CXXVIII. Bonn Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band (1836) von Joseph Meyer
CXXIX. Cordova in Spanien
CXXX. Die Gräber der Könige bei Jerusalem
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CORDOVA
(Pallast und Gefængnisse der Inquisition)

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CXXIX. Cordova in Spanien.




Wenige Städte der Erde sind so merkwürdig durch ihre Schicksale, so sehenswerth wegen der Pracht ihrer Denkmäler, so beneidenswerth durch die Herrlichkeit ihrer Lage, als das königliche Cordova. Amphitheatralisch am Abhang eines Gebirgs gebaut, dessen Fuß ein reizendes Thal umgibt, in welchem der breite Guadalquivir seine Wogen hinwälzt, gewährt es, umgürtet von starken Mauern, die 128 Thürme tragen, in der Ferne einen Anblick, der die Zeit, wo Cordova unter den Hauptstädten der Erde als eine der größten und herrlichsten prangte, in die Gegenwart herüberzaubert. Aber die Täuschung schwindet, sobald man das Innere der Stadt betreten hat. Eine Menge Felder und Weinberge breiten sich über den bei weitem größten Theil des bewohnbaren Raumes. – Verfall und Verödung sind überall sichtbar, die herrlichsten Paläste stehen einsam; mehre sind ohne Thüren und Fenster und gar nicht, andere nur zum kleinsten Theil bewohnt. Die Gebäude der eigentlichen heutigen Stadt bedecken kaum den dritten Theil des Raumes innerhalb der Ringmauern, und sie stehen in engen, krummen und schmutzigen Gassen zusammen. Die öffentlichen Plätze sind unregelmäßig, nur der Hauptmarkt macht eine Ausnahme; durch [102] seine herrliche Piazza ist er noch immer einer der schönsten der Welt. Die Zahl der Einwohner war einst 300,000; – sie kann jetzt höchstens 25,000 seyn. Der Bodenreichthum der Umgegend nährt das Volk reichlich bei wenig Arbeit; aber Gewerbe und Handel, einst hier weltberühmt, sind verschwunden. Selbst die Seidenfabriken, welche noch blüheten bis in die neuere Zeit, sind unter den Stürmen, welche das arme Spanien gegenwärtig verwüsten, größtentheils zu Grunde gegangen und die berühmten königlichen Stutereien bestehen, aus Mangel an Fonds, blos dem Namen nach. Nichts, auch nicht ein einziges Gebäude, gibt von der Gegenwart ein erheiterndes Zeugniß; alles deutet auf den furchtbaren Schicksalswechsel hin, welchen Cordova erduldete.

Cordova ist eine Gründung Rom’s – und ward durch eine Gesellschaft auswandernder Patrizier erbaut, weshalb sie auch in den ersten Zeiten COLONIA PATRICII hieß. Später nahm sie den Namen Corduba an. – Ihre herrliche Lage und gesunde Luft machten sie zum Lieblingsaufenthalt vornehmer römischer Geschlechter, und sie galt, als Rom sank und die Gothen die Pyrenäen überstiegen, Spanien und auch Corduba eroberten, für eine der schönsten Städte der iberischen Halbinsel. Die Gothen verwüsteten die Stadt, und die herrlichsten Denkmäler aus der klassischen Zeit gingen schon damals unter. –

Die Herrschaft der Gothen, welche allmählich römische Kultur annahmen, wurde, nachdem sie ein Paar Jahrhunderte gedauert und sich durch langen Frieden und innige Verschmelzung der Besiegten und Sieger befestigt hatten, durch eine Art zweiter Völkerwanderung unterbrochen, welche sich aus Arabiens Steppen durch Nordafrika gegen Europa wälzte. Kelad, genannt das Schwerdt Gottes, der Nachfolger Mahomed’s, hatte in fanatischer Begeisterung für die Ausbreitung der Lehre des Propheten, ewigen Krieg erklärt gegen die Ungläubigen auf der ganzen Erde. Im Jahre 632 zogen die unter der Fahne Mahomeds vereinigten Stämme der Araber aus ihren Wüsten, eine furchtbare Völkerfluth, getrieben von angeborner Raubsucht und brennend von frisch entglühetem Enthusiasmus, Welteroberung ihr offen verkündigter Zweck. In zwei Arme theilte sich der Strom, dessen einer sich ostwärts über Persien hinwälzte, während der andere das mit herrlichen und festen Städten prangende Syrien überfluthete, wo ihm Heraklius, der Kaiser des römischen Ostreichs, vergeblich mit großen Heeren tapfer entgegentrat. Als zwei Hauptschlachten diese vernichtet hatten und der Weitereroberung der römisch-asiatischen Provinzen die Bahn gebrochen war, wendete sich eine Abtheilung der Araber über die Landenge von Suez dem Westen zu, und drang brennend, verwüstend, austilgend durch ganz Aegypten. In schnellem Siegeslauf brachte Amrud, der Feldherr der Araber, das ganze Nilland mit seinen königlichen Städten in des Chalifen Gewalt. Nur die Lybische Wüste hinderte für jetzt den Strom der Sarazenen, weiter westwärts zu dringen. – Kelad’s Nachfolger verfolgten den Welteroberungsplan, und unter El Walid stieg die arabische Macht am höchsten. Die Lybische Wüste war schon früher von den Arabern überschritten, Carthago erobert, und ganz Nordafrika bis nach Ceuta hin verheert und in Besitz genommen worden; El Walid’s Feldherren, in drei Welttheilen Sieger, drangen über die Meerenge von Gibraltar, vernichteten die tapfer widerstehenden Heere der christlichen Gothen, erstürmten und zerstörten ihre Festen [103] und pflanzten, zum Schrecken von ganz Europa, Mahomed’s Fahne auf den Gipfeln der Pyrenäen auf.[1] Ganz Spanien war in ihrer Gewalt.

Aber nicht unbestritten blieb sie. Viele vertriebene Gothen hatten sich in die nördlichen und westlichen Gebirge geflüchtet, und sie fanden dort bei den kühnen, nie ganz bezwungenen Stämmen der Ureinwohner Schutz und Beistand. Ein mörderischer Kleinkrieg, den der wüthendste Religionsfanatismus nährte, dauerte fort, verderblich für das Land; – denn die Schwierigkeit, ihre Macht auf der Halbinsel zu befestigen, brachte die Sarazenen gegen die christliche Bevölkerung noch mehr auf und beförderte das grausame Werk ihrer Verfolgung. Spanien schwamm in Blut, und was von der römischen Herrschaft und Blüthe nach den Eroberungsstürmen der Gothen und Vandalen Großes erhalten worden war, ging vollends unter.

Unterdessen zerfleischte innerer Hader das arabische Weltreich. Ein Seitenzweig von Mahomed’s Haus hatte sich, nach Austilgung der direkten Nachkommenschaft des Propheten, im Besitz des Throns von Damaskus gesetzt, und die Omaijaden herrschten usurpatorisch über die Gläubigen; mit den Schrecken der Tyrannen und wie diese gehaßt. Einige Generationen hindurch hielt Despotie die Gluth unterdrückt; unter Merwan brach sie in Flammen aus. Ibrahim, Enkel eines Oheims des Propheten, el El-Abbas, (Stifter des Hauses der Abbassiden) wurde in Chorosan vom Heere als Herrscher[WS 1] ausgerufen; zwar bald ermordet; aber dann sein Bruder, Abdullah, statt seiner zum Gegen-Chalifen erwählt. Merwan verlor gegen diesen in einer Hauptschlacht am Nil Leben und Reich, und das Geschlecht der Omaijaden wurde von dem Sieger schonungslos ausgetilgt bis auf den letzten Zweig. Also vergalt Nemesis die Ermordung der Enkel des Propheten.

Nur ein einziger Sprößling des Fürstengeschlechts, Abdorraman, entrann, verkleidet und nach wunderbaren Schicksalen in das ferne Abendland. Die Thäler des Atlas verbargen ihn als Flüchtling; Spanien nahm ihn als Herrscher auf. Dieser entlegenen Provinz waren die Parteiungen des Hauptlandes fremd geblieben; sie ehrte das Haus, unter dessen Scepter es vom Anbeginn gestanden. Also baute der noch einzig übrige Abkömmling der Omaijaden, durch Glück und Muth, in Spanien einen neuen Thron, welcher längern und festern Stand als der verlorene in Damaskus hatte. Und zur Hauptstadt dieses auf immer vom großen Chalifat getrennten Reiches erkohr er Cordova.

Der Stolz und die Prachtliebe seiner Beherrscher (die sich gleichfalls Chalifen nannten) und ihr Reichthum, die Frucht einer wenigstens im Anfang weisen und kräftigen Verwaltung, erhoben Cordova bald zur würdigen [104] Nebenbuhlerin von Bagdad. Der Segen der Natur, mehr noch der Zauber des Throns, zogen die angesehensten Familien des Reichs in seine Mauern, und ein Pallast stieg nach dem andern empor. Die Liebe zu den Wissenschaften und der Kunst schmückte häufig den Thron der Chalifen; Cordova ward der berühmteste Sitz der Bildung. Als Rom, verwüstet, in Schutt lag, Italien abwechselnd dem Greuel der Bürgerkriege und der Plünderung der Sarazenen preisgegeben in Barbarei versank, in Byzanz die Kultur verknöcherte und das oströmische Reich seine Lebenskraft im vielhundertjährigen Todeskampfe gegen die Ungläubigen verblutete; als der von Karl dem Großen im Westen der Pyrenäen angezündete Strahl der Kultur wieder längst erloschen war, und in Frankreich, in Deutschland, in England und in den Ländern der Donau das rohe Faustrecht und die vom euxinischen Meere einwandernden Horden Alles in Finsterniß und Verwilderung stürzten: war Cordova der Altar, auf welchem der Kultur heiliges Feuer fortbrannte, das leuchtende und erwärmende Strahlen in des Westens barbarisches Dunkel warf.

Aber nach dem ewig wiederkehrenden Verhängniß der asiatischen Reiche, als unausbleibliche Folge des Einflusses der Despotie, auf welche sie alle sich gründen, (da jene immer erstarrend auf das gesellschaftliche Leben und geisttödtend auf die Völker wirkt,) ermattete im Laufe der Jahrhunderte das Chalifat; sein Glanz fing an zu erbleichen. Der Enthusiasmus, welcher die Zöglinge des Propheten in der ersten Periode des Reichs zur Ausbreitung des Korans und zur Ehre Allah’s fröhlich in die Schlachten gegen die fort und fort mehr Macht und Ruhm gewinnenden Christenheere der fränkischen Herrscher, und die wie ein Phönix aus der Asche hervorgehenden Gothischen Volksreste trieb, wurde schwächer; die erste Heldenperiode war vorüber. Liebe des Genusses, Neigung zu friedlichen Gewerben, zur Ruhe, und stille Wißbegierde hatten den kühnen Geist der Araber gebändigt, ihre Schwerter stumpf gemacht. – Glücklich noch für sie, wären sie einig geblieben, hätte Theilung der schon geschwächten Kraft diese nicht noch mehr vermindert. Das Haus der Omaijaden, unter welchem Cordova so groß geworden, fiel (1038) nach dreihundertjähriger Dauer durch Verschwörung und Aufruhr mächtig gewordener Vasallen; mit ihm das Chalifat. Das arabische Reich löste sich in eine Menge kleiner Staaten auf, und neben einander sah man die Königreiche Cordova, Toledo, Sevilla, Saragossa, Badajoz, Algarbien, Granada, Valencia, Murcia, Almeria, Mallorka u. s. w. entstehen. Schon hatten die Gothischen Stammreste von den Cantabrischen Gebirgen aus nach und nach die Araber aus ganz Gallizien gedrängt, und unter Ordogno dem Zweiten, der den Titel eines Königs annahm, sah man in Leon die Wiege der zu neuem Glanz emporblühenden christlichen Macht. Es war ein kleiner Haufen, diese Gothen, aber in jedem Einzelnen lebte die Begeisterung des Helden und die Idee, für den Triumph des Christenthums zu streiten, machte so zu sagen ihre Sache zu der des ganzen christlichen Europa. Es zogen ihnen alljährlich Schaaren der feurigsten, heldenmüthigsten Jünglinge aus den edelsten Geschlechtern der germanischen Völkerstämme zu, um in ihren Reihen den Ruhm des christlichen Namens erfechten zu helfen, und also ward ihr langer Kampf gegen die Mauren die glorreichste Periode des christlichen Ritterthums. Aber von der andern Seite erhielten auch die Sarazenen oft und in den gefährlichsten Lagen Hülfe von Glaubensbrüdern [105] aus Afrika, und die gemeinschaftliche Gefahr einigte nicht selten die Getrennten zum tapfersten Widerstand. Die Mauren (Araber) stritten, als sie die Uebermacht der christlichen Waffen fühlten und einsahen, daß es um Seyn und Nichtseyn sich handelte, mit Löwenmuth, wichen nur schrittweise, und noch im fünfzehnten Jahrhundert war das Königreich Granada ihr wohl vertheidigtes Besitzthum. Erst als zu Ende dieses Zeitabschnitts das ganze christliche Spanien unter einer Krone vereinigt worden, und so vereint die ungeheuerste Uebermacht gegen die Mauren entwickelte, erst dann als der unnatürlichste, innere Hader das unglückliche Granada zerfleischt und das Herzblut der Araber versprützt hatte, (Bruder und Sohn standen gegen den rechtmäßigen Herrscher auf!) ging im letzten verzweifelten Kampfe gegen die Heere der Christen das Gestirn der Moslims für immer in Spanien unter, und mit der Einnahme Granada’s (1492) war das spanisch-sarazenische Reich, nach achthundertjähriger Dauer, erloschen.

Cordova war schon früher gefallen. Schon mit dem Sturz des Omaijadischen Herrscherhauses und der Auflösung des Chalifats, hatte es seine Blüthenzeit geendet; denn als Hauptort eines kleinen Staats konnte es nicht die frühere Bedeutung der Metropole eines der mächtigsten Reiche behaupten. Inzwischen war es auch nach der Eroberung durch die christlichen Spanier noch immer groß; denn seiner Bevölkerung, fast ganz arabischer Herkunft, war freie Religionsübung durch Vertrag gestattet, und die Künste des Friedens hielten Wohlhabenheit in seinen Mauern zurück. Aber als Ferdinand die Vernichtung der Maurischen Macht vollendet hatte, als nichts mehr von derselben zu fürchten war, nahm der Katholische (so nannte ihn die Kirche zum Lohn seines Eifers für die Reinigung des Reichs von den Ungläubigen) die Maske ab, und die Welt hörte aus seinem Munde den feierlich proklamirten Grundsaß: daß kein König verbunden sey, Ungläubigen Wort zu halten. Er ließ der gesammten mahomedanischen Bevölkerung blos die Wahl zwischen Taufe und Auswanderung. Wer konnte, wählte das letztere. 200,000 arabische, wohlhabende Familien verließen ihre alten Wohnsitze und zogen über’s Meer in’s mauritanische Land. Spanien verlor seine reichsten und betriebsamsten Bürger. Ganze Provinzen standen leer und verwilderten. Aber die Kirche triumphirte und rief dem Könige ihr Hosianna zu. Niemals hat sich Spanien von den Folgen dieser kurzsichtigen und grausamen Politik wieder erholen können.

Auch aus Cordova zogen 40,000 Einwohner. Ein Drittel der Häuser wurde leer und der Verfall der Stadt folgte dem Abzuge der Mauren auf dem Fuße, weil mit diesen zugleich Reichthum, Handel und Gewerbe flohen. – Indessen war mit dem freiwilligen Abzuge das Verfolgungswerk nicht vollendet. – Ausrottung des Mohamedanismus bis auf die letzte Spur, war die Aufgabe Ferdinand’s, und dazu war ein ander Werkzeug nöthig, als die Taufzeremonie der Bleibenden. Dieses Werkzeug wurde in der Inquisition erfunden, in jenem Blutgericht des Glaubens, gleich geeignet der zügellosesten Habsucht des Königthums und der Kirche, wie ihrem Verfolgungsgeiste, zu dienen. Dieses Schreckenstribunal, errichtet zunächst, um die heimliche Ketzerei der getauften Mauren auszurotten, gab Leben und Vermögen jedes Spaniers der Willkühr des Staatsoberhaupts und der mit ihm verschworenen Pfaffen preis. [106] Es wurde eine Frist von 30 Tagen verkündigt, binnen welcher sich jeder ketzerischer Meinung Schuldige selbst angeben und Reue versichern sollte. Geschah dieß, so wurde er blos um Geld gestraft und für ehrlos erklärt. Niemals durfte er ein Amt bekleiden, weder reiten, noch Waffen tragen. Doch behielt er Leben und Eigenthum. – Beides verlor aber der, welcher die Gnadenfrist verstreichen ließ. – Viele Tausende gaben sich an; als aber die Frist vorüber war, traten 20,000 besoldete Angeber, Späher und Häscher in Thätigkeit, und schon im ersten Jahre starben über 2000 der angesehensten Familienväter „zur Ehre Gottes!“ auf dem Scheiterhaufen. Auch Abwesende und längst Verstorbene konnten verurtheilt werden, wenn Zeugen deren ketzerische Meinungen beschworen. So hatte man ein Mittel gefunden, selbst unmündigen Kindern und Solchen, deren Rechtgläubigkeit nicht in Zweifel gezogen werden konnte, ihr Vermögen zu entziehen. Man holte die Leichname der verurtheilten Verstorbenen, oft bloße Gerippe noch, aus den Särgen und verbrannte sie gleich den Lebendigen.

Spanien füllte sich mit Gefängnissen an, – heilige Häuser nannte sie die christliche Kirche, – deren Einrichtung zum geflissentlichen Zwecke hatte, der Unschuld Schuldgeständnisse abzupressen, oder sie zu Tode zu martern; denn in beiden Fällen wurde die Hauptabsicht erreicht. Starb nämlich ein Angeklagter vor dem Geständniß im Gefängniß, so zeugte dies wider ihn und seine Güter gehörten dem Staat, der den Raub mit der Kirche (durch Stiftung und Dotirung von Klöstern und Abteien) gemeinlich theilte. – Auch Cordova wurde zu einem Haupttribunal der Inquisition gemacht, und diesem ein Theil des alten Chalifenpallastes, – dessen Trümmer nebst der mit 4000 Jaspissäulen geschmückten großen Moschee, (jetzt Kathedrale) noch heute die Bewunderung der Welt sind, – zum Wohnsitz eingeräumt. Tiefe unterirdische Gewölbe unter dem Pallaste wurden in Gefängnisse verwandelt. Mit Schaudern sieht man diese kaum 5 Fuß hohen Zellen, um welche ein stinkender Wassergraben so geleitet ist, daß die Jauche immer 2 Fuß hoch in den Zellen stehen muß, in welchen die Unglücklichen angekettet lagen. Ueber diesen befinden sich die Torturkammern, und jede Zelle kommunizirt mit denselben durch ein viereckiges Loch in der Decke, durch welches das Martergeschrei der Gequälten herab zu den Gefangenen drang. Während einer zweihundertjährigen Wirksamkeit soll der Cordover Gerichtshof 17,000 Todesurtheile gefällt haben. –

Die Furcht vor diesem grauenvollen Tribunal verleitete noch viele Tausende zur Auswanderung. Cordova entvölkerte sich von Jahr zu Jahr, wie fast alle Städte des unglücklichen Spaniens, und nur der Naturreichthum seiner Gegend hat es bisher vor noch tieferm Versinken bewahrt. Aber, mit Jesaias zu reden, „seine Herrlichkeit ist vergangen und seine Gegenwart ist ohne Glanz!“




  1. Die unsterbliche Schlacht bei Poitiers (772), – die sechstägige – in der 350,000 Sarazenen ihr Leben verloren, und „das hochstämmige, kühne Geschlecht der Deutschen, mit mauerfester Brust und eisernem Arme streitend“, unter Karl Martell endlich zur Vertilgung des Araberheeres den Ausschlag gab, machte dem Welteroberungsplane der Araber und dem weitern Vordringen derselben von dieser Seite bekanntlich für immer ein Ende, und die Sarazenen, daß schon halb eroberte Frankreich verlassend, zogen sich hinter die Pyrenäen zurück.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Heerscher