Textdaten
<<< >>>
Autor: Carl Ernst Bock
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Blutung
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 29, S. 386-387
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[386]

Die Naturheilkraft.

Blutung.

Die Naturheilungsprocesse (s. Gartenl. Jahrg. III. Nr. 25), durch deren Vermittelung auch ohne Zuthun des Arztes und seiner Arzneimittel die meisten Krankheiten vollständig oder mit Hinterlassung mehr oder weniger beschwerlicher Folgezustände gehoben werden, lassen sich am besten bei Verletzungen, Blutungen und Entzündungen, überhaupt bei örtlichen Leiden beobachten. Weniger deutlich sind für uns zur Zeit noch diese Processe bei den sogen. allgemeinen oder Blutkrankheiten, obschon hier die Erfahrung gelehrt hat, daß ein passendes diätetisches Verhalten zur Heilung gewöhnlich vollkommen ausreicht, und daß das ärztliche Eingreifen oft mehr schadet als nützt. – Betrachten wir nun diese Naturheilungsprocesse bei den verschiedenen Krankheitszuständen etwas genauer.

Bei Blutungen, mögen sie nun am Aeußern unseres Körpers oder aus und in dem Innern desselben (als Blutflüsse) vorkommen, ist stets der Zusammenhang der Blutgefäßwände gestört, so daß nun das Blut aus seiner Röhre (Pulsader, Haargefäß oder Blutader) herausläuft. Eine solche Zusammenhangstrennung kann aber ebensowohl auf mechanische Weise, durch Bersten, Zerreißen und Zerschneiden des Gefäßes, wie durch innere Zerstörungsprocesse (Vereiterung, Verjauchung, Brand,) zustande kommen. Nach der Weite und Beschaffenheit des zerstörten Blutgefäßes wird natürlich das Blut in größerer oder geringerer Menge, schneller oder langsamer herauslaufen; nach der Lage des blutenden Gefäßes aber dringt das Blut entweder nach außen durch die natürlichen Oeffnungen des Körpers hervor, oder in die Höhlen und Gewebe des Körpers ein, so daß es sich hier mehr oder weniger anhäuft und Störungen der verschiedensten Art veranlaßt. – Blutungen aus größeren Pulsadern können, wenn sie nicht durch baldige Verschließung (Zusammendrückung, Unterbindung) der Ader gestillt werden, zum Tode durch Verblutung führen; Blutergüsse aus kleineren Gefäßen dagegen können durch Zusammenfallen und Verstopfung derselben recht gut von selbst heilen. Liegen die blutenden kleineren Gefäße oberflächlich und kann man zu denselben gelangen, dann sind Druck und besonders Kälte (kaltes Wasser, Eis, Schnee,) die besten blutstillenden Mittel, weil sie zur Verschließung des offenen Gefäßes beitragen können. Höchst komisch ist der große Ruf, welchen die Arnica als Heilmittel gegen Blutungen allmälig erlangt hat, da doch, wenn sie äußerlich als Tinctur oder in Wasser angewendet wird, nur der Spiritus der Tinctur oder die Kälte des Wassers, die Arnica selbst aber nicht das Geringste wirkt. Ganz kindisch ist es, an die blutstillende Wirkung homöopathischer Gaben der Arnica, innerlich genommen, zu glauben. Da liegt wirklich in dem sympathetischen Hokuspokus, im Blutversprechen, noch mehr Verstand, insofern hier die psychische Einwirkung beruhigend auf die Blutströmung (durch die Herznerven) wirken kann. Mit solchem Hokuspokus ist freilich die ganze homöopathische Heilmethode zu vergleichen und deshalb eines gebildeten Mannes unwürdig; sie wird auch sicherlich in einiger Zeit nur noch von alten Weibern, Schäfern, verdorbenen Medicinern u. dgl. Leuten betrieben werden.

Beantworten wir nun die Fragen: wie hemmt die Natur den Blutausfluß, und was geschieht mit dem ausgeflossenen Blute? – a) Der Blutausfluß wird dadurch gehemmt, daß das zerstörte Gefäß sich nach seiner Entleerung in sich zurück- und zusammenzieht, auch wohl zusammenfällt, und daß sich dasselbe nun mit einem Blut-Pfropfe, d. i. einem Gerinsel aus Blutfaserstoffe verstopft und schließt. Auch kann das ausgeflossene Blut, indem es fest wird (gerinnt), eine Art Deckel über der Oeffnung des Gefäßes, durch welche das Blut ausströmt, bilden und so das weitere Ausströmen desselben durch die Oeffnung hindern. Die meisten innern Blutungen werden auf diese Weise von der Natur gestillt. –

[387] b) Das ausgeflossene Blut, wenn es nicht sofort aus dem Körper entfernt wird, scheidet sich gewöhnlich (wie das aufgefangene Blut beim Aderlasse) in einen festen und einen flüssigen Theil, es gerinnt (sein Faserstoff wird fest), doch bleibt es bisweilen auch flüssig. Im letzteren Falle werden nach Auflösung der Blutkörperchen die Blutbestandtheile allmälig aufgesogen und wieder in den Blutstrom geschafft. Die Blutfarbe bleibt dabei nicht selten zurück und färbt die Stelle der Blutung entweder bleibend oder eine Zeit lang bald schwärzlich oder grünlich, bald bräunlich oder gelblich, so daß sich dann später entweder gar keine Spur mehr von der Blutung oder nur eine gefärbte Stelle zeigt. Gerann aber der Faserstoff des ausgeflossenen Blutes, dann können die Folgen sehr verschiedene, mehr oder weniger heilsame sein. Jetzt ist es nämlich möglich, daß das Faserstoffgerinsel sich in ein neues Gewebe, in weicheres oder härteres Fasergewebe verwandelt, welches zeitlebens dort, wo es entstand, bleibt, gewöhnlich ohne weitere Beschwerden zu machen, und welches sehr oft den Blutfarbstoff in verschiedener Färbung (roth, gelb, braun, schwarz) in sich zurückhält. Auf diese Art findet sich später da, wo die Blutung stattfand, eine härtliche nicht selten gefärbte Stelle. - Auch kann es geschehen, daß das geronnene Blut zu einer dunklen, harten, sogar kalkigen Masse eintrocknet, und dann nicht mehr entfernt wird. – In andern Fällen erweicht das Faserstoffgerinsel zu einer dicklichen, eiterähnlichen Flüssigkeit, die durch Fäulniß in eine ätzende, zerstörende Jauche umgewandelt werden und so zur Verschwärung Veranlassung geben kann. Auf diese Weise entsteht bisweilen da, wo Blut austrat, eine eiternde, geschwürige Stelle, die aber, wie später gezeigt werden wird, durch die Natur ebenso geheilt werden kann. Hiernach kann es also bei Blutungen kommen: zur vollständigen Aufsaugung des Blutes, zur Bildung härtlicher Stellen durch Eintrocknung oder Fasergewebsbildung, zur Vereiterung oder Verschwärung. In der Regel sind die letzteren Folgezustände gefahrlos, und ihre Heilung wird durch die Natur besorgt (s. Schlagfluß in Nr. 19 der Gartenlaube).

Die Natur kann nun in ihrer Heilung der Blutungen in Etwas unterstützt werden, abgesehen natürlich von chirurgischer Hülfe (Compression, Unterbindung) bei Blutungen aus größeren und zugänglichen Blutgefäßen, und von Anwendung der Kälte unmittelbar auf die blutende Stelle (z. B. Eis bei Magenblutung u. s. w.). Diese Unterstützung geschieht aber am besten durch große Ruhe und horizontale Lage des ganzen Körpers, besonders aber des blutenden Theiles, und durch Verminderung der Blutzufuhr zur Stelle der Blutung durch Herabsetzung der Herzthätigkeit. Den letztern Zweck erreicht der allopathische Arzt durch Darreichen narkotischer Arzneistoffe, besonders des rothen Fingerhutes, während der Homöopath dies durch sein Nichts nicht ermöglichen kann. Nach starkem Blutverluste muß durch leicht verdauliche, nahrhafte Kost das verloren gegangene Blut wieder ersetzt werden. Die Diät bei Blutungen darf ja nicht eine reizende sein, sondern muß in kühlen, milden, leicht verdaulichen Speisen und Getränken bestehen. Alles, was das Herz stärker klopfen machen könnte (wie Kaffee, Thee, Spirituosa u. s. f.), ist ängstlich zu vermeiden. Die Luft im Zimmer muß mehr kühl als warm sein.
(Bock.)