Textdaten
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Autor: Ernst Deecke
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Titel: Dâr danßt Bornholm hen
Untertitel:
aus: Lübische Geschichten und Sagen, S. 131–133
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Carl Boldemann
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Erscheinungsort: Lübeck
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Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[131]
70. Dâr danßt Bornholm hen.

Anno 1362 mußten die Seestädte, unter denen Lübeck die vornehmste war, dem König von Dänemark einen öffentlichen Krieg anbieten, darum daß er den unschuldigen Kauf- und Handelsleuten in seinem Reich eine Schatzung über die andere auflegte. Sie rüsteten also eine große Flotte aus, setzten den Lübschen Burgemeister Johann Wittenberg als Admiral darauf, und ließen die Schiffe nach Dänemark laufen.

Der König aber hatte den Städten auf ihre Absage – es waren ihrer 77 – zurückgeschrieben:

Söven und söventich hense,
Söven und söventich gense.
Biten mi nich de gense
Frâg ik’n Sch–t na de hense.

Auch war er nicht faul zur See, sondern setzte sein Volk gleichfalls zu Schiffe und verordnete seinen Sohn Christoffer zum Obersten darüber. Bald trafen sie auch auf einander und stritten mannlich zu beiden Seiten; und hätte sich der Streit leicht etwas länger verzogen, wenn nicht des Königs Sohn durch einen Stein aus dem Rohr erschossen wäre. Auf diesen Schaden wandten sich seine Schiffe und liefen davon.

Die Hanseaten aber waren damit nicht ersättigt, daß [132] sie die Feinde zur Flucht gebracht; sondern sie wollten auch noch Beute davon haben. Liefen deßhalb vor Kopenhagen und stiegen an’s Land; aber der König, der wohl sah, daß er sich nicht halten konnte, dachte auf eine List. Er ließ einen Waffenstillstand und Frieden anbieten, und während der Admiral Herr Johann Wittenberg Verordnete nach Lübeck abfertigte, lud er die Officiere auf sein Schloß zu seiner Königin Geburtstag. Da kamen denn auch alle, sonderlich Herr Johann Wittenborg, als der Städte Admiral, höchlich ausstaffieret; und der König empfing sie ganz herrlich. Da aber, nach Gewohnheit, Herr Johann die Königin um einen Tanz bittet, sagt sie in Züchten: es werde sich nicht wohl geziemen, vor allem Volk mit ihrer Feinde Obersten zu tanzen; dennoch könne sie es wohl zugeben, wofern er zuvor durch ein Zeichen seine Freundschaft kund thäte. Begehrt er zu wissen, was das sein möchte; spricht sie mit Hulden: „die Insel Bornholm.“ Da ist Herr Johann von der Königin so entzündet, daß er’s ihr zusagt; worauf sie den ganzen Abend mit ihm allein und niemand anders tanzt. Die Lübschen aber, da sie das sahen, sprachen mit einander: „Dâr danßt Bornholm hen!“ Des andern Morgens in der Frühe haben sie ihre Schiffe ausgereidet und sind nach Lübeck gefahren; die Dänen aber haben Bornholm eingenommen, und dem Kaufmann noch mehr Schaden gethan, denn zuvor.

[133] Herr Johann ist darnach zu Lübeck in den Thurm gesetzt, und folgendes Jahrs in einem Stuhl auf den Markt gebracht, wo ihm das Haupt abgehauen ist. Der Stuhl ist noch auf dem Rathhause; und auf dem Markt ist die Fliese noch zu sehn, darauf der Stuhl gestanden.

Ein Rath aber ließ aus Herrn Johanns Gütern einen großen silbernen Schauer machen; auf dem stand geschrieben: dâr danßt Bornholm hen. Daraus mußten, wenn der Hippokras geschenkt ward, die Burgemeister trinken, damit sie allezeit der Städte Ehre vor Augen hätten. Solches geschah jährlich zweimal nach dem Spruch:

„Dat letzte Für und dat êrste Gras, da drinken de Heren den Hippokras.“

und abermals:

„Dat êrste Für und dat letzte Gras, da drinken de Heren den Hippokras.“

Bemerkungen

[392] (Vollständig nur mündlich.) S. 133 Schauer – großes Trinkgeschirr. Hippokras – ein stark gewürzter Wein.