Der schiefe Turm von Terlan
Der schiefe Turm von Terlan.
(Tiroler Volkssage.)
Der alte Kirchturm von Terlan
Kunnt’ nimmermehr gerade stahn,
Drum ward er abgetragen.
Und wenn ihr wissen wollt, warum?
So hört, ich will’s euch sagen:
Lang’ stand er kerzengrad’ in Ruh’,
Und was sich trug im Dorfe zu
Erzählten ihm die Spatzen:
Sie wussten ja von jedem was
Zu klatschen und zu schwatzen.
Nur einmal gab es eine Maid,
Die ringsherum und weit und breit
Und was das grösste Wunder war,
Sie zählte nun schon zwanzig Jahr
Und galt für unbescholten!
Als ihr Geburtstag sich gejährt,
Zur Frühmess’ ohne Zieren,
Da macht’ der Turm der schönen Cenz
Die allertiefste Reverenz,
Um ihr zu gratulieren
Der alte Herr blieb krumm und schief
Vor allzuviel Ekstase!
Nun harrt er einer reinen Maid,
Die zieht ihn nach der andern Seit’,
Wohl kommt so manches Mägdelein
Und scheint gar fromm und tugendrein,
Und doch – – und doch – – wie schade,
Es muss halt doch ein Häklein han,
Wird nimmermehr gerade!