Das Jubiläum eines Glücklichen

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Titel: Das Jubiläum eines Glücklichen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 299–302
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Das Jubiläum eines Glücklichen.

(Mit Portrait.)

Ist der Mann nicht glücklich zu preisen, der auf ein Vierteljahrhundert seiner Pflichterfüllung zurückblicken kann mit dem Bewußtsein: „Du hast nur das Gute gewollt, und das Beste ist Dir gelungen“? Ist er es nicht, wenn er, das Auge auf den Kreis seiner Lieben gerichtet, bekennen muß: „Mir hat ein freundlicher Stern geleuchtet; sein Strahl hat mich mit Glanz umgeben“? Wenn dieser Mann nun ein Fürst, ein Regent ist, wird nicht an seinem Jubeltage seine erste Frage sein: „Was sagt heute mein Volk?“ Diese Frage konnte Badens Großherzog am vierundzwanzigsten April an sein Volk richten. Und das Volk konnte antworten: „Wir freuen uns Deines Glückes. Du hast es um uns verdient.“

Das Großherzogthum Baden hatte am genannten Tage das Regierungsjubiläum seines Fürsten zu feiern. Wir Alle im übrigen Deutschland wissen, daß dieser Fürst in der Geschichte der Neugestaltung unseres nationalen Lebens auf den Gebietern der Einheit und Freiheit eine hervorragende Stellung einnimmt, und daß sein Name unzertrennlich verbunden ist mit den Errungenschaften, deren sich das deutsche Volk in der neuesten Periode seiner Entwickelung freudig und hochgemuth rühmen darf.

Es war ein glücklicher Gedanke, dieses Jubiläum durch eine Festschrift zu verherrlichen, welche in gedrängter Kürze und Uebersichtlichkeit die Ergebnisse der fünfundzwanzigjährigen Regierung des Großherzogs Friedrich zusammenfaßt und, in mehr als hunderttausend Exemplaren in allen Gemeinden des Landes verbreitet, auch dem heranwachsenden Geschlecht zu zeigen bestimmt ist, was in diesen fünfundzwanzig Jahren einer reich gesegneten Regierung im politischen Leben, auf den Gebieten der Gesetzgebung und Verwaltung, für Schule und Gewerbe, für Wissenschaft und Kunst, für Handel und Verkehr geschehen ist. Dieser von Archivrath Fr. von Weech verfaßten Festschrift „Baden in den Jahren 1852 bis 1877“[1], folgen wir, indem wir versuchen, ein Bild dieses bewegten und ereignißreichen Vierteljahrhunderts in Baden zu entwerfen.

Das kleinstaatliche Stillleben, welches das Großherzogthum in den Jahren führte, die der Revolution von 1849 folgten, bewegte sich innerhalb derselben Grenzen, welche das politische Dasein der meisten deutschen Länder in jenen Zeitabschnitte umschlossen. Es war mancherlei aufzubauen, was in den vorausgegangenen Wirren der Zerstörung zerfallen war; es galt die zerrütteten Finanzen zu ordnen, die Steuerkraft des Landes durch Verbesserung der betreffenden Gesetze richtiger zu verwerthen, das Vertrauen in die Dauerhaftigkeit der staatlichen Einrichtungen, das tief erschüttert war, wieder zu befestigen. Es war im Ganzen eine trübe Zeit, ohne Aufschwung, ohne treibende Ideen, ohne rechte Arbeitsfreudigkeit, eine Zeit, in welcher der Weizen einer geist- und herzlosen Bureaukratie in rechter Blüthe stand.

In dieses dumpfe und gleichgültige Leben, dem alle bedeutenden Männer, alle freieren Geister fern blieben, kam plötzlich ein frischer, fröhlicher Zug mit dem Sturme, der sich gegen das Concordat erhob. Denn als die erzbischöfliche Curie zu Freiburg, den Geist der Zeit verkennend, der ganz anders beim Jahr 1860 angekommen war, als er das Jahr 1850 verlassen hatte, sich gegen die bestehenden Gesetze des Staats auflehnte und ihnen offen den Gehorsam verweigerte, erhob sich gegen die drohende Unterordnung des Staates, gegen die Preisgebung staatlicher Hoheitsrechte zu Gunsten der Kirche die Vertretung des badischen Volkes. Die zweite Kammer verwarf das Concordat, und der Großherzog entließ am 1. April 1860 sein Ministerium und berief die Führer der gegen das Concordat gerichteten Bewegung, Stabel und Lamey, in den Rath der Krone.

Dieser Bruch mit der Politik, die zum Abschluß des Concordats [300] geführt hatte, ward aber gleichzeitig der Beginn einer völligen Umgestaltung des gesammten Staatslebens, das nun in neue Bahnen gelenkt wurde. Vor Allem trat an die Stelle des bisher oft nur scheinbaren ein aufrichtig constitutionelles System, getragen von Männern, die für den Parlamentarismus von jeher gekämpft hatten, gutgeheißen von dem Großherzoge, der das schöne Wort sprach: „Ich konnte nicht finden, daß ein Gegensatz sei zwischen Fürstenrecht und Volksrecht; ich wollte nicht trennen, was zusammen gehört und sich wechselseitig ergänzt: Fürst und Volk unauflöslich vereint unter dem gemeinsamen schützenden Banner einer in Wort und That geheiligten Verfassung.“

Dem inneren Leben der Kirche wurde die vollste Selbstständigkeit gewährt, im Uebrigen aber mußte sie sich unter die Souveränetät des Staates beugen. An die Stelle der Nothcivilehe trat 1869 die obligatorische Civilehe, und im gleichen Geiste eines festen und gemessenen Fortschritts wurden viele andere Gesetze erlassen, wie über die rechtlichen Verhältnisse der Stiftungen, die öffentliche Lehrwirksamkeit der Mitglieder religiöser Orden, die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken etc. Von höchster Bedeutung aber war die Befreiung der Volksschule von der Herrschaft der Kirche. Die confessionelle Volksschule, welche noch eine Reihe von Jahren hindurch die Regel gebildet hatte, machte 1868 der facultativen, 1876 der obligatorischen gemischten Schule Platz. An die Volksschule schließt sich seit 1875 eine Fortbildungsschule an, deren Besuch für die Knaben noch zwei Jahre, für die Mädchen noch ein Jahr nach Zurücklegung des schulpflichtigen Alters vorgeschrieben ist.

Auf dem Gebiete der Rechtsgesetzgebung traten seit 1864 Reformen in's Leben, welche Baden zu einem modernen Rechtsstaate im vollen Sinne des Wortes umschufen, und ebenso große Sorgfalt wandte der Großherzog und seine Regierung der Pflege der Wissenschaften und des höhern Unterrichtswesens zu. An den Landesuniversitäten Heidelberg und Freiburg und an der Polytechnischen Schule zu Karlsruhe wurden zahlreiche neue Lehrstühle errichtet, wissenschaftliche Institute erbaut und keine Kosten gescheut, um die ausgezeichnetsten Lehrkräfte zu gewinnen und zu erhalten. Nicht weniger ist für die Hebung von Landwirthschaft, Handel und Gewerbe geschehen, und auch hier ist den Unterrichtsanstalten ein besonderes Augenmerk geschenkt worden. Für den Verkehr wurde in ausgiebigster Weise gesorgt, vom äußersten Gebirgsort bis in das Rheinthal, welches von jeher eine Weltstraße voll pulsirenden Lebens war.

Die Finanzen des Landes wurden ausgezeichnet verwaltet. Der Wohlstand ist gestiegen, die Consumtionsfähigkeit gesteigert; die Staatseinnahmen sind vermehrt worden; abgesehen von der durch Werthe gedeckten Eisenbahnschuld, ist das Großherzogthum schuldenfrei.

Solche Umgestaltungen aller Zweige des Staatslebens, solche zahlreiche Neuschöpfungen konnten nicht in's Leben treten, ohne manchem mehr oder weniger heftigen Widerspruche zu begegnen. Offenen Widerstand fand die ganze moderne Gesetzgebung aber doch nur von Seite der katholischen Kirchenbehörden und der mit ihnen verbundenen ultramontanen Partei des Landes. Nicht nur jenen Gesetzen, die sich unmittelbar auf das Verhältniß der Kirche zum Staate beziehen sondern überhaupt allen auf freisinniger Grundlage aufgebauten Werken der Gesetzgebung zeigte sich diese Partei feindlich. Sie setzte alle Mittel in Bewegung, um der liberalen Entwickelung Schwierigkeiten zu bereiten, Hirtenbriefe des Erzbischofs und nach dessen Tode des Erzbisthumsverwesers, Versammlungen und Vereine mit specifisch-confessionellem Charakter, die durch das unwahre Vorgeben, daß die Religion bedroht sei, zu Stande gebracht wurden, Adreßstürme, eine vor keiner Verdächtigung und Rohheit zurückschreckende Presse – das Alles wurde aufgeboten, um den Glauben zu erwecken, daß das Volk in seiner überwiegenden Mehrheit von dem Fortschritt, von der freiheitliche Gesetzgebung nichts wissen wolle. Den rechtsgültig zu Stande gekommenen Gesetzen stellte, so weit sie kirchliche Verhältnisse berührten, die Curie zu Freiburg nicht nur Proteste, sondern theilweise directe Auflehnung gegenüber, welche den Erzbisthumsverweser selbst und zahlreiche Geistliche des Landes sogar in Conflicte mit dem Strafgesetzbuche brachte. Aber alle diese Uebergriffe der Kirchenbehörden, alle diese Agitationen der Ultramontanen scheiterten an dem streng gesetzlichen Sinne des Großherzogs, an der Festigkeit der Regierung, an der gesunden und klaren Erkenntniß des badischen Volkes, welches recht wohl zu unterscheiden wußte zwischen wahren und falschen Freunden, zwischen Licht und Finsterniß, zwischen dem ernsten Streben der liberalen Partei, das Volk immer mehr zur Bildung, zur selbstständigen Pflege seiner Interessen heranzuziehen, und den Bemühungen der Ultramontanen, es niederzuhalten in Unwissenheit und Unbildung zum Vortheil eines selbstsüchtigen Pfaffenregiments. Wenn es auch den Ultramontanen gelungen ist, im Laufe der Zeit eine Anzahl von Sitzen in der zweiten Kammer zu gewinnen, so steht dennoch fest, daß der weitaus größte Theil des badischen Volkes treu und bewußt dem liberalen Banner folgt und sich unentwegt zu der Ansicht bekennt, die Großherzog Friedrich noch unlängst bei festlichem Anlasse aussprach: daß die Gesetzgebung unseres Landes fest gegründet ist und daß auf den Grundlagen, auf welchen sie beruht, weiter gearbeitet werden muß.

Aber nicht nur die inländischen Oppositionsparteien bereiteten dem Werke der staatlichen Neugestaltung Badens manche Schwierigkeit, sondern auch von außen geschah gar Vieles, in der Absicht diese Arbeit nach Kräften zu erschweren. Es fehlte weder das mitleidige Achselzucken benachbarter „Staatsmänner“ über das unruhige, experimentirlustige Ländchen, noch die mit der Miene überlegener Besorgtheit vorgetragene Warnung vor Ueberstürzung, vor den unausbleiblichen traurigen Folgen des liberalen Regimentes. Um so ehrenvoller ist die stätige Ausdauer, mit welcher der Großherzog und die Männer, denen er sein Vertrauen schenkte, unbeirrt der einmal eingeschlagenen Richtung treu blieben, und sich – wie es der Großherzog in der Thronrede am Schlusse des Landtags von 1863 aussprach – bewährten „als wahre Freunde der Freiheit, jener Freiheit, die sich selbst beherrscht, und jenes Fortschrittes, der, aus der Einsicht des Bedürfnisses hervorgehend, sich in besonnener Erwägung des Staatswohls und treuer Liebe zum Vaterlande verwirklicht.“ Und jetzt, nach einer Reihe von Jahren, hat der Großherzog und hat die liberale Partei in Baden die Genugthuung, zu sehen, daß die „Experimente“, wegen deren man Baden belächelt oder bedauert hatte, in anderen deutschen Ländern, selbst in Preußen, ja für das ganze Reich eines nach dem andern zur Durchführung kommen.

War so die Haltung des Großherzogs Friedrich von Baden und seiner Regierung und Volksvertretung für die freiheitliche Entwickelung unseres Vaterlandes von einer Bedeutung, die weit über den Einfluß hinausreicht, welchen Baden, der Zahl seiner Quadratmeilen und Einwohner nach, zu beanspruchen hätte, so war dies in nicht geringerem Maße der Fall auf dem Gebiete der nationalen Einheitsbestrebungen. Dieselben Männer, welche den Kampf gegen die Uebergriffe der Curie aufgenommen und zu glücklichem Ende geführt hatten, übernahmen in Baden auch die Leitung der öffentlichen Meinung, als der Eintritt der „neuen Aera“ in Preußen, der Ausgang des Krieges von 1859, die Gründung des Nationalvereins in ganz Deutschland[WS 1] den nationalen Geist neu belebte. Mit voller Klarheit und Entschiedenheit wurde von den Anhängern der nationalen Partei in Baden, unter der Führung von Häusser, Jolly, Pagenstecher, Lamey, Eckhard und Anderen, die Forderung nach der Bildung eines Bundesstaates unter Preußens Führung, nach einer kräftigen Centralgewalt und einem nationalen Parlament erhoben. Und auch hier stimmte der Großherzog mit den Wünschen des politisch denkenden Theiles seines Volkes vollkommen überein. Durch die Berufung des Freiherrn Franz von Roggenbach an die Spitze seines auswärtigen Ministeriums gewann er einen ideal angelegten und national gesinnten Staatsmann für die Gestaltung seiner Beziehungen zum deutschen Bunde und zu den einzelnen Bundesstaaten; durch die Heranziehung von Männern wie Robert von Mohl und Karl Mathy zeigte er vor aller Welt, wie ernst und entschieden er die Aufgabe erfaßte, an seinem Theil für die Wiederaufrichtung eines geeinigten und mächtigen Deutschland mit voller Kraft thätig zu sein. Ueber die ebenso mannhafte wie fürstliche Haltung des Großherzogs Friedrich bei dem Frankfurter Fürstentage hat unser Artikel von 1863, der durch dieselbe sogar veranlaßt wurde, ganz besonders gehandelt.

Und als dann aus den Irrgängen dieser Frage sich plötzlich die deutsche Frage herausentwickelte, als sich die deutschen Mittel- und Kleinstaaten vor die Entscheidung gestellt sahen, in dem bevorstehenden Kampfe für Preußen oder für Oesterreich zu den Waffen zu greifen, auch da blieb Baden, so lange es möglich

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Großherzog Friedrich von Baden.

war, bestrebt, den im nationalen Interesse gesteckten Forderungen Preußens nicht nur selbst zuzustimmen, sondern auch die Zustimmung anderer Bundesgenossen zu verschaffen. In den schweren Junitagen 1866 führte dann freilich die geographische Lage des Landes, die erregte Stimmung weiter Bevölkerungskreise auch Baden in das österreichische Lager herüber, aber der Großherzog machte in vertrauten Kreisen kein Geheimniß daraus, daß er zwar als constitutioneller Fürst den Wünschen seiner Volksvertretung nachgekommen sei, aber seinerseits die Ueberzeugung seines Ministers Mathy, der jetzt dem schon früher ausgeschiedenen Roggenbach in die Stille des Privatlebens folgte, theile, daß Baden auf der unrechten Seite stehe.

Als die Siege der preußischen Waffen dem Großherzoge die Freiheit des Entschlusses, den badischen Liberalen die Unbefangenheit des politischen Urtheils wiedergaben, war Baden der erste unter den süddeutschen Staaten, der sich mit aller Entschiedenheit [302] angelegen sein ließ, Fühlung mit dem Norddeutschen Bunde zu suchen, zunächst auf dem militärischen Gebiete Alles zu thun, um in der Stunde, da das Vaterland rufen würde, bereit zu sein, als ein ebenbürtiges, vollbereites Glied des Ganzen in die volle nationale Gemeinschaft einzutreten. Männer, wie Mathy, Jolly, von Freydorf und Andere, die nun an die Spitze der Geschäfte traten, wiesen alle Versuche zurück, welche zur Bildung eines Südbundes gemacht wurden, sie arbeiteten, besonders seit Jolly, nach Mathy’s Tode, Ministerpräsident geworden, in Gemeinschaft mit dem zum Kriegsminister ernannten preußischen General von Beyer unausgesetzt daran, die Wehrkraft des Landes zu der Höhe der Leistungsfähigkeit, wie sie Preußen von seinen Staatsangehörigen beansprucht, zu bringen.

Als in den unvergeßlichen Tagen des Juli und August 1870 ganz Deutschland sich wie ein Mann erhob, um den wälschen Uebermuth zu züchtigen, da bewies die überraschende Schnelligkeit der badischen Mobilmachung, wie vortrefflich die ganze Umorganisation der badischen Felddivision gelungen sei.

Und während sich die badischen Truppen vor den Wällen Straßburgs, in den Gebirgen der Côte d’Or und endlich in dem dreitägigen heldenmüthigen Kampfe bei Belfort mit Ruhm bedeckten, war der Großherzog mit seinem in treuer nationaler Gesinnung bewährten Minister Jolly in Versailles thätig, an dem großen nationalen Einigungswerke zu arbeiten. Mit Recht sagt hierüber von Weech’s Festschrift: „Den ganzen Umfang des Antheils, der dem Großherzoge an der Gründung des Reiches zukommt, nicht nur durch sein jahrelanges, unentwegtes Festhalten an der nationalen Idee, sondern insbesondere durch seine rastlose und erfolgreiche Thätigkeit in Versailles, wo es galt, Schwierigkeiten aller Art aus dem Wege zu räumen, Bedenken zu beseitigen, Gegensätze zu versöhnen, wird erst in spätern Jahren der Geschichtsschreiber schildern und dadurch das hohe Verdienst des Großherzogs in ein noch helleres Licht stellen können.“

Was er unmittelbar als Regent seines Landes in entschlossener und opferwilliger Vaterlandsliebe gethan, das wissen wir. Vorbehaltlos hat er den Eintritt des Großherzogthums in das deutsche Reich vollzogen, ohne irgend eines der Reservatrechte zu verlangen, durch welche andere deutsche Staaten wenigstens einzelne Theile der alten Zersplitterung zu verewigen trachten. Durch den Abschluß einer Militärconvention, in Folge deren das badische Contingent unmittelbarer Bestandtheil der deutschen, beziehungsweise der königlich preußischen Armee wurde, hat er ferner bewiesen, daß seinem erleuchteten Patriotismus die Stärkung der nationalen Wehrkraft und die einheitliche Leitung des Heerwesens höher steht, als der Schein, den andere Fürsten des Reiches noch mit ihrer in Wahrheit doch nur dem Namen nach bestehenden „Kriegsherrlichkeit“ aufrecht zu erhalten suchen.

Mit größter Entschiedenheit ist Badens Fürst und Volk auch seit dem Eintritte des Großherzogthums in das neue deutsche Reich der freisinnigen Richtung auf allen Gebieten des Staatslebens treu geblieben, und auch ein vielfach mit Argwohn betrachteter Ministerwechsel im Herbste 1876, in Folge dessen Jolly und Freydorf aus dem Ministerium ausschieden, hat daran nichts geändert. Das Ministerium Turban-Stösser hat seither nicht nur durch feierliche Erklärungen, sondern auch durch die That bewiesen, daß es in allen wesentlichen Fragen, in vollster Uebereinstimmung mit dem Großherzoge, dieselbe freisinnige und reichstreue Haltung beobachtet, wie seine Vorgänger.

So darf denn nicht nur Baden, sondern das ganze deutsche Reich an diesem Ehrentage dem Großherzoge Friedrich die freudige Anerkennung zollen, daß er „den Besten seiner Zeit genug gethan“, und daran den Wunsch knüpfen, daß dem trefflichen Fürsten noch eine lange und ebenso wie diese fünfundzwanzig Jahre reichgesegnete, für sein Land und für ganz Deutschland fruchtbringende Regierungszeit gegönnt sei. Möge das deutsche Reich in guten und schlimmen Tagen stets in seinen Einzelländern Fürsten am Ruder stehen sehen, welche besonnen und entschlossen, selbstlos und opferwillig immerdar in so freudiger Hingabe dem Kaiser geben, was des Kaisers ist, wie es Großherzog Friedrich von Baden gethan!

  1. Verlag der A. Billefeld’schen Hofbuchhandlung in Karlsruhe. Das Schriftchen ist mit einem Bildniß des Großherzogs Friedrich aus der Gegenwart geschmückt. Wir müssen, weil ein neues Portrait nicht rechtzeitig fertig geworden, unsern Lesern zu diesem Jubiläums-Artikel ein Bildniß des Gefeierten aus dem Jahre 1863 nochmals vorlegen. Abgesehen von dem nun voller gewordenen Bart, haben die letzten dreizehn Jahre nur wenige Spuren in dem edlen Antlitz des Fürsten hinterlassen, der schon damals in der Ueberschrift unseres Artikels (1863, S. 692) „Der Liebling des deutschen Volks“ genannt werden konnte.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Dentschland