Die Chronik des Thietmar von Merseburg/Siebentes Buch

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Siebentes Buch
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[267]
Siebentes Buch.




1. Als seit der Fleischwerdung unseres Herrn Jesu Christi 1014 nach der Erfüllung des Jahrtausends noch dreizehn Jahre verlaufen waren, und dann im zweiten Monat in der dritten Woche des darauf folgenden Jahres begab sich, im dreizehnten Jahre seiner Regierung, am Sonntage, dem vierzehnten Februar, Heinrich, von Gottes Gnaden ruhmwürdigster König, sammt seiner geliebten Gemahlin Kunigunde nach der St. Peterskirche. Sie gingen umgeben von zwölf Senatoren, von denen nach geheimnißvollem Brauche sechs mit abgeschornen, sechs aber mit herunterhängenden Bärten auf Stäbe gestützt einherschritten. An der Thüre der Kathedrale erwartete der Papst die Herankommenden. Bevor er jedoch in das Heiligthum hineingeführt wurde, legte ihm der Papst die Frage vor, ob er ein treuer Schirmer und Schützer der römischen Kirche sein, und ihm, dem Papste, und seinen Nachfolgern in jeder Beziehung unwandelbar ergeben bleiben wolle, was er voll Demuth und Eifers bejahte. Darnach empfing er sammt seiner Gemahlin die Salbung und die Krönung. Seine frühere Krone aber ließ er über dem Altare des Apostelfürsten aufhängen.

Am selbigen Tage gab ihnen der Papst im Lateran ein glänzendes Festmahl.

[268] 1014
21. Fbr.
Acht Tage nachher aber entstand zwischen den Römern und unsern Landsleuten ein großes Handgemenge auf der Tiberbrücke, und von beiden Seiten blieben viele auf dem Platze; die Nacht erst trennte die Kämpfenden. Die Urheber dieses Streites waren drei Brüder, Hug, Hecil und Ecilin, die nachher verhaftet und festgesetzt wurden; einer von ihnen entkam dort, der zweite ward nach Fuldu [Fulda] abgeführt und der dritte wird schon lange auf Burg Ivicanstene [Giebichenstein] in Verwahrsam gehalten.


2. Der Kaiser ließ zu Rom seinen Bruder Arnulf, den er vorher der Kirche von Ravenna vorgesetzt hatte, aufs neue vom Papst inthronisiren und einsegnen. Den Verdränger desselben aber, Aethelbert, der daselbst ungerechter Weise lange den erzbischöflichen Stuhl behauptet hatte, wollte er zuerst ganz seines Ranges berauben, ließ sich aber durch die unablässige Fürsprache frommer Leute bewegen, ihn einer anderen Kirche zum Leiter zu geben, nämlich der von Aricia [Arezzo].

Der Papst setzte in einem Synodalgerichte zu Ravenna zwei, zu Rom ebenso viele ab, welche von dem Erzbischofe Leo, nachdem er bereits die Sprache verloren hatte, geweiht waren, und trug vermittelst Verhängung der Excommunication Sorge, daß die Satzungen der heiligen Väter der Kirche in Betreff der geistlichen Weihen, welche dort, wie leider auch bei uns, lange vernachlässigt waren, wieder erneuert und befolgt wurden. Die kanonischen Gesetze verbieten nämlich, daß ein Diakonus vor dem fünf und zwanzigsten, ein Presbyter aber und ein Bischof vor dem dreißigsten Jahre irgendwie ordinirt werde. Weil wir nun dies nicht beobachtet haben, so sind wir elende Uebertreter des Gesetzes und der Excommunication verfallen.


Apr. 5. 3. Die Auferstehung des Herrn feierte der Kaiser zu Papia [Pavia], und fesselte den unbeständigen Sinn der Langobarden durch allen erwiesene Liebe.

[269] Als nun überall die Ruhe hergestellt war, 1014 kehrte der König aus Italien zurück. Darüber hocherfreut, überfiel Hardwig sofort die Stadt Fercelli [Vercelli], so daß Leo, der Bischof derselben, kaum zu entfliehen vermochte. So nahm jener die ganze Stadt in Besitz und begann wieder sein altes frevelhaftes Wesen; späterhin brachte ihn freilich, wie ich das im Folgendem schildern werde, die Majestät des Allmächtigen dahin, daß er tief gedemüthigt seine Schuld erkannte.

In jenen Landen stiftete der Kaiser – dies war das dritte fromme Werk der Art, welches seinem Namen zur Zierde gereichte, – in der Stadt Bobia [Bobbio] ein Bisthum. Daselbst ruhen nämlich die Leiber des Columbanus und des Attala, der heiligen Diener und Bekenner Christi; und er verrichtete dieses Werk, zu dem ihn die höchste Nothwendigkeit und – was noch über dieselbe geht – die Liebe zu Christo trieb, auf gemeinsames Anrathen und mit Genehmigung sämmtlicher dortigen Bischöfe.

Mit dem größten Glück und Ruhm überwand er darauf die Schwierigkeiten der Alpenfahrt, und sah unsere Gefilde wieder, wie sie ihn so heiter anlachten, denn die Luft und die Bewohner jenes Landes stimmen doch nicht zu unserer Natur. Viel Tücke und Hinterlist herrscht leider im Römerlande und in der Lombardei. Alle, die dorthin kommen, empfängt nur wenig Liebe; alles, dessen dort die Fremden bedürfen, muß bezahlt werden, und zwar immer noch mit Gefahr des Betrugs. Viele sterben dort auch dadurch, daß man ihnen Gift beibringt.


4. Im selben Jahre, am 28. April, Apr. 28. starb Graf Karl, der Sohn des Markgrafen Ricdag von Meißen. Er hatte durch die unverschämten Verläumdungen ungerechter Ankläger sein ganzes Lehen ohne einige Schuld verloren, und trug die ihm angethane Schmach mit Ruhe und Gleichmuth.

Am selbigen Tage starb auch meine Muhme Mathilde, die in Gernrode bei der Aebtissin Hathui, ihrer Verwandten, lange Zeit lebte. Immer hatte die ehrwürdige Matrone gehofft, daß [270] 1014 jene ihr einmal folgen werde; sie beweinte die Hingeschiedene in untröstlichem Schmerze, und folgte ihr auch selbst am nächsten vierten Juli nach. Von dem preiswürdigen Leben derselben gehe ich einiges in kurzem durch. Sie war die erlauchte Muhme der Königin Mathilde. Mit dem dreizehnten Jahre hatte sie den Markgrafen Sigifrid, einen Sohn Gero’s; geheirathet, mit dem sie nur sieben Jahre verbunden war. Nach seinem Tode empfing sie aus Liebe zu Gott und um ihres armen Ehegemahls Seelenheil zu fördern, vom Bischofe Bernhard [von Halberstadt] den Schleier, und bald nachher ward sie, wie erwähnt, von demselben zur Aebtissin geweiht. Als solche wirkte sie fünf und fünfzig Jahre lang unermüdlich, wie Hanna [Lucä II, 37], mildthätig wie die Wittwe von Sarepta [1. Kön. 17, 9–16], an Keuschheit und Enthaltsamkeit der Judith vergleichbar, die ihr anvertraute Kirche verschiedentlich schmückend. Ihren Heimgang deuteten folgende Zeichen an. Der Teich, der an der Ostseite der Stadt liegt, sah bis zum Mittage hin aus wie Blut, und verwandelte sich dann in Grün. Vielen schien es nun so, als ob nur um ihres Verdienstes willen meine Muhme ihr mit der Palme der Jungfrauschaft habe voraufgehen dürfen. Bestattet aber ward die treffliche Braut Christi vom Bischofe Bernhard von Aldenburg, nicht, wo sie es wünschte, sondern wo ihre trauernden Mitschwestern es sich erbaten, mitten in der Kirche, am Altare des heiligen Kreuzes, und an dieser Stelle gab Gott der Allmächtige späterhin um ihres Verdienstes willen einem Manne, der lange auf Krücken gegangen war, einen leichten Gang wieder.


5. Der Kaiser aber feierte nach Uebersteigung der Alpen und nachdem er die anliegenden Länder als Herrscher besichtigt Dec. 25. hatte, das Weihnachtsfest zu Palithi [Pölde]. Darauf kam er nach Merseburg und legte seinen Getreuen vor, wie es mit Bolizlavs Treue und Hülfe beschaffen war, und forderte sie auf, ihn einmüthig zur Vertheidigung oder Abbuße vorzuladen.

Während deß kam mein Vetter, Markgraf Wirinhari, gereizt [271] von übelgeleiteter Jugendlust und durch die Ränke hinterlistiger 1014 Frauen, mit wenigen Begleitern an einem Sonntage nach einer Burg, Namens Bichlingi[1] und entführte die Herrin derselben, Reinhilde, um die er früher geworben hatte, wider ihren Willen, indem er die Wachen bestach. Sie hatte nämlich vorher dem Kaiser fest gelobt, daß sie ohne sein Wissen und Wollen niemals einem Manne ihre Hand reichen werde; darum ließ sie sich jetzt nur mit Schreien und Weinen hinwegführen. Da das aber ihre Hörigen und Krieger vernahmen, so eilten sie bewaffnet herbei, und einer von ihnen, Namens Vullerd, wurde schwer verwundet. Da indeß eine von den Mägden Reinhildens auch mit genommen zu werden bat, und auf Befehl seines Führers, des Markgrafen, ein Edler, Alwin, diese aufnehmen wollte, so wurde er von allen Seiten umzingelt und rief meinen Vetter, der schon heraus war, zur Hülfe zurück. Bevor ihm aber dieselbe werden konnte, bekam er leider den Todesstoß. Sein Herr ward, als er herein kam, innerhalb der Burg eingeschlossen, und von einem der Knechte verwundet, den er sofort mit seiner Lanze durchbohrte und an die Wand spießte, wodurch er die Uebrigen abschreckte, daß sie nicht an ihn hinanzukommen wagten. Als er dann gewahr ward, daß die Seinen mit der Dame schon lange voraus waren, er selbst aber keinen Ort zu entkommen habe, ließ er plötzlich sein Pferd zurück und sprang von der Mauer hinab, gelangte auch, wiewohl von Steinwürfen gar hart mitgenommen, dennoch bis zu seinen trauernden Gefährten. Diese schafften ihn bis nach Wi[2] in das Haus eines kaiserlichen Verwalters und ließen ihn daselbst mit Wenigen zurück. Die Dame aber führten sie in großer Eile hinweg, indem sie sich mit ihr bald hier, bald da versteckten, immer in ängstlicher Erwartung ihres Gebieters. Der boshafte Verwalter aber verrieth dem Kaiser seinen kranken Gast, und zwar zu dessen großer Freude. Denn er hoffte, derselbe solle entweder zum abschreckenden Beispiel für Andre, da er nun in seine Hand gefallen [272] 1014 sei, den Tod erleiden, oder sich um eine außerordentliche Summe lösen. Es war bereits Nacht, als die Grafen Bernhard, Guncelin und Willehelm, mit ihren Mannen vom Kaiser gesandt an seinem Krankenlager erschienen. Wirinhari nun, der von den Seinen vorher erfahren hatte, daß sie kämen, begrüßte seinen Verwandten, den Grafen Willehelm, den beiden Anderen aber gab er zu verstehen, könnte er ein Schwert halten, so würde er lebend nicht in ihre Hände gefallen sein. Graf Willehelm aber verband seine Wunden und ließ ihn, einsehend daß er nach Merseburg, wie befohlen war, auf keine Weise kommen konnte, von den Seinen in das nächste Dorf, Elerstidi[3] genannt, schaffen, wo er ihn in einem mit Steinen fest versicherten Hause bewachen ließ, während er selbst mit seinen Gefährten zum Kaiser zurückkehrte. Am selbigen Tage wurden wir zum Kaiser beschieden, der uns unter Thränen und Seufzern mittheilte, mit welcher Frechheit mein Vetter sein eigenes Gelübde gebrochen habe[4]. Denn als Brun in seinem eigenen Hause, wo doch ein jeder Frieden haben soll, von seinem Feinde Milo erschlagen war, und dies alle Landeseingesessenen dem Kaiser klagend angezeigt hatten, so hatte derselbe, nachdem sie ihn wiederholt gebeten hatten, er möchte doch, wie seine Vorfahren, solchen frevelhaften Menschen das Recht des Besitzes und Aufenthaltes im Reiche verwehren, solches genehmigt und es durch Eidschwüre zu bekräftigen angeordnet, und darauf hatte er mit erhobenen Händen Gott dem Allmächtigen und allen Anwesenden gelobt, so lange er lebe, dies halten und erfüllen zu wollen. Weil wir nun wissen, daß es weit besser ist, etwas Gutes gar nicht Gott zu geloben, als das Gelübde nachher zu brechen, so möchten wir doch den, dem er jenes Gelöbniß gethan hat, anflehen, daß wenn er dasselbe aus menschlicher Schwäche oder von bösen Rathgebern verleitet, gebrochen habe, er durch eine angemessene Buße zur Besserung gebracht werde. Nach Anhörung der Klage des Kaisers gaben sämmtliche Große des Reiches den Rath, die Dame müsse unter Beschlagnahme aller ihrer Güter [273] zurückgefordert, die Urheber des Handels aber entweder gefangen 1014 vorgeführt oder bis auf den Tod verfolgt werden; und der Graf selbst müsse, wenn er nach seiner Wiederherstellung von der Krankheit schuldig befunden würde, den Kopf verlieren; wofern jedoch dies alles mit Wissen und Willen der Dame geschehen sei, so sei es das beste, daß er sie heimführe als seine Ehefrau.

Dies auszuführen, ward nun mein Bruder, Graf Heinrich, auf der Stelle hingesandt, und es erging das Gebot, man solle zu Alstidi [Alstedt] zur öffentlichen Verhandlung sich einfinden. Während derselbe nun unterwegs war, kamen die vorerwählten Grafen an und meldeten dem Kaiser, was geschehen war. Den Tag darauf aber, das heißt am St. Martinstage, Nov. 11. verschied Wirinhari, nachdem er bis dahin alles Ungemach geduldigen Herzens ertragen hatte, indem er seinen Feinden keinen Gewinn, den Seinen aber einen unersetzlichen Verlust hinterließ. Des trauerte der König und sein Feind Thiedrich vergoß Thränen. Als ich die Trauerkunde bekam, erwirkte ich meinem Vetter Thiedrich Urlaub und ließ meines Freundes Leiche durch meine Dienstmannen von Miminlevo [Memleben], wo damals eine Abtei war, deren trefflicher Vorsteher Reinhold mit schuldiger Menschenfreundlichkeit für dieselbe Fürsorge getroffen hatte, nach Helpithi[5] hinschaffen, wo ich sie erwartete. Da aber der Körper schon sehr stark roch, so ließ ich sogleich die Eingeweide ausnehmen und neben meiner Kirche begraben, worauf ich den Leichnam nach Walbeck[6] geleitete und Wirinhari daselbst neben seiner geliebten Gattin an deren linker Seite bestatten ließ.

Vierzehn Tage nachher starb auch seine Schwiegermutter Swonehild eines plötzlichen Todes am 26. November.

6. Indeß hielt der Kaiser zu Alstidi offnes Gericht, wobei er indeß, wie Augenzeugen versicherten, meinen Freunden Gerechtigkeit verweigerte. Eine Insel, Namens Porei[7], wollte er durch [274] 1014 ungerechte Richter dem Grafen Bernhard zusprechen lassen, weil derselbe vorher meinen Vetter Wirinhari hatte ums Leben bringen wollen. Das aber verhinderte Graf Wicman, indem er erklärte, das sei ungerecht; auch murrte alles Volk und heimlich hieß es, der Gesalbte des Herrn thue Sünde.

Daselbst sahen damals Viele mitten am Tage einen Stern.

Acht Tage nach dem Fest des hl. Andreas[8] starb der Presbyter Rigman, nachdem er seiner Kirche fünf und achtzig Jahre lang vorgestanden hatte.

Von da abreisend, feierte der Kaiser die Geburt des Herrn 1015
Apr. 6.
zu Palithi [Pölde], und kam am Mittwoch vor Ostern nach Mersburch.

Am Gedächtnißtage des Nachtmahls weihte ich Unwürdiger in seiner Gegenwart das heilige Oel. Am Abend vor der Auferstehung des Herrn aber, welcher damals auf den 9. April fiel, starb der Abt Redbald von Wirdun [Werden], und der dortige Propst Hethenrich ward an dessen Stelle erwählt. An dem heiligen Tage Apr. 10. selbst las Erzbischof Gero [von Magdeburg] die Messe. Indeß erschien auch Herzog Othelrich von Böhmen und wir brachten diese Festtage sehr heiter zu. Unterdessen hielt sich Markgraf Heriman bei seinem Schwiegervater [Bolizlav, dem Polenherzog] auf und erschien, nachdem er sich endlich losgemacht hatte, sofort mit einem Gesandten[WS 1] Bolizlavs, Stognev, vor dem Kaiser, der ihm schon lange voll Erwartung entgegengesehn hatte. Dieser Gesandte aber, der gewohnt war, stets mit Unwahrheiten umzugehen, war von seinem wankelmüthigen Herrn zum Kaiser in die Westlande geschickt, mehr um Unruhen und Wirren, als um Frieden zu stiften. Der Kaiser überwies nun zuerst ihn und sein Gefolge der Fürsorge seines Hofstaats; dann aber, als seine Schwäger barfüßig erschienen, um ihn um seine Gnade anzuflehen, nahm er dieselben voll Erbarmens auf, ließ jedoch nun erst jenen Wortmacher in seiner Gegenwart erscheinen, damit er diesen Auftritt selbst mit ansehen sollte, und gab ihm darauf öffentlich Bescheid [275] an seinen Herrn. Da er aber zu Hause etwas anderes 1015 hinterbrachte, als ihm der Kaiser aufgetragen hatte, so wurde er mit dem genannten Markgrafen Heriman, der den Frieden mit Bolizlav abschließen wollte, auf Befehl dieses unglückseligen Herzogs zurückgeschickt und in Gegenwart des Kaisers und seiner Fürsten als ein falscher Aufhetzer und Friedensstörer überführt. Als nun aber Bolizlav wiederum zum Kaiser entboten wurde, um sich zu rechtfertigen oder seinen Ungehorsam abzubüßen, weigerte er sich, vor demselben zu erscheinen und verlangte, die Sache solle auf einem Fürstentage verhandelt werden. Jetzt aber, mein Leser, merk’ auf, wie viel Güte der Kaiser ihm vorher erwiesen hatte.


7. Herzog Bolizlav, voll tausendfältiger List, sandte seinen Sohn Misico an den Böhmenfürsten Othelrich, mit der Erinnerung, sie müßten doch, eingedenk, daß sie Verwandte seien, sich einander die Hände zum Frieden reichen, und allen ihren Feinden, besonders aber dem Kaiser, gemeinschaftlich widerstehen. Othelrich aber, der von zuverlässigen Leuten Kunde bekam, daß der Plan auf sein Verderben abziele, bemächtigte sich Misico’s, tödtete von dessen Genossen die vornehmsten, und führte die übrigen sammt ihrem Fürsten gefangen nach Böhmen zurück, wo er sie ins Gefängniß werfen ließ. Als dies der Kaiser erfuhr, schickte er meinen Vetter Thiedrich dorthin, mit dem Befehl, er solle ihm seinen Vasallen herausgeben, und wenn er auf seine kaiserliche Gnade etwas gebe, so möge er ihm auf keinen Fall an’s Leben kommen. Darauf soll Othelrich geantwortet haben: „Meines Herrn Befehle in jeder Hinsicht so befolgen zu können, wie ich es wünsche, wird mir stets inniges Bestreben sein. Mich hat so eben wider mein Verdienst Gott der Allmächtige dem Rachen des Löwen entrissen, und hat das Junge desselben, das zu meinem Verderben gesandt war, in meine Hand gegeben. Lasse ich nun den Sohn frei fort, so habe ich an Vater und Sohn zeitlebens sichere Feinde; halte ich ihn aber fest, so hoffe ich, durch ihn einigen Vortheil erlangen zu können. So möge denn mein Herr sehen, was in Betreff aller [276] 1015 dieser Umstände ihm beliebt und mir irgendwie frommt, und alles, was er verfügt, werde ich voll Ergebenheit erfüllen.“ Als nun Thiedrich mit dieser Botschaft zum Kaiser zurück kam, ward sogleich ein Anderer zu Othelrich hingeschickt, mit dem Auftrage, den Misico herzusenden, und mit dem bestimmtesten Befehle in dieser Beziehung, jedoch auch mit dem Versprechen, es werde von Seiten des Kaisers all seinen Besorgnissen abgeholfen und ein sicherer Friede abgeschlossen werden. Da gab Othelrich, freilich mit Ueberwindung, den Gefangenen heraus und besänftigte dadurch den Unwillen des Kaisers in hohem Grade. Bolizlav aber ließ, über seines Sohnes Rettung hocherfreut, dem Kaiser durch Gesandte verdientermaßen seinen Dank bezeugen, mit dem Gesuche, der Kaiser möge ihm seinen Sohn, ihm zur Freude, seinen Feinden zum Verdruß, zurücksenden, und für beides einer Entgeltung in Zukunft in Wahrheit entgegensehen. Dies aber, erklärte der Kaiser, sei für den Augenblick nicht thunlich, versprach ihm aber, ihn, wenn er nach Merseburg kommen wolle, nach gemeinsamem Rathe seiner Großen zufrieden stellen zu wollen. Als Bolizlav das vernahm, nahm er es nicht gut auf, sondern trachtete vermittelst häufiger Botschaften und im verborgenen Herzen beständig darnach, seines Sohnes habhaft zu werden.


8. Als der Kaiser an dem anberaumten Orte erschien, legte er allen Reichsständen die Frage vor, was er in dieser Angelegenheit thun solle? Unter diesen gab der Erzbischof Gero zuerst folgende Antwort: „Als es noch Zeit war und mit Ehren geschehen konnte, habt ihr, Herr Kaiser, auf meine Anmahnung, ihn zu entlassen, nicht gehört. Jetzt ist Bolizlavs Sinn wegen der langen Festhaltung und Verhaftung seines Sohnes von euch abgewandt, und ich besorge, daß ihr, wenn ihr den Misico ohne Geiseln oder andere Bürgschaften zurückschickt, in Zukunft von beiden keine treuen Dienste zu erwarten habt.“ Dem also redenden pflichtete ein sehr großer Schwarn der Anwesenden bei, und selbst die bestochene Partei beklagte, daß sonderliche Ehre jetzt bei [277] diesem Handel nicht mehr zu gewinnen sei. 1015 Aber das Geld siegte über den guten Rath, und jene Partei nahm den Misico vom Kaiser in Empfang und führte ihn, um dem Bolizlav um so mehr zu Gefallen zu thun, nur auf sein Treueversprechen hin, mit allem, was er und sein Gefolge bei sich hatten, heim. Dort bekamen sie denn das Versprochene und ermahnten dabei den Bolizlav und dessen Sohn, daß sie, eingedenk Christi und des Gott geleisteten Eides, dem Kaiser weiter nichts in den Weg legen, noch ihre eigenen Freunde hintergehen lassen möchten. Auf diese liebreichen Vermahnungen gaben sie sofort in schmeichelndem Flötentone eine Antwort, der die That hinterher keineswegs entsprach. Denn obwohl sie wenig oder gar nicht ihr Wort zu halten pflegten, so schoben sie dennoch uns die Schuld davon zu, weil der Kaiser und wir den Misico so spät zurückgeschickt hätten, da derselbe doch zu den kaiserlichen Rittern gehöre. Das lag ihnen beständig im Sinn, und darum versicherten sie, nicht vor dem Kaiser erscheinen zu können. Und wahr ist, daß, wie der Ausspruch des Evangeliums bezeugt [Luk. 14, 18], wer seinen vertrauten Freund verlassen will, nach irgend einer Entschuldigung sucht. Dies erkannte der Kaiser auch gar wohl, und verließ uns, um die bevorstehenden Bettage in Capungun[9] zuzubringen, wohin er seinen Hof von Cassalun[10] weg verlegt hatte. Dort übertrug er unter Beirath seines Kanzlers, des Erzbischofs Heribert von Köln, dem Hethenrich das obenerwähnte Amt eines Abtes von Werden[11].

Unterdeß begann der Bau unserer Kirche, zu der ich in Gegenwart des Erzbischofs Gero am 18. Mai die ersten Steine in Kreuzesform legte.

Der Kaiser aber kam, nachdem er zu Kaufungen gewisse nothwendige Geschäfte besorgt hatte, am heiligen Pfingstabend Mai 28. nach Immedeshusun[12], wo er mit dem Bischof Meinwerk [von Paderborn] das Fest fröhlich vollbrachte.


[278] 1015 9. Hier ward Val, Abt zu Corvei, dem schon vorher seine Amtsthätigkeit bis auf weiteres untersagt war, abgesetzt, und einer aus dem Lorscher Kloster, Namens Druhtmer, ohne Einstimmung der geistlichen Brüder daselbst, an dessen Stelle ernannt. Und als derselbe nun in dieser Woche zu seinem Amtsitze gekommen, so gingen alle Brüder bis auf neun mit weinenden Augen davon, und verließen, wie das der Abt Liudulf einst vorhergesagt hatte, die beinahe verödete Stätte nicht freiwillig.


10. In diesen Festtagen ward der erlauchte Herzog Ernost von Alemannien, der Nachfolger Herimans des Kindes, als er in einem Walde unerlaubter Weise jagte, leider von einem seiner Ritter, mehr aus Versehen, als aus Vorsatz, indem derselbe nämlich mit seinem Pfeile eine Hirschkuh treffen wollte, verwundet. Da er nun sah, daß ihm der Tod nahe war, so rief er seine Genossen herbei und bat sie dringend, des Schuldigen zu schonen, und weil er keinen Priester zur Hand hatte, um seine Sünden zu bekennen, so hieß er an dessen Stelle einen seiner Ritter näher herankommen. Als er nun sah, daß derselbe bei ihm stand, sprach er: „Kommt alle heran und vernehmt mit dem Ohre eures Herzens eures sterblichen Mitmenschen und Mitsünders Thaten, und eilet einmüthig dieselben mit zu sühnen; auch allen abwesenden Gläubigen empfehlet, ich bitte euch, meine sündige Seele, und ermahnet meine Ehefrau in meinem Namen, daß sie ihre Ehre wahre und mein nicht vergesse.“ Solches redend, machte er sämmtliche Anwesende mit allem und jedem bekannt, worin sich jemals, so weit er sich erinnern konnte, vergangen hatte, und verschied bald darauf, am 31. Mai. Er ward, seinem Wunsche gemäß, zu Wirciburg [Würzburg], neben seinem Vater, dem Markgrafen Liupold [von Oesterreich] bestattet. Dieser Jüngling, dem wie er selbst, als er noch lebte, bezeugte, es lieber gefiel, hinnieden vor Vielen erröthen zu müssen, als vor Gott dem Allmächtigen etwas zu verbergen, ist, so hoffe ich, der Seligkeit theilhaftig. Nehmet an ihm ein Beispiel, ihr Brüder in Christo, und leget [279] 1015 die in eurem Innern verborgene Krankheit dem himmlischen Arzte offen dar, und achtet die heilende Arznei, die er euch darbietet, auf keinen Fall gering; und wer auch, wenn unser letztes Stündlein schlägt, unser Beichtiger sein mag, nicht zögere der Sünder mit dem reuevollen Eingeständnisse, auf daß er im Himmel einen gnädigen Vergeber finde.


Mai 29.11. Zu dem erwähnten Pfingstfeste fand sich an dem genannten Orte [Immedeshusun] ein Landmann aus den westlichen Gegenden des Reichs ein mit einer ganz neuen Botschaft für den Kaiser, die er durchaus nur ihm allein offenbaren wollte. Der Mann trug noch den Stachel in der Hand, womit er das Ackervieh vor dem Pfluge angetrieben hatte, zu der Zeit, wo ihm dieser Auftrag vom Himmel herab vermittelst einer Taube geworden war. Es war aber dieser Bauer so lang von Wuchs, daß alle, die ihn sahen, sich gar sehr verwunderten. Derselbe nun sagte, als er wieder fortging, auf Geheiß des Kaisers allen, die ihn fragten, er werde nach Beendigung des Feldzugs nach Aachen kommen und daselbst von ihm eine Antwort erhalten. Weil aber der Kaiser diese Mahnung und sonst auch unzählige andere gering achtete, so empfand er nachher die Strafe dafür.

Jun. 24. Am Geburtstage Johannis des Täufers, der unmittelbar bevorstand, kam der Kaiser nach Goslar, und verlieh Ernstens Herzogthum seiner Nichte und deren Sohne[13]. Dann begab er sich nach Magathaburg, wo er den Blutzeugen Christi, den heiligen Mauritius, flehentlich um seine Fürbitte anging, um die Ueberwindung seines hartnäckigen Feindes Bolizlav. Von da zog er mit dem versammelten Heere nach einem Orte hin, der Sclancisvordi heißt[14], und brachte den Landesbewohnern und deren Markgrafen, dem Gero, dadurch großen Schaden. Am 8. Juli Jul. 8. kamen wir zum Feldzuge zusammen, und die Einwohner wurden, statt [280] 1015 von den Truppen geschützt zu werden, wie es deren Pflicht war, von denselben vielmehr stark gebrandschatzt.

Als die Unseren über die Elbe gesetzt waren, begab sich die Kaiserin mit mir nach Merseburg, und wir erwarteten daselbst des Kaisers Rückkunft in diese Lande.

Die Unseren aber wurden, als sie in die Landschaft kamen, die Lausitz heißt, von der Besatzung der Burg Ciani[15], welche einen Ausfall machte, herausgefordert. Sie nahmen das an und erschlugen eine große Menge derselben, nahmen auch den Herich, genannt der Stolze, der wegen eines Todschlages dorthin geflohen war, gefangen und führten ihn in Ketten vor den Kaiser.

Von da kam der Kaiser an die Oder, und entsandte bei einem Orte Crosna[16] die Vornehmsten seines Heeres zum Misico, dessen Macht daselbst Schaar bei Schaar lagerte, um ihn an die ihnen versprochene Treue zu mahnen, und um ihn einstimmig zu bitten, er möge doch nicht verursachen, daß sie seinetwegen durch den Kaiser ihre Güter verlören, da er ja durch seine Unterwerfung dem allen habe zuvorkommen wollen. Diesen gab er folgende Antwort: „Ich erkenne es an, daß ich durch die Gnade des Kaisers der Gewalt meiner Feinde entrissen bin und euch Treue gelobt habe, und ich würde dieselbe gerne in jeder Beziehung bewahren, wenn ich frei wäre. Jetzt aber, wie ihr selbst wißt, bin ich der Unterthan meines Vaters, und weil er mir dies verbietet und auch seine hier gerade anwesenden Mannen solches nicht dulden würden, so unterlasse ich es, obwohl wider meinen Willen. Ich bin entschlossen, bis zur Ankunft meines Vaters mein Vaterland, nach dessen Besitz ihr trachtet, zu vertheidigen wie ich’s vermag; dann aber will ich alles thun, um ihn der Gnade des Kaisers und eurer Liebe wieder zuzuwenden.“ Als das die Unseren vernommen hatten, kehrten sie zurück und brachten dem Kaiser die Antwort. Unterdeß ging Herzog Bernhard mit seinen Verbündeten, mit Bischöfen und Grafen und einer Schaar heidnischer Liuticier von [281] 1015 Norden her auf Bolizlav los und erschien vor demselben; jedoch war die Oder von allen Seiten befestigt.


12. Der Kaiser aber ging am Tage Aug. 3. der Auffindung des ersten Märtyrers über die Oder, und trieb die widerstrebende Schaar der Polen gar sehr zu Paaren; von den Unseren aber blieb niemand, als der treffliche Jüngling Hodo nebst Ekkerich und noch einem anderen Ritter des Grafen Guncelin. Dieser Hodo war nebst dem Sigifrid, einem Sohne des Markgrafen Hodo, vom Kaiser beschuldigt worden, bisher ein allzu großer Freund Bolizlav’s gewesen zu sein. Darin rechtfertigten sie sich nun an diesen Tage auf eine mannhafte Weise, Hodo aber trennte sich weit von den Seinen und verlor, als er allein den fliehenden Feinden nachsetzte, durch einen Pfeilschuß ins Haupt getroffen, zuerst ein Auge und darnach das Leben. Als aber Misico den Todten erkannte, weinte er sehr; denn er war sein Hüter und Gesellschafter gewesen, und er sandte den Leichnam wohl bestellt unserem Heere zu. Die Anzahl derer aber, die von Seiten des Feindes blieben, war nicht geringer, als sechshundert; sie hinterließen den Unseren eine sehr große Beute.

Dieses Ereigniß hörte Bolizlav bald nachher von Eilboten an dem Orte, wo er gerade lagerte, und obwohl er nun gerne dahin sich begeben hätte, wagte er doch nicht, den anwesenden Feinden einen Zugang zu eröffnen. Wohin nur die Unseren zu Schiffe sich wandten, dahin folgte er mit den Seinen mit verhängtem Zügel. Zuletzt aber zogen die Unseren schnell die Segel auf und fuhren einen ganzen Tag lang so, daß die Feinde mit ihnen nicht gleichen Schritt halten konnten, und so erreichten sie ungefährdet das erwünschte Ufer. Sie zündeten sofort die nächsten Oerter an. Als das der Herzog von ferne sah, floh er, wie gewöhnlich, und gab wider Willen den Unseren Muth und Gelegenheit, Schaden anzurichten. Herzog Bernhard aber, der mit den Seinen dem Kaiser nicht, wie es ihm vorher befohlen war, zu Hülfe hatte kommen können, meldete demselben durch heimlich zugeschickte [282] 1015 Boten zu Fuß die Lage der Sache, und warum er sich in die Nothwendigkeit versetzt gesehen, den Befehl nicht zu erfüllen, und kehrte dann heim, nachdem er die ganze Gegend ringsum verheert hatte. Auch Othelrich, der mit den Baiern zum Kaiser stoßen wollte, entließ dieselben aus vielerlei Gründen. Und obwohl diese also den Kaiser nicht zu Felde begleiteten, so leisteten sie doch treue Dienste in den ihnen benachbarten Landen. Othelrich griff nämlich eine große Stadt, Businc [Bauzen] an, nahm in derselben nicht weniger als tausend Männer, die Weiber und Kinder nicht mitgerechnet, gefangen, und kehrte, sie anzündend, als Sieger heim. Der Markgraf Heinrich von Oesterreich aber setzte, als er erfuhr, Bolizlav’s Krieger hätten in seiner Nähe Beute gemacht, denselben sofort mit den Baiern nach, erlegte von ihnen, die tapfer widerstanden, achthundert, und nahm ihnen alle Beute ab.


13. Indeß verschied der Propst Reding zu Magadaburg am 5. August im Herrn.

Am 19ten desselben Monats starb die ehrwürdige Gräfin Eila und wurde vom Bischof Everhard [von Bamberg] in dem von ihr selbst erbauten Kloster [zu Schweinfurt] dem Grabe übergeben.

Bevor aber dies alles der Kaiser vernahm, hielt er sich in großer Bekümmerniß doch, obwohl sein Heer nur klein war, mit Gewalt in jenen Gegenden, so lange er wollte, und als er dann auf seinem Heimzuge in einen Gau, Namens Diadesisi[17], sich begab, lagerte er leider an einem engen Orte, wo niemand anders, als nur ein Bienenzüchter wohnte, der damals aber auch getödtet ward. Als aber Bolizlav vernahm, der Kaiser werde auf einem anderen Wege, als er gekommen war, sein Land verlassen, befestigte er sein Gebiet an der Oder auf alle Weise. Dann jedoch, als er erfuhr, der Kaiser sei bereits fortgezogen, sandte er eine große Schaar von Fußvolk an den Ort voraus, wo unser Heer lagerte, mit dem Befehle, sie sollten, wenn sich eine Gelegenheit [283] 1015 böte, mindestens einen Theil desselben zu vernichten suchen. Außerdem schickte er einen Abt aus seiner Gegend, Namens Tuni, mit angeblichen Friedensvorschlägen zum Kaiser, der ihn jedoch sofort als Kundschafter erkannte und ihn so lange festhielt, bis beinahe das ganze Heer auf den in der Nacht vorher geschlagenen Brücken den vorliegenden See überschritten hatte. Da erst kam jener, dem Gewande nach ein Mönch, der That nach ein listiger Fuchs und darum bei seinem Herrn beliebt, zu Bolizlav zurück. Der Kaiser aber ging vorauf, indem er dem Erzbischof Gero, dem Markgrafen Gero und dem Pfalzgrafen Burchard die Uebrigen anvertraute, mit der Ermahnung, sie möchten sich mehr als gewöhnlich in Acht nehmen. Und wirklich ward von den nahebei im Walde verborgenen Feinden mit dreimaligem Geschrei ein Lärmen erhoben, und gleich darauf unser Heer, indem die Bogenschützen zwischen durch liefen, von ihnen angegriffen. Dies widerstand denselben tapfer beim ersten und zweiten Anlauf und erlegte viele von ihnen, die umherschweiften. Als jedoch einige von den Unseren flohen, gewannen die Feinde wieder Muth, sammelten sich und trieben, wiederum anstürmend, die Unseren auseinander, und rieben sie, da denselben die Pfeile ausgingen, auf. Dies hinterbrachten dem Kaiser Erzbischof Gero und Graf Burchard, welche, der letztere verwundet, nur mit Mühe entronnen waren. Der junge Liudulf aber wurde mit wenigen gefangen genommen, und die Grafen Gero und Folcmar mit zweihundert der trefflichsten Ritter erschlagen und geplündert[18]. Sept. 1. Möge der allmächtige Gott in seiner Barmherzigkeit der Namen und Seelen dieser Tapferen gedenken, und uns, durch deren Schuld diese damals dem Tode erlagen, um Christi willen vergeben, auch in Gnaden wachen, daß wir so etwas fernerhin nicht wieder dulden!


14. Als der Kaiser diese traurige Botschaft vernahm, wollte er wieder umkehren, um die Leichname der Erschlagenen wegzubringen; [284] 1015 allein durch den Rath Vieler in seinem Vorhaben gehemmt, unterließ er es, obwohl mit Widerstreben, und sandte nur den Bischof Aeid [von Meißen], welcher ihnen mit Erlaubniß des unglückseligen Herzogs ein Begräbniß besorgen und des Markgrafen Gero Leichnam sich erbitten sollte. Der ehrwürdige Vater, der willig dem Kaiser beipflichtete, eilte schleunigst zurück, und als er nun die klägliche Niederlage erblickte, da erzitterte er und weinte und betete auf seinen Knieen für sie. Als die Sieger, die noch immer mit dem Plündern beschäftigt waren, ihn von ferne erblickten, flohen sie zuerst aus Furcht vor den, wie sie meinten, Nachkommenden, dann aber, als er näher herankam, begrüßten sie ihn und gestatteten ihm, ohne alle Kränkung weiter zu gehen. Er erlangte denn auch von dem über unser Verderben gar hoch erfreuten Bolizlav, was er wünschte; worauf er unverzüglich zurückkam, nachdem er die Leichname der Kampfgenossen mit großer Mühe, doch aber von den Feinden unterstützt, bestattet hatte. Die Leichen des Markgrafen und seines Genossen Widred aber ließ er bis nach Mysni [Meißen] zurückfahren. Daselbst nahm sie Markgraf Heriman voll Trauer in Empfang, und geleitete sie mit seinen Brüdern Gunteri und Ekkihard nach Nienburg[19], wo der Erzbischof Gero von Köln und Markgraf Thietmar, sein Bruder, Herimans Stiefvater und des eben erschlagenen Grafen Vater, zu Ehren der heiligen Muttergottes und des heiligen Märtyrers Cyprian unter der Regierung Otto’s II. eine Abtei erbaut hatten. Darauf übergab Erzbischof Gero die beiden Leichname der Erde und tröstete seine Wittwe, Frau Aethelheid, und seinen Sohn Thietmar, so wie seine trauernden Freunde und Vasallen.


15. Indeß gelangte der Kaiser nach der Stadt Strela, und da er wußte, daß ihm Misico auf dem Fuße nachfolgte, so befahl er dem Markgrafen Heriman, zur Vertheidigung der Stadt Misni [Meißen] hinzueilen. Er selbst aber begab sich geradeswegs nach Merseburg. Misico aber, von seinem verruchten Vater also angewiesen, [285] 1015 setzte, so wie er merkte, daß die Unseren getheilt abgezogen waren, ohne eine Bedeckung hinterlassen zu haben, am 13. Septbr. mit sieben Heerschaaren mit Anbruch der Morgenröthe bei Meißen über die Elbe, und befahl einem Theile der Seinigen, das Land ringum zu verheeren, einem anderen, die Stadt zu stürmen. Als das die Wencinicen[20] sahen und daran verzweifelten, sich schützen zu können, stiegen sie empor in die Festung der obengelegenen Stadt, indem sie beinahe alles Ihrige zurückließen. Darüber hoch erfreut, rückten die Feinde in die verlassene Unterstadt ein, und zündeten dieselbe an, nachdem sie alles was sie fanden, hinweggeschleppt hatten; dann aber steckten sie auch die obere Burg an zwei Stellen in Brand und griffen sie unermüdlich an. Graf Heriman aber, welcher sah, daß seine gar wenigen Mitkämpfer bereits ermattet waren, warf sich nieder und flehte den Herrn Christus um seine Liebe und dessen ruhmreichen Märtyrer Donat um seine heilige Verwendung an, und forderte dann die Frauen auf, zur Hülfe herbei zu eilen. Diese kamen an die Brustwehren und trugen den Männern Steine zu, das angelegte Feuer aber löschten sie, weil das Wasser ausgegangen war, mit Meth, und schwächten, Gott sei Dank! des Feindes Wuth und Wagelust. Misico, der das alles von dem danebengelegenen Berge mit ansah, wartete auf die Rückkunft seiner Gefährten. Diese verheerten und verbrannten, wo sich nur Feuer fand, alles bis an die Gana [Jahna][21], und kehrten spät auf müden Pferden zurück. Dort wären sie wohl mit ihrem Herrn die Nacht geblieben, um die Stadt am anderen Tage zu berennen, hätten sie die Elbe nicht steigen sehen. Deshalb zog das Heer, obwohl außerordentlich ermattet, mit einer unerwarteten Sicherheit wieder zurück, und blieb unverhofft wohlbehalten, und erleichterte durch dies Glück das geängstete Herz seines Führers. Der Kaiser aber sandte, als er das vernahm, so viel Krieger er zusammenbringen [286] 1015 konnte, eiligst hin, seinem Markgrafen zu Hülfe und befahl bald nachher die Unterstadt wieder herzustellen. Zur Ausführung und Beschützung dieses Baues kamen Erzbischof Gero und Bischof Arnulf am 8. Octbr. mit vielen Grafen und Anderen zusammen. Unter diesen befand auch ich mich, einer der Geringsten unter Allen. In vierzehn Tagen vollendeten wir das Werk, worauf wir fortzogen, indem wir dem Grafen Fritherich [von Eilenburg] die Stadt auf vier Wochen übergaben.


16. Erzbischof Gero, und ich, sein Begleiter, kamen nach einer Burg Namens Mucherini[22]. Daselbst erinnerte ich ihn an seine freundschaftlichen Versprechungen und empfing von ihm mit seinem Krummstabe, den ich noch heute besitze, die Pfarrherrlichkeit über folgende vier Burgen: Scudici, Cotuh, Bichini und Burcin. In Betreff der übrigen fünf, nämlich Ilburg, Pauc, Dibni, Liubanizi und Geserisca, verschob er die Verleihung und sagte, er wolle das auf die Zukunft versparen[23]. Dies geschah Oct. 25. am 25. Octbr. in Gegenwart folgender Zeugen: des Heribald, des Hepo, des Ibo, des Christin und des Sebert. Noch am selbigen Tage kamen wir in der Burg Curbici [Zörbig][24] an, wo ich den versammelten Rittern des Erzbischofs das Geschehene kund that, als einen Beweis, wie gnädig ihr Herr an mir gehandelt habe. Daselbst erfuhren wir die Krankheit der ehrwürdigen Fritheruna, in deren Herberge wir damals verweilten. Sie starb leider am folgenden Tage, nämlich am 27. Octbr. Oct. 27. Von da begab sich der Erzbischof nach Magadaburg, wo er das Fest aller Heiligen Nov. 1. feierte, und ich in Wallibici [Walbeck].


17. Indeß ward Hardwig, nur dem Namen nach König, nachdem er die Stadt Vercelli, die er nach Vertreibung des Bischofs Leo lange ungerechter Weise besessen, verloren hatte, krank, [287] und ließ sich den Bart scheeren und ward Mönch[25]. 1015 Er starb am 30. Octbr. und ward im Kloster begraben. Der Kaiser aber besuchte die Westlande und brachte daselbst, was zu bessern war, in Ordnung.


18. Darnach begann der treffliche Bischof Eid, nachdem er eben mit großen Geschenken aus Polen zurückgekehrt war, zu kränkeln, und gab am 20. Decbr.Dec. 20. in der Stadt Libzi [Leipzig] Christo die gläubige Seele zurück. Bald war auch Bischof Hilliward von Zeiz da, den man zur Besorgung des Begräbnisses berufen hatte. Er bemerkte, als er in das Haus trat, worin der heilige Mann verschieden war, daß dasselbe von den angenehmsten Düften erfüllt war. Er geleitete die Leiche nach Meißen. Dort bestattete er sie vor dem Altar mit Hülfe des Grafen Willehelm [von Weimar], an dem die Reihe war, die Stadt zu bewachen.

Da ich aber oben versprochen habe, von Eid’s Leben weiterhin reden zu wollen, so will ich von diesem großen Gegenstande eine verhältnißmäßig geringe Schilderung geben. Er war edel von Geburt, reich an Gütern, achtete jedoch in seinem schlichten, einfältigen Sinne dieses alles für nichts. Vor seiner Bischofsweihe lebte er zu Magadaburg mit den andern geistlichen Brüdern der Regel gemäß und gar preiswürdig, und als er darnach in der Erlangung frommer Heerden als Seelenhirte höher stieg, ahmte er aus allen Kräften das Leben der Apostel nach. Niemals trug er ein Hemd oder eine Hose, als nur, wenn er Messe las; welches letztere er deswegen häufig aussetzte, weil er sich dazu für unwürdig hielt. Wie er der Rauhigkeit des Winters sich immer aussetzte, bewunderte man oft. Häufig konnte man ihn, an dessen Wiederbelebung die Seinen fast verzweifelten, in der Badstube kaum wieder zu sich bringen. Auch mit Fasten setzte er seinem Körper sehr stark zu, und man sah ihn häufiger barfuß gehen, als reiten. So oft er, wenn er mit seinen Gefährten weit umher [288] 1015 schweifte, wahrnahm, daß ihnen die Lebensmittel ausgegangen waren, oder daß sonst ein Unfall drohte, so sagte er Gott ein Dankgebet her und ließ alle dasselbe thun. Durch unermüdliches Taufen, Predigen und Firmen war er nicht nur für seine Kirche, sondern auch für sehr viele andere thätig. Indem er sich fast dasjenige sogar entzog, wovon er selbst mit den Seinen leben sollte, erwarb er seiner Kirche beinahe zweihundert Hufen Landes. Salböl und Geistliche weihte er selten, aber Gotteshäuser gern und zwar häufig ohne Messe. Seine Augen wurden wegen eines beständigen starken Thränengusses schon dunkel. Uns, seinen Altersgenossen, mißfiel ob unserer Missethat seine Art zu sein und ihm die unsere. Ueber drei und zwanzig Jahre verlebte er in unsäglicher Arbeit; sein Ende sagte er vorher und bat wiederholt, nie in Meißen begraben zu werden. Denn aus Furcht vor einer künftigen Zerstörung dieser Stadt hatte er beständig den Wunsch im Herzen, daß er an einem Orte Namens Colidici[26], wo der Leib eines großen Blutzeugen Christi ruht, sein Grab zu finden würdig befunden werden möchte. Allein Graf Heriman ließ ihn, in der Hoffnung, daß der ihm von Gott bereitete Ort durch seine Fürbitte werde gefördert werden, dort, wie gesagt, begraben.


Dec. 24. 19. Am Weihnachtsabend starb Erzbischof Meingaud von Trier in seiner Stadt Cophelenci [Koblenz] nach einer Wirksamkeit von acht Jahren und sieben Monaten, und seine Leiche ward von da nach seinem eigenen Sitze gebracht und mit Ehren zu seinen Vorgängern beigesetzt.

Der Kaiser ward auf diese Nachrichten über den Verlust so großer Kirchenväter voll Trauer und berieth sich mit seinen Vertrauten, wie er die leeren Stellen wieder ausfüllen möchte. Die Geburt des Herrn beging er dann festlich zu Pathebrunnun [Paderborn]. Darnach setzte er Poppo, einen Sohn des Markgrafen Liupold und damaligen Propst der Kirche zu Bavenberge [Bamberg], über die Diöcese Trier, und da derselbe auf Befehl des [289] 1016 Kaisers und mit Genehmigung des Bischofs von Verdun, der der erste der Amtsbrüder war, welche der Reihenfolge nach in Frage kamen, von Erkanbald, dem Erzbischofe von Mainz geweiht werden sollte, so ward dies vom Bischofe Thiedrich von Metz vergeblich untersagt. Dieser wies nämlich in unablässiger Beschwerdeführung und demüthiger Bitte darauf hin, daß diese Ordination mit größerem Rechte ihm zukomme. Indeß, der Kaiser hörte nicht auf ihn, wie er Urkunden vorwies, auch nicht als er bei Strafe des Bannes die heilige Handlung verbot, sondern befahl, die Salbung zu vollziehen. In diesen Tagen wurde an Bischof Eid’s Stelle Eilward, des Markgrafen Thietmar Caplan, auf Anrathen seines Collegen Heriman vom Kaiser eingesetzt und am Sonntage vor dem Palmenfest März 18. in Merseburg vom Erzbischofe Gero unter unserer Beihülfe eingesegnet.


20. Das nächste Palmenfest beging der Kaiser bei dem März 25 ehrwürdigen Bischofe Heinrich zu Würzburg, und kam am Mittwoch nach Bavanberg, wo er den Gründonnerstag, den Charfreitag und das dreitägige Osterfest des Herrn in Ehren feierte. Und weil der König Rothulf von Burgund, sein Oheim, dorthin nicht, wie er eingeladen war, gehen konnte, so bat er, daß sein geliebter Neffe ihm entgegen kommen möchte. So fand in der Stadt Straßburg ihr Zusammentreffen Statt, und ihre beiderseitigen Begleiter erfreuten sich reicher Liebesbeweise von Seiten beider Herrscher. Dort war auch die erlauchte Gemahlin König Rothulfs, die eine Beförderin dieses Freundschaftsbundes, ihre beiden Söhne, ihres gegenwärtigen Eheherrn Stiefsöhne, dem Kaiser anempfahl. Der Kaiserm gab nun diese seinen geliebten Vasallen alles das zu Lehen, was ihm damals von seinem Oheim bewilligt war, und was bis dahin Graf Willehelm von Poitiers durch die königliche Gnade besessen hatte. Der Kaiser wollte nämlich in weiser Absicht vermittelst derselben sich dasjenige fester unterordnen, was ihm bereits früher der König eidlich im Falle seines Absterbens versprochen hatte. Denn er hatte von seinem Oheim die ganze [290] 1016 Mannschaft des burgundischen Landes zur Huldigung überwiesen erhalten[27], und die feste Zusicherung, daß wichtige Maßregeln ohne seinen Rath nicht genommen werden sollten. Das Bisthum in diesem Lande gab er einem Manne von Adel, der jedoch nachher kaum mit heiler Haut davon kam. Graf Willehelm [von Poitiers] nämlich, ein gar mächtiger Mann in dieser Gegend, ließ, als er das alles erfuhr, den Bischof verfolgen und den zuletzt ganz allein fliehenden mit Hunden aufspüren. Als der schon ganz ermattete Bischof diese bellen hörte, bezeichnete er – das war das einzige Schutzmittel, das er noch hatte – seine Fußtapfen hinter sich mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und lag dann wie todt da und war eine preisgegebene Beute; aber siehe da! die reißenden Hunde kehrten, so bald sie von fern die bekreuzigten Stellen rochen, wie von einem gewaltigen Wirbelwinde zurückgetrieben um, und so kam jener wahre Diener Gottes auf verborgenen Waldpfaden auf befreundetes Gebiet. Der Kaiser aber spendete dem Könige und seiner Gemahlin und allen ihren Großen eine unermeßliche Menge Geldes und entließ sie in ihre Heimat, nachdem die alte Uebertragung wieder bestätigt war, worauf er selbst mit dem versammelten Heere nach Basula [Basel] hin aufbrach. Als er aber hörte, daß dort Graf Willehelm ihm in befestigten Städten widerstand und ihn am Einzuge verhindern wollte, so zog er, der geringen Anzahl seiner Truppen mißtrauend, von allen Seiten befreundete Schaaren an sich, und verheerte die sich des Aufstandes erfrechenden Landschaften, indem er weithin alles in Flammen aufgehen ließ, ohne jedoch selbst in Gefahr zu kommen. Da er aber für gewiß wußte, daß er von jenen festen Städten keine werde erobern können, so kehrte er voll Unmuths heim; denn er hatte weder hier, noch in den Ostlanden seinen Feinden einen nachhaltig wirkenden Schaden zugefügt.


21. Währenddeß sorgte die Kaiserin, in unseren Landschaften [291] weilend, mit unseren Fürsten für die Vertheidigung des 1015 Vaterlandes. Unser Feind Bolizlav aber that derweilen unserem Reiche keinen Schaden, sondern er befestigte nur das seine, und ward, als er den Ausgang der kaiserlichen Unternehmung erfuhr, gar fröhlich und sehr übermüthig. Und manche, denen die Verhältnisse bekannt waren, behaupteten zuversichtlich, daß der Kaiser damals, wenn er mit ganzer Heeresmacht vor ihm erschienen wäre, vermittelst der Furcht alles, was von unseren Landen unter der Herrschaft des Bolizlav stand, hätte wieder gewinnen und ihn ohne weitere Einräumung, als nur des Friedens, zur Unterthänigkeit bereit und willig finden können. Allein der König von Burgund, ein unzuverlässiger weibischer Mann, wollte die Verleihung der Güter, die er seinem Neffen versprochen hatte, wieder hintertreiben, und zwar auf den Antrieb derer, welche wie jenes unglückliche Kalb, wenn der Zügel der Gerechtigkeit nachgelassen ist, Lust hatten, frei in die Weite zu laufen[28]. Als aber der König dann wieder bei seinem Vorhaben bleiben wollte, vermochte er es doch nicht auf die Dauer ihrem boshaften Drängen gegenüber. Denn es giebt, wie ich höre, keinen König, der so regierte, wie dieser; er hat nichts, als den Titel und die Krone; die Bisthümer giebt er denen, welche seine Großen erwählen; zu seinem eigenen Bedarf hat er nur so geringe Einkünfte, daß er auf Kosten der Bischöfe lebt, denen er jedoch, so wenig wie andern, wenn sie irgendwie von außen bedrängt werden, beistehen kann. Daher gehorchen diese mit gebundenen Händen jeglichem Großen ebenso wie dem Könige, und leben nur so in Frieden. Darum nur regiert sie ein solcher Herrscher, daß die Wuth der Bösewichter desto freier ihr vernichtendes Spiel treibe, und daß nicht eine neue Verfassung von einem anderen Könige ausgehe, welche die eingewurzelte Gewohnheit gewaltsam aufhebe. Graf Willehelm, der ebenerwähnte, ist dem Namen nach des Königs Vasall, der That nach aber Herr im Lande. Auch heißt dort niemand Graf, als wer den Rang eines Herzogs hat, und damit seine Macht in diesem Reiche nicht [292] irgendwie vermindert werde, so kämpft man, wie gesagt, gegen die kaiserliche Oberheit mit Worten und Werken an.


1014 22. Den Sommer vorher berief Bernhari, der fromme Vater und Bischof der heiligen Kirche zu Verden, als er sah, daß sein Leben sich dem Abgange zuneige, alle seine Schuldner freundlich zu sich, und erinnerte sie daran, daß sie an Gott und der ihm anvertrauten Kirche sich menschlicherweise vergangen hätten, und denen, die dann ihre Fehler eingestanden, verzieh er sämmtlich voll Erbarmens. Alle aber, welche erklärten, sie seien sich gegen ihn keiner Schuld bewußt, überführte er also: „Ich bitte euch, meine Söhne, handelt nicht also! Ich trachte nicht darnach, daß ihr etwa von mir oder meinem Nachfolger hintergangen werden sollt, sondern ich wünsche allein, daß ihr von allem solchen frei kommt, und daß ich in aufrichtigem Frieden von euch mich trennen kann.“ Bernhari vergrößerte das Vermögen seiner Kirche um dreihundert rechtmäßig erworbene Hufen Landes; er liebte seinen Kaiser und alle gläubigen Christen von Herzen, besonders innig aber umfaßte er die ihm Untergebenen, nach dem Vorbilde des höchsten Hirten. Der ehrwürdige Mann wirkte vier und zwanzig Jahre als Bischof, und begann den Bau eines steinernen Thurmes, wie sie dort zu Lande selten sind, neben der Kirche zu Verden; da ward jener Leuchtstern am 25. Juli Jul. 25. unsern Blicken entrückt. Als das der Kaiser erfuhr, beweinte er den Tod eines solchen Greises wie ein Sohn das Abscheiden seines Vaters. An seine Stelle setzte er am 24. Aug. Aug. 24. den lange widerstrebenden Vidzier, der vormals Propst der Kirche zu Köln, damals aber vom Erzbischof Heribert abgesetzt war; und sandte ihn, nachdem er vom Erzbischofe Erkanbald [von Mainz] geweiht war, mit großen Ehren nach seinem eigenen Sitze zurück.

1015 Auch ist zu bemerken und nicht ohne einen schweren Seufzer zu berichten, daß das Kloster zu Miminlevo [Memleben] von der lange wohlbehaltenen Freiheit zur Knechtschaft gebracht ward. Denn der Abt dieses Klosters, Reinhold, wurde abgesetzt, die dortigen [293] Brüder weithin verstreut und das Kloster der Kirche und dem Abt zu Heresfeld untergeben. 1015


23. In einem Kreise des Schwabenlandes, im Amtsbezirk des Grafen Becilin, ereignete sich etwas wunderbares und gar schreckliches. Eine verheirathete Frau starb eines plötzlichen Todes. Ihre Leiche ward, nachdem sie gewaschen und ordentlich besorgt war, von dem Trauergefolge in die Kirche gebracht. Plötzlich aber richtete sie sich von der Bahre empor, alle Anwesenden flohen hinweg; da rief sie ihren Mann und ihre übrigen Verwandten herbei und trug ihnen noch ein besonderes Anliegen auf, und tröstete sie mit sanften Worten; darnach aber entschlief sie wieder in Frieden. Wohl ist, was ich erzähle, wunderbar, allein ich erkenne dergleichen eben für Werke unseres wunderbaren Gottes, und damit man nicht Mißtrauen hege gegen die Wahrheit dieser Erzählung, so will ich ein untadelhaftes Zeugniß dafür vorbringen. Der obengenannte Graf Becilin hat es dem Kaiser für gewiß erzählt, und dieser hat es mir in Gegenwart vieler geistlicher Mitbrüder mitgetheilt. Allerdings ereignet es sich oft, daß der listige böse Feind dem Menschen unter der Gestalt Verstorbener erscheint, da er ihn auf gar mannigfache Art zu berücken versucht, und alle Thoren meinen, daß es auch mit diesem Vorfalle sich so verhalte. Aber wahrlich, ich erkläre hiemit allen Gläubigen, daß, nachdem die Seele ihrem Schöpfer wieder anheimgegeben und am Körper die Pflicht der Bestattung nach Christensitte sorgsam vollzogen ist, dieser entseelte Leib vor der Auferstehung alles Fleisches, die ohne allen Zweifel in Erfüllung gehen wird, durchaus nicht wieder aufersteht, wenn es nicht um der Verdienste des Verstorbenen willen auf eine Zeitlang geschieht; was allein dann eintritt, wenn der Verstorbene in der Welt durch seinen glorreichen irdischen Wandel sich ausgezeichnet hat. So, vermuthe ich, hat nun auch dieses Weib bei Gott viel gegolten, so daß ihr, nachdem sie bereits den Tod geschmeckt hatte, gestattet ward, eine billige Sehnsucht noch zu erfüllen, und dann ohne Schmerzen wieder in den Schlaf des Friedens zu versinken. [294] 1015 Selig ist der, der ein gutes Werk durch ununterbrochene Beschleunigung zu Ende führt, und nicht durch langwieriges Verzögern Unterbrechungen verursacht. Der aber wird auf der andern Seite der Zahl der Elenden beigesellt werden, der entweder die Werke ganz mißachtet oder sie mit Absicht verschiebt, damit sie gar nicht vollendet werden. In beiden Beziehungen habe ich mich oft mit Schuld beladen. Dafür zum Belege will ich nur zwei Vorfälle anführen, derentwegen ich mich schwer anklage.


24. Nachdem die Verordnung auf der Synode zu Throtmanni [Dortmund] gegeben war,[29] ward Richari, ein Priester der Magadaburger Kirche und mein geistlicher Bruder, krank, und ich konnte ihn nicht besuchen, da ich nicht da war. Als ich aber den Tag vor seinem Ende dahin kam, ging ich doch nicht zu ihm, sondern verschob dieses auf den nächsten Tag, und so starb er, ohne diese Liebesbezeugung von mir erhalten zu haben. Seine Leiche wurde von unseren Mitbrüdern nach der Kirche hingetragen und, weil ich das Nachtwachen nicht ertragen konnte, von meinem Vicar bewacht. Darum aber erschien mir Richari nicht lange nach seiner Beerdigung im Traume, und sprach: „Warum hast du mich nicht besucht? warum das Psalterinm nicht gesungen? warum die zu Dortmund gestiftete Seelenfeier nicht begangen?“ Als er darauf meine Entschuldigung vernommen hatte, sagte er: „Du hast unrechtermaßen dies unterlassen.“ Darnach fragte ich ihn, wie es ihm ginge, worauf er antwortete: „Wie ich an Einem Sonnabende entschlafen bin, so bin ich auch an einem andern Sonnabende zu den Freuden süßer Ruhe hinübergegangen.“ Und als ich mich bei ihm erkundigte, wie meines Vaters und meiner Mutter Angelegenheiten stünden, erwiederte er: „Gut“, und setzte hinzu: „Deine Mutter läßt dir durch mich anzeigen, daß du an einem Montage oder Donnerstage wieder mit ihr vereinigt werdest.“ Darüber aufseufzend erwachte ich, da ich gewiß wußte, daß eine allgemeine Belehrung der Gerechten in Bezug auf die Zukunft etwas unverwerfliches [295] und heilsames ist, 1015 wenn man sie sorgsam befolgt, wo nicht, sehr gefährlich. Und obwohl ich hiemit niemand anders anklagen will, als nur mich selbst, so besorge ich doch, daß die große Mehrzahl der Menschen sowohl in dem eben berichteten ersten, als auch in dem sogleich zu schildernden zweiten Falle ihre Pflicht verabsäumt. Jemehr wir aber die Befehle und Weisungen unserer Vorgesetzten vernachlässigen, desto schuldiger sind wir, wenn dieselben uns zur Rechenschaft ziehen.


25. Außerdem bin ich eines andern Vergehens anzuklagen, welches ich von Herzen bereue. Ich besuchte Reding, den Dompropst zu Magadaburg, in der Fastenzeit, die seinem Ende vorherging. Er bewirthete mich auf das liebreichste, und bat mich bei der Gelegenheit um eine geheime Unterredung, in der er, indem ihm die Thränen hervorbrachen, also zu sprechen begann: „Ich befürchte sehr, eines plötzlichen Todes zu sterben; ich will dir die Vorzeichen, die bereits vorangegangen sind, mittheilen. In Arneburg[30] einmal und hier zweimal wurde mir plötzlich so zu Muthe, daß ich weder sehen, noch hören konnte, jedoch überstand ich diese Zufälle noch mit Christi schleuniger Hülfe. Seit der Zeit bin ich nun sehr besorgt gewesen und habe denen meiner geistlichen Mitbrüder, die wie ich hoffe, dazu geeignet waren, die Wunde meiner Ungerechtigkeit aufgedeckt, dich aber, den ich als meinen treuen Freund fortwährend erkannt habe, rufe ich jetzt inständigst zum Zeugen meines Sündenbekenntnisses an, denn ich glaube, ich werde nicht lange mehr leben.“ Diese Bitte vernahm ich voll Hingebung und versprach ihr in jeder Hinsicht zu genügen. Nachher mahnte er mich wieder daran, erlangte aber, weil damals die Zeit nicht paßte, die Erfüllung seines lobenswerthen Wunsches von mir nicht. Obwohl ich eines Bekehrten offne Herzenswunden wegen des unaufhörlichen Gestankes meines eigenen sündigen Gewissens nicht gerne ansehe und sie zu heilen verzweifele, so hätte ich doch dieses meines lieben Mitbruders Last mit Freuden auf mich genommen, [296] 1015 wenn sich uns eine passende Gelegenheit dazu geboten hätte.

Apr. 8. An dem nächstfolgenden Charfreitage ward Rotman, ein Priester und Propst des Erzbischofs Gero von Magadaburg, in der Nacht plötzlich vom Tode überfallen und leblos im Bette gefunden. Dies kam nun Allen, die es hörten, wunderbar und gar erschrecklich vor, allein er hatte, Gott sei Dank, den Tag vorher das Almosen bei der Messe vertheilt und nicht ohne viele Thränen mit Anderen gemeinsam gebeichtet.

Apr. 10. Am Ostersonntage kam ich dorthin und beging dies hohe Fest bei meinem Erzbischofe feierlichst. Damals theilte der dortige Propst Reding, ein bedächtiger und sehr vorsorglicher Mann, sein Vermögen unter seinen Bruder und seine geliebte Schwester, mit den Worten: „Nehmet dieses hin, damit ihr, wenn ihr mich bald dem Körper nach verlieren solltet, an dieser Liebesgabe meine Treue zu euch erkennen möget.“

Jun. 24. Am Tage St. Johannis des Täufers war ich bei meinem Bruder, dem Abte Sigifrid [von St. Johannis bei Magdeburg], und, indem ich dort dem ofterwähnten Propst Reding zum letzten Male Lebewohl sagte, erbot ich mich ihm leider gar nicht zur Ertheilung der Absolution, bemerkte auch nicht, daß er noch meine Dienste verlangte; als ich aber nun, wie gesagt, erfuhr, daß er gestorben war, da beseufzte ich zu spät, was ich früher zu beachten versäumt hatte. Er stand seinen Mitbrüdern drei Jahre und sechs Wochen vor. Er war ein frommer, weiser und sehr treuer Mann. Er ward im südlichen Säulengange am Kloster begraben.[31] Ihm folgte im nächsten Jahre der ehrwürdige Vater Geddo, einst Meister der Schule, damals aber Hüter der Kirche, am Feste St. Peters und Pauls. Am Abende vor diesem Feste Jun. 29. starb der Einsiedler Esico, welcher aus Liebe zu Christus viele Orte besucht hatte.

Der Eifer für das Haus des Herrn, für die Kirche, welche in Christo unsere geistliche Mutter ist, ergreift mich, wenn gleich [297] selten, doch mitunter mit verzehrendem Feuer, und dieser hat mich getrieben, das eben Gesagte meinem vorliegenden Werke einzuverleiben.


26. Gar oft habe ich gehört, die Angeln, die ihren Namen entweder von ihrem den Engeln gleichenden schönen Antlitze hätten, oder daher, weil sie in einem Winkel (angulus) jenes Landes wohnen,[32] hätten von Svein, dem Sohne Haralds, dem wilden Könige der Dänen, unsägliches Elend ausgestanden, und seien so weit gebracht worden, daß sie, die vorher des Apostelfürsten Petrus Zinsleute und ihres heiligen Vaters Gregorius geistliche Söhne waren, jenen unreinen Hunden[33] einen ihnen alljährlich auferlegten Tribut zahlen mußten, und den größten Theil ihres Landes, dessen Bewohner fast alle gefangen oder getödtet waren, wider ihren Willen dem Feinde überließen, um es nach Willkür zu bewohnen. Weil aber Gott dies geschehen ließ, und um die Schuld mancher Gläubigen zu strafen, die erwähnten Feinde dazu antrieb, darum wüthete so sehr jener Verfolger, der sogar der Seinen nie zu schonen lernte. Denn als dieser, nicht Beherrscher, sondern Vertilger seines Volks, der nach seines Vaters Tode von den sich erhebenden Northmannen gefangen und von seinen Unterthanen vermittelst eines großen Lösegeldes wieder frei gemacht war, erfuhr, daß der schlechteste Theil seines Volkes, sich heimlich zuflüsternd, ihn deshalb einen Knecht nannte, so dachte er voll Leidenschaftlichkeit darauf, für dieses Vergehen, daß er auf eine fördersame Weise an Wenigen hätte strafen können, an dem gesammten Reiche, und folglich, wenn er’s nur hätte bedenken wollen, zu seinem eigenen Schaden Rache zu nehmen. Indem er nämlich auswärtigen Feinden seine Herrschaft preisgab, vertauschte er sichere Ruhe mit unstätem Umherschweifen, Frieden mit Krieg, sein Reich mit der Fremde, den Gott des Himmels und der Erde mit dem Teufel, und indem er alles bewohnte Land in seinem Reiche verheerte, rühmte er sich wiederholt in gräßlichem Hohne: Er sei kein erkaufter [298] und wohlgeneigter Regent, sondern ein aus eigener Willkür weit und breit schaltender und waltender Feind der Seinen. Dieser Tyrann nun weilte, sich selbst und seinen Mitmenschen zu großer Bedrängniß, ein Gottloser unter Gottseligen, gar lange Zeit hienieden, und ward nach dem Rathschlusse des Herrn, nachdem er so Vielen den Tod gebracht, erst spät vom Tode überwältigt.[34] Er ward – seine Gefährten entflohen bald nachher – dort bestattet. Als dies Aethelrad, der König der Angeln, der lange Zeit von ihm vertrieben in der Fremde gelebt hatte, mit Bestimmtheit erfuhr, sah er hocherfreut sein Vaterland wieder, und indem er alle seine Krieger versammelte, wollte er den Leichnam seines Feindes vernichten. Damit aber das nicht geschähe, so hob eine Matrone, die vorher durch Svein’s Verwandte darum angegangen war, obwohl selbst eine Eingeborne, das bewahrte Pfand auf und leitete es zu Schiffe hin nach den heimischen Bärengestirnen; d. h. nach der nördlichen Himmelsgegend, welche diesen Namen von zwei Arcturen, d. h. Bären, dem größeren und dem kleineren, empfangen hat, die, wie die Sternkundigen versichern, von einem Drachen umgeben und getrennt werden.


27. Ein Theil jenes Landes ist in dem Verhältnisse kalt, wie es von der Sonnenhitze entfernt liegt, und auch der Sinn der Eingebornen ist gegenseitiger Zärtlichkeit untheilhaftig. Es wohnen dort die Scythen, welche ihre Häuser mit sich herumführen und Wild und Pferdemilch genießen.

In diesen Landen ist ein König, Namens Gutring, der, im Kloster zu Verden vom dortigen Bischof Erpo als Geistlicher erzogen, unwürdig zum Grade eines Diaconen gelangte. Als jedoch der ebengenannte Bischof gestorben war, entfloh er aus dem Kloster und änderte Stand und Namen, er, ein zweiter Julian, und nun wird er, (denn nur mit den Lippen hatte er Christum bekannt), in gar vielen Stücken als ein ganz fremder erkannt. Er war, so wie ihn die Seinigen wieder erkannt hatten, sogleich angenommen [299] und auf den väterlichen Thron erhoben worden. Was aber Gott mißfällt, das billige doch niemand, das ahme doch niemand nach; ein Jeglicher verachte den gegenwärtigen Vortheil in Besorgniß vor der Zukunft. Jener König nämlich, der ein Knecht ist der Sünde, ein Sohn des Todes, der ist nicht ein wahrer Herrscher, wie er meint, sondern ein Lastträger, von täglicher Bürde beschwert; auf den paßt der göttliche Ausruf des Esaias: „Ich habe Kinder auferzogen und erhöhet, und sie sind von mir abgefallen.“ [Jes. 1, 2.] So möge denn die ganze Christenheit beten um die Bekehrung und hinreichende Genugthuung und Buße und Beständigkeit dieses Unglücklichen und seiner Genossen und möge den Herrn anflehen, daß sie dergleichen an ihren Gliedern nicht wieder erdulde. Und obwohl ich das zunächst von jenem allein gesagt habe, so giebt es doch leider auch Andere, die demselben Urtheile verfallen sind, nicht achtend auf Pauli Wort: „Denn es wäre ihnen besser, daß sie den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt hätten, denn daß sie ihn erkennen und sich kehren von dem heiligen Gebote, das ihnen gegeben ist.“[35]


28. Weil aber niemand im Stande ist, die mannichfaltigen wunderbaren Erscheinungen zu begreifen, welche in jenen Nordlanden die Natur in außerordentlicher Menge hervorbringt, und die grausamen Blutthaten jenes Volks, so will ich davon schweigen und nur noch von dem jungen Otterngezüchte, ich meine von den Söhnen Sven’s des Verfolgers, einiges sagen. Diese gebar ihm die Tochter des Herzogs Misico [von Polen], die Schwester Bolizlav’s, des Sohnes und Nachfolgers Misico’s. Sie lebte lange von ihrem Gemahle verstoßen, und erlitt nicht geringe Anfeindungen von den Uebrigen. Ihre Söhne nun schlugen dem Vater in jeder Beziehung gar sehr nach. Sie empfingen die Leiche ihres geliebten Vaters, als sie ihnen gebracht wurde, mit großem Leidwesen und bestatteten sie sofort, dann aber rüsteten sie Schiffe aus, und dachten daran, für alle die Schmach Rache zu nehmen, welche die Angeln [300] ihrem Vater anzuthun beabsichtigt hatten. Die Frevelthaten, die sie in großer Menge verübten, übergehe ich, weil ich sie nicht kenne; nur das will ich in kurzem mittheilen, was mir jemand als wahrhaft erkundet berichtet hat. Aethelred, König der Angeln, starb 1016 im Jahre 1016 der Fleischwerdung des Herrn, und im Monat Julius desselben Jahres landeten die erwähnten Brüder Harald und Cnut mit ihrem Feldherrn Thurgut und dreihundert und funfzig Schiffen, und belagerten eine Stadt, Lunduna [London], wo die Königin, den Tod ihres Gemahls und Beschützers betrauernd, mit ihren Söhnen Ethelsten und Ethmund und zwei Bischöfen und den übrigen Großen ihres Reiches der Regierung vorstand. Sie belagerten aber und bestürmten die Stadt sechs Monate lang, indem sie auf einem Flusse, der Timisi [Themse] genannt wird, die Schiffe, deren jedes achtzig Mann enthielt, heranführten. Da endlich schickte die des unablässigen Krieges müde Königin Boten, welche um Frieden anhalten und dringend anfragen mußten, was sie von ihr verlangten. – Darauf ward ihr denn von den unersättlichen Feinden geantwortet, wenn die Königin ihre Söhne zum Tode ausliefern und sich selbst mit funfzehntausend, die Bischöfe aber mit zwölftausend Pfund Silbers und mit allen Harnischen, die sie besaß (und ihre Anzahl belief sich auf die fast unglaubliche Zahl von vier und zwanzig Tausend) lösen und zur Bekräftigung dessen dreihundert auserlesene Geiseln stellen wolle, so könne sie für sich und ihre Genossen Frieden und Rettung des Lebens erlangen; wo nicht, so würden sie, riefen alle dreimal aus, allesammt durchs Schwert umkommen. Die ehrwürdige Königin nun, die von dieser Botschaft sammt den Ihrigen gar sehr erschüttert ward, gelobte es nach langer, mit bewegtem Gemüthe angestellter Erwägung und bestätigte es durch ihre erwähnten Ritter. Indeß entkamen in der Stille der Nacht die beiden Brüder in einem Bote der ihnen bestimmten Gefahr, und sammelten nun zur Vertheidigung des Vaterlandes und zur Errettung ihrer Mutter, ohne daß der Feind noch etwas davon wußte, so viel Krieger, wie sie nur vermochten. Als aber eines Tages Thurgut, der Führer der Seeräuber, um das benachbarte [301] Gebiet zu verheeren, mit den Seinen ans Land gestiegen 1016 war, traf er plötzlich auf die Brüder und eine feindliche Schaar. Und wie er nun diese erblickte, ermunterte er die Seinen und griff sie mannhaft an. Auf beiden Seiten fielen dann nebst einer großen Menge der anderen Krieger die Führer Ethmund und Thurgut. Und weder die Einen noch die Anderen erlangten den gehofften Sieg, sondern mit Wunden bedeckt zogen sie freiwillig ab, nur das beklagend, daß dies der Zufall so gestaltet habe. Uns aber verbietet die Schrift, zu glauben, daß es ein Schicksal oder einen Zufall gebe. Die Dänen suchten dann, obwohl sehr geschwächt, die befreundeten Schiffe auf, und da sie sahen, daß von dem am Leben gebliebenen Aethelsten und den Britten, welche herbei kamen, der bedrängten Stadt Hülfe gebracht wurde, so verstümmelten sie die Geiseln und entflohen. Möge doch Gott, der Hort derer, die auf ihn hoffen, sie vernichten und vertilgen, daß sie nie wieder in ihrer Weise diesen oder anderen Gläubigen schaden können! Ueber die Errettung der Stadt laßt uns uns freuen, ob des Uebrigen aber trauern.


29. Auch habe ich von Sewald, dem obenerwähnten Manne, die Kunde eines bejammernswerthen und denkwürdigen Begebnisses erhalten. Die ungläubigen Northmanen hatten unter Anführung des Thurkil den trefflichen Erzbischof von Cantuara [Canterbury], Dunsten,[36] sammt den Seinigen gefangen genommen, und quälten diese Männer nun nach ihrer verabscheuungswürdigen Sitte durch Fesseln, Hunger und unsägliche Plagen. Da versprach ihnen Dunsten, von menschlicher Schwachheit überwältigt, Geld und setzte zur Erlangung desselben eine Frist an, um, wenn er während derselben nicht ein annehmliches Lösegeld zusammenbringen und so dem drohenden Tode entrinnen könne, sich währenddeß durch häufige Klagen und Büßungen zu reinigen, auf daß er dem Herrn, seinem Gott, als lebendiges Opfer dargebracht würde. Und als nun die [302] 1016 ganze anberaumte Zeit verstrichen war, da rief die gierig verschlingende Charybdis jener diebischen Elstern den Diener Gottes auf und forderte drohend von ihm, den ihnen versprochenen Tribut zu zahlen. Jener aber sprach, sanft wie ein Lamm: „Ich bin zu allem bereit, was ihr jetzt an mir zu thun beabsichtigt, und Christi Liebe hat mich in den Stand gesetzt, daß ich ohne Beben und Wanken nunmehr bereit bin zur Erwerbung des Verdienstes, seinen Dienern ein Beispiel zu geben. Daß ich euch als Lügner erscheine, daran ist nicht mein Wille, sondern die harte Nothwendigkeit Schuld. Diesen meinen Leib, den ich in diesem irdischen Elende über die Maßen geliebt habe, den opfere ich euch, schuldvoll wie er ist, und ich erkenne, daß es in eurer Macht steht, damit zu thun, was euch beliebt; meine sündige Seele aber empfehle ich demüthig flehend dem Schöpfer unser aller, an ihr habt ihr keinen Theil.“ Während er so sprach, umringte ihn die Schaar der Heiden und brachte verschiedenerlei Waffen zusammen, ihn zu tödten. Als das ihr Führer Thurkil von ferne sah, lief er schnell herbei und sprach: „Thuet nicht also, ich bitte euch! Ich gebe euch Allen willigen Herzens Gold und Silber und alles, was ich hier habe, blos mein Schiff ausgenommen, wenn ihr euch nur nicht an einem Gesalbten des Herrn versündigen wollet!“ Durch solche milde Zurede ward aber die wilde Wuth der Genossen des Thurkil, die gefühlloser sind, denn Stein und Eisen, nicht erweicht, sondern erst das Vergießen des unschuldigen Blutes befriedigte sie, welches sie in vereinter Masse durch Ochsenköpfe, durch einen Steinregen und durch gegen ihn geworfene Stangen sofort verströmten. Unter allen diesen Anfällen der rasenden Menge ward der heilige Blutzeuge Christi der Freuden des Himmels theilhaftig, wie die Wirkung des erfolgenden Wunderzeichens alsbald bezeugte. Denn einer von den Hauptleuten ward sofort an seinen Gliedern gelähmt, und erkannte so an sich selbst, daß er sich an einem Auserwählten des Herrn vergangen hatte, wie geschrieben steht: „Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr.“ [Röm. 12, 19.] Bei diesem Triumphe des Streiters Christi sind seine elenden Verfolger völlig [303] 1016 besiegt; sie haben erstens die Gnade ihres Gottes, ferner das ihnen von ihrem Führer angebotene Geld, und zuletzt, wenn sie nicht in sich gehen und Buße thun, ihre Seele verloren, während jener mit seiner Stola, die mit seinem rothen Blute gefärbt, durch die Reinheit seines Körpers und Geistes aber weiß gewaschen wurde, dem Winke des Herrn gehorcht hat. Seine Fürbitte laßt uns Sünder durch unablässiges Gebet erwerben, des festen Glaubens, daß er gar viel gelte vor der Majestät des Allerhöchsten.


30. Was aber im Umlaufe des erwähnten Jahres der Schalttag, der Rächer der Sünde,[37] den Christen für Leiden gebracht hat, schildere ich jetzt mit tiefem Schmerze.

Magadaburg wurde vom Markgrafen Bernhard [von Brandenburg] mit einer großen Schaar in der Nacht angegriffen, und daselbst ein ganz unschuldiger Ritter des Erzbischofs gefangen genommen und ein anderer verwundet.

Am 10. Februar, einem Freitage, ertönten, als Zeichen des kommenden Elends, Donnerschläge mit Blitz und Sturm in furchtbarer Weise und brachten an manchen Orten Schaden. Vielerwärts wurden nämlich von diesem Orkan und Gewitter die Häuser zertrümmert und die Menschen kamen um, oder entrannen, schwerverletzt, nur eben noch dem Tode. Auch geschah ein großer Schade an fallenden Bäumen in den Wäldern.

Der Pfalzgraf Bernhard[38] ward vom Schlage getroffen.

In der Landschaft Hassegun[39] fielen vier Brüder, genannt Aelli, Burchard, Thiedric und Poppo, einen Edeln, Namens Bern, einen tüchtigen Kriegsmann, der sie oft mit Geringschätzung behandelt hatte, mit einer gesammelten Schaar an und erschlugen ihn, obwohl er nicht weniger als hundert Knappen hatte, indem auf beiden Seiten Manche fielen.


31. Die Sarazenen landeten in der Lombardei und eroberten [304] 1016 die Stadt Luna,[40] deren Bischof entflohen war; dann hausten sie gewaltig und ungefährdet in diesem Lande und mißbrauchten die Frauen der Einwohner. Als das Gericht dies dem apostolischen Herrn, Benedict [VIII] hinterbrachte, versammelte er alle Lenker und Vertheidiger der heiligen Mutter Kirche, und bat und befahl, daß sie mit ihm die solches Frevels sich erfrechenden Feinde Christi mannhaft angreifen und mit Gottes Hülfe vernichten möchten. Außerdem[WS 2] sandte er in der Stille eine außerordentliche Menge Schiffe voraus, um ihnen die Heimkehr abzuschneiden. Als das der Sarazenenkönig erfuhr, ergrimmte er zuerst, entfloh aber dann, von Wenigen begleitet, auf einem kleinen Fahrzeuge der drohenden Gefahr. Die Seinen aber versammelten sich alle und griffen ihre herankommenden Feinde zuerst an, schlugen sie bald und würgten, es ist kläglich zu beschreiben, drei Tage und drei Nächte unter ihnen. Endlich that Gott, durch das Klagegeschrei der Frommen versöhnt, ein Einsehen und trieb jene, die ihn haßten, in die Flucht und besiegte sie so vollständig, daß nicht ein Einziger von ihnen übrig blieb, und die Sieger die Menge der Erschlagenen und ihrer Rüstungen und Beutestücke nicht zu zählen vermochten. Dabei ward auch ihre Königin gefangen und wegen der Frevelthat ihres Gemahls enthauptet. Ihren goldenen, ringsum mit Edelsteinen ausgelegten Hauptschmuck eignete sich der Papst vor den Uebrigen zu, schickte jedoch nachher dem Kaiser seinen Antheil, der auf tausend Pfund [41] geschätzt wurde. Nachdem die ganze Beute vertheilt war, kehrte das siegreiche Heer frohen Sinnes heim und sang würdige Lieder zu Ehren Christi, des Triumphirenden. Der feindliche König aber sandte, voll gewaltigen Grimmes über den Tod seiner Gemahlin und seiner Kampfgefährten, dem Papste einen Sack voll Kastanien, und ließ durch den Ueberbringer desselben ankündigen, er werde im nächsten Sommer ihm eben so viele Krieger bringen. Als nun der Papst diese Botschaft vernommen hatte, ließ er denselben [305] 1016 Sack mit Hirse angefüllt dem Abgeordneten wieder zustellen mit den Worten: „Wenn es ihm nicht genüge, dem apostolischen Erbe schon hinreichend Schaden zugefügt zu haben, so möge er zum zweiten Male kommen und gewiß erwarten, daß er eben so viele und mehr Geharnischte hier finden werde, als Hirsekörner in dem Sacke seien.“ Der Mensch denkt, Gott lenkt; ihn flehe jeder Christ an, daß er eine solche Plage voll Barmherzigkeit abwenden und die nothwendige Ruhe des ersehnten Friedens gnädigst verleihen möge.


32. Bei einer Insel Namens Augia [Reichenau] gingen am 16. Octbr. neun Schiffe voll Menschen beiderlei Geschlechts in den Fluthen unter.

Im Westen wurde Lambert, Reinheri’s Sohn, mit den Seinigen von dem ihm feindlichen Godefrid, [dem Herzoge von Lothringen], besiegt und getödtet. Diesem Lambert waren gar viele feind, denn es gab keinen schlechteren Menschen auf Erden, als er war: er knüpfte viele Menschen in den Kirchen am Glockenstrange auf. Wie viele durch ihn Vermögen und Leben verloren haben, vermag kein Mensch aufzuzählen. Und nie dachte er daran, für seine verübten Missethaten Buße zu thun. Er hatte auch mit seinem Bruder Reinger zusammen den Grafen Wirinhari und zu gleich dessen Bruder Reinzo erschlagen. Sein Vater starb in Böhmen in der Verbannung, wohin ihn Kaiser Otto geschickt hatte. Ob dieser Menschen trauerte das Vaterland selbst, so lange sie lebten, und es freut sich, sie verloren zu haben. Das nur müssen wir beklagen, daß an jenem Tage um des einen Schuldigen willen auf beiden Seiten der Kämpfenden so viele Unschuldige gefallen sind.


33. Auch noch andere blutige Auftritte ereigneten sich leider in jenen Zeiten in diesen Gegenden.

Im Reiche des friedliebenden und durchaus ehrwürdigen Königs Rotbert [von Frankreich] kämpften die Eingebornen des Landes gegen einander, so daß mehr als dreitausend Menschen erschlagen wurden.

[306] 1016 Auch kann ich den unersetzlichen Verlust nicht unerwähnt lassen, der mich nachher betraf. Mein Oheim nämlich, Graf Heinrich [von Stade], viel geltend, bei Christo sowohl als in dieser Welt, den man wegen seines wohlverdienten Greisenalters glücklich zu preisen alle Ursache hatte, bezahlte am 2. October 1016 die Schuld der Natur.[42]

Ferner kam auch Graf Wigman, ein in jeder Hinsicht dem Vaterlande nützlicher Mann, auf Anstiften einer zweiten Herodias, kläglich durch die Frechheit eines Knechtes um. Wie das gekommen ist, davon will ich den Trauerbericht mittheilen. Zwischen ihm und dem Grafen Balderich herrschte lange Fehde, wodurch Balderich, der mehrmals im offenen Kampfe völlig besiegt wurde, so gedemühigt ward, daß er unter den übrigen Großen nur in Schimpf und Verachtung lebte. Wigman dagegen ließ sich durch all sein Glück nicht aus seinem Gleichmuthe bringen, sondern schrieb das alles der Gnade des Herrn zu und dachte darauf, durch einen Friedensvertrag die lange wüthende Zwietracht beizulegen. Dann lud er seinen Feind zu freundlicher Bewirthung in sein Haus, gab ihm ein festliches Mahl und reiche Gastgeschenke, und ward nun auch von ihm wieder eingeladen, dem Scheine nach zur Befestigung des begonnenen Freundschaftsbündnisses, in der That aber, da ihm das die alte Schlange[43] durch sein Eheweib einflüsterte, damit der, der nie mit Gewalt hatte gefangen werden können, doch wenigstens durch List in die Falle gerathe. So willigte nun Wigman, dessen schlichtes edles Herz mit Recht nichts arges ahnte, ein in das, warum Balderich, der trügerische Freund, in erheuchelter Biederkeit ihn bat. Er ward dort auf das Beste empfangen, erkrankte aber auf der Stelle durch einen vergifteten Trank. Und da der heftige Schmerz immer zunahm, wartete er dort kaum den nächsten Tag ab, und als er sich dann wohlbeschenkt und mit herzlichen Abschiedsgrüßen entlassen entfernte, wurde er, indem man seine Ritter listig zurückhielt, von einem Knechte tückischer Weise überfallen und ermordet, ohne daß Balderich, dessen Herr, der in der Nähe war, es irgend [307] hinderte. Einer von seinen Gefährten aber, der den Thäter dieses 1016 verruchten Mordes niederhieb, ward gleich nachher erschlagen. Als nun aber Balderich floh und dadurch sein böses Gewissen kund gab, wurde die ganze klägliche Geschichte durch das Gerücht weithin verbreitet, und Thiedrich, der Bischof zu Mirmingerd [Münster], der Sohn meiner Mutterschwester, der in der Nähe auf Wigman gewartet hatte, kam zuerst an, und indem er in untröstlichem Schmerze des geliebten Freundes Tod beweinte, geleitete er die Leiche nach der Stadt Fretheni,[44] wo der Verstorbene durch Thiedrichs eifrige Fürsorge in allen Ehren zu seinen Vätern versammelt ward.


34. Darnach schickte er durch seine ganze Landschaft hin Boten, und forderte auch selbst seine Gaugenossen und Verwandten auf, die That zu rächen. Dann belagerte er mit einer starken Schaar die Stadt des Feindes, Namens Upplan,[45] indem er die Umgegend verheerte und versengte. Endlich kam mein Vetter, Herzog Bernhard [von Sachsen] an, der als rechtmäßiger Vormund des noch unmündigen Sohnes und der ganzen Erbschaft des Grafen Wigman und als Rächer der ruchlosen Schandthat sich erhoben hatte. Dieser tröstete die trauernden Lehnsmannen des Erschlagenen nach Kräften und setzte mit den übrigen Anhängern desselben der Stadt Tag und Nacht unaufhörlich zu. Indeß verließ der Kaiser Burgund, wo er einen großen Theil des Sommers zugebracht hatte, und begab sich, so wie er den ganzen Verlauf der Sache erfuhr, zu Schiff, um dort hinzueilen. Auf dieser Reise starb mein Vetter Gevehard, der Sohn des Grafen Heribert, damals sehr wohl gelitten bei der königlichen Majestät und ausgezeichnet durch die größte Biederkeit. Dieser Todesfall versetzte den Kaiser so wie alle dort Ansässigen in große Trauer[WS 3]. Der Erzbischof Heribert von Köln aber, der wegen seines Vasallen Balderich sehr in Sorgen war, lag dem Kaiser wiederholt an, er möchte doch die lange belagerte [308] 1016 Stadt in seine Gewalt geben. Der Kaiser willigte auch endlich darein, durch sein unablässiges Bitten überwältigt. Damals aber war schon, indem jener Feind des Kaisers abgezogen war, die Stadt Upplun gänzlich zerstört; die Gräfin jedoch, die daselbst lange beunruhigt worden war, wurde leider mit allem, was sie hatte, gerettet. Mögen alle Verwünschungen, die der gottselige Hiob gegen sich ausgesprochen hat, dieses Weib treffen: sie hat sie verdient. Möge sie in der Zeitlichkeit hienieden so viel Leiden erfahren, daß sie mindestens jenseits auf Vergebung hoffen kann. Wer ihr bei dieser Frevelthat jemals hülfreiche Hand geleistet hat, der bekehre sich zum Herrn und gestehe, er habe schwer gesündigt und eile zu aufrichtiger Buße; denn durch das Gezisch dieser giftigen Natter ist die Kirche eines solchen Vertheidigers beraubt.

In diesem Jahre befehdeten sich auch der Bischof Thiedrich [von Münster] und Graf Heriman, der Sohn der Gerberga, um einer unbedeutenden Ursache willen, und verheerten ihr Land. Dann aber ließen sie sich durch das Zureden ihrer Freunde und besonders durch das Friedensgebot des Kaisers beruhigen und erwarteten beide die Ankunft des Kaisers.


1017 35. Im Jahre der Fleischwerdung Christi 1017, am ersten Januar, empfing auf Befehl des Kaisers Erzbischof Gero von Magadaburg den Markgrafen Bernhard, der barfüßig herankommend Buße und Besserung gelobte, und stellte ihn, nachdem er ihn von allen Bannsprüchen, die er gegen ihn erlassen, erlöst hatte, der Kirche wieder vor.

Der Kaiser verließ Palithi [Pölde], wo er das Weihnachtsfest Jan. 6. begangen hatte, und feierte zu Alstidi [Alstedt] die Erscheinung Christi. In derselben heiligen Nacht aber verschied Graf Fritherich, treu seinem Gott und seinem Herrn, in seiner Stadt Ilburg [Eilenburg]. Dieser, ein verständiger Mann, der sein Lebensende herannahen sah, schenkte diese Stadt seinem Brudersohne Thiedrich unter der Bedingung, (denn er war sein Erbe, und anders konnte es gesetzlich nicht geschehen), daß es ihm freistände, seinen drei Töchtern [309] allen übrigen Landbesitz, der ihm nachblieb, zu übertragen. 1017 Seine Grafschaft und die Herrschaft über den Gau Siusili[46] empfing derselbe Thiedrich nachher durch die Gnade des Kaisers.

Zu Alstidi [Alstedt] fand ein Fürstentag Statt; auf demselben wurde ein Rechtsstreit zwischen den Markgrafen Bernhard und den Söhnen meines Vaterbruders durch Leistung einer Entschädigung und Urfehde geschlichtet. Die vor langer Zeit zwischen dem Bischof Thiedrich und dem Grafen Heriman entstandene Feindschaft, so wie der Haß, der zwischen Eggihard und seinen Brüdern, den Söhnen des Herrn Udo, obschwebte, ward hier vom Kaiser bis auf den 29. September hin vorläufig beschwichtigt. Daselbst versprach auch Markgraf Bernhard dem Erzbischofe Gero fünfhundert Pfund Silbers zur Erstattung des ihm zugefügten Schadens. Noch viel anders gar treffliches verfügte der Kaiser, der sich dort lange aufhielt. Es ward Friede zwischen den Grafen Gevehard und Willehelm. Die Abgeordneten, die um Glück zu wünschen aus Italien gekommen waren, kehrten heim. Der beabsichtigte Zug des Kaisers gen Osten ward wegen der Beschwerlichkeit der Wege verschoben. Der Kaiser billigte, warum er von Seiten Bolizlav’s angegangen ward, und ließ ihm sagen, seine Fürsten hätten sich gerade um seine Person versammelt; wenn ihm nun Bolizlav etwas in Güte anzubringen habe, so werde er es mit dem Beirathe derselben gern entgegennehmen. Von beiden Seiten wurden Abgesandte geschickt und ein Waffenstillstand abgeschlossen.


36. Indeß kam der Kaiser nach Merseburg und erwartete dort die sichere Beseitigung dieser Angelegenheit. Daselbst wurden damals viele Straßenräuber durch den Strang hingerichtet, nachdem sie im Zweikampfe von Fechtern überwunden waren. Vierzehn Tage lang lagerten dann die beiden Erzbischöfe Erkanbald [von Mainz] und Gero [von Magadaburg] und Bischof Arnulf [von Halberstadt] nebst den Grafen Sigifrid und Bernhard und anderen Großen des Reiches an der Milda [Mulde], und forderten den [310] 1017 Bolizlav auf, zu der von ihm so lange gewünschten Unterhandlung zu ihnen zu kommen. Dieser befand sich damals zu Sciciani[47] und erwiederte, als er die Botschaft vernommen hatte, er getraue sich aus Besorgniß vor seinen Feinden durchaus nicht dorthin zu kommen. Darauf fragten ihn die Boten: „Wie, wenn unsere Herren nun an die schwarze Elster kommen: willst du dann da sein?“ – „Auch die Brücke dort,“ antwortete er, „kann ich nicht überschreiten.“ Nach diesen Worten kehrten sie zurück, und meldeten ihren Gebietern alles. Der Kaiser aber feierte noch Mariä Febr. 2. Reinigung bei uns. Nach dem Feste kamen die Bischöfe und Grafen an; empört über die Geringschätzung, mit der Bolizlav sie getäuscht hatte, entzündeten sie des Kaisers Zorn durch Darlegung des Verlaufs der Botschaften. So wurde dann dort über den künftigen Feldzug verhandelt und jeder Getreue aufgefordert, sich dazu zu rüsten. Und vom Kaiser wurde strenge verboten, hinfort Botschaften zwischen uns und jenem erklärten Feinde des Reiches auszutauschen, und es ward sorgfältig untersucht, wer dergleichen bisher zu betreiben sich erlaubt hatte.


37. Darauf reiste der König von uns weg und kam nach Magadaburg, wo er mit großen Ehren empfangen wurde. Am nächsten Tage, Febr. 10. als am Sonntage, begann er, weil der Sonntag Septuagesima damals bevorstand, sich des Fleisches zu enthalten. Den Montag darauf Febr. 11. weihte der Erzbischof in Gegenwart des Kaisers die nördliche Capelle ein. Am folgenden Tage Febr. 12. entstand ein Streit unter dem Gefolge des Erzbischofes und des Markgrafen Bernhard, welcher aber ohne weitere Gefahr beseitigt und auf eine für den Erzbischof ehrenvolle Weise erledigt wurde. Ebendaselbst wurden auf Geheiß des Kaisers die Diebe hingebracht und, im Zweikampfe besiegt, dem Stricke überwiesen. Dort wurde noch vieles zum Heile des Vaterlandes abgeschlossen. Von da ging der [311] Mönch Gunteri aus, um den Liuticiern das Evangelium zu verkündigen. 1017

Da ich aber vielfach und wiederholt Klage geführt hatte darüber, daß die Meißener Kirche einen Theil meines Sprengels ungerechter Weise an sich gerissen habe, dessen Wiederherstellung mir schriftlich zugesagt war, und da ich auf die mir daraus erwachsenden Vortheile hoffte, so mußte ich leider nachher erkennen, daß es damit anders ward, als ich erwartet hatte.

Als nämlich am Tage der Stuhlfeier Petri, d. h. am 22. Febr. 22. Februar, der Kaiser Sitzung hielt und außer dem Erzbischofe Gero [von Magdeburg], die Bischöfe Meinwerk [von Paderborn], Wigo [von Brandenburg], Erich [von Havelberg], und Eilward [von Meißen] persönlich zugegen waren, erhob ich mich und brachte meine Beschwerde vor. Darauf bekam ich vom Kaiser und vom Erzbischof, von denen ich doch Hülfe erwartete, – Gott weiß, wie sehr wider meinen Willen! aber ich wagte nicht, ihnen zu widerstehen – den Befehl, einen an der Ostseite des Mildeflusses, d. h. in den Burgwarten Bichni [Püchen] und Wurzen gelegenen Pfarrbezirk dem Bischofe Eilward abzutreten, wofür er dagegen den, den er am westlichen Ufer desselben Flusses besaß, mir (der das doch gar nicht verlangte) überlassen sollte. Diesen Austausch bestätigten wir durch Auswechselung unserer Bischofstäbe. Ich aber bezeuge vor Gott und allen seinen Heiligen, daß ich damit damals auf das, was mir noch zustand, keineswegs Verzicht geleistet habe. Auch befahl der Kaiser, daß Markgraf Heriman [von Meißen] drei Dörfer, welche unter dem Bischof von Meißen standen, entweder durch einen Eid als Eigenthum seiner Kirche behaupten oder mir herausgeben sollte.


38. Am selbigen Tage wurden der Kaiser und seine Gemahlin vom Erzbischofe Gero mit großen Geschenken beehrt. Den Tag darauf verließen sie Magdeburg, und kamen am dritten Tage Febr. 24. (an einem Sonntage) nach Halberstadt. Hier empfing sie Bischof Arnulf prächtig und hatte sie zwei Nächte bei sich. Am Dienstage Febr. 26. [312] reisten sie dann nach Quidilingaburg [Quedlinburg], wo sie von der ehrwürdigen Aebtissin Aethelheid mit nicht geringerem Glanze gefeiert wurden. Am Mittwoch, den 27. Februar, Febr. 27. aber wurde von Bischof Arnulf in Gegenwart des Kaisers das Kloster eingeweiht, welches auf dem Berge gegen Abend liegt, in dem der Klosterregel gemäß heilige Jungfrauen ihrem himmlischen Bräutigam dienen; dabei unterstützten ihn Erzbischof Gero und die übrigen Amtsbrüder. Der Kaiser schenkte dabei ein Pfund Goldes für den Altar. Hier von seiner Nichte auf das gastlichste bewirthet, begab sich der Kaiser nach seiner Besitzung zu Gosleri [Goslar], wo er vier Wochen blieb, und diese verschönerte er damals sehr. Und weil die Fastenzeit da war, so war er darauf bedacht, vieles zu besorgen, was man Christo schuldig und was in irdischer Beziehung nothwendig war.

Apr. 1. Darnach, am 1. April, drang Graf Bertold, der Sohn des Markgrafen Liuthari, mit seinen Anhängern mit Anbruch des Tages, indem er die Wache bestochen hatte, in die Stadt Munna,[48] erschlug den Balderich, einen trefflichen Vasallen des Grafen Wigman, der mit seinen Genossen lange Widerstand leistete, und besetzte die Stadt als Sieger.


39. Ich kam den Tag vorher nach Misni [Meißen] zur Besatzung. In dieser Woche kamen unsere Fürsten auf Befehl des Kaisers zu Gosleri [Goslar] zusammen, und dort wurde damals meinem Oheim Sigifrid die Grafschaft seines Bruders Heinrich übertragen und die Kriegsunternehmung in unsern Landen angeordnet, so wie über manche andere, dem gefährdeten Vaterlande nützliche und durchaus nothwendige Dinge verhandelt. Als der Kaiser von Goslar bereits weiter gereist war, erfuhr ich erst das unglückliche Ereigniß, von dem ich eben gesprochen habe, und war voll Kummers über die drohende Verwirrung.

[313] In jenem Frühling wurde in der Herrschaft des Grafen 1017 Bernhard ein Schaf mit fünf Beinen geworfen.

Im Monat April, und zwar am achten desselben, wurde, Apr. 8. obwohl Vollmond war, der Mond von Vielen in Gestalt des Neumondes erblickt, indem er um die dritte Tagesstunde lange ganz roth war.

Apr. 14. Palmsonntag feierte der König zu Mainz, und zu Ingilnenem [Ingelheim] Ostern, Apr. 21. und nie ging es in diesen Gegenden glänzender und majestätischer her. Und weil wegen des hohen Festes die wichtigsten Angelegenheiten daselbst nicht hatten abgemacht werden können, so wurde zu Aachen ein Reichstag gehalten, und dort war es, wo Heinrich II. nach dem Rathe des Erzbischofes Heribert den Bischof Thiedrich von Metz und dessen Bruder Heinrich befriedigte. Die Königin aber verließ ihren Gemahl zu Fronkanavordi [Frankfurt]. Als sie nun aber nach einem Orte Namens Capungun [Kaufungen][49] kam, ward sie krank, und gelobte damals dem Herrn, ihm zu Ehren ein Kloster bauen zu wollen. Doch wird es nicht unpassend sein, hier beizufügen, was sich inzwischen ereignete.


49. In Magadaburg waren zwei Schwestern, von denen die ältere Alwred, die jüngere Irmingerd hieß. Beide, sehr preiswürdigen Wandels, weihten, nicht indem sie mit anderen heiligen Schwestern zusammen lebten, sondern für sich in einer Kirche, welche man die runde heißt, Christo und dessen hochgeliebter Mutter ihre emsigen Dienste; die jüngere von ihnen verlor darauf das Licht ihrer leiblichen Augen, erfreute sich aber, was den innern Blick anlangte, untilgbarer Helle, und ging nicht lange nachher, am 7. Febr. in ihre stets ersehnte wahre Heimat hinüber. Ihre ältere Schwester hatte eine treue Stütze an ihrer Muhme Fritheruna, überlebte aber doch, indem ihre Kräfte durch die häufigen Anfälle des Schmerzes, theils wegen des Verlustes ihrer Schwester, theils in Folge unablässigen Siechthums immer mehr schwanden, dieselbe nicht länger als vierzehn Wochen und drei Tage. Sie nun wurde [314] 1017 den Tag bevor sie die Schuld der Natur bezahlte, in eine Verzückung versetzt, in der sie vor das Antlitz der heiligen Muttergottes gebracht wurde, wo sie das Glück hatte, daß ihr die dort in hoher Ehre strahlenden Erzbischöfe Tagino und Walterd [von Magadaburg] nebst dem Bischofe Aeid [von Meißen] Ablaß ertheilten. Auch erkannte sie daselbst die Basen des Erzbischofes Gero, Namens Miriswida und Emnilda und Eddila. Diese verließ ihre Abtei und schloß sich aus Liebe zum Herrn beim Kloster des Heidenlehrers St. Paulus zu Rom ein. Ferner sah sie noch eine vierte Base Gero’s, Odd genannt. Alle vier sangen jene Worte des Psalmisten: „Ich will wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen.“ [Psalm 116, 9.] Währenddeß erschien sie allen Anwesenden todt; endlich aber erwachte sie, erhob ihre Augen und verkündete Allen, was sie gesehen hatte: „Bisher habe ich gern bei euch geweilt, jetzt aber, da ich jene weit herrlicheren Zustände geschaut habe, empfinde ich Ueberdruß, länger in dieser irdenen Hütte zu wohnen. Ich sage euch in Wahrheit, daß ich euch morgen verlassen und den mir durch die Gnade Gottes vorher verordneten Platz einnehmen werde.“ Und so geschah es. Es ging aber ihre Seele im Herrn beglückt hinüber am 22. Mai. Mai 22.

Daß das Erzählte wahr ist, meine Brüder in Christo, das glaubt mir, und daß jene beiden gar nützliche Helferinnen unserer Kirche sind, das wisset zuverlässig. Sie haben auch mich Sünder in ihre frommen Gebete mit eingeschlossen, ohne dafür leider je eine Vergeltung von meiner Seite empfangen zu haben.


41. Als nun der Kaiser erfuhr, daß seine Gemahlin sich wieder leichter fühle und dem Herrn ein Gelübde gethan habe, dankte er Gott von Herzen und beging das Pfingstfest voll Andacht Juni 9. zu Wirthunu [Werden], welchen Ort der heilige Gottespriester Liudiger [Bischof von Münster], zuerst auf seine Kosten angelegt hatte, während ihm der Abt Hethenrich dabei mit der größten Hingebung aufwartete. Am folgenden Tage, also am 10. Juni, Juni 10. ging Thieddeg, Bischof zu Prag und Nachfolger des Märtyrers [315] St. Aethelbert [Adalbert], den Weg alles Fleisches. 1017 Derselbe war in Neu-Corbei erzogen und sehr wohl unterrichtet in der Arzneikunft. Ihn hatte Bolizlav der Aeltere [Herzog von Böhmen] als er, weil er gegen einen Verkündiger des Wortes Gottes ungehorsam gewesen, vom Schlage getroffen war, mit Genehmigung des Abtes Thietmar zu sich berufen, und hatte sich unter seiner Behandlung auch bald leichter gefühlt. Und als nun das leuchtende Licht, Woiteg, der Finsterniß dieser Welt, wie ich oben (IV, 19) erzählte, entnommen wurde, empfing Thieddeg mit Hülfe des Herzogs von Kaiser Otto III. dessen Bisthum zur Leitung. Aus diesem ward er nach dem Tode Bolizlav’s des älteren, von dessen gleichnamigem Sohne häufig vertrieben, und mußte viele Kränkungen erdulden; indeß führte ihn Markgraf Ekkihard immer wieder zurück. Er lud Gäste nicht bloß, wie der heilige Gregor befiehlt, zu sich ein, sondern er zog sie mit Gewalt an sich, wobei er den sehr großen Fehler hatte, daß er wegen einer unverschuldeten Krankheit über die Maßen viel trank. Er war nämlich gichtisch, und konnte, weil ihm die Hände beständig zitterten, ohne Beihülfe ihm beistehender Priester nicht Messe halten. So siechte er bis an seinen Tod, heilte aber, so hoffe ich, seine Seele mit guten Besserungsmitteln.


42. Indeß umzingelten die mährischen Krieger Bolizlav’s [von Polen] listig eine Schaar der Baiern, die nicht auf ihrer Hut war, erschlugen sie und rächten so in nicht geringem Maaße den ihnen von denselben früher zugefügten Verlust.

Der Kaiser, der gen Osten wollte, ließ zu Pathrebrunnun [Paderborn] die Kaiserin zu sich kommen. Von da reisten beide zusammen bis nach Magadaburg, wo sie vom Erzbischof Gero mit großen Ehren empfangen wurden.

In der nächsten Nacht aber, nämlich Sonntag, den 7. Juli, Juli 7. brach ein furchtbares Unwetter herein, welches Menschen und Vieh, Gebäude und Fruchtfelder weithin verzehrte, die Wälder mit ungeheurem Gekrach erschütterte und alle Wege ganz unwegsam machte.

[316] 1017
Juli 8.
Am anderen Tage setzte der Kaiser mit seiner Gemahlin über die Elbe und kam nach Liesca,[50] einem Landgute, das einst dem Bischofe Vigo [von Brandenburg] gehört hatte, damals aber von unzähligen wilden Thieren bewohnt ward. Hier blieb er zwei Nächte in einem Lager, welches er hatte aufschlagen lassen, um die zögernde Hauptschaar zu erwarten. Dann aber, als die Kaiserin nebst vielen Anderen zurückgegangen war, rückte er selbst mit ganzer Heeresmacht vor.

Am selbigen Tage kehrte Heinrich, der vormalige Herzog von Baiern, von Bolizlav, zu dem er, um Frieden zu schließen, gekommen war, mit dessen Botschaft zurück, ward auch, nachdem der Kaiser seinen Bericht vernommen, von demselben mit einer Antwort wieder zurückgeschickt, ohne indeß etwas auszurichten, worauf ihm der Kaiser erlaubte, sich zu seiner Gemahlin und Schwester zu begeben.


Juli 21. 43. Währenddeß ereignete sich auf dem Berge St. Johannis des Täufers, der, bei Magdeburg gelegen, mit allen Zugehörigkeiten zum Stadtgebiete gerechnet wird, ein sehr trauriger Vorfall, am 21. Juli, und zwar in der Sonntagsnacht. Im Schlafsaale der dortigen geistlichen Brüder entzündete sich eine daselbst brennende ungewöhnlich große Leuchte, und indem die Flamme die nächsten Gegenstände ergriff, verzehrte sie mit gefräßiger Gluth das ganze Gebäude, indem die dort Schlafenden es zu spät merkten. Alle waren schon der Gefahr entronnen, da verloren sie doch noch einen von ihnen, der plötzlich zurückgekehrt war, um noch eine Priesterkleidung zu retten. Er beichtete mitten im Feuer seine Sünden. Der Name dieses Mannes war Hemico. Dann fing das von dem dortigen Abte Sigifrid acht Jahre lang auf das beste ausgeführte Münster an zu brennen und erfüllte die Gemüther der Anwesenden und später Ankommenden mit Kummer und Schmerz. Außerdem verschlang die weit um sich greifende Feuersbrunst die beiden Capellen daselbst sammt dem Speisesaale und den übrigen [317] damit zusammenhängenden Baulichkeiten. Jedoch entriß die Gnade 1017 des Allgütigen und die aufopfernde Frömmigkeit der Herbeieilenden alle Reliquien der Heiligen und den größten Theil des Schatzes dem gierigen Rachen des Feuers. Als es aber Morgen ward, kamen die Bewohner der Stadt und die daselbst vom Kaiser hinterlassene Besatzung herbei und beklagten in tiefstem Schmerze einen solchen Verlust. Die Asche des verbrannten Körpers aber sammelten die Mitbrüder des Verstorbenen auf das sorgfältigste und legten sie zu seinen Vorfahren; auch meldeten sie ihrem gerade abwesenden Abte durch einen Abgeordneten ihr trauriges Geschick. Als der die Botschaft bekam, erkannte er, daß dies insbesondere seiner Sünden willen geschehen sei, und trug es, weil er es ja doch nicht ändern konnte, mit würdigem Ernst.


44. Während dieser Ereignisse drang Misico, der Sohn des Bolizlav, in Abwesenheit des Herzogs Othelrich mit zehn Schaaren in Böhmen ein, das minder als gewöhnlich Widerstand leistete, und erfüllte, als er mit einer unzählbaren Menge von Gefangenen zurückkam, seinen Vater mit außerordentlicher Freude. Der Kaiser aber kam mit seinem Heere und dem sehr bedeutenden Zuzuge der Böhmen und Liutizier, alles was er antraf verheerend, am 9. Aug. Aug. 9. voll Bekümmerniß nach Glogau,[51] wo ihn Bolizlav erwartete. Jedoch verbot der Kaiser den Unseren, den Feind, der, umgeben von versteckt liegenden Bogenschützen, sie zum Kampfe aufforderte, zu verfolgen. Darauf schickte er zwölf aus dem Hauptheere auserlesene Schaaren nach der Stadt Nemzi,[52] welche ihren Namen daher hat, weil sie von den Unseren erbaut ist, welche der von Bolizlav an die Bewohner derselben abgesandten Hülfsschaar zuvorkommen sollten. Als diese nun ihr Lager aufgeschlagen hatten, hieß es, der Feind komme heran; allein da die Nacht sehr finster [318] 1017 war und der Regen sich in Strömen ergoß, so konnten sie demselben gar nicht beikommen, sondern schlugen nur einige in die Flucht, und ein Theil der Feinde gelangte wider ihren Willen in die Stadt. Diese Stadt liegt in der Landschaft Silensi [Schlesien] die ihren Namen von einem sehr hohen und großen Berge[53] hat, der wegen seiner Größe und Beschaffenheit, weil daselbst heidnischer verruchter Götzendienst stattfand, von den Eingebornen gar hoch gefeiert wurde. Der Kaiser aber kam drei Tage nachher mit dem Hauptheere an, und ließ die Stadt ringsum einschließen, in der Erwartung, so seinem Feinde allen Zutritt zu verwehren. Dieser sein kluger Plan und sein durchaus guter Wille würde dort auch viel ausgerichtet haben, wenn in der Ausführung desselben die Bereitwilligkeit der ihn Unterstützenden ihm mit geholfen hätte. Nun aber gelangte doch durch alle Wachen hindurch in der Stille der Nacht eine starke Besatzung in die Stadt. Darauf erging auf unserer Seite der Befehl, alle Arten von Maschinen zu bauen, aber bald darauf erschienen auf Seiten des Feindes ganz ähnliche. Nie habe ich von Belagerten gehört, die mit größerer Ausdauer und klügerer Umsicht sich zu vertheidigen bemüht gewesen wären. Der Heiden wegen errichtete man ein Crucifix und hoffte, mit dessen Hülfe würden jene besiegt werden. Wenn diesen etwas glückliches widerfuhr, so jubelten sie nie, so wenig wie sie einen Unglücksfall durch ausbrechende Klagen kund gaben.

Indeß rückten die Mähren in Böhmen ein, eroberten eine Stadt und zogen unangetastet mit ungeheurer Beute heim. Als das Markgraf Heinrich [von Oesterreich] der darnach strebte, sie zu erreichen, vernahm, setzte er ihnen eilends nach, und nachdem er mehr als tausend Männer aus ihrer Mitte erschlagen, die anderen aber zum Fliehen gebracht hatte, sandte er alle von jenen Gefangenen frei nach Hause.

Auch ist nicht zu verschweigen, daß andere Krieger Bolizlav’s eine Stadt, Namens Belegori,[54] am 15. August Aug. 15. angriffen und obwohl sie sie lange bestürmten, doch Gott sei Dank! nichts ausrichteten. [319] Dagegen griff eine große Schaar Liutizier, die vorher 1017 zu Hause geblieben waren, eine Stadt des Herzogs an, sie verloren aber dabei über hundert Kampfgenossen und kehrten nun außerordentlich betrübt heim und verheerten nachher noch dessen Lande gar sehr.


45. Dem bisher erzählten will ich noch den tödtlichen Zweikampf des Herzogs Godefrid [von Lothringen] und des Grafen Gerhard [vom Elsaß] hinzufügen. Diese beiden nämlich, lange uneinig, bestimmten sich endlich einen Tag, an dem sie mit ihren Anhängern alle ihre Streitpunkte durch das entscheidende Urtheil des Zweikampfes schlichten wollten. Im Monat August und zwar Aug. 27. am 27sten kämpften sie mit einander auf einem grünen dazu ausersehenen Wiesenplane. Daselbst beugte die christliche Demuth Godefrids dem Uebermuthe Gerhards den Nacken, schlug alsbald dessen Genossen in die Flucht und erlegte ihrer nicht weniger denn dreihundert; darunter war einer Namens Walteri Pulverel (Stäuber), so benannt, weil er alles was sich ihm entgegen stellte zu Staub und Asche zermalmte, seinem Aeußern nach ein Geistlicher, der That nach ein außerordentlicher Räuber. Dieser Rottenführer liegt mit den Seinen in einem See begraben, und er, der nie des Blutvergießens satt werden konnte, lag nun, vom Kampfe gesättigt da. Denn man sagt, daß er immer nur den Tag recht in Fröhlichkeit zubrachte, an dem er seinen Speer mit Menschenblut geröthet und Gotteshäuser, deren doch sonst selbst Bösewichter schonen, in Flammen zusammenstürzen gesehen. Dieser, ein geborener Burgunder und von dem besagten Grafen einst zum Gefangenen gemacht, hatte nicht eher von ihm frei kommen können, als bis er eidlich gelobt hatte, ihm beständig zu helfen und als ein ergebener Lehnsmann ihm zu dienen. Darum war er auch hieher auf Befehl gekommen, kehrte aber nicht wieder zurück, weil die Barmherzigkeit Gottes ihm hier ein Ziel gesetzt hatte, auf daß seine gewöhnlichen Missethaten nicht noch vermehrt würden. Auf Seiten seines Herrn aber geriethen in Gefangenschaft Sigifrid, Gerhards Sohn, ein Neffe [320] 1017 unserer Kaiserin, nebst Balderich und sehr vielen Anderen. Verwundet ward daselbst Herzog Cono[55] der bereits unerlaubter Weise seine Nichte [Gisela], die Wittwe des Herzogs Ernast [von Alemannien] geheirathet hatte. Herzog Godefrid verlor übrigens nur dreißig Streiter, freilich treffliche.


46. Da indeß alle Maschinen fertig waren, so befahl der Kaiser, der nun schon drei Wochen vor der Stadt Nemzi [Nimptsch] lag, die Bestürmung derselben zu unternehmen. Da aber ward von den Bollwerken der Stadt Feuer in seine Werke geworfen und er sah sie vor seinen Augen alle schnell verbrennen. Darauf versuchte Herzog Othelrich mit den Seinen die Mauern zu ersteigen, richtete aber nichts aus. Auch die Liutizier, die einen ähnlichen Versuch machten, wurden wieder hinabgeworfen. Der Kaiser aber lenkte, als er sah, wie sich sein Heer, von Krankheit darnieder gedrückt, vergebens bemühte, die Stadt zu erobern, seinen gar sehr beschwerlichen Marsch nach Böhmen hin, wo er von von unrechtmäßigen Herzoge dieses Landes, Othelrich, empfangen und mit einem gebührenden Gastgeschenke beehrt wurde.

Sept. 18. Unterdeß starb am 18. September Markgraf Heinrich, der Sohn meiner Base, eine Zierde der Ostfranken, nachdem er von langem Siechthum heimgesucht war, und wurde von drei Bischöfen, nämlich von Heinrich [von Würzburg], Evurhard [von Bamberg] und dem ehrwürdigen Riculf [von Triest] zu Grabe gebracht, und seinem eigenen Verlangen gemäß an der Nordseite des Münsters in seiner Stadt Suinvordi,[56] außerhalb der Kirche vor der Thür derselben bestattet.

Der Kaiser trauerte sehr über diesen Todesfall, den er in Meißen erfuhr.


47. Bolizlav aber erwartete voll Besorgniß den Ausgang des Krieges in der Stadt Wortizlava [Breslau], und als er erfuhr, [321] 1017 der Kaiser sei abgezogen und seine Stadt stehe unversehrt da, da frohlockte er und freute sich mit seinem Kriegsvolk. Mehr als sechshundert seiner Fußkämpfer aber machten heimlich einen Einfall in Böhmen, indem sie in gewohnter Weise dort Beute zu machen hofften; allein sie rannten mit wenig Ausnahmen fast alle in die Schlinge, die sie den Feinden gelegt hatten.

Die Liutizen aber kehrten voll Zornes, indem sie über einen ihrer Göttin angethanen Schimpf klagten, nach Hause zurück. Diese war nämlich auf ihren Fahnen abgebildet, und ein solches Bild war von einem Knappen des Markgrafen Heriman durch einen Steinwurf durchlöchert. Als das nun die Priester der Göttin klagend vor den Kaiser brachten, bekamen sie zur Entschädigung zwölf Pfund. Und als sie dann bei der Stadt Vurcin [Wurzen] über die stark übergetretene Milda [Mulde] setzen wollten, verloren sie ein zweites Bild ihrer Göttin nebst einem auserlesenen Gefolge von fünfzig Kriegern. Ob einer so bösen Vorbedeutung zogen die Uebrigen heim und beabsichtigten, von schlechten Menschen aufgereizt, sich vom Dienste des Kaisers zu entfernen, allein hinterher wurden sie auf einem allgemeinen Landtage von ihren Vorgesetzten wieder auf den richtigen Weg gebracht.

Wer vermag die Mühen und Strapazen dieses Marsches, wer die allgemeinen Verluste zu schildern? Unmöglich schien schon der Einzug in’s böhmische Land, aber viel schlimmer war noch der Auszug aus demselben. Dieser Feldzug brachte indeß dem Feinde Verderben, obwohl er um unserer Schuld willen auch unseren siegreichen Schaaren vielen Schaden brachte. Denn was damals den Feinden an uns zu verüben nicht gestattet war, das ward später um unserer Missethaten willen ausgeführt. Auch möchte ich weinen über die Frevelthat, die Bolizlav’s Mannen in dem Lande zwischen der Elbe und Mulde verübten. Sie rückten nämlich am 19. September Sept. 19. auf Befehl ihres Herrn eiligst aus, und führten mehr als tausend Menschen in die Knechtschaft hinweg, und nachdem sie dann noch weithin gar vieles niedergebrannt hatten, kehrten sie, glücklich zurück.

[322] 1017
Oct. 1.
48. Der Kaiser aber kam am 1. October nach Merseburg und setzte dort Ekkihard, der drei und zwanzig Jahr und fünf Monate als Abt zu Nienburg gewirkt hatte, der Prager Kirche vor, und ließ ihn am 6. October[57] mit meiner Einwilligung vom Erzbischofe Erkenbald [von Mainz] weihen. Dort kam von Seiten Bolizlav’s ein Bote mit dem Versprechen, er wolle den jungen Liudulf[58], den er so lange gefangen gehalten, zurück senden; dabei aber stellte er die Forderung, es müßten für die Befreiung desselben seine bei uns in strenger Haft gehaltenen gefangenen Kriegsleute losgegeben werden. Zugleich erkundigte er sich auch angelegentlich, ob es ihm wohl frei stehen würde, an den Kaiser einen Antrag wegen Wiedererlangung seiner Gnade zu stellen. Auf dies alles ging der Kaiser in Folge unablässiger Verwendung seiner Großen ein, und da erst erfuhr er, daß der König der Russen, wie er ihm durch seinen Abgesandten versprochen hatte, den Bolizlav angegriffen, aber vor der belagerten Stadt nichts ausgerichtet habe. Späterhin machte dafür der Herzog einen Einfall in dessen Reich, und kehrte, nachdem er dort den Bruder desselben, der sein Eidam war, auf den Thron gesetzt hatte, fröhlich heim. Der Kaiser aber schenkte, als er uns verließ, drei Chorbehänge und eine silberne Kanne.

Nov. 1. Von da kam er nach Alstidi [Altstädt), wo er das Fest Aller Heiligen mit gebührender Andacht beging, und damals ward an demselben Tage Herding, der vom Kaiser daselbst ernannte Abt zu Nienburg, vom Erzbischof Gero [von Magadaburg] geweiht. Am nächsten Sonntage, d. h. am 3. November, Nov. 3. schenkte der Kaiser ein Gut, Namens Rogalici[59], welches er damals vom Ritter Hathold vermittelst eines von demselben genehmigten Tausches erworben hatte, an unsere Christo dienenden geistlichen Mitbrüder zu Merseburg, [323] und ein Gehölz, daß er von Hager, einem Bruder des 1017 genannten Herrn, um zehn Pfund Silbers erkauft hatte, überwies er denselben zum Nießbrauch, und befahl dies durch in seinem Namen ausgestellte Urkunden zu bestätigen. Auch bewilligte er mir drei Kirchen in Libzi [Leipzig], Olscuizi[60] und Gusua[61]. Im Frühling desselben Jahres hatte er auch Auftrag gegeben, einen goldenen Altar zur Zierde unser Kirche zu verfertigen, wozu ich von dem Ertrag unseres alten Altars sechs Pfund Goldes hergab.

Nachdem aber der Kaiser in gedachter Stadt fünf Wochen und vier Tage verweilt war, besuchte er einen ihm sehr lieben Ort, Bavenberg [Bamberg], wo dann im Monate December Dec. und zwar in der ersten Nacht, die auf des Kaisers Ankunft folgte, der lange in Haft gehaltene Markgraf Guncelin[62] frei wurde, indem durch Gottes Allmacht die Ketten ihm von den gefesselten Füßen gelinde abfielen und zwar so, daß sie dabei ganz blieben. Auch Heinrich, den einstigen Herzog von Baiern, der nun schon acht Jahre und beinahe eben so viel Monate lang durch seine eigene Schuld entsetzt war, bekleidete der Kaiser am Sonntage wieder mit seiner alten Würde, wie ihm das vorher vom Erzbischof Poppo von Trier versprochen war. Bevor ich indeß den Beschluß der Geschichte dieses Jahres mache, will ich noch einiges hier Hingehörige einschalten.


49. Thietmar, der ehrwürdige Bischof der Kirche von Asenbrun [Osnabrück], ein Knecht des heiligen Mauritius zu Magadaburg[63], und vor seiner Erhebung zum Bischofe ein sehr brauchbarer Probst zu Mainz und Aachen, verlor, indem Dunkelheit seinen Blick umnebelte, seine Sehkraft im vorhergehenden Jahre, beschaut aber, indem darum sein inneres Auge nur um so heller strahlt, den Quell alles Lichtes, Christus, nun mit unermüdlichem [324] 1017 Eifer. Er ist durch den Willen König Heinrichs auf seinen Vorgänger im Amte, Nonno, der Othilulf genannt ward, gefolgt.

Es starben in diesem Jahre die trefflichen Bischöfe Amulrich, Fermund, Becelin und Altman, der nur wenige Wochen auf dem bischöflichen Stuhle saß. Er war Mönch zu St. Johann dem Täufer in Magadaburg, und ward von da von der Aebtissin Haethelheid[64], weil er von ihren Dienstleuten stammte, Arnulf, dem Bruder des Königs und jetzigen Erzbischofe von Ravenna, zum Dienste beigegeben. Dieser weihte ihn auch späterhin. Er ward aber von den Seinen durch einen vergifteten Trank seiner Gesundheit beraubt.


50. In meiner Nachbarschaft, nämlich in einem Orte Namens Silivellun[65] ereignete sich in der zweiten Woche des December ein Wunder. Es war da eine Frau, die, da ihr Mann nicht zu Hause war, sich und ihre Kinder in ihrem Hause eingeriegelt hatte. Siehe, da hört sie vor dem Hahnenschrei ein ungeheures Getöse. Darüber erschrocken, ruft sie unaufhörlich nach ihren Nachbarn und giebt so Kunde von ihrer Noth. Diese, die ihr zu Hülfe eilen wollen, werden durch wiederholtes Werfen zurückgetrieben. Endlich brechen sie die Thür auf, und mit gezückten Schwertern hineindringend, spüren sie sorgfältig nach, was gegen die Frau vom Hause und gegen sie selbst so heftig angegangen sein mag; da es aber ein Gespenst war, so fanden sie nichts, was das Getöse veranlaßt haben könnte, und kehrten traurig heim. Die Frau aber wartete voll Angst bis zu Tagesanbruch und rief dann den nächsten Priester herbei, der das ganze Haus durch Reliquien der Heiligen und Weihwasser reinigte. In der nächsten Nacht aber wurde sie nur noch wenig von dem geschilderten Schrecknisse heimgesucht, und zuletzt, Gott sei Dank! durch häufige Besuche des Priesters ganz davon befreit. Dergleichen zeigt, wo es sich ereignet, immer etwas Neues an. Ein [325] jeglicher Christ hat sich vor solchen Schrecknissen nicht zu fürchten; er erkenne von ganzem Herzen seine Sündhaftigkeit, und segne sich eifrigst mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes, so wird er jede feindliche Gewalt völlig zurückweisen. Auf solche Weise verhöhnt der böse Feind nur die Unvorsichtigen, und betrügt die irgend auf ihn bauenden schließlich. Wo gerade Verzweiflung herrscht, oder eine Missethat begangen werden soll, oder eine große Veränderung bevorsteht, da geht der Wirklichkeit eine solche Anzeige voraus. Weil es uns aber Heil bringt, unserem Gotte anzuhangen und auf ihn unsere Hoffnung zu setzen, so lasset uns sein heilig Antlitz mit unablässigem Gebete aufsuchen, damit, sei es, daß uns etwas vorher angezeigt, oder verborgen gehalten werde, dasselbe nach seiner allerbarmenden Liebe an uns Sündern in Erfüllung gehe. Uebrigens ist es nicht zu verwundern, daß in jenen Gegenden ein solches Wunderzeichen sich gezeigt hat. Denn die Bewohner derselben gehen selten zur Kirche und kümmern sich gar nicht um den Besuch ihrer Seelsorger. Sie verehren eigene Hausgötter und opfern ihnen, indem sie meinen, daß sie ihnen viel helfen können.

Auch habe ich von einem Stabe gehört, an dessen Spitze sich eine Hand befand, welche einen eisernen Ring hielt. Dieser Stab, so hörte ich, wurde von dem Hirten des Dorfes, in dem er sich befand, von Haus zu Haus getragen, und dabei sprach der Träger beim ersten Eintritt in das Haus zum Gruße die Worte: „Wache, Hennil, wache!“[66] denn so wurde er in der Bauernsprache genannt[67]; und dann schmausten sie selbst köstlich und meinten durch den Schutz desselben gesichert zu sein; die Thoren! sie wußten nicht, was David sagt: „Jene Götzen aber von Menschenhänden gemacht“ u. s. w. „Die solche machen, sind gleich also und alle, die auf sie hoffen. [Pf. 115, 4. 8.]

51. Weil aber jegliches Seltene zu verwundern und wie Wunderzeichen anzustaunen ist, so berichte ich einen Vorfall, der [326] sich in unseren Zeiten ereignete. Damals nämlich, als der durchlauchtigste König Heinrich schon herrschte, zur Zeit meines Amtsvorfahren Wigbert, fiel auf einer Besitzung, Namens Rotlizi[68], welche, einst von der ehrwürdigen Frau Ida, der Schnur Otto’s I., unserer Kirche übertragen und ein Lehen des Propstes Gezo war, folgendes vor, wie mir Gezo selbst in Wahrheit versicherte. Als einstmals während einer mühevollen Ernte die ermüdeten Schnitter sich erholen wollten, sahen sie, wie ein eben angeschnittenes Brod Blut vergoß. Verwundert zeigten sie das ihrem Herrn und ihren Nachbarn. Dies Wunderzeichen aber deutete, wie ich vermuthe, den Ausgang eines künftigen Krieges an, und daß in demselben viel Menschenblut werde vergossen werden.

Auch eine andere Begebenheit beschreibe ich, die, obwohl weit preiswürdiger, doch zugleich auch wunderbar und merkwürdig ist. In der Romulischen Veste, die aus verschiedenen Ursachen aller Städte Haupt ist, floß in einer Kirche, an der rechten Seite des Altars, aus einer Oeffnung des Estrichs einen ganzen Tag lang Oel hervor, wie das Viele staunend sahen. Einen Theil davon sandte damals in einer Flasche Johann, der Sohn des Crescentius, seinem Lehnsherrn und damals unserem Könige Heinrich; und weil nun Oel bald für Barmherzigkeit gesetzt wird, wie es heißt: „Das Oel auf deinem Haupte soll nicht mangeln“ (Pred. 9, 8), und bald für Schmeichelei, z. B.: „Das Oel des Sünders wird mein Haupt nicht fett machen“, so vermuthe ich, daß in diesem Zeichen eine Hindeutung liege auf die überströmende Gnade unsers Herrschers und zugleich auf die heimlichen Uebergriffe dieses Patriciers. Denn er, der Zerstörer des päpstlichen Stuhles, hatte durch seine Geschenke und seine schönklingenden Worte den von Gott eingesetzten König vor den Augen Vieler gar oft geehrt, jedoch war er gar sehr darauf bedacht, daß derselbe nicht zur Höhe der Kaiserwürde emporsteigen möchte, und suchte dies heimlich auf alle Weise zu hintertreiben, denn also spricht der heilige Gregor: „Irdische Gewalt wird vernichtet, wenn himmlische Hoheit sich [327] 327

offenbart.“ Unser König nämlich, war er gleich ein Mensch, hatte doch eine eifrige Liebe zum Herrn und rächte mit starker, gewappneter Hand die gewaltsamen Beraubungen der heiligen Kirchen; und diese Tugend seines Geistes hatte er nicht anders als vom Himmel verliehen bekommen; jener dagegen, irdisch in Sinn und Handlungen, raffte mit räuberischer, schmutziger Gier alles an sich, was die Hand manches Andächtigen zur Sühnung der Sünden als Opfergaben auf den Altar der Apostel niedergelegt hatte. Da derselbe nun nicht lange darnach starb, so ist er, wie ich befürchte, von doppelter Strafe betroffen, und dem Herrn Papste größere Sicherheit und unserem Könige größere Gewalt eröffnet worden.

52. Jetzt will ich in meiner Darstellung weiter gehen und die ungerechte Handlungsweise des Russenkönigs Wlodemir rügen. Dieser führte eine Gemahlin aus Griechenland heim, Helena genannt, die vorher Otto III. verlobt, ihm aber durch trügerische Hinterlist entzogen worden war[69], und nahm auf ihre Ermahnung den heiligen Christenglauben an, den er aber nicht durch gerechte Werke zierte. Denn er war ein unmäßiger Wollüstling und blutdürstig, und that den weichlichen Griechen große Gewalt an. Er hatte drei Söhne, deren einem [Zentopulk] er die Tochter Herzog Bolizlav’s, unsers Verfolgers, zur Gemahlin gab. Als Begleiter derselben wurde von den Polen Reinbern, Bischof vom salzigen Cholberg[70] mitgesandt. Dieser, im Gau Hassegun geboren und von verständigen Lehrern in gehöriger Weise zum Gelehrten erzogen, erstieg die Stufe bischöflicher Würde und zwar, wie ich hoffe, ganz nach Verdienst. Wie viel er aber in dem ihm übertragenen Amte gearbeitet hat, zu schildern, dazu reicht weder meine Kunde, noch auch meine Beredsamkeit hin. Er zerstörte und verbrannte die Bilder der Götzen, er reinigte das von Dämonen bewohnte Meer, indem er vier mit dem heiligen Salböl benetzte Steine hineinwarf, und Weihwasser hineingoß; er zog an einem [328] unfruchtbaren Baume Gott dem Allmächtigen einen neuen Anschuß hervor; er schuf nämlich unter einem nur allzu rohen Volke die Pflanzung der heiligen Predigt. Indem er durch Unermüdlichkeit im Nachtwachen, Fasten und Schweigen seinen Leib kasteite, richtete er sein Herz auf den Spiegel frommer Beschaulichkeit hin. Als nun König Wlodemir dieses Mannes Rede vernahm, setzte er ihn nebst seinem Sohne, der auf geheimes Zureden Bolizlav’s auf seinen Vater einwirken sollte, sowie auch dessen Gemahlin gefangen, und zwar alle in getrennten Gefängnissen. Im Kerker nun vollzog der ehrwürdige Vater, was er vor der Welt so nicht auszuführen vermochte, im Geheimen voll Eifers zum Preise des Herrn. Indem er hier durch Ströme von Thränen und durch das Opfer eines aus zerknirschten Herzen dargebrachten Gebetes mit dem höchsten Priester sich versöhnte, ging er, aus der engen Haft des Körpers befreit, freudig hinüber zur Freiheit ewiger Glorie. Der Name dieses Königs bedeutet wörtlich: „Macht des Friedens“, aber mit Unrecht, weil der Friede, den die Gottlosen mit einander haben oder die Bewohner dieser Welt genießen, kein wahrer Friede ist; denn derselbe schwankt beständig; nur der erfreut sich des Friedens recht eigentlich, der, alle Bewegungen seines Gemüthes bezwingend, des Reiches Gottes unter dem Beistande der aller Noth obsiegenden Geduld sich würdig macht. Jener Bischof lacht jetzt, in himmlischer Ruhe sitzend, der Drohungen des ungerechten Mannes, und sieht in seiner jetzigen gedoppelten Keuschheit [des Geistes, wie des Leibes], auf jenen Wollüstling hin, wie er in den rächenden Flammen leidet, denn, wie unser Lehrer St. Paulus bezeugt: „Die Ehebrecher wird Gott richten.“ [Hebr. 13, 4.] Als Bolizlav nun von dem allen Nachricht erhielt, ließ er nicht ab, sich, so viel er konnte, Rache zu suchen. Darnach verstarb jener König hochbetagt, sein ganzes Besitzthum seinen beiden Söhnen hinterlassend, während der dritte noch im Kerker blieb. Nachher erst entkam er, ohne seine Gemahlin mitnehmen zu können, zu seinem Schwiegervater. Jener König aber trug eine Schambinde um die Lenden, welches nur noch ein stärkerer Anreiz zu seiner angebornen [329] Leidenschaft war. Denn als der Lehrer unseres Heils, 1017 Jesus Christus, befahl, daß unsere von schädlicher Wollust erfüllten Lenden umgürtet sein sollten [Luc. 12, 25], so wies er damit auf Enthaltsamkeit hin, und nicht auf irgend ein Reizmittel. Weil aber der König von seinen Predigern das Wort vom brennenden Lichte [Lucas 12, 35] vernahm, so reinigte er sich vom Makel der begangenen Sünde durch unablässiges Spenden reicher Almosen. Denn es steht geschrieben: „Gebet Almosen, so wird euch alles rein sein.“ Als er also schon sehr altersschwach war und lange regiert hatte, starb er. Er ward begraben in Cuiewa [Kiew], einer großen Stadt, und zwar in der Kirche des heiligen Blutzeugen Christi, des Papstes Clemens, wo er neben seiner genannten Gemahlin beigesetzt wurde, indem ihre Sarkophage mitten in der Kirche öffentlich dastehen. Seine Macht ward unter seine Söhne getheilt. Christi Ausspruch aber wird in allem bestätigt, und so befürchte ich, daß noch erfolgen wird dessen Erfüllung der Mund der ewigen Wahrheit vorausgesagt, denn er spricht: „Ein jegliches Reich, so es mit sich selbst uneins wird, das wird wüste,“ u. s. w. [Luc. 11, 17]. Indeß bete doch die ganze Christenheit, daß Gott von diesen Landen dieses Urtheil abwenden möge.

Nachdem ich nun ein wenig abgeschweift bin, will ich wieder zu meinem Gegenstande zurückommen, indem ich in kurzem melde, was ich an Vorfällen dieses Jahres noch nicht berührt habe.


53. Der größte Theil der kaiserlichen Hofburg zu Palathi [Pölde], und in Utrecht die Hauptkirche sammt allen Gebäuden des Bischofs Ethelbald, sowie auch Ilburg [Eilenburg], die Stadt des Grafen Thiedrich, wurden durch einen unglücklichen Zufall eingeäschert.

Der Kaiser aber besuchte, von Bavanberge [Bamberg] kommend, zuerst Wirciburg [Würzburg], dann Frankfurt, wo er das Weihnachtsfest feierlich beging. Damit aber dir, mein Leser, der Ursprung des Namens dieser Stadt, Francanavordi, nicht länger verborgen bleibe, so will ich dir mittheilen, was ich von glaubwürdigen [330] 1017 Männern vernommen habe. Unter der Regierung Karls des Großen, des Sohnes König Pippins, entstand ein Krieg zwischen den Seinen und unseren Vorfahren. In demselben nun wurden die Franken von den Unseren in einer Schlacht besiegt und sahen sich gezwungen, über den Moin [Main] zu gehen, indem sie umherirrten, ohne eine sichere Furt zu wissen. Da aber ging eine Hirschkuh vor ihnen her und zeigte ihnen vermöge der Barmherzigkeit Gottes den Weg; ihr folgten sie also und erreichten so hocherfreut das rettende Ufer. Daher ward die Stelle die Frankenfurt genannt. Auf diesem Zuge ging der Kaiser, als er sich vom Feinde überwunden sah, den Fliehenden voran, indem er folgendes sagte: „Es ist mir lieber, daß die Leute schmähend sagen, ich sei hier geflohen, als daß ich hier falle, weil ich, wenn ich das Leben behalte, hoffen kann, die zugefügte Schmach zu rächen.“

Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 800 stiftete dieser Herrscher zur Verherrlichung seiner Tugenden und frommen guten Werke an einem Tage acht Bisthümer in Sachsen zu Ehren Gottes, indem er die einzelnen Sprengel anordnete.


54. In dem erwähnten Jahre verunglückten zur See vier große, mit verschiedenen Gewürzen beladene venetianische Schiffe.

In den westlichen Gegenden, wo vordem selten Ruhe war, blieb in dem Jahre, wie gesagt, alles, Gott sei Dank! in ungestörtem Frieden.

Ekkihard, mein geistlicher Mitbruder, Mönch des Klosters St. Johannis des Täufers zu Magadaburg, verlor, vom Schlage gerührt, die Sprache.

An der Grenze von Baiern und Mähren wurde ein fremder Wandersmann, Namens Coloman, von den Eingebornen festgehalten, weil man ihn für einen Kundschafter hielt, und durch grausame Mißhandlungen zum Geständnisse einer Schuld getrieben, von der er wirklich frei war. Obwohl er nämlich, so stark er konnte, seine Unschuld betheuerte, und versicherte er wandere als [331] ein armer Bruder Christi durch die Welt, so wurde er, obwohl 1017 ganz unschuldig, an einem Baume, der schon lange verdorrt war, aufgehängt. Und er war unschuldig, denn als eine Zeitlang nachher jemand ihm in’s Fleisch schnitt, so strömte Blut heraus, und Nägel und Haare wuchsen ihm. Auch der Baum selbst ward wieder grün, und zeigte, daß dies ein Märtyrer Christi war. Als das Markgraf Heinrich[71] erfuhr, ließ er den Leichnam in Mezilecum[72] bestatten.


  1. Bichlingi (Bichelingen, Beichlingen) liegt westlich von der Unstrut und von der Stadt Memleben.
  2. Wiehe, westlich von Memleben.
  3. Allerstädt in der Nähe von Memleben.
  4. oder: seinem, des Kaisers, Gelübde verfallen sei. W.
  5. Helphiti (Helfte) auf dem linken Ufer der Saale, in der Nähe von Mansfeld.
  6. S. Buch IV Kap. 6.
  7. Parei, Insel in der Elbe in der Nähe von Genthin.
  8. Das Fest des hl. Andreas war am 30. Novbr., also geschah dies am 7. Decbr.
  9. Kaufungen zwischen Fulda und Werra, kurz vor deren Zusammenflusse.
  10. Cassalun (Cassella) das heutige Kassel.
  11. S. oben Kap. 6.
  12. Imshausen, östlich von der Weser, in der Nähe von Münden.
  13. Gisela, später Gemahlin Konrads II, und ihrem Sohne Ernst.
  14. Dieser Ort lag auf der linken Seite der Elbe zwischen Torgau und Belgern.
  15. Zinnitz im Lande der Lusici, östlich von Liubusua.
  16. Crossen, vgl. Buch 6, 19.
  17. S. oben Buch 4 Kap. 28.
  18. Dies geschah nach dem Merseburger Kalendarium am 1. September 1015. Vgl. auch Quedlinburger Annalen 1015.
  19. S. oben Buch 4 Kap. 38.
  20. Dasselbe was die oben (6, 37) genannten Wethenicen, so viel wie vojnik, wojownik, Krieger.
  21. Die Jahna ist ein kleiner Fluß, welcher in der Nähe von Riesa von links in die Elbe fließt.
  22. Mucherini, jetzt Mokrehna, liegt zwischen Torgau und Eilenburg auf der linken Seite der Elbe.
  23. Vgl. hierzu oben S. 75, B. III, Kap. 9.
  24. S. oben B. VI, Kap. 34.
  25. Im Kloster Fructuaria. Nach dem Nekrologium von Dijon starb er am 14. December.
  26. Colidici (Koldiz) liegt nördlich von Rochlitz auf der rechten Seite der Mulde.
  27. Diese von Laurent mißverstandene Stelle erklärt G. Waitz in den Forschungen zur deutschen Geschichte XIII, 492.
  28. Anspielung auf das mittelalterliche Gedicht Ecbasis captivi V. 66, 88 und 248.
  29. Im Jahre 1005; s. oben VI, 13.
  30. S. oben VI, 21.
  31. Das hier Erzählte fällt in das Jahr 1015, da Propst Reding von Magdeburg am 5. Auguft 1015 starb. S. Buch VII. Cap. 13.
  32. E. Widukinds sächsische Geschichten, Buch I, Cap. 8.
  33. d. h. den Dänen.
  34. Er starb in England am 2. Februar 1014.
  35. Das steht bei Petrus 2, 2, 21.
  36. Wie Lappenberg bemerkt, ist Dunstens Vorgänger Elpheg gemeint, den 1012 auf solche Weise umkam.
  37. Schaltjahre hielt man also zu Thietmars Zeiten für unglücklich.
  38. Vielmehr Burchard, wie auch beim Sächsischen Annalisten steht. Er wurde oben Cap. 13 erwähnt.
  39. Hassegun oder Hassaga, die Landschaft um Merseburg.
  40. Luna, eine auch von den Normannen verwüstete Stadt, lag am Golf von Spezia, nordöstlich von Sarzana, wohin das Bisthum verlegt wurde.
  41. Pfund, d. h. Geldes; ein Pfund hatte zwanzig Solidi oder Schillinge.
  42. Vgl. Quedlinburger Annalen 1016.
  43. Der Teufel.
  44. Fretheni, Frethena oder Breden, in der Nähe von Münster, im jetzigen Kreise Ahaus.
  45. Upplan ober Upladen im Gaue Hammaland, zwischen Issel und Rhein in der Nähe von Nimwegen.
  46. Der Gau Siusili oder Siusali lag um die Milda, nördlich und südlich von Ilburg.
  47. Vgl. VI, 45. Aus dieser Stelle geht hervor, daß Sciciani nicht Seitsch bei Glogau sein kann, sondern daß dieser Ort, wie schon Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit (Buch IV, in den Anmerkungen) vermuthet, bei weitem westlicher liegen muß.
  48. Munna am untern Rhein, etwas unterhalb seiner Theilung in die Mündungsarme, nordwestl. von Xanten.
  49. Vgl. oben VII, 8.
  50. Leitzkau, s. oben VI, 14.
  51. Vgl. VI, 38.
  52. Nemzi ist die Stadt Nimptsch in Schlesien, in der Nähe von Reichenberg gelegen. Ihr Name weist auf ihre deutsche Erbauung hin; denn das Wort Niemez heißt in den slavischen Sprachen so viel wie ein der Sprache Unkundiger, ein Ausländer.
  53. Der Berg Zlenz, der heutige Zobtenberg.
  54. Belgern, s. VI, 38.
  55. Der spätere Kaiser Conrad II.; er hatte die Gisela, die Tochter des Herzogs Hermann von Alemannien gebeirathet.
  56. Schweinfurt, s. oben V, 23.
  57. Im Text steht freilich II. Non. Nov., allein da doch aller Wahrscheinlichkeit nach der Kaiser die Weihe während seiner Anwesenheit in Merseburg vornehmen ließ, da ferner der 6. Oct. ein Sonntag war, der 3. Nov. aber ein Montag, so hat man hier allgemein einen Schreibfehler Thietmars angenommen.
  58. Seine Gefangennahme ist im 13. Kap. erzählt.
  59. Rogalici (Röglitz) in der Nähe von Skudalici (Schkeuditz) an der weißen Elster.
  60. Oelschau bei Leipzig.
  61. Geusa ganz in der Nähe von Merseburg, etwas südwestlich davon.
  62. S. oben VI, 36.
  63. d. h. einst Domherr des Erzstifts Magdeburg.
  64. Adelheid, Tochter Otto’s II.
  65. Nach der Vermuthung von Urfinus Salben unweit Delitzsch.
  66. D. h. schütze alle Bewohner des Hauses.
  67. Ueber diesen Hausgott oder Kobold, Heinz, Heinzelmann, (d. h. eigentlich Heinrich) genannt; vgl. Grimm, deutsche Mythologie S. 496 und 699.
  68. Rochlitz, vergl. oben VI, 36.
  69. Sie hieß Anna, und diese Geschichte scheint unbegründet zu sein.
  70. Salsae Cholbergiensis. Es ist Kolberg in Pommern.
  71. Der baierischen Ostmark, von Oesterreich.
  72. Mezilecum (Melk) liegt an der Donau, westlich von Wien. Die Melker Annalen setzen diese Begebenheit in das Jahr 1012; es giebt eine eigene Schrift darüber, welche aber erst nach Heinrichs II. Tod verfaßt ist.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gesaudten
  2. Vorlage: Anßerdem
  3. Vorlage: Traner