« Kapitel A 6 Beschreibung des Oberamts Sulz Kapitel B 1 »
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VII. Geschichtlicher Überblick und Alterthümer.
1. Politischer Zustand.

Die Anwesenheit der Römer in diesem Oberamtsbezirk ist blos durch Reste ihrer Straßen, einige Spuren von Niederlassungen (s. 4, A.) und gefundene Anticaglien (z. B. eine Münze vom Kaiser Trajan v. J. 116, bei Busenweiler entdeckt) bekundet; namentlich sind bis jetzt keine größere oder mit Inschriften versehene römische Steindenkmale bekannt geworden. Er gehörte zu den Gegenden, welche am Schluß des 3. Jahrhunderts n. Chr. den Römern durch die Alemannen abgenommen wurden, welch’ letztere in diesen obern Gegenden selbst wieder um’s Jahr 536 unter die Botmäßigkeit der Franken kamen, wobei sie übrigens doch noch längere Zeit ihre Volksherzoge behielten. Ein neues Herzogthum Alemannien blühte mit dem Anfang des 10. Jahrhunderts auf.

Die Zeit des ersten Eintretens der Ortschaften in die beurkundete Geschichte, vom Anfang bis 1200 herab, reiht sich folgendermaßen: Aistaig, Mühlheim, Vöhringen 772, Bickelsberg, Brittheim, Dornhan, Dürrenmettstetten (?) 782, Beuren, Isingen 786, Sulz 790, Trichtingen 793, Binsdorf 843, Hopfau, Leinstetten 1085, Leidringen 1088, Rothenzimmern 1094, Kirchberg 1095, Breitenau, Fürnsaal um 1100, Boll 1101, Gundelshausen 1125, Wittershausen 1139, Renfrizhausen um 1180, Bettenhausen (12. Jahrh.).

Über diese Schwarzwaldgegend erstreckte sich die weitgedehnte Berchtoldsbaar.[1] Dieselbe im Großen beherrschte das Berthold’sche Geschlecht, die Stammeltern der nachherigen Herzoge von Zäringen (Stälin, Wirt. Gesch. 1, 551). Der Peratoldus, welcher 793 oder kurz zuvor dem Kloster St. Gallen eine Besitzung in Trichtingen überließ (Wirt. Urk.-Buch 1,44), gehörte wohl diesem Geschlechte an. Da die Zäringer bereits 1218 im Hauptstamm erloschen, so macht sich nur noch ein Nebenzweig derselben in diesen Gegenden bemerklich. Es sind dies die um’s Jahr 1186 abgezweigten Herzoge von Teck. Ihr Besitz in unseren Gegenden hing zusammen mit dem der Herrschaft Oberndorf, welche – wohl schon von ihren Zäringischen Ahnen – dem Kloster St. Gallen zu Lehen aufgetragen war und von den Herzogen von Teck als Zugehörung zu dem obersten Schenkenamt des Klosters zu Lehen getragen wurde. Herzoglich teckisch war| die Herrschaft Rosenfeld mit Rosenfeld, Aistaig, Bergfelden, Beuren, Bickelsberg, Brittheim, Isingen, Leidringen, Renfrizhausen, Trichtingen, Vöhringen, Weiden und Wittershausen. Da bei dem Aussterben der Zäringer die Grafen von Urach-Freiburg durch Einheirathung Miterben der Herzoge von Zäringen waren, so weist der Dienstmann dieser Grafen, Berthold von Leidringen 1231, auf alte zäringische Dienstherrlichkeit in diesen Gegenden zurück. Auch der an Kloster St. Georgen gekommene Besitz in Rothenzimmern erinnert an ursprüngliche zäringische Oberhoheit.

Neben diesem ausgedehntesten Machtsprengel gehörte unserem Bezirke eigenthümlich an das Gebiet der Grafen von Sulz[2], welches bei dem frühen Wegzug dieser Grafen (s. Sulz im topogr. Theil) durch den Übergang an andere Besitzer sich bemerklich macht. Von den genannten Grafen kam Sulz mit dem Schlosse Albeck und Sigmarswangen um 1250, wie es scheint durch Einheirathen, an die Herren von Geroldseck, ferner Holzhausen und Mühlheim 1390 an ebendieselben. Dornhan[3] gelangte durch Schenkung seit 1095, Hopfau mit einem Theil von Neunthausen 1278, halb Dürrenmettstetten 1278 ff. sämmtlich an Kloster Alpirsbach, halb Dürrenmettstetten an die Herren von Neuneck, später an das Kloster Muri, ein Theil von Neunthausen an Adelsfamilien. Ein Theil von Boll kam durch Adelheid, Tochter Graf Berchtolds von Sulz, verehelichte von Schwarzenberg, 1345 an das Kloster Alpirsbach. Marschalkenzimmern erhielten in unbestimmter Zeit die Herren von Lupfen.

Die Grafen von Zollern-Hohenberg waren Hauptbesitzer in Binsdorf (bis 1381), Kirchberg und hatten Antheile an Sulz, Mühlheim, Renfrizhausen und Boll. Sitze gräflich hohenbergischer Vasallen waren Dornhan, Brandeck, Leinstetten. Der gräflich zollerische Besitz insbesondere tritt übrigens blos bei Binsdorf und zwar in dessen früher Zeit hervor; er wird von dem gräflich hohenbergischen überwachsen und letzterer kommt sonst allein in Betracht.

Ein bedeutender Adelsbezirk war die Herrschaft Sterneck-Leinstetten, welche, nach dem Wappen der ursprünglichen Besitzer zu| schließen, zuerst zusammengehörte. Sie begriff im brandeckischen Antheil: Sterneck, Brandeck, Busenweiler, Dottenweiler, Fürnsaal, Geroldsweiler, Trollenberg, Unterbrändi und Wälde. Den Herren von Leinstetten gehörte Leinstetten, Lichtenfels und Bettenhausen.

Neben diesen weltlichen Besitzern wurde unter den geistlichen der Abt von Alpirsbach der bedeutendste (s. A. I. 5).

Württemberg erwarb die Herrschaft Rosenfeld, welche namentlich auch einen Theil des „Höbergs“ (Heubergs) begriff, durch Kauf von den Herzogen von Teck im Jahr 1317 und Dornhan von eben demselben um 1380, die Herrschaft Sulz von den Herren von Geroldseck 1471–73, Marschalkenzimmern von den Herren von Grafeneck 1598, die Herrschaft Sterneck von den Grafen von Attembs 1749.

Diese altwürttembergischen Besitzungen waren unter verschiedene Ämter vertheilt. Das altwürttembergische Amt Sulz begriff Sulz, Schloß Albeck, Fluorn, Holzhausen, Mühlheim, Sigmarswangen und den Hof Burgösch. Dazu kamen nach dem Tode des Grafen Wilhelm von Zimmern die Höfe Ramstein, Butschhof, Wenthof und Bruderhaus, welche dem Amt den 5. Mai 1595 einverleibt, 1807 aber dem Oberamt Rottweil zugetheilt wurden. Auch der bisherige Kammerschreibereiort Marschalkenzimmern wurde 1807 dem Oberamtmann in Sulz, unter dessen Oberamtsstab er übrigens bereits gehört hatte und welcher in den letzten Zeiten zuvor allda Schloßverwalter gewesen war, unter Aufhebung dieser besonderen Stelle – gleich den andern Finanzkammerorten untergestellt.

Zum altwürttembergischen Amt Rosenfeld gehörten die A. I. 5 aufgezählten Bestandtheile, dazu noch Flözlingen und Täbingen.

Dem altwürttembergischen Amt Dornhan waren zugetheilt: Dornhan, Gundelshausen und die sterneckischen Lehensorte Breitenau, Busenweiler, Fürnsaal, Wälde, Geroldsweiler, Unterbrändi und Trollenberg. Diese Lehensorte waren 1749 in ein unter dem Oberamt Dornhan stehendes Stabsamt vereint worden, das bis 1806 bestand. Rothenzimmern gehörte zum Klosteramt St. Georgen; Boll, halb Dürrenmettstetten, Hopfau, Niederdobel und Wittershausen zum Klosteramt Alpirsbach.

Durch den Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 erhielt Württemberg den Antheil des Stifts Muri an Dürrenmettstetten, welcher dem württembergischen Oberamt Rottweil und der Landvogtei Rottweil zugetheilt wurde. Der napoleonische Tagsbefehl vom 19. Dezember 1805 verschaffte ihm die Oberherrlichkeit über die ritterschaftlichen Orte Leinstetten und Bettenhausen (damals| Sponeckisch) und Neunthausen (den Herren von Gaisberg und von Linden gehörig), welche zum Oberamt Sulz kamen. Der Preßburger Friede vom 26. Dezember 1805 brachte ihm das österreichische Schultheißenamt Binsdorf mit Bernstein und Kirchberg.

Die Oberämter Sulz und Dornhan kamen 1806 zum Kreis Calw, das Oberamt Rosenfeld zum Kreis Rottenburg. Im Jahre 1807 wurde das Oberamt Dornhan aufgelöst und dem Oberamt Sulz zugetheilt, das jetzt auch Dürrenmettstetten und Marschalkenzimmern (s. oben) erhielt. Das Obervogteiamt Horb, welches 1806 an das Oberamt Sulz gekommen war, wurde bereits den 18. Juni 1807 ein eigenes Oberamt. Dem Oberamt Rosenfeld wurde 1807 vom Klosteramt St. Georgen Rothenzimmern, vom Klosteramt Alpirsbach Gößlingen, ferner die neue Erwerbung Binsdorf mit Bernstein und Kirchberg zugetheilt. Im Jahr 1808 aber löste man das Oberamt Rosenfeld ganz auf und vereinigte dessen Hauptbestandtheile mit dem Oberamt Sulz, welches auch Boll, Hopfau und Wittershausen vom Oberamt Alpirsbach erhielt, dagegen an dieses letztere das ehemalige Oberamt Dornhan abtrat. Am 27. Oktober 1810 kam das Oberamt Sulz zur Landvogtei am mittleren Neckar, erhielt vom aufgelösten Oberamt Alpirsbach Dornhan mit Gundelshausen, vom Oberamt Freudenstadt Neuneck (das es schon 1812 wieder zurückgab) und trat dafür an das Oberamt Oberndorf Fluorn, an das Oberamt Rottweil Gößlingen ab. So erhielt es seinen jetzigen Bestand und kam am 18. November 1817 zum Schwarzwaldkreis.

2. Kirchliche Eintheilung.
A. Vor der Reformation.

Der Oberamtsbezirk lag im Archidiaconat vor dem Wald des Bisthums Constanz; von seinen Ortschaften gehörte zum Landcapitel Rottweil: Bickelsberg, Breitenau, Brittheim, Dornhan, Leidringen, Marschalkenzimmern, Trichtingen, Unterbrändi und Wittershausen. Zum Landcapitel Haigerloch: Bergfelden, Binsdorf, Isingen, Mühlheim am Bach, Rosenfeld, Sulz und Vöhringen. Zum Landcapitel Dornstetten (später Horb): Dürrenmettstetten, Hopfau und Leinstetten mit Bettenhausen und Kaltenhof.

B. Seit der Reformation.
Wie in Altwürttemberg überhaupt, so wurde die Reformation in den Jahren 1534 und 1535, so weit der Bezirk damals württembergisch war, eingeführt. Bei Marschalkenzimmern war dies 1599| (gleich im Jahr nach württembergischem Ankauf) der Fall. (Bezüglich Unterbrändi’s siehe diesen Ort.) Die Ämter Sulz, Dornstetten, Dornhan und Alpirsbach wurden durch die Synodalordnung vom 1. August 1547 in ein Dekanat vereint, das zu Sulz seinen Sitz hatte. Solches kam 1577 zum Generalat Tübingen, später zum Generalat Bebenhausen, den 3. November 1810 wieder zum Generalat Tübingen, am 18. Oktober 1823 aber zum Generalat Reutlingen. Das Amt Rosenfeld kam 1547 zum Dekanat Balingen. Am 3. November 1810 gab das Dekanat Sulz an das Dekanat Freudenstadt ab: Lombach, Ober-Iflingen, Reinerzau, Schömberg und Wittendorf; dagegen erhielt es vom Dekanat Balingen: Aistaig, Mühlheim am Bach und Weiden, und noch weiter von demselben Dekanat den 20. April 1824: Rosenfeld, Bergfelden, Bickelsberg, Isingen, Leidringen, Rothenzimmern und Trichtingen, und den 7. Januar 1836 wurde ihm auch die neugestiftete evangelische Stadtpfarrei Oberndorf (mit dem von Wittershausen getrennten Boll als Filial) zugetheilt.

Bei der definitiven Eintheilung der katholischen Landeskirche, den 3. November 1810, kamen zum Landcapitel Horb: Leinstetten mit Bettenhausen; zum Landcapitel Ebingen: Binsdorf. Nachdem das Landcapitel Ebingen aufgehoben worden war, wurde Binsdorf dem Dekanat Spaichingen (den 23. Februar 1820), hierauf dem neuerrichteten Dekanat Schömberg (den 15. August 1844) zugeordnet.

Sämmtliche protestantische Patronate gehören der Krone, von den zwei katholischen das zu Binsdorf gleichfalls der Krone, das zu Leinstetten der Gutsherrschaft.


3. Besondere Schicksale.

Aus den Schicksalen dieses Bezirkes heben wir folgende Einzelnheiten hervor.

Beim Aufstand des armen Konrads 1514 trat in Rosenfeld Hans Stephan auf und klagte Amtmann und Gericht an, daß sie nur thäten, was der Herrschaft nützlich sey und die Gemeinde nicht darum fragten. Wer nun solches mit ihm zu rächen begehre, der solle zu ihm treten. Die ganze Gemeinde trat ihm bei und er wählte Fünfzehn aus ihr aus, die dann in der Umgegend herumzogen, die Bewohner von Bergfelden, Vöhringen und anderer Nachbarorte ebenfalls für ihre Sache gewannen. Zu Dornhan sprach sich der Unwillen namentlich gegen den Schultheißen aus, dessen Absetzung verlangt wurde. Es kam jedoch zu keiner weiteren Thätlichkeit. Als Rudolph von Ehingen nach Abschluß des Tübinger Vertrags in die| Gegend einrückte, um die neue Huldigung einzunehmen, fand er in Sulz, Dornhan, Rosenfeld und in den dazu gehörigen Amtsorten „fromme und willige Leute“ und der Huldigungsakt ging ohne Schwierigkeit vor sich.

Während des Bauernkriegs erschien den 29. April 1525 vor Sulz ein 8000 Mann starker Haufen aus dem Schwarzwald und vom Heuberg unter Anführung des Johann Müller von Bondorf und beschoß die Stadt so nachdrücklich, daß in kurzer Zeit ein 147 Fuß langes Mauerstück einstürzte. Da nun die Belagerer auch Brandpfeile in die Stadt schoßen und die Holzvorräthe der Saline anzuzünden drohten, so öffnete man ihnen die Thore, worauf die Stadt durch Plünderung und Erpressungen vieles zu leiden hatte, bis die Bauern bei Annäherung des schwäbischen Bundesheeres weiter zogen (v. Martens 227).

Die größten Leiden brachte auch über das Oberamt Sulz der dreißigjährige Krieg. Schon 1619 und 1620 begannen die Einquartierungen und besonders die herzoglichen Arkebusier-Reiter verübten allen Unfug; die Verschlechterung der Münzen wirkte störend auf Handel und Verkehr und die Sittenverderbniß und Verwilderung begannen schon jetzt sich so zu äußern, daß man ernstliche Befehle gegen das Fluchen und Gotteslästern, den Wirthshausbesuch, den Gassenlärmen und ärgerliche Tänze erließ, auch täglich um 12 Uhr die Betglocke zu läuten befahl. Wegen der stets drohender werdenden Kriegsgefahr wurden die Bürger fleißig in den Waffen geübt und deßwegen auch in Sulz ein Drillmeister angestellt. Die Rüstungen und Übungen dauerten auch in den nächsten Jahren fort; dazu kamen Quartiere, Lieferungen und Contributionen (Köhler 246, 385); aber mit dem Jahr 1634 nach der Niederlage bei Nördlingen ging die Noth erst recht an. Im September überfiel die kaiserliche Besatzung in Villingen die Stadt Sulz, brandschatzte sie und das Amt, und ihr folgten bayerische Truppen, welche hier Quartiere nahmen, auch kamen eine Menge Flüchtlinge. Eine bösartige Seuche brach aus, welche 1635 in der Stadt Sulz allein 591 Menschen hinwegraffte. Krankheiten, Theurung und Hungersnoth herrschten auch in den nächsten Jahren und die zügellose Soldateska erlaubte sich Ausschweifungen jeder Art. Am 16. März 1638 erschien eine schwedische Kriegsschaar vor Sulz, trieb die hier aufgestellten Bayern zurück und eroberte am nächsten Tage die Stadt. Im April zogen sie wieder ab, ließen aber in Sulz und auf dem Schloß Albeck, wohin viele Leute ihre Habe geflüchtet hatten, eine kleine Besatzung| zurück. Am 19. April aber überfiel der General Graf von Fürstenberg mit kaiserlichen und bayerischen Truppen die Stadt, nahm sie nach kurzem Widerstand ein und plünderte sie gänzlich aus. Hierauf ergab sich sogleich auch das Schloß Albeck, in welches nun eine bayerische Besatzung gelegt wurde (v. Martens 405).

Die Kriegsleiden dauerten fort und in dem Bericht über den Zustand des Landes vom 20. November 1640 heißt es: „Sulz ist durch immerwährende Einquartierung ruinirt und das Amt steht leer, im Städtlein Dornhan sind von Jahr und Tag her nicht drei oder vier Bürger mehr vorhanden.“ Die meisten Bewohner des flachen Landes waren umgekommen oder hatten sich geflüchtet und die Feldgüter lagen unangebaut da. Dennoch mußten immer neue Steuern und Contributionen umgelegt werden und die Einquartierung dauerte fort. Im Februar 1641 erschienen die weimarischen Truppen vor der Stadt, erstürmten sie am 21. Februar und hieben die bayerische Besatzung nieder, zogen aber bald wieder ab. Hierauf kam im April eine Streifschaar von 15 Mann aus Hohentwiel, welche das von nur 13 Bayern besetzte Schloß Albeck einnahm, nach muthiger Gegenwehr aber am 19. Juni an die Bayern zurückgeben mußte (Martens 422).

Am 29. August 1642 erschien der Generalfeldzeugmeister von Mercy mit kaiserlichen und bayerischen Truppen am Mühlbach, nahm sein Hauptquartier zu Vöhringen und brach erst am 14. September wieder auf. Am schlimmsten ging es im Juli und August 1643, als die kaiserlichen und bayerischen Truppen den Marschall Guebriant auf seinem Rückzuge über Sulz verfolgten; denn die Stadt und ihre Umgegend wurde rein ausgeplündert, ihre Bewohner vielfach mißhandelt (v. Martens 440, Mone Quellensamml. zur bad. Landesgesch. 2, 428); vier Tage lang lag das Hauptquartier des Herzogs von Lothringen zu Sulz; die Kriegskosten von Stadt und Amt in diesem Jahre wurden auf 73.437 fl. berechnet. Im Jahr 1644 dauerten nicht nur die Quartiere fort, sondern es mußten auch zur Belagerung von Rottweil Frohnen geleistet werden. Am 18. (28.) Februar 1646 nahm Oberst Widerhold von Hohentwiel aus Sulz durch Überfall ein, nahm mehrere bayerische Dragoner, welche die Besatzung bildeten, gefangen, und kehrte mit reicher Beute aus den von Erpressungen gefüllten Quartieren des Feindes in seine Bergfeste zurück. Durchmärsche und Einquartierungen dauerten auch in den letzten Jahren des Krieges fort und erschöpften die schwachen Kräfte der Bewohner vollends ganz und hörten erst 1650 völlig auf, nachdem die Bayern| das Schloß Albeck schon Ende Septembers 1649 geräumt hatten (v. Martens 492). Im Jahr 1652 fehlte im Amt Sulz noch ein Viertheil, im Amt Rosenfeld zwei Fünftheile, in Dornhan aber drei Viertheile der früheren Bevölkerung.

Auch während der französischen Kriege (1688–1714) hatte das Oberamt wieder Bedrängnisse mancherlei Art zu erdulden. Schon im Sommer 1688 herrschte große Angst wegen eines Einfalls der Franzosen, von denen eine Streifschaar im December d. J. und im Januar 1689 Sulz und Umgegend heimsuchte (v. Martens 521). Durchmärsche, Quartiere und Requisitionen verschiedener Art dauerten bis 1693 fort. Ende Augusts und Anfang Septembers 1689 war ein kaiserliches Lager bei Vöhringen (Köhler 389).

Im Mai 1704 zog Herzog Eberhard Ludwig mit seinen Truppen durch Sulz und die Umgegend und den 27. Aug. 1707 hatte er sein Hauptquartier in Mühlheim; doch blieb der Oberamtsbezirk von feindlichen Einfällen verschont, aber Durchmärsche, Quartiere und Lieferungen verursachten große Kosten.

Von 1744–45 lag französische Besatzung in Binsdorf, Namens K. Karls VII.

Nach einer langen Friedenszeit erschien 1796 das französische Heer nach seinem Rheinübergang auch in dieser Gegend, am 17. Juli fiel das erste Scharmützel bei Sulz vor, in der Nacht zogen die deutschen Truppen von hier ab und am 18. rückten die Franzosen ein, wobei es ohne Plünderung nicht abging; besonders schlimm kamen Holzhausen und Mühlheim weg. Doch schon am 28. September kamen die Österreicher wieder und der durch Plünderung etc. erlittene Verlust des Oberamts war nicht bedeutend. Im Jahre 1799 zogen die Franzosen in Eilmärschen über Dornhan und Sulz nach der Donau.

Neue Durchzüge und Lieferungen brachten die J. 1813 und 14.


4. Alterthümer.
A. Römische.

Die Römer, welche sich bekanntlich in den Neckargegenden so vielfältig angesiedelt hatten, haben auch im diesseitigen Bezirk manche Spuren von ihrem ehemaligen Aufenthalt hinterlassen, um so mehr als der Oberamtsbezirk Sulz gerade zwischen zwei bedeutenderen Niederlassungen, Rottenburg und Rottweil, liegt und daher mehrere Römerwege, welche die beiden Orte unter sich oder mit andern römischen Niederlassungen verbanden, durch den Bezirk führten.

| Von römischen Straßen sind bis jetzt folgende aufgefunden und als solche erkannt worden:

1. Die römische Haupt-Militärstraße, welche von Windisch (Vindonissa) in der Schweiz über Rottweil nach Rottenburg etc. führte, erreicht unter den Benennungen „Hochstraße, Heerweg, Heidenweg etc.“ den Bezirk 1/4 Stunde westlich von Marschalkenzimmern, lief ganz nahe (westlich) an Dornhan vorüber und überschritt bei Bettenhausen das Glatt-Thal um auf der jenseitigen Anhöhe über den Kaltenhof und südlich von diesem Ort in das Oberamtsbezirk Freudenstadt zog, wo sie über Ober-Ifflingen, Schopfloch etc. fortsetzte (siehe hier. die Oberamtsbeschreibung von Freudenstadt). Die wohl gepflasterte Straße ist an vielen Stellen noch gut erhalten.

2. In der Nähe von Hochmössingen zweigt von der oben angeführten Straße ein Römerweg ab und kommt südwestlich von Weiden in den Bezirk, westlich an letzterem vorüber ziehend, führt derselbe beinahe in gerader Richtung gegen das Sulzer Viehhaus, dort wendet sich die Straße gegen Nordosten, 1/4 Stunde nördlich an Sulz vorüber bis in die Nähe des Schnaithofs und von da nach Fischingen im Königreich Preußen, um dann über Empfingen etc. nach Rottenburg fortzusetzen. Die Straße, welche noch häufig die kunstmäßige, gepflasterte Anlage zeigt, trägt den Namen Hochstraße und erhält erst in der Nähe der Landesgrenze die Benennung „Sträßle.“

3. Von Rottweil herkommend, führte eine Römerstraße 1/8 St. westlich an Wittershausen vorüber in schnurgerader Richtung auf die südlich von Sulz gelegene Anhöhe, wo eine römische Niederlassung stand (stehe hier. unten) und von da nach Sulz auf die nördlich von Sulz gelegene Anhöhe, wo sie die ad 2 beschriebene Straße kreuzte und 1/4 Stunde nördlich an Dürrenmettstetten unter der Benennung „Sträßle“ zu der bei Unter-Ifflingen gestandenen Niederlassung führte. Diese Straße war ohne Zweifel wegen der Salzquellen bei Sulz angelegt und scheint eine entschiedene Commercialstraße gewesen zu seyn.

4. Die gleiche Bestimmung hatte wohl auch die römische Straße, welche von der römischen Niederlassung bei Sulz nach Vöhringen und von da durch das Beurener Thal zu der bei Binsdorf gelegenen römischen Niederlassung (s. unten) führte; sie trägt noch stellenweise den Namen „Heerweg“ und bei Anlage der neuen Straße durch das Beurener Thal ist man auf das wohl gefügte Pflaster der ehemaligen Römerstraße gestoßen.

5. Ein sog. Heerweg führte 1/4 Stunde südlich an Binsdorf vorüber bei der abgegangenen Burg Bubenhofen über das Bubenhofer| Thal auf die jenseitige Anhöhe über die Flur „Steinmauren“ 1/8 Stunde nördlich von Rosenfeld, weiter gegen die sog. Kapelle in der Richtung gegen Trichtingen; der römische Ursprung dieses größtentheils abgegangenen Wegs kann nicht verbürgt werden.

6. Unter den Benennungen „Hardtweg, Dietweg (d. i. Heerweg)“ führt ein alter Weg 1/4 Stunde südlich an Trichtingen vorüber nach Leidringen, dort auf den sog. kleinen Heuberg, auf dessen Rücken fort über den Hasenbühl, wo er die Benennung „Heusteig“ trägt, gegen Geislingen; auch diese Straße kann als eine römische nicht verbürgt werden.

Was nun die römischen Wohnplätze betrifft, so sind bis jetzt folgende im Bezirk entdeckt worden:

1. Südlich von Sulz, auf der sog. Weiherwiese, oben an der Vöhringer Steige stand eine römische Niederlassung, die etwa einen Flächenraum von 10 Morgen einnahm; auf dieser Stelle vereinigten sich zwei Römerstraßen, die eine von Rottweil, die andere von Binsdorf herkommend (s. hier. auch die Ortsbeschreibung von Sulz).

2. Von der römischen Niederlassung, welche bei Unter-Ifflingen, Oberamts Freudenstadt, stand (s. hier. die Oberamtsbeschreibung von Freudenstadt, Abschnitt „Alterthümer“) greift noch ein Theil in die Markung Leinstetten ein, der die Benennungen Hinter- und Vorder-Alt-Ara (Altara, Altera) trägt (s. hier. Württ. Jahrbücher, Jahrg. 1846, Heft I. S. 155 ff.); hier soll nach der Volkssage eine Stadt gestanden seyn und ein daselbst noch vorhandener, ausgemauerter Brunnen wird der Stadtbrunnen genannt, auch ist man schon öfters auf Gebäudeschutt u. s. w. auf dieser Stelle gestoßen.

3. Auf den zwischen Binsdorf und Erlaheim gelegenen Saibswiesen stand ein römischer Wohnplatz, von dem man im Jahr 1808 Hypocauste aufdeckte.

4. Etwa 1/4 Stunde westlich von Trichtingen stand auf der Flur „Weil“, über die eine Römerstraße führt, ein römischer Wohnplatz; außer römischen Grundmauren wurden daselbst schon römische Ziegel und einige wohl erhaltene römische Gefäße gefunden.


B. Deutsche.

Altgermanische Grabhügel sind bis jetzt nur in dem auf Sulzer Markung gelegenen Walde „Glockenthurm“ gefunden worden, und sog. Reihengräber entdeckte man nördlich von Sulz bei Anlage der neuen Steige nach Hopfau und in der Nähe von Bergfelden.

Von Schlössern, Klöstern, Burgen, Burgruinen und Stellen| ehemaliger Burgen, Kirchen, Kapellen etc. finden sich folgende im Bezirk: erhalten sind noch das Schloß in Leinstetten und das ehemalige Schloß in Rosenfeld, wie auch die Klöster Kirchberg, Bernstein und Binsdorf (jetzt Pfarrhaus). Theilweise oder ganz abgegangen sind folgende Burgen, Klöster etc.:
Auf der Markung Sulz, das ehemalige Schloß Geroldseck und die Burg südlich von Sulz.
Aistaig, die Burg Aistaig.
Bergfelden, im Ort ein Frauenkloster des Dominikaner-Ordens.
Beuren, unweit Vöhringen.
Boll, etwa 1/4 Stunde vom Ort befindet sich eine viereckige Schanze, der Burgstall genannt.
Brandeck, Burg bei Dornhan.
Brittheim, im Schorren- oder Klosterwald ein abgegangenes Beginnenhaus.
Bubenhofen, Burg der hienach genannten Herrn, bei Binsdorf.
Dornhan, im Ort ein ehemaliges Kloster, in der Vorstadt stand die St. Leonhardskapelle und beim Schafhaus ebenfalls eine Kapelle; in der Braunhalde stand ein Gutleuthaus und nicht weit davon ein Bruderhaus und die St. Wendelinskapelle.
Dürrenmettstetten, im Ort stand eine Burg, an der sog. Käppelessteig eine Kapelle und bei Engerstall ein Kloster.
Fürnsaal, im untern Theil des Orts soll eine Kirche und auf den sog. Hochmauren eine Kapelle gestanden seyn.
Hopfau, oberhalb der Pfarrhalde stand eine Burg.
Leinstetten, die Burg Lichtenfels.
Marschalkenzimmern, im Ort stand die Burg der Edlen von Zimmern, ihr gegenüber der sog. neue Bau.
Renfrizhausen, eine Burg auf dem sogenannten Burgstall und außerhalb des Orts soll eine Kirche gestanden seyn.
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Auf der Markung Rosenfeld, im Ort zwei ehemalige Klöster, auf der Flur Steinmauren soll ein Schloß gestanden seyn.
Rothenzimmern, hinter der Kirche stand eine Burg.
Sterneck, die Burgruine.
Trichtingen, auf dem sog. Burgstall stand eine Burg und auf der Flur „zu Wolfgang“ die St. Wolfgangs-Kapelle.
Vöhringen, auf der Burghalde stand die Burg der Herren von Vöhringen.
Weiden, im Eichwäldle Spuren von ehemaligen Verschanzungen.

Näheres über die genannten Schlösser, Burgen etc. findet sich in den Ortsbeschreibungen.

Abgegangene Orte, von denen sich einzelne Spuren oder die Namen noch erhalten haben, kommen vor:

Auf der Markung Sulz, Bezenhausen.
Aistaig, Denkenhausen.
Bergfelden, auf dem Dickeberg soll eine Stadt gestanden seyn.
Brittheim, Haarhausen.
Hopfau, unfern des Waldes Steingarten sollen Gebäulichkeiten gestanden seyn.
Rosenfeld, Lengen.
Vöhringen, Beuren.

Überdieß kommen noch Flurbenennungen vor, die auf ehemalige Orte, Burgen etc. hindeuten und zwar: auf der Markung Bergfelden „uff der Stadt, Altheimer Weg, Altheimer Thal, Burghalde“ etc.; auf der Markung Brittheim, Hochstetten, „Hochstetter Thal“; auf der Markung Dürrenmettstetten „Städtle“; zunächst bei Mühlheim „Burgstall“.


  1. Dornhan wird 1048 als im Nagoldgau gelegen bezeichnet, auffallender Weise, da die andern Orte dieses Gaues ziemlich nördlicher liegen.
  2. Ein Graf Alwig von Sulz heißt regionis illius loci (Alpirsbach) comes ... tempore Lotharii regis (1125–1137). Wirt. Urk.-Buch 1, 362.
  3. Von Dornhan heißt es 1251: a retroductis temporibus comitis Hermanni de Sulzo (des noch 1217 vorkommenden) et filii sui Alewici (des schon 1219 genannten), ad quos caussa judicialis villae Dornhan pertinebat. Besold Docum. 253. Bald nach 1251 erscheint die Oberherrlichkeit in herzoglich teckischen Händen.
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