Hals dünn, mit einer großen Schuppe über jedem Auge, das außerdem durch bewegliche Lider geschützt wird. Die Schuppen sind ungeheuer hart, orangefarbig mit allen möglichen Spielarten bis zum Schwarz. Das merkwürdigste Charakteristikum dieser Schlangen ist die Klapper im Schwanze von dünnen, harten, hohlen Knospen, die in leicht beweglichen Gelenken an einander gefügt sind und bei der leisesten Bewegung klappern und rasseln. Thier und Menschen fliehen im größten Schrecken vor dieser Musik, nur nicht einige Geierarten, welche davon angezogen, diese Musikanten geschickt zu packen und mit Appetit zu verzehren wissen. Im Uebrigen aber musicirt sie nur in der größten Einsamkeit. Jedes andere Geschöpf kennt instinktmäßig den schnellen, schrecklichen Tod von ihrem Bisse, obwohl sie, wenn nicht gereizt, mit der grazösesten Geschwindigkeit vor allen Thieren vorbeieilt, die nicht zu ihrer Beute gehören. Gereizt richtet sie sich blitzschnell auf, zieht den Kopf zurück und hackt ihre Zähne in den Feind. Der Biß schmerzt sofort ärger, als ein Bienenstich und wird mit jedem Augenblicke fürchterlicher, wobei alle Glieder schwellen. Selbst der Kopf dehnt sich entsetzlich aus, sobald das Gift ihn erreicht hat. Unter den entsetzlichsten Qualen, bald heftigem, bald stillstehendem Pulse, stirbt der Mensch in 5 bis 6 Stunden, während welcher zugleich alle Säfte zersetzt und in faule Gährung übergehen.

Vor einigen Jahren baute eine ausgewanderte Familie in Canada ihre Hütte an einen felsigen Abhang. Des Nachts wurde sie von einer ganzen Heerde Klapperschlangen, die unter dem Herde der Hütte lagerten, überfallen und größtentheils einem schrecklichen Tode geweiht. Kinder wurden in den Armen ihrer Mütter gebissen. Die Phantasie darf sich diese Schreckensscene kaum ausmalen, aus der nur zwei Menschen entkamen, welche sich durch’s Dach oben geflüchtet.

Die Fangzähne der Klapperschlangen behalten, ausgezogen, ihre tödtliche Kraft Jahre lang. Ein vom Biß derselben getödteter Mann hinterließ seine Stiefeln, durch welche er gebissen war, einem Erben, der ebenfalls starb. Der zweite Erbe der Stiefeln starb ebenfalls. Man untersuchte letztere und fand den Fangzahn einer Klapperschlange in dem dicken Hackenleder derselben.

Nach der egyptischen und Manilla-Giftschlange ist die Hutschlange (Cobra de Cabelo) die fürchterlichste. Sie ist 6–8 Fuß lang, größer und kleiner in ihren sechs verschiedenen Arten, hat einen katzenartigen Kopf (von hinten gesehen) und Augen, die von Weitem wie mit einer Brille bedeckt, aussehen. Die Haut ist weiß, nur durch Schuppen farbig. Ihr Biß tödtet nach etwa einer Stunde, während welcher die Säfte noch ärger zersetzt werden, als nach dem Biß der Klapperschlange.

Um noch ein Wort über die Zauberkraft der Schlangen zu sagen, mit welcher sie Thiere in ihren Rachen locken sollen, beruht dieselbe nach Dr. Hancock wesentlich auf dem lähmenden Schrecken, den sie einflößen. Thiere und Menschen fühlen bei dem Anblick eines so scheußlichen Gewindes, gegen welches keine Kraft und Geschicklichkeit etwas ausrichtet (Laokoon ist der tragischste Ausdruck dieses wehrlosen Entsetzens) sofort ihre Hülflosigkeit gegenüber dem entsetzlichsten Tode. Das lähmt alle Körper- und Willenskraft, das hindert Wehr und Flucht. Das ist die Zauberkraft der Schlangen. Ein Negersclave in den Sümpfen von Pomeroon ward beim Anblick einer Schlange, ohne daß sie ihn attackirte, ohnmächtig und für todt weg getragen. (es war eine Camoudi (textboa scytale), wie man fand, die am Orinocco bis 70 Fuß lang werden soll.

Die Zauberkraft von Menschen über Schlangen ist durch mannigfache Anekdoten bekannt und beruht besonders auf dem Klange gewisser Töne, wie denn auch die meisten Schlangen eine merkwürdige Passion für Musik haben, und nicht selten thatsächlich auf die graciöseste Weise auf ihren Schweif gestellt mit dem ganzen Oberkörper danach tanzen.

Die nicht giftigen Schlangen, von denen die gemeine schwarze Schlange bis 4 Fuß lang, die 10–11 Zoll lange Blindschleiche und einige andere in verschiedenen Theilen Europas bekannt sind, ließen sich im zoologischen Garten nicht mit Vortheil studiren, da verhältnißmäßig nur sehr wenige vorhanden sind. Man hält sich hauptsächlich an die Wunder von Größe, die die Python-Schlange, die Boa Constrictor und einige durch Färbung ausgezeichnete Sorten, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe. Ich erwähne nur noch die Depona von Mexico wegen ihres unverhältnißmäßig dicken Kopfes und ihren ungeheuren Kinnladen. Die Hauptsache, welche ich mitnahm, war der Gesammteindruck der sich schwer beschreiben läßt. Die Schlangen, Gefüge in Linien ohne Glieder und Waffen, ohne Klauen, Krallen, Füße, Arme, scheinbar ganz, hülflos, und der erste ungeschickteste Versuch der Natur in Thierbildung, sind gleichwohl die allervollkommensten Thiere in der größten Einfachheit. Kein Geschöpf ist so elastisch, so gelenk und geschickt, so stark und so entsetzlich, keins so unerklärlich anziehend und abschreckend zugleich. Kaum ist die Natur fähig, etwas Entsetzlicheres zu bilden, als lebendige Wesen, die aus einer Linie bestehen, lebende Junge gebären (wenigstens mehrere Arten) und ohne Werkzeuge und Waffen die ausgebildetsten Thiere in ihrer höchsten Kraft zerbrechen. Die Umarmung, sonst überall das Zeichen der größten Liebe, ist ihre Kraft und Unüberwindlichkeit des tödtlichsten Hasses. Ihr Wesen ist tödtliches Umschlingen und kannibalisches Verschlingen des Getödteten. Sie sind Ueberbleibsel aus einer vormenschlichen Periode der Erde, und als solches das Menschenfeindlichste, was lebt, wie merkwürdiger Weise der Elephant, nach Ritter das nützlichste aller Thiere für den Menschen, ebenfalls Ueberbleibsel einer vorweltlichen Periode der Erdentwickelung ist.


Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das erste Quartal und ersuche ich die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das zweite Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Für Oesterreich bemerke ich noch ausdrücklich, daß Bestellungen und Gelder nicht an mich oder die Redaktion, sondern an das nächstgelegene Postamt oder Buchhandlung einzusenden sind.
Ernst Keil. 

„Aus der Fremde“ Nr. 13 enthält:

In Japan. Von Wilhelm Heine. – Die höchstgelegene Stadt auf Erden. Mit Illustration. – Die Pelzjäger in Oregon. (Schluß.) – Aus allen Reichen: Briefe aus der Fremde. – Auch ein Mann mit einer eisernen Maske. – Die Kleidung auf den Sandwich-Inseln. – Allerlei Neues aus Amerika.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Christian Wilhelm Petsch (1804-1882); Vorlage: Pietschens