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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1017 war und der Regen sich in Strömen ergoß, so konnten sie demselben gar nicht beikommen, sondern schlugen nur einige in die Flucht, und ein Theil der Feinde gelangte wider ihren Willen in die Stadt. Diese Stadt liegt in der Landschaft Silensi [Schlesien] die ihren Namen von einem sehr hohen und großen Berge[1] hat, der wegen seiner Größe und Beschaffenheit, weil daselbst heidnischer verruchter Götzendienst stattfand, von den Eingebornen gar hoch gefeiert wurde. Der Kaiser aber kam drei Tage nachher mit dem Hauptheere an, und ließ die Stadt ringsum einschließen, in der Erwartung, so seinem Feinde allen Zutritt zu verwehren. Dieser sein kluger Plan und sein durchaus guter Wille würde dort auch viel ausgerichtet haben, wenn in der Ausführung desselben die Bereitwilligkeit der ihn Unterstützenden ihm mit geholfen hätte. Nun aber gelangte doch durch alle Wachen hindurch in der Stille der Nacht eine starke Besatzung in die Stadt. Darauf erging auf unserer Seite der Befehl, alle Arten von Maschinen zu bauen, aber bald darauf erschienen auf Seiten des Feindes ganz ähnliche. Nie habe ich von Belagerten gehört, die mit größerer Ausdauer und klügerer Umsicht sich zu vertheidigen bemüht gewesen wären. Der Heiden wegen errichtete man ein Crucifix und hoffte, mit dessen Hülfe würden jene besiegt werden. Wenn diesen etwas glückliches widerfuhr, so jubelten sie nie, so wenig wie sie einen Unglücksfall durch ausbrechende Klagen kund gaben.

Indeß rückten die Mähren in Böhmen ein, eroberten eine Stadt und zogen unangetastet mit ungeheurer Beute heim. Als das Markgraf Heinrich [von Oesterreich] der darnach strebte, sie zu erreichen, vernahm, setzte er ihnen eilends nach, und nachdem er mehr als tausend Männer aus ihrer Mitte erschlagen, die anderen aber zum Fliehen gebracht hatte, sandte er alle von jenen Gefangenen frei nach Hause.

Auch ist nicht zu verschweigen, daß andere Krieger Bolizlav’s eine Stadt, Namens Belegori,[2] am 15. August Aug. 15. angriffen und obwohl sie sie lange bestürmten, doch Gott sei Dank! nichts ausrichteten.

  1. Der Berg Zlenz, der heutige Zobtenberg.
  2. Belgern, s. VI, 38.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/344&oldid=- (Version vom 23.11.2023)