« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Göppingen Kapitel B 2 »
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B.

Ortsbeschreibung.




1. Gemeinde Göppingen.[1]


Göppingen, die Oberamtsstadt, liegt unter 27° 18’ 51,88’ östlicher Länge und 48° 57’ 36,23’ nördlicher Breite, 111/2 geographische Stunden von Stuttgart. Die Höhe über dem Meere beträgt am Rathhause 1103 württembergische oder 972,8 pariser Fuß; das Niveau der Fils unter der Spitalbrücke 1087 württembergische oder 958,7 pariser Fuß. (S. oben S. 20.) Die Stadt zählt 5347 evangelische und 12 katholische Einwohner, gehört aber noch in die II. Classe der Gemeinden. Die Schreibart ist anfangs: Geppingen, seit Jahrhunderten aber die noch übliche. Göppingen ist Sitz des Oberamtsgerichtes, des Oberamtes, des Dekanatamtes, des Cameralamtes, des Oberamtsarztes, eines Umgeldcommissariats, eines Nebenzollamtes I. Klasse (mit bedingtem Niederlagsrechte) und eines Postamtes. Es ist den Forstämtern Kirchheim, Lorch und Schorndorf zugetheilt.

Göppingen liegt an der äußerst frequenten, von Stuttgart nach Ulm führenden Staatsstraße, welche Frankfurt und Paris mit Bayern und Österreich verbindet, in einer schönen und weiten, von der Fils bewässerten Ebene, im Filsthale. Durch einen Theil der Vorstädte fließt der Mühlkanal. Nach den umliegenden Orten Faurndau, Holzheim, Jebenhausen und Wangen führen schöne Verbindungsstraßen. Vom südwestlichen Standpunkte aus, welchen der Künstler bei Zeichnung unseres Titelbildes gewählt hat, steigt nordöstlich der Hohenstaufen majestätisch empor; an ihn lehnt sich das freundliche Staufeneck | an, während Rechberg und Stuifen den Hintergrund schließen; den Vordergrund aber bilden fruchtbares Gelände und schattige Obstgärten, sowie den Vorstädten entlang Linden und Pappeln emporragen. Das Klima ist zwar nicht sehr mild, aber gesund. (S. auch oben S. 23.)

Sämmtliche Zehent- und fast alle übrige grundherrliche Rechte stehen dem Staate zu. Zehentfrei sind etwa 40 Morgen. Der Heuzehente ist abgelöst. Über das Geschichtliche der Zehenten s. unten. Seit 1817 hat die Stadt an grundherrlichen Rechten aller Art für 22.275 fl. 25 kr. dem Staat abgekauft. Das Jagdrecht steht dem Staat und das Fischrecht diesem und einigen Erblehenbesitzern zu.

Göppingen ist, wo nicht die schönste, doch eine der schönsten und angenehmsten Landstädte, indem sie nach dem zerstörenden Brande im J. 1782, in regelmäßigen, von geraden Straßen durchschnittenen Quadraten, aufgebaut worden ist. Die vier Thore sind seit 1835 vollständig abgebrochen; dasselbe geschah allmählig mit der Stadtmauer, wovon nur kleine Reste übrig sind. In der oberen Vorstadt ist eine hübsche Allee von Pappeln und Linden. Die Stadt hat eine vorzügliche Wasserleitung, so daß beinahe durch alle Straßen derselben Wasser fließt, wodurch theilweise der Übelstand der ungepflasterten Straßen und die damit verbundene Unreinlichkeit vermindert wird. Als Ortstadt, d. h. Grenzstadt, war Göppingen einst, wie wir unten finden werden, ziemlich bevestigt.

Die Zahl sämmtlicher Gebäude beträgt 848 (647 Haupt- und 201 Neben-Gebäude), wovon 19 dem Staat und 17 der Stadt und dem Amte gehören.

Die Häuser sind hübsch und meist gut gebaut, Sie haben gewöhnlich ein steinernes Erdgeschoß; die weiteren Stockwerke aber sind von Holz geriegelt. Von öffentlichen und sonst merkwürdigen Gebäuden nennen wir:

1) Staatsgebäude:

a) Das k. Schloß, von dem Oberamtsrichter, Oberamtmann und Kameralverwalter mit ihren Kanzleien bewohnt. Es steht an der nordwestlichen Seite der Stadt, zunächst bei der Kirche, und wurde von Herzog Christoph im damaligen Geschmacke, massiv und in der Form eines Viereckes erbaut. Die vordere Länge beträgt 192, die hintere 176 und die Breite 146 Fuß. Es enthält in seinen 3 Stockwerken 65 Zimmer. Im Hofe ist ein Pumpbrunnen. Das Schloß war mit einem tiefen Wassergraben und hinter diesem mit einer hohen Mauer umgeben. Der Graben gegen den Schloßgarten ist noch vorhanden, der gegen die Stadt aber aufgefüllt, und heißt nun „der Schloßplatz." Von den 4 Treppen sind 3 in 3 runden Eckthürmchen des Hofes angebracht, sogenannte Schnecken- oder | Wendeltreppen, wovon jene gegen Südwesten, die Traubenschnecke, wegen ihrer schönen Bildhauerarbeit, die leider allzudick übertüncht ist, und wegen ihrer eigenthümlichen sinnreichen Construktion Bewunderung erregt. Vom Boden erhebt sich nämlich bis unter das durch ein Kreuzgewölbe geschlossene Dach hinauf die starke Rebe, indem die 82 steinernen Tritte auf ihren Schenkeln ruhen, an welchen Blätter und Trauben, mit vierfüßigen Thieren, Vögeln und Insekten bunt untermengt, sich ausbreiten. Die Rebe bildet bis oben hinauf eine Wendung oder Höhlung, durch welche vom untersten bis zum obersten Tritt gesehen werden kann. Am Eingang des Thürmchens ist das württembergische Wappen mit der Jahreszahl 1562 und dazwischen ein Löwenkopf und ein Hund (ein zweiter ist weggebrochen), ausgezeichnet schön in Stein gehauen, angebracht. Auf jeder der 4 Ecken des Schlosses ist ein massiver Erker. Vom Schlosse aus führte ein Gang in die gegenüberstehende vormalige Schloß-, jetzt Stadt-Kirche, auf den Fürstenstand. Das Hauptportal des Schlosses, worüber die Jahreszahl 1559, hat rechts am Eingange zwei und links einen Pilaster mit den schönsten und reinsten architektonischen Verzierungen von Laubwerk, Löwenköpfen etc. Auf römischen Kapitälen lagern zwei Löwen, welche das württembergische Wappen halten. Über dem Hauptgesimse aber, zunächst unter zwei Hirschen, ist ein ungemein schönes Drachenpaar eingehauen, welches von Kunstkennern bewundert wird. — Durch den Schloßhof gelangt man über eine Brücke in den mit einer Mauer umgebenen, von Herzog Christoph im J. 1567 erweiterten und verschönerten, Schloßgarten. [2] Er ist 85/8 Morgen 171/2 R. groß und hat 374 meist edle Obstbäume. Von dem Garten sind 7/8 M. zu Laubwald angelegt, worin noch 3 starke Eichen von einem Alter von mehr als 500 Jahren stehen. (Eine derselben hat am Boden einen Umfang von 21 Fuß.) An der Gartenmauer breitet sich ein schönes Nebengelände aus, dessen Trauben in Blüthe und Zeitigung mit jenen des Unterlandes gleichen Schritt halten. Das Jahr, in welchem der Bau des Schlosses begonnen worden, läßt sich nicht mehr genau bestimmen. Nach den vorgedachten Zahlen scheint derselbe in die Jahre 1559 bis 1567 zu fallen. Die Sage, | daß das Schloß aus Steinen der zerstörten Kaiserburg Hohenstaufen erbaut worden, verdient insoferne Glauben, als, nach dem Urtheile Sachverständiger, das Drachenpaar, welches von griechischen Künstlern gefertigt worden seyn mag, und vielleicht noch andere, mit Emblemen jenes Kaiserhauses verzierte, Theile des Portales von dort herrühren. Ebenso mögen auch die 2 Fenster im untern Stocke, rechts beim Eintritte in den Schloßhof, und der schöne steinerne Giebel über dem Dachladen daselbst, da sie einem ganz alten Baustyle angehören, von dort hergekommen seyn. Daß auch die Traubenschnecke diesen wenigen hohenstaufen’schen Reliquien beizuzählen sey, wird bestritten; eine nicht leicht erklärliche Erscheinung bleiben aber die an dem Wappen befindlichen Verzierungen.

Indeß stand schon in alten Zeiten hier eine Burg, in welcher wohl Graf Eberhard der Milde, als er den hiesigen Sauerbronnen gebrauchte, im J. 1417 starb. Der Burg wird 1455 und des Burggartens 1475 Erwähnung gethan. In dem Eßlinger Vertrage von 1492 wurde die Burg dem Grafen Eberhard d. j. zum Wohnsitz überlassen. Noch im J. 1524 waren beständig zwei Wächter im „Schloß,“ deren einer von der Stadt, der andere von der Herrschaft die Belohnung erhielt. [3] Daß Herzog Christoph gern und oft hier verweilte, ist bekannt. Sein Sohn Eberhard starb daselbst am 2. Mai 1568; ebenso am 15. Juli 1628 Herzog Johann Friedrich, Herzog Friedrich Karl residirte hier 1693. Nachmals wurde es Wittwensitz: der Erbprinzessin Henriette Maria, geb. Pr. von Brandenburg (1737) und der Herzogin Maria Augusta, Wittwe des Herzogs Karl Alexander (1754). Im Sommer 1815 hatte auf König Friederichs Befehl der gewesene König von Westphalen, Prinz von Montfort, mit seiner Gemahlin hier zu verweilen. Außerdem diente das Schloß im Laufe der verflossenen drei Jahrhunderte oftmals Fürsten aus deutschen Häusern, die das Bad gebrauchten, zum Aufenthalte.

b) Das Dekanathaus, c) das Ober- und d) das Unter-Diakonathaus, e) das Präceptoratgebäude. Diese Häuser wurden nach dem Brande von 1782 alsbald wieder erbaut, sind in gutem Zustande | und angenehm gelegen. Sie liegen, mit Ausnahme des Oberdiakonathauses, in der Nähe der Stadtkirche, und standen einst auf dem dem Stifte zugehörigen „alten Hofe,“ nachmals „der Pfarrhof“ genannt. Graf Ulrich von Württemberg verkaufte 1452 an das Stift „vnser Behusung vnd Hofreitin zu Geppingen, genannt der alte Hof, gelegen an der Stadtmur vnd der v. Zylnhard Caplans Behusung,“ um 500 fl., welcher sofort zur Wohnung des Propstes eingerichtet, 1510 aber einigen Stiftsherren eingeräumt wurde. Nach dem Lagerbuch der Stiftsverwaltung ist der ganze Hof bis zur Reformation „rings ummacht und von der Stadt, anderer Burger und Einwohner Behausungen abgesondert verschlossen gewesen; darauf damals gemeine Stadt Göppingen weder Gebot noch Verbot, sondern das gemeine Capitel allein gehabt.“ Nach Aufhebung des Stiftes erhielten die Gebäude ihre jetzige Bestimmung.

f) Die deutsche Knabenschule; g) das Kriminalgefängniß; h) der kleine Marstall mit der Beschälhütte; i) die große und k) die kleine Zehentscheune; l) der Kellereifruchtkasten und m) der Pflegfruchtkästen. Auch diese Gebäude, mit Ausnahme des letztern, sind abgebrannt und nach 1782 wieder erbaut worden. Dieser aber wurde nach einer Inschrift von Abt Leonhard von Adelberg (der hienach in Zell unter Aichelberg geboren ward), im J. 1510 erbaut.

2) An sonstigen öffentlichen Gebäuden:

a) Die Stadtkirche, früher auch Schloßkirche genannt, nahe beim Schloß gelegen. Sie gehört dem neueren Style an, hat keinen Chor und ist nicht groß genug, aber gut beschaffen. Die gute Orgel wurde 1619 durch freiwillige Beiträge der Bürgerschaft angekauft. Der Thurm ward, weil dem Einsturze nahe, 1838 abgebrochen. Der Bau des neuen Thurms, den unser Titelbild als ausgeführt darstellt, ist zu 24.365 fl. angeschlagen und bereits begonnen. Bis dahin hängen die 4 wohltönenden Glocken in einer Bretterhütte. Die Baulast dieser und der Stiftskirche hat der Armenkasten bei dessen Errichtung übernommen. Wir werden unten finden, daß an der Stelle der Kirche schon frühe die St. Johanneskapelle stand, und daß die Stiftskirche die Stadtpfarrkirche war. Schon 1559 klagte die Stadt über deren weite Entfernung; allein erst 1617 wurde der Plan, diese Kapelle abzubrechen und eine neue Kirche zu bauen, ausgeführt, die denn auch im J. 1620 unter der Leitung des berühmten Heinrich Schickardt von Herrenberg mit einem Kostenaufwande von 11.905 fl., woran das Kirchengut 7229 fl. beitrug, vollendet wurde.[4] Dagegen wurde | bestimmt, daß die Kirche, als Schloßkirche, dem Herzog allein zugehören, und die Stadt solche, als Pfarrkirche, zu gebrauchen befugt seyn solle. b) Die Stiftskirche Oberhofen, eine kleine 1/4 Stunde von der Stadt, außerhalb der ehemaligen Ringmauern, etwas höher als die Stadt, auf dem allgemeinen Gottesacker gelegen. Sie ist massiv, im gothischen Style schön ausgeführt und noch gut beschaffen, war, wie so eben bemerkt, bis 1620 Stadtpfarrkirche, und wurde von da an lange Zeit nur zu Leichenpredigten benützt; seit 1839 aber werden alle Festtage und seit 1841 auch Sommers alle 14 Tage Frühpredigten hier gehalten. Das Gebäude ist mit schönen Bildhauerarbeiten zum Theil noch geziert, wozu namentlich das Bild des 1506 gestorbenen Ritters Georg von Zillenhardt zu zählen ist. Auch Andere aus diesem Geschlecht ruhen hier; ebenso einige Degenfeld, Schilling, Liebenstein, Kaltenthal etc. Die Umschriften der Grabsteine sind aber meist nicht mehr lesbar. [5] Ein leider schlecht übermaltes Wandgemälde in der Nähe des Altars stellt mehrere Ritter und Knappen dar, welche hienach am Montag vor Martini 1448 in einer Schlacht gegen die Städter auf den Fildern ihr Leben verloren haben. Die Chorstühle sind von schöner Schnitzarbeit. Die beiden Thürme tragen noch deutliche Spuren früheren Mißgeschicks. Der Bau oder die Herstellung der Kirche in ihrer jetzigen Gestalt fällt in das Jahr 1436. Ein Bericht der Stiftungsverwaltung von 1679 sagt, sie sey „von 3 hochadeligen Standespersonen vnd Jungfrawen, deren Grabstein oben in dieser Kirche noch zugegen, von denen Kapitalmitteln, so diese Stiftsverwaltung geniest, vnd die Gefäll dieser Kirch noch Oberhofisches Gut genannt werden, auferbaut worden.“ Wahrscheinlich ist aber hiemit nicht der Bau von 1436, sondern die zuvor schon hier gestandene Kirche gemeint. Näheres ließ sich nicht ermitteln; auch sind jene Grabsteine nicht mehr aufzufinden; die Sage aber fügt bei, daß diese 3 Jungfrauen in dem nahen Walde Hohenfürst ein Schloß bewohnt und da, wo die Kirche steht, zwei Höfe besessen haben. So lange die Kirche in den Händen der Jesuiten (s. unten) war, wurde sie arg beschädigt; denn diese brachen nicht nur die Emporkirchen | und andere Theile des Einbaues ab, sondern nahmen auch 1648 die schöne Orgel mit sich fort. Am 18. April 1562 und bald darauf wieder schlug der Blitz in die Thürme, wobei diese ausbrannten und auch die wohlklingenden Glocken zerschmolzen. — Über das Stift u. s. w. s. unten.

c) Das Rathhaus, mitten in der Stadt, auf dem Marktplatz; mit dem Büreau und der Halle des Zollamtes, der Fruchtschranne und dem Wollenlager. Nach dem mehrgedachten Brande wurde dieses schöne Gebäude 1783 errichtet. Schon eine Urkunde von 1459 erwähnt „der großen Rautstube vff dem Rauthus."

d) Der Hospital, zwischen dem Graben und der Hospitalgasse, 1783 wieder erbaut.

e) Das Krankenhaus, in der Nähe der Kunstmühle; Eigenthum der Stadt, 1829 durch milde Beiträge erbaut.

f) Die Wilhelmshülfe, vor der Stadt, an der Landstraße nach Ulm, 1842/43 durch milde Beiträge erbaut.

g) Das Siechenhaus, an der Fils, vor der Stadt. Näheres über diese Anstalten s. unten.

h) Der 1843 vollendete, in byzantinischem Style und massiv ausgeführte, Gefängnißbau des Oberamtes, an der Hauptstraße.

3) Von Privatgebäuden verdienen Erwähnung:

Der vormalige „oberste Hof,“ auch unter dem Namen „Freihof“ vorkommend, nahe beim Schloß und an der Stadtmauer. Er war einst Eigenthum der Familie von Zillenhardt. Im J. 1510 verkauft denselben aber Raff von Thalheim um 750 fl. an das Stift, worauf er zur Wohnung des Propstes bestimmt wurde. Nach der Reformation wurde er der Sitz des Obervogtes; 1755 aber ward er um 2850 fl. an einen Privaten verkauft. Er war in älteren Zeiten mit Gütern und Nebengebäuden ummauert und „ummarkt.“ 1552 berichteten die Beamten: „daß vor Alter, doch vor Menschengedenken, die von Zillenhart den Freihof, sampt der kaiserlichen Freyheit, der sich ein Todtschläger (vßerhalb der Mörder, die darin keine Freyung gehabt) getrösten möge, besessen vnd ingehabt haben.“

Der vormalige Adelberger Hof, nunmehr das Baumann’sche Fabrikgebäude. Er liegt zwischen der Pfarrgasse und dem Stadtgraben, und war einst der Sitz des Adelbergischen Klosterpflegers. Die Stadt befreite 1470 das Kloster gegen Erlegung von 222 fl. von allen Steuern und Diensten. Am 13. Mai 1490 wurde »in oppido Göppingen, in curia monasterii Adelberg, capella nova in honore beatae Mariae fundata« — eingeweiht.

Das vormals von Liebenstein’sche Haus, am Graben, neben dem Fischthor. Ein sogenannter „gefreiter Sitz“ dieser Familie.

| Im J. 1674 wurde dem Philipp Albrecht v. Liebenstein gestattet, darin über die Seinigen »modicam coërcitionem« auszuüben, und die Freiheit von Steuern und andern Lasten davon bewilligt.

Auch einige andere Edelleute hatten in der Stadt Wohnsitze. Graf Ulrich von Württemberg verkaufte 1455 seinem lieben Getreuen Hans Staufer von Blosenstaufen „vnser Hus zu G. das Hansen v. Lustnow seligen gewesen;“ er befreit es von Steuern und Diensten und erlaubt, auf die Stadtmauer zu bauen, doch nicht anders, als wie das neue Haus neben der Burg versorgt ist. Ein zweites Haus verkauften im J. 1489 Ernfried und Ludwig von Schechingen an Jörg Staufer von Blosenstaufen. Weil aber dieser oder dessen Sohn gleichen Namens, der letzte seines Geschlechtes, ein „großer Widerwärtiger vnd Beschädiger“ des Herzogs Ulrich war, so nahm ihm dieser, als er wieder zum Fürstenthum gekommen, diese beide zwischen der Burg und dem Freihof gelegene Häuser und seine Güter zu Hochrain und Uhingen, als verwirkt an sich, und entschädigte 1549 dessen Erben mit 1150 fl. Die Häuser wurden beim Schloßbau abgebrochen. — Die in der sogenannten „Degenfeld’schen Gasse“ gelegenen 2 Degenfeld’schen Häuser erwarb die Stadt, verkaufte sie aber 1707 dem Kirchenrath, worauf sie zu Fruchtkästen eingerichtet wurden.


Die Einwohner und ihr Nahrungsstand.
Die ortsangehörige Bevölkerung der Stadt betrug am 15. December 1841 im Ganzen 5258 (2557 männliche und 2701 weibliche). Die Zahl der Ortsanwesenden war: im J. 1832 5338 und zu Ende 1840 5490. Im letztgenannten Jahre zählte man 1130 Familien in der Stadt. Die Zahl der Ehen war 1832 776, es kamen also damals auf 1 Ehe 6,2 Personen. Geboren wurden jährlich nach dem Durchschnitte des Decenniums von 1830/40 234; darunter uneheliche 20; auf 1000 Einwohner kommen also 47 Geburten (oder 1 Geburt auf 21 Lebende), und unter 100 Geborenen waren 8 uneheliche; oder die unehelichen Kinder verhalten sich zu den ehelichen wie 1 : 12. Für eine städtische Bevölkerung ein günstiges Verhältniß, besser als jenes vom Oberamtsbezirk und vom ganzen Lande, wofür das Verhältniß 1 : 7,86 ist. Gestorben sind jährlich nach dem erwähnten Durchschnitt 204; es kamen daher auf 1000 Einwohner 41 Gestorbene, oder 1 Gestorbener auf 25 Lebende. (Im ganzen Lande zählt man auf 1000 Lebende nur 32 Gestorbene.) Bei dem männlichen Geschlechte kommen auf 1000 Personen 42, beim weiblichen Geschlechte auf die gleiche Zahl 40 Sterbefälle. Die Sterblichkeit ist also nach Geschlechtern nicht sehr verschieden. Auf 100 Gestorbene | kommen 115 Geborene, und der natürliche Zuwachs der Bevölkerung der Stadt belief sich in dem oben genannten Jahrzehend auf 300 Personen (164 männliche und 136 weibliche). Die Zunahme durch Einwanderung betrug 287, der gesammte Zuwachs also 587. Bei der Zählung des Jahrs 1832 fanden sich hier Übersechzigjährige 428, oder auf 1000 Einwohner 89, während zu gleicher Zeit im ganzen Königreich auf 1000 Menschen nur 77 kamen. Die größere Sterblichkeit der Stadt trifft daher nur die jüngern Altersklassen, hauptsächlich bis zum erreichten ersten Lebensjahre.

Die Religion der Einwohner ist die evangelisch-lutherische; Katholiken sind, wie wir oben sahen, nur wenige, Juden gar nicht vorhanden. Die Einwohner sind sehr arbeitsam und fleißig, und erfreuen sich eines ziemlichen Wohlstandes. Es werden sich wenige Städte von diesem Umfang finden, wo Groß und Klein so rührig ist, wie hier. Bei zunehmender Fabrikindustrie sind sie nun aber auch für den Lebensgenuß empfänglicher geworden. Die Bewohner der Stadt haben im Verhältnisse zu den Amtsorten immer ungewöhnlich wenige Civilprozesse anhängig; bei der dort herrschenden Gewerbsthätigkeit eine um so erwähnenswerthere Erscheinung.

Von den hier geborenen Männern, welche sich einen Namen erworben, sind zu nennen:

Michael Möstlin, oder Mästlin, geboren um die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts, ums J. 1570 Prediger zu Backnang, 1580 Professor der Mathematik zu Heidelberg, und 1583 solcher zu Tübingen, starb dort in hohem Alter 1631 oder 1635. Er zeichnete sich hauptsächlich in der Astronomie aus; der berühmte Keppler soll aus seiner Schule hervorgegangen seyn. Seine Schriften s. in Jöchers Gel. Lex. III. 580.

Johannes Andreä, geb. 12. Merz 1554, Sohn des berühmten Jakob A., dessen unten gedacht wird, und Vater des ebenso berühmten als um die Stadt Calw hochverdienten Theologen Johann Valentin A. Johannes widmete sich ebenfalls der Theologie, wurde 1576 Diaconus zu Herrenberg, 1581 Special-Superintendent daselbst, und 1591 herzoglicher Rath und Abt des Klosters Königsbronn. Er starb 9. August 1601.

Johann Oechslin, geb. 8. Febr. 1677, studirte in Blaubeuren, Maulbronn und Tübingen Theologie, wurde 1708 Diaconus zu Waiblingen, 1712 und 1726 Diaconus und Stadtpfarrer zu Stuttgart, 1728 Hofkaplan und 1733 herzogl. Rath und Prälat zu St. Georgen. Er schrieb viele Predigten und starb 12. Okt. 1738.

Herbert Christian Knöbel, geb. 5. August 1683, wurde, nachdem er die Theologie absolvirt, 1705 Reise- und Feld-Prediger bei dem Prinzen Heinrich Friedrich von Württemberg in dessen | holländischer Compagnie, 1711 Professor am Gymnasium in Stuttgart, 1730 Prälat zu Alpirsbach, 1733 zugleich Consistorialrath und 1742 Visitator der Universität Tübingen. Er starb 1. Aug. 1749. (Schwäb. Magazin 1776. 610.) Er ist Verfasser einer lateinischen Grammatik, die ihrer Zeit von classischem Werth war.

Johann Jakob Helferich, geb. 4. Januar 1692, studirte die Rechte zu Tübingen, Jena, Halle und Leipzig, machte eine gelehrte Reise durch Holland, England und Frankreich, und trat 1715 die ihm übertragene Professur der Geschichte und Politik an dem Colleg. illust. in Tübingen an. Im J. 1729 wurde er ordentl. Professor an der dortigen Universität; im August 1750 starb er. Er verfaßte mehrere staatsrechtliche Schriften, und war Mitglied der K. Gesellschaft zu London.

Friedrich Christoph Oetinger, geb. 6. Mai 1702, begab sich, nachdem er im Vaterland die Theologie studirt hatte, auf wissenschaftliche Reisen, wurde 1738 Pfarrer in Hirschau, dann in Schnaitheim und in Walddorf, 1752 Special-Superintendent in Weinsberg und 1759 in Herrenberg, und 1765 herzogl. Rath und Abt des Klosters Murrhardt. Er ist Verfasser vieler gedruckter Predigten und theologischer Schriften, und suchte durch einige der letztern der Lehre E. Swedenborgs Eingang zu gewinnen. (Neues gelehrtes Europa XV., und Schwäb. Magazin 1777. 586.)

Johann Heinrich Frommann, geb. 15. Okt. 1729, widmete sich ebenfalls der Theologie, machte eine Reise durch Italien, wurde 1756 als Professor der Philosophie an die damals neuerrichtete Universität zu Moskau berufen, und kam 1766 als außerordentl. Professor der Philosophie nach Tübingen, wo er 15. Januar 1775 starb. (Schwäb. Magazin 1775. 79.)

Gottlob Christ. Friedrich Fischhaber, geb. 24. April 1779, widmete sich zwar auch der Theologie, fühlte sich aber frühe schon zum Studium der Philosophie hingezogen und wurde, nachdem er eine Hofmeistersstelle in Venedig vier Jahre lang versehen hatte, 1808 als Professor der Philosophie am k. obern Gymnasium in Stuttgart angestellt. Auch gab er in dem k. Cadeten-Institut Unterricht, und wurde zum Dolmetscher der bei den Landesgerichten einkommenden, in der italienischen, spanischen und portugiesischen Sprachen verfaßten, Aktenstücke ernannt. Er starb am 31. August 1829. Außer den 1818 — 1826 verfaßten Handbüchern für seine Lehrstunden (über Logik, Moral, Psychologie und Naturrecht) schrieb er 1801 über das Princip des Fichte’schen Systems, 1807 über die Epochen des Genies in der Geschichte, 1809 Plato in Italien, 1817 Idee der Staatsverfassung. Auch gab er 1818—20 eine philosophische Zeitschrift heraus.

| Von noch lebenden ausgezeichneten Eingebornen nennen wir den k. württ. Herrn Geheimenrath v. Kapff, Sohn des längst verstorbenen Oberhelfers, und den vor einigen Jahren verstorbenen Geheime Legationsrath von Pistorius[ER 1], Sohn des zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts gestorbenen vieljährigen Oberamtmanns.

Die Nahrungsquellen der Einwohner bestehen in Landbau, Rindvieh- und Schaf-Zucht, hauptsächlich aber in Gewerbsindustrie, die sehr im Steigen begriffen ist, und nicht immer neben den ersteren betrieben wird.

Das Areal der Stadtmarkung und das Verhältniß der einzelnen Culturen zeigt die Tabelle III. Über die hier gegrabenen Pflastersteine und Töpfererde s. oben S. 44. Die landwirthschaftliche Cultur steht bei einem fruchtbaren Boden auf einer anerkennenswerthen Höhe. Roggen, Dinkel, Gerste, Haber, Erbsen, Linsen, Kraut, Rüben, Hanf und eine Menge Kartoffeln werden gebaut. Die Stadt umgeben schöne Gartenanlagen, die fleißig cultivirt sind. Besondere Erwähnung verdienen aber nur der Schloßgarten und der Badgarten. Seit einigen Jahren ist hier ein Handelsgärtner. Die Wiesen liefern vieles und gutes Futter. Von großer Ausdehnung und Bedeutung ist auch der Obstbau. Es werden jährlich an 3000 Stücke Bäume zum Verpflanzen aus Nürnberg eingeführt, obwohl in der Stadt selbst etwa 20 Baumschulen sind. Im J. 1840 wurde der Obstzehente von der Stadtmarkung auf 52.000 Simri geschätzt. Über die Plantage der Maulbeerbäume und die Seidenraupenzucht s. oben S. 51. Die Tuchscheerer bauen einen Theil ihres Bedürfnisses an Karden selbst. Daß früher auch Weinbau hier Statt hatte, wurde schon S. 51 oben bemerkt. Ehrenfried von Schechingen gab 1487 seinen „Weingarten an dem Vntertübel“ (etwa 5 Morgen) einigen Bürgern zu Lehen, die sich verbinden, in des Junkers Kelter zu fahren. Diese wurde 1586 abgebrochen. Nach dem Lagerbuch der Stiftungsverwaltung von 1707 waren im sogenannten Sachsentobel, an die „Weinsteige“ stoßend, noch damals einige Morgen Weinberge, die aber schon 1733 ausgereutet waren.

Auch die Viehzucht ist von Bedeutung; Göppingen zählt die meisten Pferde, hat längst einen guten Namen wegen der Rindviehzucht (oben S. 61), betreibt die Schafzucht stark, und hat auch die meisten Mutterschweine.

Die Stadt zeichnete sich schon im Mittelalter durch eine lehrhafte Gewerbsindustrie aus. Das nur noch in einem Reste von einigen Blättern vorhandene, schon vor der Reformation abgefaßte, Gerechtigkeitsbüchlein der Stadt enthält unter Anderm eine Metzger-, Müller-, Häringschauer- und Standgeld-Ordnung. Das | „Kaufhaus der Stadt“ wird bereits 1473 genannt. Schon damals wurde hier die Tuchmacherei in großem Umfang betrieben, und war der Wollehandel lebhaft. Tuchscheerer kommen hier bereits 1436 vor. Nächst den Tuchmachern sind es aber hauptsächlich die Zeugmacher, welche sich, zumal in früheren Zeiten, bei einer namhaften Zahl eines guten Auskommens zu erfreuen hatten. Im J. 1729 zählte die Stadt 75 Zeugmachermeister; mit herzoglicher Genehmigung wurde damals eine eigene „Compagnie“ errichtet, wonach der Handel Einigen aus ihrer Mitte übertragen wurde, welche die Messen in Frankfurt, Mainz, Speyer, Worms, Zurzach, Mannheim und Straßburg alljährlich bezogen. Die Compagnie ging aber bald ein, und auch eine 1773 errichtete „Societät“ löste sich nach 40 Jahren auf. Im J. 1785 wurden in der Stadt sogar 120 Meister gezählt; 1796 aber waren von den 150 Stühlen kaum 60 besetzt. Der Absatz der Waaren, der indessen nach Oberschwaben, der Schweiz und Oberitalien gegangen, litt durch Verbote Österreichs und durch die Verbreitung der baumwollenen Waaren. Die Landleute der Umgegend betrieben nun jetzt das Baumwollespinnen als Nebengewerbe, und die Zeugmacher hatten darum noch mehr zu klagen. — Nächst ihnen waren es die Drechsler, welche schon zu Ende des letztverflossenen Jahrhunderts ihre Waaren weithin versandten; ihre sogenannten „Nürnbergerwaaren“ gingen in großer Menge sogar in außerdeutsche Staaten. — Eine Hutfabrik von Chr. Haueisen, die sehr schöne und gute Waare lieferte und bedeutenden Absatz auch in das Ausland hatte, ist erst in neueren Zeiten eingegangen. Dasselbe war der Fall mit einer 1812 entstandenen Kammfabrik, die 17 Arbeiter beschäftigte. — Eine 1741 errichtete Porzellainfabrik hatte schon zuvor zu bestehen aufgehört. — Aber auch der Rauchwaarenhandel, der schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts im Großen betrieben worden, war von Bedeutung. Die erst kürzlich eingegangene Remshardt’sche Niederlage zeichnete sich durch einen großen Reichthum ausländischer, hauptsächlich russischer, Pelze aus.

Seitdem Württemberg dem großen Zollverein beigetreten, hat aber die hiesige Industrie einen Aufschwung genommen, wie zuvor kaum geahnt werden konnte. Die meisten größeren Unternehmungen sind indessen entstanden, und auch andere Gewerbe haben eine größere Ausdehnung erhalten. Die Zahl der Fabrikarbeiter beträgt 460-470, die der Handwerksmeister 640 und die ihrer Gehülfen 500. Insbesondere sind hier:

a) An Kunst- und literarischen Gewerben 1 Lithographie, jedoch nur für Canzleien arbeitend, 1 Instrumenten- und Orgel-Macher, der auch große sogenannte Visharmonica fertigt, 1 Buchdrucker, zugleich Herausgeber des „Wochenblattes für Stadt und | Amt," und 2 Ebenisten, welche schöne eingelegte Waaren mit Bildschnitzereien fertigen. Von den in den Fabriken arbeitenden Künstlern ist der Zeichner unseres Titelbildes, Anton Gastauer aus Boppard, ein talentvoller Maler und Lithograph, zu nennen.

b) Fabriken und fabrikmäßig betriebene Gewerbe sind, nach der Zeit ihrer Entstehung:

Die Fabrik endlosen Papieres von J. C. Schwarz Söhnen; in 2 Lokalen: die Fabrik in Göppingen, nach älterer Art seit 1727, nach neuerer seit 1834 bestehend, und die bei Groß-Eislingen, 1838 errichtet. In beiden Fabriken sind 65 Arbeiter beschäftigt. Beide Maschinen fabriciren wöchentlich 200—220 Riß, worunter in der Masse gefärbte Papiere von verschiedener Farbe, namentlich auch farbiges Umschlagpapier für Buchdrucker und – bis jetzt noch wohl ausschließlich in Württemberg — sehr schönes sogenanntes Seidepapier.

Die Wollgarn-Spinnerei von Baumann und Bürger, besteht seit 1820, beschäftigt 40 – 50 Arbeiter, und arbeitet theils zur eigenen Fabrikation, theils für württembergische und bayrische Fabriken.

Die Wolltuch-Fabrik von Baumann und Bürger, 1830 errichtet, beschäftigt 40 – 50 Arbeiter, und setzt ihre Waaren im Lande, in Bayern, Baden und der Schweiz ab. [6]

Die Türkischrothgarn-Färberei von den Gebrüdern Jung 1832 errichtet, mit 40 Arbeitern, versendet ihre Fabrikate in sämmtliche Vereinsstaaten und nach Österreich.

Die Wollgarn-Spinnerei von Heinrich Krauß, seit 1832 bestehend, mit 25 Arbeitern, hat hauptsächlich im Inland und nach Nördlingen Absatz.

Die Wollgarn-Spinnerei von C. G. Hailer, 1837 errichtet, beschäftigt 32 Arbeiter und hat die gleichen Absatzwege wie H. Krauß.

Die Wollgarn-Spinnerei von Thomas Scheuffele, 1837 errichtet, und die seit 1840 bestehende Wollgarn-Spinnerei von Johannes Herrmann setzt ihre Fabrikate hauptsächlich an inländische Tuchmacher ab.

Die Fabrik von lakirten Blech- und sonstigen Metall-Waaren von Rau u. Comp. im J. 1837 errichtet, mit 1 mechanischem Fall-Werk, 3 Steindruck-Pressen etc. Sie beschäftigt 120-130 Arbeiter; ihr Absatz geht, außer den Vereinsstaaten, nach Holland, | Belgien, Hamburg und der Schweiz. Sie hält hauptsächlich auf Mittelwaaren, welche durch Mechanismus bearbeitet werden können. [7]

Die Fabrik von Baumwollenwaaren und dergleichen mit Linnen vermischt, von Vaihinger u. Comp. im J. 1837 errichtet. Sie beschäftigt, neben 5 Arbeitern in der Fabrik selbst, etwa 300 Landweber und 100 Landleute mit dem Rollen, und versendet ihre Waaren in sämmtliche Vereinsstaaten.

Die Fabrik von Halbwolltuch von Langbein und Vaihinger, 1838 gegründet, mit 9 Arbeitern, versendet meist in die Schweiz.

Die Wollwaaren-Druckerei von Kohler und Ziegler, 1838, und die Färberei (Woll- oder Schön-Färberei) derselben, 1834 errichtet. Jene beschäftigt 15, diese 10 Arbeiter. Die Waaren derselben gehen in die Schweiz und in mehrere Vereinsstaaten; die der letzteren in das Inland und nach Bayern. [8]

Die Fabrik baumwollener Zeuge von Jakob Widmann und Comp.[ER 2], 1840 errichtet, welche in der Fabrik nur 4, auswärts aber auf ebenso vielen Stühlen 300 Arbeiter beschäftigt, setzt ihre Fabrikate in die Vereinsstaaten ab.

Die erst 1840 errichtete Fabrik wollener und baumwollener Waaren von Gottlieb Vaihinger verdient hauptsächlich Erwähnung, weil sie, wie es scheint, bis jetzt noch die einzige des Landes ist, welche gewirkte Stramine fertigt.

Die erst 1843 gegründete Bijouteriewaaren-Fabrik von Christian Dunker beschränkt sich bis jetzt noch auf das Inland.

c) An selteneren Gewerben überhaupt befinden sich hier, außer den hienach genannten:

1 Blattmacher oder Blättersetzer (Blätter für Tuch- und Zeug-Macher), 1 Büchsenmacher, 1 Feilenhauer, 4 Feldmesser, 5 Ipser, Zimmer- und Schild-Maler, 5 Klein-Uhrmacher, 1 Lackirer, 1 Model- oder Formen-Stecher in Holz und Messing (für Kattun- und Tapeten-Fabriken), 1 Sesselmacher (Stroh- und Rohrsessel), 1 Siebmacher und Drahtflechter, 3 Tapeziere, 1 Wendenmacher und 2 Zeugschmiede. [9]

d) An nicht fabrikmäßig betriebenen Gewerben, wodurch sich Göppingen auszeichnet, sind ferner zu nennen:

| Bandweber (in Wolle und Baumwolle) 6 Meister, 4 Gehülfen und 10 Stühle, sowie eine Seidenbandweberei mit 3 Gehülfen.[10] — Baumwollenweber, 15 M. 30 (auswärts 90) G. und 20 (auswärts 60) Stühle. Absatz: Württemberg, Baden, Bayern, Frankfurt a. M. — Bildweber (in Linnen und Baumwolle) 2 M. 3 G. 5 Stühle. Absatz wie so eben. — Bürstenmacher 3 M. 8 G. — 1 Buntpapier-Färberei. — 1 Cassinet- und Bucksking-Fabrikant mit 4 G. und 4 Stühlen. — 2 Filzfabrikanten (für Papierfabriken). — Flanelle (sog. weiße Waare) fertigt 1 Fabrikant. — 8 Frachtfahrer, die regelmäßig in der Woche nach Stuttgart, Heilbronn, Reutlingen, Ulm, Aalen etc. fahren. — Gummi-Elasticum-Leitbänder für mechanische Papierfabriken fertigt seit Kurzem Sattlermeister Gairing. Er concurrirt mit den indessen aus England bezogenen Artikeln, und hatte schon Absatz nach Baden und in die Schweiz. — Holzdrechsler 7 M. 30 G. Ihre Kinderspielwaaren finden in mehreren Vereinsstaaten und in der Schweiz und den Niederlanden Absatz. — Horndrechsler 3 M. und 6 G. — Knopf- und Bortenmacher 5 M. — 3 Kürschnermeister. — 1 Litzenfabrikant mit 6 Stühlen, bis unlängst der einzige im Lande. Absatz nach einigen Vereinsstaaten. — 1 Piquéfabrikant fertigt auf 2 Stühlen sehr schön gemodelte und glatte Waaren. — Rothgerber 22 M. und 30 G. Absatz meist nach Heilbronn, Zurzach und Frankfurt a. M. — Schönfärber 6 M. (4 in Wollen und 2 in Baumwollen, 1 auch in Seiden) mit 20 G. Absatz: Württemberg und Bayern. — Seiler 9 M. und 10 G. Sie arbeiten alle mit Maschinen, welche 1840 von hiesigen Schlossern gefertigt wurden und bis jetzt nirgend sonst im Lande Anwendung finden. — Strumpfweber 6 M. und 6 G. Auf ihren eigenen 12 und auswärtigen 60 Stühlen liefern sie jährlich etwa 3400 Dutzend, die in Württemberg, Bayern und Frankfurt a.M. Käufer finden. — Die Töpfer liefern sehr gesuchtes, gutes und dauerhaftes Geschirr. (S. oben S. 45.) — Tuchmacher 35 M. und 50 G. mit 40 Stühlen, worauf sie etwa 3200 St. à 20 - 40 Ellen fertigen, die ins Inland, Altbayern, Baden und die Schweiz gehen. — Tuchscherer 10 M. und 20 G. Sie arbeiten mit Cylindern; zwei haben durch Pferde getriebene Rauhmaschinen. — Reisewägen aller Art, Chaisen, Omnibus etc. fertigen 4 Meister. Die Waaren finden selbst in den Niederlanden Absatz. Fuhrmannswagen, die auch in Altbayern Käufer finden, fertigen 3 andere Meister. — Zeugmacher 30 M. und 50 G. Mit Spinnen sind auswärts 200 | Personen beschäftigt. Wie blühend dieser noch im Abnehmen begriffene Industriezweig einst war, haben wir zuvor gesehen.

e) An Getränkefabriken sind hier: 9 Bierbrauereien, wovon dermalen 7 betrieben werden. Die 3 größeren fabriciren jährlich ungefähr 2000 E. — 4 Bierkeller. — 50 Branntweinbrennereien.— 5 Essigfabrikanten.

f) An Wirthschaften: 18 Schildwirthe, 16 Speisewirthe, 50 Schenkwirthe, 10 Essigschenken, 16 besondere Bierschenken, 13 besondere Branntweinschenken.

g) Apotheken 3.

h) Ziegelhütten 2. Sie brennen jährlich etwa 80.000 Stück rothe Waare. Ziegler J. Moll hat 1842 einen Ofen zum Kalkbrennen nach Art der Öfen zu Riedersdorf bei Berlin (den Hochöfen ähnlich, da auch oben die Kalksteine eingeworfen werden) erbaut, worin 60 Scheffel in 24 Stunden sollen gebrannt werden können.

i) 1 nicht bedeutende Rasenbleiche und 4 für die hiesigen und Jebenhauser Fabriken arbeitende chemische Bleichen.

k) Mühlen: 4 Mahlmühlen,[11] worunter seit 1836 eine Kunstmühle und 2 mit besonderer Einrichtung zum Malzschroten, 2 Obstmühlen, 1 holländische Ölmühle, 2 Säg-, 2 Loh-, 2 Schleif-Mühlen, 1 Gipsmühle und 5 Walkmühlen, wovon 1 (englische Tuchwalke) Privateigenthum, die 4 andern Eigenthum von Zünften sind.

Die Nebengewerbe sind hauptsächlich: Fertigung von Litzen- und End-Schuhen. Das Spinnen von Flachs ist unbedeutend. Ebenso die Bereitung von Siegellack, Oblaten und Schwefelholz.

Der Handelsverkehr ist hier sehr lebhaft. Sehen wir, wenn wir zunächst die Ausfuhr betrachten, von den vorgenannten Fabriken und Gewerben ab, so besteht dieselbe hauptsächlich in Obst in guten Jahren, in Mehl, etwa 100 Ctr.; Göppinger Mineralwasser 12 – 15.000 Krüge (à 3/4 Maas); Heu, an den oben S. 70 erwähnten 20.000 Ctr. – 3000 Ctr.; ferner in Orgeln, Clavieren, Visharmonika und ausgearbeiteten Petrefakten; sodann in zugerichteten Lammfellen 11.000 St., gegerbten Schaffellen 6 – 8000 St., vielen Schuhmacherwaaren, da 40 hiesige Meister bis auf 10 Stunden entfernte Märkte besuchen; Küfer- und Kübler-Waaren, ebenfalls | durch Marktbesuch; ebenso grobe Korbgeflechte; Pflastersteine. (S. oben S. 44.) Auch sind die Abfälle thierischer Stoffe als wesentliches Unterstützungsmittel des Feld- und Wein-Baues hier zu nennen, welche nicht nur hiesige Einwohner, die kein Vieh besitzen, sondern auch Weingärtner des Neckar- und Rems-Thales von Gerbern, Kürschnern, Tuchmachern, Hornarbeitern etc. der Stadt aufkaufen. Die Einfuhrgegenstände sind vornehmlich: Brennholz 5000 Klafter und viel Reisig, Holz- und Stein-Kohlen. Zucker 1000, Kaffee 300 Ctr. (beides f. Stadt und Amt), Thee, Gewürze etc., Wein (1842 1286 E. neuer und 200 E. alter); Essig 30 – 40 E.; Getreide, worunter 9/10 Kernen, 13.000 Scheffel, zur Hälfte von der hiesigen Fruchtschranne und zur Hälfte in andern Bezirken und in Bayern erkauft; Gerste, gerollte, von Ulm und Owen ziemlich viel, für die Bierbrauer 10.000 Simri, davon 6000 aus Lauingen; Hopfen 150 Ctr., wovon 3/5 aus Bayern; Kartoffeln; Kleesamen, für Stadt und Amt, 1500 Simri; Leinsamen, ebenso, 110 Malter aus Rheinbayern und 100 Simri aus Tyrol; Frühobst; Salatöl; Reps; Salz; Schmalz 17 – 1800 Ctr. meist aus München, Nürnberg und Vorarlberg; Stroh; Südfrüchte, fabricirten Taback (f. Stadt und Amt) 400 Ctr.; Vieh aller Art.

An Kunst- und Gewerbeprodukten werden hauptsächlich eingeführt: Lithographirsteine, Alaun 600 Ctr.; Braunstein (die Schwarzschen Papierfabriken allein 300 Ctr.); Chlorkalk; gemahlene Farbehölzer 800 Ctr.; Saflor, Waid, Wau etc. 600 Ctr.; Harz und Pech 500 Ctr.; Indigo 100 Ctr.; Krapp etc, 600 Ctr.; Leim und Pottasche je 100 Ctr.; Salz- und Schwefelsäure 1000 Ctr.; Sandel und Soda je 100 Ctr.; Vitriol 200 Ctr., Waaren aus Eisen und Stahl, namentlich 1200 Ctr. Eisenblech.

An rohen Fellen zur Lederbereitung: Für Sattler, Kürschner und Seckler 4 – 500 Stück; für Rothgerber 4500 Stück meist aus Bayern; für Weißgerber 4 — 500 St. Leder (die Seckler für 10.000 fl.); Schweinsborsten 50 Ctr.; Unschlitt 200 Ctr.; baumwollenes ungebleichtes, ungezwirntes und ungefärbtes Garn 5 – 6000 Ctr.; leinenes 300 Ctr.; gebrannter Gips 3000 Sri.; Fensterglas 150 Ctr.; Glaswaaren für 4500 fl.; Hanf 550 Ctr., früher meist aus Baden; seit 2 Jahren beziehen ihn alle Seiler meist unmittelbar aus Italien; Hörner 30 – 40 Ctr. (früher, da die Kammmacherei blühte, bedeutend mehr); Bau- und Nutz-Holz; Karden und Weberdisteln 500.000 St., 3/5 aus Frankreich; rohes Kupfer 100 Ctr.; Lumpen 7 – 8000 Ctr., 1/5 aus Bayern; Öl für Gewerbe und zum Brennen 8 – 900 Ctr.; Rinden zu Lohe für 12.000 fl., 5/6 aus dem Oberamtsbezirk; rohe Schafwolle 2500 Ctr.; Zinn 50 Ctr.

Mit dem Handel beschäftigen sich 7 Großhändler (ausschließlich | der Fabrikanten) und 13 Kleinhändler (wovon 4 mit Eisen) und Conditoren.

Spedition findet nicht statt. Dagegen werden von einem Zwischenhändler in Schaf- und Gerber-Wolle, die für französische Häuser aufgekauft wird, nicht unbedeutende Geschäfte gemacht.

Die Stadt hat 3 Jahrmärkte und (wöchentlich 2) Wochenmärkte. Die ersteren werden von den Krämern zu den besseren gezählt, und es werden hier auch Geschäfte im Großen von Heidenheimer Fabrikanten gemacht. Die Schafmärkte sind oben S. 65 ausgehoben worden. Ebenda S. 69 ist auch des Wollenmarktes [12] gedacht. Was die schon zuvor erwähnte Fruchtschranne betrifft, so ist noch zu bemerken, daß von den hier zum Verkaufe kommenden 11.000 Sch. 7 – 8000 Sch. von hiesigen Bäckern und Händlern erkauft werden. An unbestimmten Tagen finden auch Rindenmärkte statt. Die Wochenmärkte werden stark besucht; selbst von der Umgegend Stuttgarts kommen Viktualien hieher.


Gemeindewesen.

Nach der Rechnung von 1840/41 betrugen die Einnahmen der Stadtpflege 20.970 fl. und ihre Ausgaben 22.000 fl. Die Stadtwaldungen, welche 1304 M. umfassen, befinden sich in gutem Zustande; namentlich geschieht viel für Culturen. Das Capitalvermögen der Stadt wird durch einen eigenen Rechner („Vorrathspfleger“) verwaltet.

Der Stiftungshaushalt ist ebenfalls in Ordnung. Er umfaßt den Armenkasten, den Hospital und die besonderen Stiftungen. Das Capitalvermögen beträgt zusammen 21.902 fl. Die einzelnen Anstalten s. unten.

Das Wappen der Stadt war im J. 1348 ein einfaches Hirschhorn in weißem Felde. Nach einer 200 Jahre alten Handschrift war im gelben Schild ein schwarzes Horn und daneben ein rother Löwe befindlich, der, auf einem blauen Berge stehend, eine blaue Krone auf dem Haupt trägt. Ein Bericht der Vögte von 1535 schildert das Wappen, wie es schon 1348 war, und erwähnt des Löwen nicht. Jetzt ist der Schild in Roth und Weiß getheilt, und über dem Hirschhorn eine Krone.

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Kirchliche Verhältnisse.

Die Geistlichen sind: der Stadtpfarrer, der zugleich Dekan ist, und zwei Diakonen, welche früher das Filial Bartenbach abwechslungsweise zu versehen hatten. Im J. 1812 trat aber die Änderung ein, daß dem Oberhelfer die Pfarrei Bartenbach und dem Unterhelfer das Präceptorat überwiesen wurde; und erst seit 1839 besteht wieder das zuvor aufgehobene zweite Diakonat selbstständig neben dem ersten, und abgeändert von dem gleichfalls für sich bestehenden Präceptorat. Der zweite Helfer ist nun zugleich Pfarrer in Bartenbach. Die Besoldungen des Dekanats und beider Diakonate sind nach Vorschrift der k. Verordnungen von 1829 und 1835 verwandelt. Über das vormalige Stift, die früheren Filialien und sonstigen kirchlichen Verhältnisse s. unten. Das Patronatrecht ist königlich.


Schulanstalten.
Die in den oben erwähnten Gebäuden befindlichen Schulanstalten sind: eine lateinische und eine Real-Schule (diese im Parterre der Wohnung des Unterhelfers), und die gewöhnlichen deutschen Schulen. Die Anstalten sind städtisch. An der ersteren stehen 1 Präceptor und 1 Collaborator. Mit dem Präceptorat war, wie wir zuvor sahen, das Subdiakonat verbunden. Eine dritte, die mittlere lateinische Classe, wurde 1831 auf den Wunsch der Stadt in eine mit der obern lateinischen Classe parallel stehende Realclasse verwandelt, und 1841 eine zweite Realclasse, die ihren Unterricht bis in das 15. oder 16. Lebensjahr der Schüler erstreckt, errichtet. Besondere Stipendien für die Schüler bestehen nicht. Der zweite Reallehrer, der zugleich Musikdirektor ist, theilt sich auch mit dem Collaborator in das Amt eines Organisten. Die deutschen Schulen zerfallen, ausschließlich jener in der Wilhelmshülfe, in 4 Classen für Knaben und in 5 für Mädchen, zusammen mit 4 Schulmeistern, 2 Unterlehrern und 3 Schulgehülfen. Die Mädchenschulen sind noch im Hospital untergebracht; der Bau eines neuen geräumigen Schulhauses ist dringendes Bedürfniß. Der Schulfonds beträgt dermalen 2350 fl. Die von Commerzienrath Christian Phil. Frank im J. 1817 gemachte Schulstiftung von 2000 fl. ist auf 4400 fl. angewachsen. An die Stelle der von 1817 bis 1825 bestandenen Beschäftigungsanstalt für Kinder und erwachsene Arme ist später eine Strickschule für ärmere Schulmädchen getreten. Sodann bestehen auch seit 1832 eine Sonntagsgewerbeschule und seit 1841 ein Sonntagsleseverein. In der ersteren erhalten Handwerksgehülfen und Lehrlinge im Zeichnen und in der Geometrie Unterricht, im letzteren aber kommen diese an Winterabenden im Lokale der Realschule freiwillig zusammen, | wo für diesen Zweck, unter der nächsten Aufsicht der Reallehrer, eine ziemliche, aus den Mitteln des Schulfonds angekaufte, Sammlung passender Bücher religiösen, gerichtlichen, technologischen etc. Inhalts aufgestellt ist.

Die Schule von Göppingen ist alt. Schon im J. 1397 wird der »rector puerorum in Geppingen« und 1401 „der Schulmeister“ urkundlich genannt. Derselbe lehrte aber die lateinische Sprache; denn bei Errichtung des Armenkastens hatte die Stadt die Besoldung des „lateinischen Schulmeisters, des Cantors vnd Meßners“ zu übernehmen. Ein „deutscher Schulmeister“ wird jedoch schon 1519 genannt. Am 2. Mai 1547 berichten Gericht und Rath: sie haben, weil der frühere Schullehrer, Jörg Eckardt von Dinkelsbühl, den der Kirchenrath ihnen zugeschickt, ein „gelerter Gesell, aber Tags vnd Nachts in Wirthshäusern gelegen, gespielt vnb sich mit Wein überladen,“ einen Andern, der lange Cantor in Ulm gewesen, gegen dreimonatliche Aufkündigung angenommen. Im J. 1559 stellten sie vor: sie haben „zwei abgesonderte Schulen, eine lateinische und eine deutsche,“ aber für die letztere keine Behausung. Weil sie nun, wie sie sagten, die lateinische Schule in vier Classen abtheilen mußten, ward ihnen die anstoßende Stiftsbehausung, „worin der Stiftsherrn Trinkstube gewesen“ eingeräumt. Im J. 1564 verspricht sofort die Stadt, das Gebäude abzubrechen und so wieder aufzurichten, „daß ein Schulmeister (lateinischer) mit seiner Haushaltung vnd einer Anzahl Commensalen vnd Tischgänger etc. Platz gehaben vnd nichts destoweniger darinnen vier Classes angericht werden mögen.“ Am 27. Mai 1594 aber übernahm der Kirchenrath die Besoldungen des lateinischen und des deutschen Schulmeisters mit 80 fl. und 20 fl. und die Erhaltung der Gebäude auf sich. Die Knabenschule wurde 1766 von der Mädchenschule getrennt.


Wohlthätige Anstalten.

Außer dem Wohlthätigkeitsvereine sind vorhanden:

1) Der St. Katharinen-Hospital, welcher die Bestimmung hat, für die Armen der Stadt zu sorgen. Dermalen befinden sich 14 Personen mit ganzer Verpflegung und 12 nur mit Wohnung in demselben. Nach der Rechnung von 1840/41 besteht sein Vermögen, das durch einen eigenen Hospitalpfleger verwaltet wird, in 10.233 fl. — Wann der Hospital gestiftet worden, war nicht zu ermitteln. In einem Berichte vom J. 1630 vermuthet die Stadt, es müsse dieß „vor etlichen vielen hundert Jahren“ geschehen seyn: der Anfang aber sey gering gewesen, da fast das ganze Besitzthum innerhalb 200 Jahren erworben worden. Das Gebäude sey ein „altfränkischer, | liederlicher, in Abgang kommener Bau, dem Ansehen nach vor etlich viel 100 Jahren erbaut.“ Der andere Bau aber, mit dem ersteren vereinigt, der sogenannte „neue Spital,“ sey erst bei Menschengedenken erbaut worden. An die Stelle beider Gebäude trat nach dem Brande von 1782 das jetzige Gebäude.

In oder bei dem Hospital stand einst auch eine Kapelle. Schon eine Urkunde von 1393 gedenkt des „Priesters des Spitals zu Göppingen zu St. Catharinä“ und eine von 1436 des „Caplans des Altars in deß Spitalscapelle.“ Im J. 1451 übergeben Hans und Conrad von Ahlfingen von Hohenahlfingen, Gebrüder, dem Hospital alle ihre Güter, die sie hatten in dem Roßbach (bei Göppingen) an Holz, Feld etc., damit derselbe ihre, ihrer Vorfahren und Nachkommen Jahrzeit ewig begehen lasse. Die Einkünfte dieser Caplaneipfründe übergab die damalige österreichische Regierung kurz vor der Reformation der Stadt, damit sie Schule und Arme besser unterhalten könne.

2) Das Siechenhaus zu St. Wolfgang; ebenfalls eine alte Stiftung. Schon lange vor 1440 übergaben Conrad von Weißenstein und Margaretha von Neydeck Gefälle von Gütern bei Ottenbach der Kirche zu Göppingen, wovon man einen Theil geben solle, „vmb Brod in das Spital, in das Siechhauß vnd andern armen Leuten.“

In älterer Zeit bestand auch ein „Seelhaus“ oder „Gutleuthaus.“ Es lag am Stadtgraben, an der Straße. Im J. 1522 stiftete Abt Leonhardt von Adelberg jährlich, so lang er lebt, 13 Schffl. Dinkel und ebenso viel Haber in das „Armenhaus zu Göppingen,“ um hier die Armen „mit Essen und Trinken“ zu unterhalten.

3) Der Armenkasten hat dermalen einen Fonds von 10.000 fl., der durch einen eigenen Pfleger verwaltet wird. Die Armen der Stadt erhielten im J. 1842/43 neben Holzabgaben eine jährliche Unterstützung von 1876 fl. — Als nach der Reformation der Armenkasten gebildet worden, übergab 1537 Herzog Ulrich in denselben die Einkünfte von St. Wolfgang der armen Sondersiechen, dem Seelhaus, der gemeinen Spend, der Stiftsherrn Allmosen, der Pflegschaft unserer Frau zu Oberhofen und der Präsenz in der Stadt, sowie die Einkünfte der Brüderschaften St. Wendels, des heiligen Kreuzes und Sacraments, der Binder, Wagner, Tuchmacher, Schneider, Metzger und Bäcker; wogegen aber auch, wie vorbemerkt, die Baulast und Unterhaltung der Kirche und Schulen, und die Verpflichtung, auf einen Stipendiaten in Tübingen jährlich 25 fl. zu verwenden, auf den Armenkasten übergingen.

4) Größere, dem Armenkasten nicht einverleibte Stiftungen | sind außer der zuvor erwähnten Frank’schen Schulstiftung nicht vorhanden.

5) Das oben S. 86 gedachte, für männliche und weibliche Dienstboten und Gewerbsgehülfen bestimmte, Krankenhaus, das jedoch mit einem Fonds nicht ausgerüstet ist. Eine Reform dieser Anstalt, bei der großen Menge von Fabrikarbeitern und Dienstboten dringendes Bedürfniß, ist im Werke.

6) Die Wilhelmshülfe, eine 1839 errichtete Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder. Das oben S. 114 erwähnte eigene Haus der Anstalt ist mit 11/2 M. Garten umgeben. Die Kinder, gegenwärtig 25, die meisten aus der Stadt, einige auch aus dem Amt und andern Bezirken, sind einem Hausvater, einem Aufseher und einer Aufseherin, welche unter einem Comite von 14 Mitgliedern stehen, anvertraut, während ein Frauenverein die ökonomischen Angelegenheiten überwacht. Die Anstalt wird durch milde Beiträge und Kostgelder erhalten, hat aber auch mehrere Kinder unentgeldlich aufgenommen. Ihr dermaliger Fonds beträgt 5000 fl. Sie hat eine eigene, auf den Fuß der Volksschule eingerichtete Schule. Über die hier betriebene Seideraupenzucht S. oben S. 51. — Bemerkenswerth ist es, daß schon vor 70 Jahren eine ähnliche Anstalt zu Erziehung armer Kinder, deren weiteres Schicksal uns übrigens unbekannt ist, gegründet ward. (S. Schwäbisches Magazin. 1774. S. 82.)

Außer dem Oberamtsarzte haben noch drei Ärzte hier ihren Sitz. Die gute Lage an der frequenten Landstraße mag wohl der Grund gewesen seyn, daß einer der ersten Ärzte von Württemberg hier sich niederließ. Es ist dieß Nicolaus v. Schwerdt. Graf Eberhard III. von Württemberg bestellte ihn im J. 1405 zu seinem Leibarzt, und er hatte ihm von Göppingen aus zu dienen. Dafür befreite er ihn, seine Gattin und Kinder von allen Steuern und Diensten, die sie schuldig waren aus zwei Häusern in der Stadt, einem Hof daselbst, Wiesen an dem „Swalbrunnen,“ aus dem Brunmanshof zu Lerchenberg, seinem Haus zu Gmünd etc. (Sattler G. der Gr. IV. Beil. 67.) Vom 16. Jahrhundert an findet man eine ununterbrochene Reihe hiesiger Ärzte, wovon auch der als württ. Geschichtsforscher berühmte Oswald Gabelkhover, der eine zeitlang hier prakticirte, zu nennen ist. — Die erste Apotheke scheint im J. 1595 errichtet worden zu seyn; 1707 ist bereits von dem oberen „Apotheker“ die Rede.

Des landwirtschaftlichen Bezirksvereins und des landwirthschaftlichen Partikularfestes ist bereits oben S. 47 gedacht.

Brücken sind 3 in der Stadt. Die eine derselben, welche über den Mühlbach, einen Canal der Fils, zum Bad führt, die kleine | Sauerbronnenbrücke, ist von Steinen 1790 erbaut und 1836 neu hergestellt worden; die große Sauerbronnenbrücke, über die Fils ebendahin führend, wurde 1824 wieder aufgeführt. Die schöne Hauptbrücke aber, welche gleichfalls über die Fils führt und worüber die Staatsstraße nach Ulm geht, wurde 1781/82 durch Landbau-Controleur Etzel mit einem Kostenaufwande von 31.390 fl. 20 kr., wovon der Staat 1/4 und die Stadt 3/4 trugen, erbaut. Sie ist massiv aus gehauenen Quadern und ruht auf drei Bögen. [13] Die Stadt erhebt hier ein Brückengeld, s. oben S. 88.

An gutem Brunnenwasser hat, wie schon oben S. 8 erwähnt, die Stadt Mangel.

Berühmt ist die oben S. 11 schon nach ihrer Beschaffenheit beschriebene Bad- und Brunnen-Anstalt. Sie liegt in einiger Entfernung, südwestlich von der Stadt und bietet in ihren zwei neueingerichteten Hauptgebäuden alle Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten, indem mit ihr auch eine Gastwirthschaft verbunden ist. Von dem großen, hinter den Gebäuden am Berg hinaufziehenden Garten eröffnet sich eine reizende Aussicht auf die Umgegend mit dem Staufen, Stuifen und Rechberg. — Das Bad ist von hohem Alter; unter dem Namen „Schwalbronnen“ kommt es, wie wir vorhin sahen, schon im J. 1405 vor. Damals waren mit demselben | Edelleute von der Herrschaft belehnt; so 1429 Ritter Wolf von Zillenhardt mit der Hälfte und 1442 Wolfgang von Zillenhardt mit dem ganzen Brunnen. Ehrenfried von Schechingen erhält ihn 1464 und seine Wittwe, Adelheid von Stein vom Klingenstein, 1475 zu Lehen, nämlich „den Schwalbronnen zu Göppingen mit dem Bronnen, dem Badhus, den andern Hüsern, Hofstätten vnd aller Zugehörde.“ Schon 1477 ist die Rede von dem vordern und hintern Sauerbronnen. Zu Ende des gedachten Jahrhunderts fiel aber das Lehen heim und wurde nun in eigene Verwaltung genommen. Nach einem Berichte des Kellers von 1503 war damals alles „faßt zergangen, denn bey den Edelleuten es gar schlecht gehalten worden ist; es haben allweg die Badknecht geregiert." [14] Von der herzoglichen | Rentkammer wurde endlich im December 1746 das Bad an G. L. Seitz um 2400 fl. verkauft, nämlich die Wirthschaft (zum Hirsch), das Bad, der Sauerbronnen, das Trinkhaus ob dem Sauerbronnen, zwei Fischwasser in der Fils, zwei Gärten, die Freiheit des Burgfriedens, der Gucknerbronnen vor der Herberge. Die „neue Sauerbronnenquelle“ unter einem der Moser’schen Häuser, die früher bei Faurndau standen, wurde der Herrschaft vorbehalten.

Übrigens bestanden neben diesem Mineralbade schon frühe einige sogenannte Badstuben. Die „Badstube in der Stadt“ gestattete Graf Eberhard III. 1417 zu errichten und zu bauen; doch wurden schon damals zwei weitere genannt. Jene und die am untern Thore bestanden noch im J. 1700.

Der hiesigen Leihkasse geschah schon oben S. 88 Erwähnung.

Die Schützengesellschaft zählt etwa 40 Mitglieder. Die hiesige Schießstätte ist eine der ältesten des Landes.

Die seit 1838 bestehende Kleinkinderschule ist in ziemlich gutem Zustand und wird von etwa 150 Kindern besucht.

Eine Turnanstalt unter der Leitung eines Arztes ist im Bade eingerichtet.

Eine Bürgergarde bestand hier nie.

Ein Museum für gesellige und literarische Zwecke besteht seit einigen Jahren im Gasthof zum Apostel und zählt über 100 Mitglieder. Auch haben junge Leute eine „Frohsinns-Gesellschaft“ gebildet. Außerdem besteht ein Liederkranz.

Die sehr reiche Petrefacten-Sammlung des Oberamtsarztes Dr. v. Hartmann, welcher seit mehr als 50 Jahren sammelt und sich um die Kenntniß der Gebirgsarten der Umgegend sehr verdient gemacht hat, zeichnet sich vornehmlich durch große Vollständigkeit württembergischer Versteinerungen aus.

| Der Gottesacker liegt außerhalb der Stadt, still und freundlich um die vormalige Stiftskirche her.

Bemerkenswerth ist es, daß auch Göppingen in ältern Zeiten ein Bordell hatte, das schon 1477 vorkommt. Nach dem Kellerei-Lagerbuch von 1524 zinst die Stadt „vßer irem Frawenhuß, zwischen Jerg Lecker vnd der Gassen gelegen“ — jährlich 5 Schilling der Herrschaft.


Geschichte der Stadt.

Alter und Entstehung. Göppingen wird, wie wir unten finden werden, zu Anfang des zwölften Jahrhunderts erstmals genannt. Nach einigen Chroniken soll es ums J. 1129 von einem Herzoge von Schwaben zur Stadt erhoben worden seyn. Allein diese, wenn auch an sich nicht unwahrscheinliche, Angabe ist nicht bescheinigt. Allem Anscheine nach ist die Stadt auf ähnliche Weise wie Kirchheim (OA. Beschr. S. 151) entstanden, nämlich durch die Vereinigung mehrerer, zuvor abgesondert bestandener, Höfe. Von diesen treten namentlich hervor:

1) die unter der späteren Benennung bekannten „Wagensteuer-Höfe,“ deren Gutsumfang wohl den größeren Theil der Stadtmarkung bilden mag. Die Zahl derselben ist 203/4, wovon 143/4 der Herrschaft Württemberg und 6 dem Kloster Adelberg (daher „Abtshöfe“ genannt) mit Obereigenthum zugehörten. Schon 1477, wo sie noch zu Gnaden verliehen waren, sind sie, mit Ausnahme der obengedachten 4 Mühlen, nur Feldlehen, ohne Häuser und Scheunen, und in 80 — 90 Theile getrennt; jeder hat aber seinen alten Namen beibehalten. Ihre Inhaber, obwohl Bürger der Stadt, wurden lange wegen dieses Besitzes der eigentlichen Bürgerschaft entgegengesetzt, und waren zu Leistungen verpflichtet, welche dieser fremd waren; wie dieß aus einem Vertrage hervorgeht, den die herzoglichen Räthe zwischen „vnsern lieben Getrewen, der Mayerschaft der 20 Höfe zu Göppingen vnd Burgermeister vnd Gericht daselbst" im J. 1513 abgeschlossen. [15] Noch in neueren Zeiten kommen 23/4 | dieser Höfe als sogenannte Freihöfe vor, welche weder jährliche Geldleistungen, noch Handlohn und Weglöse zu geben hatten.

2) Ein ziemlicher Umkreis um die Kirche Oberhofen, wo sich der Sage nach einige Höfe befunden haben. Daß diese noch vor 400 — 500 Jahren bewohnt waren, beweisen Urkunden, worin 1436 ein „Cunrad Oberhofen“ und 1477 eine „Gret Oberhoferin“ genannt werden.

3) Der obenerwähnte Freihof oder oberste Hof, welcher — wofür schon seine Benennung und sein Asylrecht sprechen — ehmals der Oberhof der umliegenden, nun zur Stadt vereinigten, Höfe gewesen seyn dürfte.

4) Der Adelberger Hof, ein frühes Besitzthum des Klosters.

5) Der oben erwähnte alte Hof, welcher den Grafen von Württemberg zugestanden hatte.

6) Die Burg, auf deren Stelle das Schloß nachmals erbaut wurde, möchte insoferne noch hierher zu zählen seyn, als sie denjenigen Ministerialen, die sich von der Stadt schrieben, zum Sitze gedient haben dürfte. [16]

Als weitere Grundherren der Stadt und beziehungsweise bedeutendere Grundbesitzer lernen wir aus ältern Zeiten folgende kennen:

1) Das Kloster Blaubeuren. Nach einer Chronik desselben (Sattler G. d. Gr. IV. Beil. 73) schenkten Graf Conrad von Württemberg und seine Gemahlin Hedwig im J. 1110 dem Kloster | Güter zu Betzgenried, Eislingen und Göppingen. Worin sie bestanden, ist nicht gesagt.

2) Die von Rauenstein. Albert v. R. schenkte 1206 dem Kl. Adelberg mehrere Güter, welche zuvor an Conrad Bruning von Staufen verpfändet waren; darunter: »curiam in Geppingen cum omnibus appenditiis suis, agrum in recolle valle in Stortselbach, pratum juxta uadum citra Jebehusen etc.««

3) Die von Pappenheim. H. Marscalcus de Bappenhain thut ums J. 1206 dem Kl. Adelberg zu wissen »quod concambium vestrum, factum de predio patris mei in villa Wilaer et de predio in Geppingen, cujus pars feudi ad me spectavit, ratum et gratum habeo.«[17]

4) Die von Staufeneck. Ludwig von St. verleiht 1308 an Rulin den Suter von Geppingen „das Wiselin in dem Storgsbach, das zu Gremelins Mühlen gehört.“

5) Die Herzoge von Teck. Herzog Conrad verkauft 1336 an Berchtold Schirsichen, Bürger zu Göppingen „vnser Gut, das da Helleschusses war, da nun vffsitzet Bernoltes von Bedechenriet Sun, vnd och das Gelt, das wir noch haben vßer dem Hakengut, da Heinz Hellewartz Sun vffsitzet,“ um 60 Pfd. Heller.

6) Die von Rechberg. Herr Johanns v. R. verkauft 1337 an den vorgedachten Schirsich „des Röten Hube, des jungen Wetterschullen Hube, Sitzen des Maigers Hube vnd die Hube da vffsitzet der Melchinger vnd der Terer" um 190 Pfd. Heller für ledig, frei und eigen, wie er es indessen genossen.

7) Die von Ahlfingen. Den Verkauf von Gütern an den Hospital s. oben S. 128. Im J. 1370 ist Zeuge „Hans v. Ahelfingen, zu diesen Zeiten seßhaft zu Geppingen.“

Der Staufer v. Blosenstaufen, der v. Schechingen, von Zillenhardt, v. Degenfeld und v. Liebenstein ist schon oben gedacht worden. Außer diesen kommen noch vor: im J. 1390 „der ersame Hans von Rinderbach, zu den Ziten zu Geppingen gesessen;“ ferner 1392 „der erbar veste Fritz von Schlatt zu Geppingen gesessen;“ 1403 „der erbar Hans v. Vckingen“ (Iggingen?), Burger zu Geppingen, und 1438 „der erbar vnd vest Hans von | Lustnow der älter, zu Geppingen gesessen“ und „Caspar v. Schlatt och zu Geppingen gesessen.“ Wann nun jene Vereinigung der Höfe zu einer Stadt geschah, läßt sich freilich nicht bestimmen; bemerkenswerth in dieser Beziehung ist es aber, daß sich bis in neuere Zeiten die Namen von Höfen in der Stadt erhalten hatten.[18] Die Sage, daß die Ummauerung bereits 1098 begonnen habe, müssen wir auf sich beruhen lassen. Bürger der Stadt finden sich erst in Urkunden aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts; so ist in einer solchen, in „Geppingen“ im J. 1284 ausgestellten Zeuge »Siboto ciuis in Geppingen.« Im J. 1294 finden sich als solche: »Duringo Scultetus, Siboto . . dictus Lantmann . . .dictus Bruhsel. . . dictus Berner, . . . Cerdo, ciues in Geppingen.« (Über andere alte Bürger-Geschlechter s. unten Bünzwangen, Klein-Eislingen, Lerchenberg etc.) Wie lange übrigens noch neben der eigentlichen Bürgerschaft die Maierschaft bestand, ist zuvor gezeigt worden. Von hohem Alter waren jedenfalls die früheren Thürme an den Thoren und Mauern. Der obere Thorthurm war bis zum neueren Dachstuhle 123’ hoch', viereckigt und mit den Mauern eng verbunden; ebenso der gleich alte untere Thorthurm. Sie wurden erst nach dem Brande von 1782 abgebrochen. Schon 1605 war ein anderer, vor der Stadt gestandener, Thurm abgebrochen und waren mehrere darin befindliche Gegenstände in das Zeughaus nach Stuttgart abgegeben worden. Dieß war vielleicht der »turris, que vulgo Gödelinsturn nuncupatur«, dessen 1431 gedacht wird. Der Thore waren es ursprünglich drei, das obere, untere und Fisch-Thor. Das vierte, welches zur Stiftskirche führte, wurde 1461 gebaut und „Pfaffenthor“ benannt. Eigenthümlich war die Benennung der Stadtviertel; sie wurden noch 1618 „die Viertel im Bock, im Ochsen, im Löwen und im Wolf“ genannt. Des „Zinsrechtes der Stadt zu Geppingen“ wird im J. 1417 Erwähnung gethan. Das Marktrecht der Stadt ist sehr alt. Es ist schon S. 109 erwähnt, daß Göppingen im Mittelalter als eine Vestung betrachtet wurde, zwar nicht als ein größerer Platz, wohl aber als ein sogenanntes „Ortschloß,“ d. h. als eine Grenzveste. Der meist aus Felsen gebrochene Stadtgraben war breit und tief und die mit Umgängen versehenen, mehr als 6’ dicken, Stadtmauern aus denselben Steinen erbaut. Auf ihnen standen nicht nur jene Thürme | (wovon noch hienach), sondern auch Rondele mit Schießlöchern. Bereits 1358 ist die Rede von „dem neuen Graben.“ Die Werke waren so stark, daß sie 1359 einer Belagerung widerstehen konnten. Im J. 1467 wurden aber jene schadhaft erfunden, denn damals übergibt Graf Ulrich von Württemberg „als die Mur an vnser Statt Geppingen vast zerfallen vnd schadhaft ist,“ der Stadt „die Graben vmb die Statt mit aller Nutzung vnd Zugehörd, doch daß sie die Stattmuren vnd Zwinger wieder buwen vnd bessern solle.“ Landesherrschaft. Die Frage: wem die Hoheit über die Stadt ursprünglich zugestanden, ist schon manchfach erörtert worden, wird aber, bei dem Mangel genügender Documente, nie befriedigend zu beantworten seyn. Die Vermuthung, daß sie hohenstaufisches Gut gewesen, hat Manches für sich; nicht nur, daß die Stammburg so nahe und die Stadt gleichsam unter ihren Fenstern liegt und dass Kaiser Friedrich I. eine Urkunde über das Kloster Lorch im J. 1154 in Göppingen ausstellte, sondern auch daß die Erzherzogin Claudia (oben S. 101) mit ihren Ansprüchen auf die Stadt, als einer Zugehör der ursprünglichen Herrschaft Hohenstaufen, durchdrang. Ein hauptsächliches Argument aber, welches indessen hiefür gegolten, daß noch vor dem Brande die hohenstaufenschen Löwen oder Leoparden über einem Stadtthore in Stein gehauen zu sehen gewesen, fällt — wie sich hienach zeigen wird — völlig hinweg; und wenn die Stadt einst unter der Hohheit der Hohenstaufen, als solcher, gestanden hatte, so muß sie doch schon frühe und mindestens gleichzeitig mit Schorndorf, Ebersbach, Waldhausen etc. veräußert worden seyn, da sie, wie wir unten finden werden, schon vor Conradin entfremdet war und mit der späteren Herrschaft Hohenstaufen in ganz keiner Verbindung stand. [19] Hieran reiht sich die andere Annahme: Göppingen sey entweder seit seiner Erbauung oder doch noch vor dem Erlöschen jenes berühmten Hauses ein dem Kaiser und Reich unmittelbar unterworfener Ort gewesen. Die Nachricht sodann, welche sich in Chroniken findet, daß während des Zwischenreiches, ums J. 1273, Graf | Eberhard I. von Württemberg die Stadt erobert habe, ist bei dem Geiste jener stürmischen Zeiten nicht unwahrscheinlich; sie läßt uns aber über die Person des Gegners des Grafen im Dunkeln. Auch nach Pistorius (in der oben S. 108 bemerkten Handschrift) wäre Göppingen lange vor dem Ende der Hohenstaufen württembergisch gewesen, welches er mit dem Wappen zu beweisen versucht, das an dem oben erwähnten obern Thorthurm in Stein eingehauen war. Dieses war nämlich nicht staufenisch, sondern württembergisch und zwar ganz dem ähnlich, welches — nach dem Bildnisse in der Stuttgarter Stiftskirche — Ulrich der Stifter führte: die 2 obern Hirschhörner mit 4 Zinken. An dem untern Thurmthore hatte sich dasselbe Wappen befunden.

Die verschiedenen Annahmen möchten sich in folgender Weise vereinigen lassen. 1) Die Stadt gehörte in den ältesten Zeiten zu den Besitzungen der Hohenstaufen. 2) Zu Anfang des 13. Jahrhunderts benützte die Stadt irgend ein ihr günstiges Ereigniß, um sich loszureißen. Sie hat von da an bis zu dem nun eingetretenen Interregnum eine gewisse Unabhängigkeit behauptet. Dafür spricht einigermaßen eine schon von Pistorius angezogene Stelle bei Steinhofer II. 57, wo im J. 1206 ein »Fridericus advocatus de Geppingen«, ein kaiserlicher Vogt, genannt wird, obwohl nicht zu leugnen ist, daß damit auch ein landesherrlicher Vogt gemeint seyn kann und daß in späteren Zeiten manchmal advocatus als gleichbedeutend mit scultetus (Schultheiß) genommen wurde. Noch mehr spricht aber hiefür, daß, wie wir sogleich sehen werden, der Zoll in Göppingen bis 1347 dem Reich zustand. 3) Während so manche schwäbische Städte die Gunst jener Zeiten benützten, um ihre Freiheit zu befestigen, mißlang dieß unserer Stadt; sie kam ums Jahr 1270 durch die Gewalt der Waffen oder durch freiwillige Ergebung an Württemberg. Denn schon Graf Eberhard I. war es, der (nach einer Relation vom Geheimenrath Rühle von 1685, im StsA.) bald nach Conradins Tod die Stadt besser bevestigen und jene Wappen in beide Thürme einhauen ließ. Das letzte Überbleibsel von Reichsunmittelbarkeit, der kaiserliche Zoll, bestand aber noch gegen 80 Jahre fort; denn erst 1347 bestätigte oder übergab Kaiser Carl IV. den Grafen von Württemberg „den Zoll in Geppingen, den der Alt von Staufenegge hat von vnserm Anen seligen Kaiser Heinrich.“ (Reyscher württ. Ges. Sammlg. XVII. 3. Heinrich VII. regierte von 1308 bis 1313.) Ein Lehenverzeichniß von 1420 zählt Göppingen zu den württembergischen Allodien. (Steinhofer II. 707.)

Die grundherrlichen Rechte, deren, wie zuvor gezeigt worden, Württemberg sehr viele besaß, scheinen aus den Zeiten vor | Erwerbung der Hohheit herzurühren. Was hieran noch einige Dynasten und Dienstleute besaßen, kam allmählig auch in seine und in Adelbergs Hände.

Die vormalige Verfassung der Stadt glich so ziemlich jener von Kirchheim, mit der Ausnahme, daß hier keine Ministerialen im Richteramte erscheinen, und daß der Amtmann den Titel Schultheiß führte. Wie dort, so war auch hier das Gericht mit 12 Richtern besetzt. Dasselbe stand in so gutem Rufe, daß es auch von fremden Orten als Obergericht anerkannt ward; so von Gruibingen, als es noch nicht zum Amte gehörte (1472), und von Donzdorf, das 1483 mit Wissen und Willen der Herren v. Rechberg sich verbindlich machte, dorthin, als „zu ihrem Obergerichte“ ihre Urtheile zu bringen, „als andere, so ihre Urthel bei ihnen pflegen zu holen.“

Zu den Rechten und Freiheiten der Stadt ist das seit den ältesten Zeiten bestandene Recht der Landstandschaft und des Wegzolles zu zählen. Bemerkenswerth ist hauptsächlich noch, daß in dem Münzvertrage, welchen Graf Eberhard von Württemberg 1396 mit Herzog Leopold von Österreich, Bischof Burkard von Augsburg und den Grafen Ludwig und Friedrich von Öttingen schloß, die Städte Stuttgart und Göppingen als württembergische Münzstätten bezeichnet und die ganze Verwaltung des Münzwesens diesen übergeben wurden. (Sattler G. d. Gr. III. 22.) Daher ist denn auch in einer Urkunde von 1417 die Rede von „Heller, guter vnd gäber, der Statt Währung zu Göppingen.“ Das alte Erbrecht s. oben S. 96.


Schicksale.
Während des Streites, in welchen Graf Eberhard der Greiner mit Kaiser Carl IV. verwickelt war, wurde Göppingen 1359 von den Bischöfen von Augsburg und Constanz auf des Letztern Befehl hart belagert, und erst durch den im Lager vor Schorndorf mit dem Grafen getroffenen Vertrag wieder befreit. (Sattler G. d. Gr. I. 174.) Am Osterfest Abend 1425 wurde sie bis auf ein einziges Haus binnen 12 Stunden von den Flammen ganz verzehrt. Nach der oben erwähnten Handschrift von Fischhaber entdeckte man noch 1619 das Pflaster jener alten Stadt; und 1783 sollen noch Theile einer irdenen Wasserleitung derselben aufgefunden worden seyn. [20] | Zur Wiederaufbauung gaben die Grafen von Württemberg das erforderliche Holz; daher denn auch, nach dem Kellereilagerbuch von 1524, von jedem Haus, worin Rauch gehalten ward, jährlich an Georgi 7 Heller und auf St. Galli 1 Schilling, von jedem Bäcker und Müller aber 6 und 9 Pfennige „zu Feuerzins“ der Herrschaft zu entrichten war; nur die Häuser des Vogts, Kellers, der Gerichts- und Raths-Personen, der Edelleute, Stiftsherren und der Adelbergerhof waren davon befreit. Merkwürdig ist es, daß die Stadt bald darauf für sich selbst mit einem Ritter in eine Fehde gerieth, und auch für sich selbst einen Waffenstillstand abschließen konnte; worin Pistorius noch einen Überrest ihrer vormaligen Freiheit erkennen will. Die Ursache, wodurch diese Fehde mit Klaus von Asselfingen entstand, ist unbekannt; am Tage St. Peter und Paul 1427 aber vertrug er sich für sich und alle seine Helfer und Helfershelfer mit „Vogt, Schultheis, Rat vnd Burger zu G. vnd alle ihre Helfer vnd Helfershelfer,“ daß beide Theile in Ulm erscheinen und ihre Händel da beilegen lassen wollen. Am 2. April 1519 bemächtigte sich der schwäbische Bund unter Herzog Wilhelm von Bayern der Stadt, nachdem sich Philipp von Rechberg, vieljähriger Vogt und treuergebener Diener des Herzogs Ulrich, standhaft gewehrt hatte. (Heyd, Herzog Ulrich I. 549.) Neue Besatzung von dem Bundesheere kam im August 1519 in die Stadt. (Steinhofer IV. 632.) Wie ihr Oberster, Jörg Staufer hauste, ist schon oben S. 101 gezeigt. Im Bauernkriege wurde das Stift geplündert und geschätzt (ebenda 989); auch die Stadt überzogen die Bauern, und setzten sich in dem Adelberger Hofe vest (ebenda 983). — Am 1. Merz und April 1542 raffte die Pest viele Menschen hinweg, und 1547 wurden in Folge des Heilbronner Vertrages auf Befehl Kaisers Carl V. zwölf Compagnien spanischer Soldaten in die Stadt gelegt, welche während ihres 3—4jährigen Aufenthaltes mit Rauben und Grausamkeiten aller Art Stadt und Amt fast zur Verzweiflung brachten. Unbeschreiblich sind die Leiden, welche der dreißigjährige Krieg über die Stadt ergoß. Am 5. Sept. 1634 besetzten die Kaiserlichen die Stadt, welche von da an einige Jahre lang mit Soldaten und Bewohnern der benachbarten, ödegelegenen Orte, namentlich Altenstadts, Süssens, Schlierbachs, Hattenhofens, Zells, Ebersbachs angefüllt war. Dadurch brachen böse Seuchen aus. Die Zahl der Gestorbenen von hier und Bartenbach vom 1. Okt. — 31. Dec. 1634 betrug 656. In der zweiten Hälfte des J. 1635 nahm das Sterben noch mehr zu; die Zahl der Todten von diesem Jahre ist 904. Nun und im nächstfolgenden Jahre starben Viele den Hungertod. Jetzt aber sollten die Göppinger auch ihre Anhänglichkeit an die geläuterte christliche Lehre erproben. Die Erzherzogin Claudia, seit Ende 1635 | Herrin von Stadt und Amt (oben S. 101),[21] ließ alsbald den katholischen Ritus herstellen. Am 3. Oktober 1636 wurde sowohl in diesem Amte, als in der Herrschaft Achalm die evangelischen Geistlichen abzuschaffen befohlen. Dem Special und den Diakonen ward von 1638 an keine Besoldung mehr verabfolgt, und als 1639 der Special Gerlach gestorben, blieb seine Stelle unbesetzt; die Jesuiten wurden den 16. Jan. 1639 neuen Styls in das Stift eingesetzt. Am 28. Jan. 1643 überfiel inzwischen der bayrische General Jean de Werth die Stadt und plünderte sie rein aus. Und nun begannen die denkwürdigen „Religionspressuren,“ welche, da sie bis jetzt unbekannt waren, hier eine kurze, aber getreue Schilderung finden mögen. Obgleich nämlich Stadt und Amt bei der Huldigung die Religion ausdrücklich reservirt hatten, und in einem Nebenreceß zu dem Prager Friedensschluß vom 30. Mai 1635 versprochen war, „daß es mit der Religion in den occupirten Orten des Herzogthums in allweg gehalten werden soll, wie es in anno 1627 gewesen,“ so wurde der Stadt doch selbst die Stadtkirche unter dem ganz nichtigen Vorwande vorenthalten, daß sie auf Grund und Boden des Stifts erbaut worden sey. In einem Memoriale vom 16. Merz 1644, das einige Bürger im Namen der Stadt der Erzherzogin zu Insbruck mit einem „demüthigen Fußfall“ überreichten, widerlegten sie jenes Vorgeben und baten um Wiedereröffnung dieser Kirche, damit nicht dem Bürger — sagen sie — „wann Einer nach der erst vorm Jahr erlittenen grausamen Ausplünderung noch dasjenige, was er die ganze Woche hindurch gleichsam mit den Nägeln erkratzen vnd den Soldaten zur Contribution reichen muß, auff den heiligen Sonntag oder sonsten, die Kirche versagt werde.“ Die abschlägige Antwort war von dem Befehle an die Amtleute begleitet: „daß auch die Patres Jesuiti, vnd zwar bei hoher Straf vnd Vngnad, den Kindertauf vnd die Eheeinsegnungen vor Hand nehmen sollten." Vergeblich war es, daß sich Herzog Eberhard III. von Württemberg für die Bedrängten bei dem Kaiser und den Churfürsten verwendete. Aber rührend ist auch die Ausdauer derselben und um so anerkennenswerther, als sie unter der Last und den Qualen der Kriegsvölker beinahe erlagen. Am 30. April 1644 fand es sich: „daß die Gefängnisse voller armer Burger, vmb willen sie ihre Kinder durch die Jesuiten zu taufen verweigert.“ Erst in der letztvergangenen Nacht sey man „den armen Leuten wieder in die Häuser gefallen, die Männer vom Boden vffgehebt, hinweggenommen, vnd in die | Gefängniß geworfen, ohnerachtet die armen Kindbetterinnen ihrer allein bis gegen Tag oder Morgen zu verschonen, knieend vnd flehentlichst gebeten.“ Selbst das weibliche Geschlecht bethätigte einen bewundernswerthen Muth; [22] wie konnte da das männliche zurückstehen! Am 21. Mai 1644 versammelten sich denn auch die Bürger und hielten Durchgang; es waren ihrer 180. Alle beschloßen einmüthig: „sie wollen verbleiben, wie man gehuldigt vnd geschworen, auch getauft vnd erzogen“ — nur Einer, der Schmied Leonhard Mayer, erklärte: „ehe er sich wolle in Thurm legen, ehe wolle er seine Kinder katholisch taufen lassen.“ Nun aber wurde diese Versammlung und eine wiederholte Bitte bei Herzog Eberhard um Verwendung, für eine „Conjuration“ erklärt, und den Bürgern eine „höchstverderbliche Soldatenpresse,“ die bis 1. August andauerte, eingelegt. Dieß wirkte. Am 10. Juli (alten Styls) beschloß Gericht und Rath, unter Zustimmung der Bürgerschaft: „den erzfürstlichen Befehlen zu pariren, doch in der Hoffnung stehend und bittend, daß es bei diesen beiden Punkten (Taufe und Copulation) verbleiben oder im Widrigen ihnen der landgebräuchige Abzug zuversichtlich nicht verwehrt seyn werde.“ — Gleichwohl blieben die Meisten ihrem Glauben treu; denn der Pfarrer von Holzheim besuchte nächtlicher Weile ihre Häuser, um Kinder zu taufen, während andere in Ulm’sche Orte zur Taufe heimlich getragen wurden. Im Oktober 1647, bis wohin die Bürger die Predigten in einigen noch bewohnten Orten der Umgegend besucht hatten, wurde — neben dem katholischen in der Stiftskirche — der evangelische Gottesdienst in der Stadt selbst wieder gefeiert. Aber erst im December 1648 war es, wo die Jesuiten das Stift und den Adelberger Hof wieder räumten. (S. oben S. 102.) Inzwischen dauerte das Kriegsungemach fort. Noch im December 1646 zeigte es sich, „daß gleichsam kein Mensch mehr vff den Dorfschaften sich blicken lassen darf, inmaßen bereits, wie es der leidige Augenschein beweist, ganz Stadt vnd Ampt in der Ringmauern elendiglich bey einander stecken vnd sich kümmerlich vffhalten muß." Am 8. Januar 1648 ward die Stadt von den bayrischen Völkern noch einmal eingenommen, welche bald darauf durch die Schweden unter General Wrangel, der sofort hier sein Hauptquartier aufschlug, wieder vertrieben wurden. Als 1688 fast ganz Württemberg der Raub- und Plünderungs-Lust französischer Horden unter den Befehlen des Generals Melac | Preis gegeben war, stand man auch in Göppingen in bangen Sorgen. Die Weiber der Stadt, eingedenk der Heldenthat ihrer Schwestern in Schorndorf, versammelten sich, um für sich zu handeln. Es war ein Rath auf der Durchreise begriffen, um den Einmarsch der zu Rettung des Landes erbetenen Kreistruppen zu beschleunigen. Weil aber von ihm bekannt war, daß er hauptsächlich den Entschluß zu der kaum zuvor erfolgten Übergabe der Vestung Asberg an die Franzosen herbeigeführt habe, so traute man seinem Vorgeben nicht und hielt ihn für einen Verräther. Daher ließen ihm die Göppinger Weiber die Postpferde nicht verabfolgen und drohten, ihn zum Fenster hinauszuwerfen, wenn er seinen Auftrag länger geheim halte. Es war vergeblich, daß er die in der Stadt gelegenen bayrischen Dragoner um Hülfe anrief; nur, nachdem er ihren Willen gethan, ließen sie ihn ziehen.[23] Noch in demselben Jahre nahm aber Melac selbst Göppingen in Besitz, und floh daraus erst, als im Januar 1689 Markgraf Carl August von Baden mit seinen Truppen heranzog. Göppingen hatte sich im friedlichen Verlaufe der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts von den früheren Drangsalen erholt und eine Stufe des Wohlstandes wie noch nie zuvor erreicht, als in der Nacht vom 25/26. August 1782 ein Feuer vom Himmel, bei entstandenem heftigen Winde und ungewöhnlich großem Wassermangel, die Stadt innerhalb 8 — 10 Stunden ganz in die Asche legte, indem nur das Schloß, die Kirchen, die Amtswohnungen des Kellers und des Adelbergischen Pflegers mit einigen Fruchtkästen und einige unbedeutende Häuser an der Ringmauer gerettet wurden. Der Brand war im Hause des Gerbers Johannes Wiedmann hinter dem Pflug ausgebrochen. Es brannten 496 öffentliche und Privat-Gebäude ab. Diese waren gerichtlich zu 350.974 fl. 17 kr. und die mitverbrannten | Mobilien zu 337.400 fl. angeschlagen. [24] (Die Zahl sämmtlicher Gebäude der Stadt war 534.) Noch im September 1783 war nicht aller Schutt weggeschafft, obwohl im Mai von den Städten und Ämtern des Landes 3122 fl. nur an „Brandschutt-Abräumungskosten“ beigesteuert worden waren. Unbeschreiblich groß war das Elend der Verunglückten; Herzog Carl nahm sogleich 45 Familien und die Schulen in das Schloß auf, und ließ bis zu Ende 1782 hundert der ärmsten Familien mit Fleisch und Brod speisen. Eine eigene, erst am 29. April 1786 wieder aufgehobene „Göppinger Brandbaudeputation“ sorgte für die Unterbringung der Armen und für den in so schönen Verhältnissen ausgeführten Wiederaufbau der Stadt; zur Belebung der Gewerbe aber bewilligte ihr der Herzog am 14. Mai 1783 eine 3jährige Zollfreiheit, die bis 1799 verlängert ward.

Groß waren auch die Lasten, welche mit den militärischen Durchzügen zu Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts verknüpft waren. Von 1793 bis 1801 war sie beinahe keinen Tag von Einquartierung verschont. (S. auch oben S. 104.) Nach der Schlacht von Austerlitz 1805 kamen 12.000 russische Gefangene hier durch, von welchen Viele an einem höchst bösartigen Nervenfieber, das auch viele Einwohner hinwegraffte, starben. Zu einer nie gekannten Blüthe schwang sich aber die Stadt unter den Friedenssegnungen der letztverflossenen Jahrzehende empor, in deren Laufe sie ihre meisten Schwestern an Gewerbfleiß überflügelt hat.


Geschichtliches über die kirchlichen Einrichtungen.
Die Pfarrei ist, wie schon ihr ehemaliger großer Sprengel (s. unten) zu erkennen gibt, von hohem Alter und wohl älter als das Stadtrecht, da sie nicht in der Stadt selbst, sondern außerhalb ihrer Mauern, in „Oberhofen,“ sich befand. Der hier gestandenen, St. Martin und Maria geweihten Kirche ist schon oben S. 113 gedacht. Der Pfarrer war zugleich Dekan, wie wir schon im allgemeinen Theile S. 99 sahen. „Des Pfarrherrn vnd seines Gesellen, des Frühmessers“ gedenkt eine Urkunde von 1348. Bei Stiftung einer Seelmesse an St. Georgen-Altar in dieser Kirche von 1408 ist die Rede von „Dekan, Kirchherr vnd Priestern, die zu Geppingen gepfröndet sind.“ Im J. 1436 stiftete die Stadt eine immerwährende Caplaneipfründe an den Marienaltar in „parochia Sancti Martini extra muros oppidi Geppingen“, und 1440 legt sie von den Gütern | und Zinsen „der Pflegnuß vnser lieben Frawen St. Marien vnd St. Martins zu Oberhofen“ so viel der St. Georgenmesse in dieser Kirche zu, daß diese 40 Pfund Heller erträgt. Schon eine Urkunde von 1358 nennt die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg »patronos ecclesiae parochialis in Geppingen«. — Graf Ulrich der Vielgeliebte, der sich oft und gern in Göppingen aufhielt, beschloß 1436, dieses Patronatrecht zu Umschaffung der Pfarrkirche in ein regulirtes Chorherrnstift zu benützen. Die völlige Einrichtung kam 1448 zu Stande. (S. Cleß III. 255 u. f.) Der Ausstattung ungeachtet, welche sich der Graf sehr angelegen seyn ließ, zählte aber noch 1461 das Stift nicht die statutenmäßigen 21 Präbenden (nämlich 1 Propst, 1 Scholasticus, 1 Cantor, 9 Chorherren und 9 Vikarien). Selbst noch im J. 1514 fehlten ein Chorherr und zwei Vikarien. In diesem Jahre aber gestattet Herzog Ulrich, daß ein weiteres Canonicat und ein weiteres Vikariat von der Stadt und dem Stift errichtet werden; ersteres soll eine Prädikatur und letzteres zugleich eine „Organisterey“ seyn. Das neunte Vikariat kam nie zu Stande. Alle jene Pfründen aber waren 1534 vollständig besetzt. — An Caplaneien waren in dieser Kirche: die auf St. Georgen und St. Marien-Altären; die Pfründen beider wurden bei der Errichtung des Stiftes diesem einverleiht. Die 1506 von Conrad Schemplin, Caplan in der St. Georgenkirche zu Ulm, gestiftete Caplanei „in der Gruft“ (»in summo altari capellae seu criptae in cimiterio colleg. ecclesiae in Oberhofen«) bestand bis zu der bei der Reformation erfolgten Aufhebung des Stiftes. — Da das Stift ein weltliches war, so hatte jedes Mitglied sein bestimmtes Einkommen (Pfründe) und seine Wohnung (Curie). Die Wohnungen waren aber nicht in Oberhofen, sondern in der Stadt, auf und bei dem Pfarrhof (oben S. 112). Der Propst war zugleich erster Pfarrer oder Stadtpfarrer. Sämmtliche Stiftspfründen hatte die Herrschaft von Württemberg, welche auch die Kastvogtei ausübte, die letztgedachte Caplanei aber das Stift zu verleihen. Die Einkünfte floßen hauptsächlich aus den einverleibten Kirchengütern von Göppingen, Mühlhausen am Neckar, Ebersbach, Neckartenzlingen und Hattenhofen, aus den incorporirten Canonicaten des Stiftes in Boll (s. unten) und aus Laienzehenten und andern grundherrlichen Rechten. Einige Güter besaß das Stift sogar mit aller Obrigkeit.

Außer der Pfarrkirche waren vor der Reformation noch folgende Capellen vorhanden:

Die Capelle zu unserer lieben Frau und St. Johannes dem Täufer, in der Stadt, die nunmehrige Stadtkirche (oben S. 112). Im J. 1358 fundiren »Rudgerus dictus Blieninger et Rudolfus dictus Luipolt, armigeri, nec non alie persone, ciues | seu incole in Geppingen« auf St. Catharinen-Altar »in capella gloriose virginis Marie et Sti. Joannis Baptiste, sita in dicto oppido G.« eine ewige Messe und Caplanei, welche die Grafen von Württemberg, als Patronen der Pfarrkirche, zu verleihen haben sollen. — Paulus Boller, ciuis in Ulma, de oppido Geppingen stiftet 1397 die Jodocus-Caplanei in diese Capelle, mit derselben Bestimmung hinsichtlich des Verleihungsrechtes. In demselben Jahre erlassen Schultheiß und Richter der Stadt ein offenes Schreiben an alle Landcapitel, worin sie um eine Bausteuer bitten, weil sie „große Gebresten haben in vnser Frawen Capell zu G. an Weitin, da die Capell Mangel hat vnd besonder an dem Chor, vnd auch ander Sachen, an Kelch, Meßbüchern vnd auch ander Zier.“ — Ritter Syfried von Zillenhardt verlegte 1404 eine von seinen Voreltern nach Adelberg gestiftete Messe in diese Capelle, auf St. Bartholomäusaltar, worauf Schultheiß und die 12 Richter das Haus seines Caplanes, welches er erwerben wolle, von Steuern und Diensten befreien; und 1436 gestatten die Grafen Ludwig und Ulrich, daß die v. Zillenhardt diese Caplanei stets verleihen mögen. — Die edle Frau Anna v. Schlath schenkt 1463 dem Stifte 600 fl., wofür dieses verspricht, für sie in ewige Zeiten eine tägliche Messe in dieser Capelle zu sprechen. — Die Caplaneipfründen dieser Capelle wurden mit Ausnahme der Zillenhardt’schen bei Errichtung des Stiftes diesem einverleibt. Im J. 1467 versprachen Propst und Capitel des Stiftes, daß die Frühmesse, die Schlath’sche und eine weitere Pfründe in Erledigungsfällen nur mit Göppinger Bürgerssöhnen, die aber „in einem ordentlichen priesterlichen vnd löblichen Wesen, vnbehängt mit Concubinen oder vnpfäfflichen Sachen“ seyn müßten, besetzt werden sollen. Auf das Patronat der Zillenhardt’schen Caplanei dagegen, die schon bei der Reformation mit den übrigen aufgehoben ward, und auf die Obrigkeit der zur Pfründe gehörigen 2 Maierhöfe zu Bartenbach, verzichtete der württembergische Kammermeister Wolf v. Z. zu Dürnau erst 1581, wogegen ihm das (neben dem Freihof gelegene) Caplaneihaus überlassen wurde.

Die heilige Kreuzkapelle, ohne Zweifel einst auf dem Gottesacker. Wahrscheinlich ist es dieselbe, die zuletzt lange zu Aufbewahrung der Geräthschaften des Todtengräbers diente. Die Stadt stiftete 1431 eine ewige Messe und beständige Caplaneipfründe |in capella sanctae crucis et beati Leonardi extra muros oppidi... ordinantes, quod apud dictam capellam futuris temporibus adesse debeant cymiterium et ecclesiastica sepultura nec non cetera alia ecclesiae sacramenta.« Hier und in der nächstfolgenden Capelle bestanden Brüderschaften (oben S. 128).

St. Wendelscapelle lag auch außerhalb der Stadt. Im | J. 1509 ward ein bischöflicher Indulgenzbrief für St. Wendelscapelle »extra muros oppidi G.« ausgestellt. Das Kellereilagerbuch von 1477 gedenkt eines Gartens „by St. Wendel,“ der auf die Fils stößt.

Auch eine St. Diepoldscapelle muß bestanden haben. Nach demselben Lagerbuch lag ein Garten in der Nähe der Ziegelhütte „by Sanct Diepolt.“

Zählt man nun noch die Capellen im Hospital und im Adelberger Hof hinzu, so ist die Zahl der Kirchen und Capellen 7 und die der Geistlichen 33, nämlich 20 Stiftsherren und mindestens 13 Capellane.

Mit der Reformation wurde hier bälder, als in den meisten andern Städten, begonnen. Schon am 21. August 1534 befahl Herzog Ulrich dem Keller: „demnach viel Präbenden vff vnserm Stift in Vnserm Abwesen hingeliehen worden, solche Collatur aber Vns allein zugehörig gewesen,“ so soll mit Abreichung der Einkünfte Einhalt gethan werden. Auf Befehl vom 5. Jan. 1535 wurden die Pfründe förmlich eingezogen, nachdem schon am 15. September ein „evangelischer Prädicant“ mit 100 fl. Besoldung hierher geschickt worden war. Weil es diesem aber zu schwer fiel, die Kirche allein zu versehen, so wurde ihm M. Martin Cleß, von Uhingen gebürtig, (s. dort) beigegeben. Dieser in der vaterländischen Reformationsgeschichte rühmlich bekannte Mann [25] war schon 1516 Prädicant des Stiftes, mußte aber, wegen seiner Anhänglichkeit an die neue Lehre, entweichen, und wurde nun der erste evangelische Stadtpfarrer von Göppingen. Am 14. Mai 1536 befahl der Herzog, ihm eine Behausung einzuräumen und seinen Hausrath von Biberach herabzuführen. Inzwischen waren auch die Herren des Stiftes nachgiebiger geworden; auf Vermittlung der Stadt Ulm entschlossen sie sich, das Stift mit allen Einkünften abzutreten. Die Leibgedinge wurden 1536 vestgesetzt: 120 fl. dem Propst, Burkhart Fürderer, je 25 fl., 4 Eßlinger Eimer Wein, 25 Sch. Dinkel, 10 Sch. Haber und freie Wohnung für die Andern. Unmittelbar auf Cleß scheint M. Brodhag gefolgt zu seyn, der aber wegen der Einführung des Interims im Januar 1549 einem Johann Uracher weichen mußte, welchem die Prädicantenpfründe des Stiftes eingeräumt wurde. Die übrigen Präbenden des Stiftes blieben jedoch unbesetzt, denn sein Nachfolger, Joachim Konberger, klagte 1551, daß er, da er nur 1 Gehülfen | habe, die Pfarrei kaum versehen könne. Am 1. April 1552 aber wurde der „Meßpriester“ wieder entlassen, und die Zahl der Stadtgeistlichen auf 3, einen Pfarrer, einen Diakon und einen Subdiakon, vestgesetzt, wobei es auch bis auf die neueren Zeiten verblieb. Auf die Stadtpfarrstelle wurde noch 1552 der berühmte Jakob Andreä [26] von Tübingen her berufen, welcher bis zu der 1552 erfolgten Beförderung zum Canzler der Universität dieselbe versah.

Vor der Reformation und einige Zeit hernach noch gehörten die Einwohner folgender 14 Orte „todt und lebendig“ in die Pfarrei: Bartenbach, Rechberghausen (zum Theil), Oberhausen, Wangen, Holzhausen, Uhingen (theilweise), St. Gotthardt, Holzheim, Klein-Eislingen, Groß-Eislingen (theilweise), Hohrein, Lerchenberg, Krettenbach und Birenbach theilweise.

In Beziehung auf die Geschichte der Zehentrechte ist noch Folgendes zu bemerken. Der große Zehente stand seit den ältesten Zeiten der Herrschaft Württemberg zu. Dasselbe ist mit einem Theile des Heuzehenten der Fall, dessen anderer Theil mit dem kleinen Zehenten vereinigt war. In diesen aber („daran hangt, was im Hafen gekocht wird“ sagt das Lagerbuch) theilten sich in den frühesten Zeiten die Herrschaft, die Propstei und das Kloster Adelberg. Im J. 1417 verleiht Graf Eberhard „dem ehrsamen Pfaff Lenderlin, Kirchherrn zu Geppingen, vnsern Theil des kleinen Zehenten“ gegen 2 Pfund Heller jährlich, bis auf Widerrufen; „dazu soll er auch jährlich richten die Quart von vnser Kirchen zu G. vnd auch das Gesegnet in dem vorgedachten Kirchfall“ (Kirchspiel?) „geben vff Ostern als gewohnlich ist.“ Das weitere 1/4 erwarb die Stiftungs-Verwaltung von dem Kl. Adelberg gegen eine jährliche Abgabe von 5 fl. Am Blutzehenten, der übrigens schon längst nicht mehr erwähnt wird, hatte früher der hiesige Hospital, der den Chor zu halten hatte, Theil, indem ihm der Zehente von den Schweinen zustand. Am 4. Februar 1716 wurde ihm gestattet, für jedes Zehentferkel 20 kr. zu erheben.

Was endlich die Merkwürdigkeiten der nächsten Umgebung betrifft, so ist des Reichthums derselben an interessanten Petrefakten schon oben S. 25 u. f. gedacht worden. Zu bemerken ist auch | noch, daß das Kellereilagerbuch von 1524 eines Ackers in der Ösche „auf dem Reisch“ gedenkt, der „vff der Schulerburg“ lag, worüber aber alle weiteren Nachrichten mangeln. Hienach lag auch ebendaselbst ein Weiher.
  1. Druckschriften, welche die Stadt insbesondere behandeln, sind keine vorhanden. Eine werthvolle Handschrift ist die des verst. Oberamtmanns in Göppingen, Pistorius. Auch ist noch zu nennen ein kleines von Helfer Fischhaber im Jahr 1788 verfaßtes Manuscript (Nr. 30 Quart der Stuttg. Bibl.), welches einige Daten an die Hand gab.
  2. Zuvor war der Garten nur 21/2 Mannsmad groß. Der Keller berichtete 1567: Der Herzog habe „jetzo einen niederländischen Gärtner allher verordnet vnd derselbe einen großen Platz im Burggarten ausreiten lassen, vnd Vorhabens, neben andern auch vier kleine Lusthäuslein darein zu setzen.“ Im J. 1700 war ein Irrgarten darin angebracht und die Mauer mit drei Rondelen besetzt. Unter Herzog Carl, der viel für die Verschönerung gethan, fanden sich hier Reit-, Gewächs- und Orangerie-Häuser.
  3. Nach dem Lagerbuch von 1524 hatte die Kellerei 4 Fischwasser in der Fils hier zu Gnaden verliehen. „Wann die Herrschaft gen Göppingen kompt, so ist jeder (dieser) Fischer schuldig, so das begert wird, vnd er die gehaben mag, der Herrschaft in das Schloß zu antwurten 1 Maas Grundeln vmb 4 Schilling vnd 1 Maas Pfellen umb 8 Pfennig. Desgleichen soll ein jeder Fischer einem Vogt zu Göppingen alle Wochen ein Viertheil Pfellen in das Schloß antwurten; dagegen soll der Vogt jedem Boten, so die Fisch bringt, allweg geben ein Viertheil von einem Laib Brod, oder dafür 1 Pfennig.“ – Von diesen Rechten wird schon längst kein Gebrauch mehr gemacht.
  4. Über dem Hauptportal ist folgende Inschrift in Stein gehauen:„Illustrissimus Princeps et Dominus, Dominus Johann Friederic. Dux Würtemb. Comes Mompelg. In Honorem Dei Templum hoc extrui curavit anno Christi 1617. Jubilaeo Evangelico.“
  5. Nach einer Wandschrift liegt hier auch: „Johannes Dietericus Widerhold, praefectus arcis Hohentwilae, † MDCCXV. XXX. Sept.« Dieser ist also nicht, wie häufig geschah, mit dem berühmten Helden Conrad Widerhold (OA. Beschr. von Kirchheim, S. 117.) zu verwechseln. Über obiges Gemälde s. v. Grüneisen, Kunstblatt zum Morgenblatt, 1. Dec. 1840.
  6. Die Fabrikinhaber erhielten wegen vorzüglicher Qualität ihrer Waaren 1839 eine silberne Medaille. (Corresp. des landw. Ver. II. 93.)
  7. Auszeichnung wie Baumann im J. 1839.
  8. Wegen ihrer Casimirfabrikate wie Baumann 1839 ausgezeichnet.
  9. Hier verdient auch Maurermeister Andreas Gottlieb Bauer Erwähnung, welcher einen sehr zweckmäßigen holzersparenden Bordbackofen erfand. (Corresp. Bl. 1838. II. 152. 154. 1840, 50.)
  10. Der Inhaber der letztern, Fr. Roth, erhielt 1836 die silberne Ehrenmedaille (Corresp. Bl. des landw. Vereins II. 143. 187.)
  11. Nach dem Kellerei-Lagerbuch von 1524 waren dieß a) die dem Hospital gehörige „Herrenmühle,“ ein ganzer sog. Wagensteuerhof, b) die obere Mühle, c) die Mittelmühle und d) die Stegmühle. Die drei letzteren waren damals noch mit den zugehörigen Gütern zu Gnaden verliehen. Jede derselben hatte, außer den Gülten, dem Amtmann an Weihnachten 1 Pfd. Heller zu reichen; „dagegen soll er den Richtern zu Göppingen alle jar vff St. Stephanstag ain Mal geben vß altem Herkommen.“
  12. Seit 1836 auf den 1. Oktober verlegt (s. Beschr. des OA. Kirchheim 130), nicht aber aufgehoben, wie die Beschr. von Württemberg S. 777 irrig angibt.
  13. Vor 1625 führte hier nur ein Fußsteg über die Fils, wodurch der Verkehr natürlich äußerst erschwert war. Die Stadt wollte daher schon 1549 eine Brücke bauen, wenn ihr – was der Kaiser nicht bewilligte – der Wegzoll erhöht würde; „dieweil“ – sagte sie – „die Landstraß bey vns durch Frembde, Teutsche vnd Welsche, mit Reuten vnd Fahren mer denn kein Straß im heiligen Reich gepraucht würdt.“ Als 1625 die Sache wieder angeregt ward, stellten die Räthe vor: es müssen hier die Fuhrleute durch die Fils fahren, sie sey klein oder groß, „sie wollten denn mit Bukosten die Wägen abladen, alles was sie führen, zusambt den Wägen, über den Steg tragen vnd alsdann erst jenseitz widerumb vffladen lassen.“ Jedenfalls leiden dabei die Fuhrleute, „zu geschweigen, welche Beschwerden dann an denjenigen Fuhrleuten, so vielmalen köstliche Frankfurter, Straßburger, Ulmer, Augsburger vnd andere Waaren vnd Meßgüter geführt, sich mehr dann gut gewesen, befunden.“ Sofort wurde der berühmte Baumeister Heinrich Schickhardt von Herrenberg, der Riß und Überschlag gefertigt hatte, der Stadt beigegeben, das Weggeld durch die Regierung erhöht und, um die kaiserliche Einsprache zu beseitigen, 1626 verfügt, daß der bisherige Weg und die Furth durch das Wasser nicht überbaut werde, damit derselbe von jedem Reisenden „seinem Belieben nach“ gebraucht werden könne. Weil aber bei dem Bau die Rathschläge Schickhardts unbeachtet geblieben waren, so fiel die neue Brücke schon am 18. Mai 1628 von selbst ein. Wann die zweite erbaut worden, findet sich in den Akten nicht.
  14. Herzog Christoph, ein großer Freund der Anstalt, welcher auch durch sie von den Folgen erhaltenen Giftes genas, brachte sie wieder in Aufnahme. Eine „Visirung vnd Überschlag“ vom 6. Mai 1557 enthält einen Grundriß: 1) das Parterre, welches ganz zum Baden, und zwar zum gemeinschaftlichen Baden, eingerichtet ist, nämlich „das gemeine Bad,“ das ganze Haus entlang, in einer Länge von 119’, in einer Ecke das „Bürger-Frawenbad,“ 27’ lang, und daneben in Einer Reihe „der Herren- oder Burgerbad,“ dann „der edlen Frawen Bad“ und „der Edelleutbad,“ woran ein „Abziehstübchen“ stieß. In einem Anbau 4 Badkessel. 2) Im andern Stock, der Länge nach durch einen „freien Gang“ getheilt, 4 Stuben, 4 Kammern, des Wirths Gelaß, eine „Herren- und Burgerstub“ und eine gemeine Gesindestube. Der Baumeister setzt bei, daß das „gemeine Bad“ seyn soll „das gemeine Bad Weib vnd Mannen.“ Der Überschlag betrug 1561 fl. 22 kr. Der Herzog genehmigte den Bauplan, mit dem eigenhändigen Beisatze: „Nota; es soll für die Frowen ein Abziehstübchen gemacht werden vnd die Frowen abgesondert von den Männern gelossieret, vnd nit zwischen die Männer, wie die Visier ist, werden.“ Gegen den Plan, mit dem Bade eine Gastwirthschaft zu verbinden, erhob aber die Stadt im Interesse der Wirthe Einsprache. Sie sagt, es habe zwar schon 1461 E. v. Schechingen ein Wirthshaus bei dem Sauerbronnen erbaut, allein unter der Einschränkung, daß er den Wein bei den Wirthen in der Stadt holen vnd Anfangs „vff dem Kopf hinaus tragen mußte: Hernach haben Vogt vnd Gericht erlaubt, den Wein vff einen Beren hinauszutragen, vnd zuletzt vff einem Stoßkärrlin, aber mit keinem Roß, hinuszufüren, doch so lang es denen von Göppingen gelegen vnd gefällig seyn will.“ Am 5. Mai 1557 erließ sofort der Herzog von Göppingen aus an Hofmeister und Räthe den Befehl, jene Vorstellung zu erwägen, indem er eigenhändig beisetzte: „Nun ist nit one, daß es den alten und kranken Leuten, dieweil keine recht Herberg draußen enthalten ist, ganz beschwerlich, so weit vß und einzugehen, zudem auch die Badgest, so draußen bleiben, die Maas Weins einen Pfenning theurer, dann in der Stadt trinken müssen, vß welchem dann folgt, daß die Badleut gen Jebenhausen vnd anderwerts ziehen, welches aber, so auch eine freie offene Herberg des Ortes stände, zuversichtlich nit beschehen würde, darumb dann die von Göppingen iren Privatnutzen mer, dann den gemeinen hierin betrachten.“ Ihre „vermeinte Freiheit“ sey nichts anders, als „ein hülzen Schüreisen.“ Die Räthe trugen sofort darauf an, eine Herberge an das Bad zu bauen und einen Wirth dahin zu setzen, der den Wein, wo es ihm bleibe, kaufen, aber nur Badgäste und ihre Angehörige beherbergen dürfe und nach der Badezeit die Wirthschaft schließen müsse; welches auch geschah. Wirthschaft und Bad wurden nun in Bestand gegeben. Schon oben S. 111 wurde der fürstlichen Kurgäste gedacht. Im August 1624 berichtet der Keller, er habe sich des Befehls: dem Herzog Joachim Ernst v. Schleswig-Holstein 2 Eimer Wein und 12 Scheffel Haber „neben gebührender Glückwünschung zu vorhabendem Gebrauch des Sauerbronnen, zu präsentiren vnd zu verehren,“ entledigt. – Ebenso wurde 1625 dem letzten Grafen von Helfenstein 1 Eimer Wein und 12 Scheffel Haber verehrt. Am 15. Mai 1625 zählte man hier 61 und in Boll 105 Badgäste.
  15. Im Eingange heißt es: diese Lehen geben weder Steuer, Landschaden, noch Schatzung und Hülfgeld; sie seyen aber der Herrschaft und der Stadt in der Art „mit der Führung unterworfen,“ daß sie Alles, was in der Stadt zu führen sey, mit Fuhren zu thun haben. „Nemlich ehe der Landschaden angefangen, haben sie den Sailwagen, auch das Wildpret, den Wein in unsers gnedigen Herrn Brauch zu Göppingen, Reife, Kälber, Hüner, Hennen vnd Frucht vß der Stadt Göppingen gen Stuttgart, Urach, Nürtingen, Kirchheim vnd an andere Ort, da vnser gnädiger Herr Hof gehalten, auch Brennholz in das hießige Schloß gefürt, vnd och den Vogten, Torwarten vnd Bläsern, Thorschliesern, Stattartzat, Werkleuten ihr Lohnholz; sie haben auch gefürt Stein, Sand vnd Kalk zum Schloß vnd Stattmauren, auch Stein vnd Kies vff die Weg, da man den Wegzoll gibt.“ Alle Jahre sey ein eigener Fuhrmann bestellt worden, der täglich im Namen der Lehen gefahren und jährlich mit den Lehenleuten, die nicht selbst gefahren, abgerechnet habe; was nun diese herausbezahlen mußten, wurde „die Wagensteuer“ genannt. Dagegen haben aber auch diese Lehen ihre eigene „Uchtet oder Viehwaid“ gehabt. Diese ungemessene Frohnpflicht wurde später der Stadt gegenüber auf 80 Frohntage fixirt, so, daß weiter erforderliche Dienste die Stadt zu vergüten hatte. Am 20. Juli 1824 kaufte die Stadt diese ganze Verbindlichkeit um 910 fl. vom Staat ab.
  16. Vorausgesetzt nämlich, daß der »miles Heinricus de Gephingen« hierher zu zählen ist, der in einer Urkunde von 1225 als Dienstmann des Grafen Egon von Urach erscheint. (Gerbert hist. Silv. nigr. III. 130.) Nach der OA. Beschr. v. Riedlingen S. 171 würde sich dieses Geschlecht von dem Orte Göffingen geschrieben haben; für unser Göppingen möchte aber sprechen, daß in einer Urkunde von 1227 (ebendas. S. 131) auch ein Hugo de Eiselingen, Wernher de Bisingen und andere, welche unserer Umgegend angehören, im Gefolge der Grafen von Urach vorkommen.
  17. Nach einer alten Bemerkung auf dem Rücken der Urkunde wäre hier Weiler im OA. Schorndorf gemeint und würde Adelberg jetzt erst seinen Hof in der Stadt erworben haben. Bemerkenswerth ist es hier daß die nachmaligen Grafen von Pappenheim mit den Herren v. Rechberg verschwägert waren, und zwar eben ums J. 1200. Dadurch könnte also wohl dieses Besitzthum an sie gekommen seyn.
  18. Nach dem Kellerei-Lagerbuch von 1700 reichte N. „aus seinem Hauß im Fliegenhof, vornen an die gemeine Gaß, hinten auf die Stadtmauer stoßend, 5 Sch. Heller“ jährlich. Im J. 1773 standen in diesem Hofe 11 Wohngebäude. Ein in der Nähe der Post gelegener Platz führt noch diesen Namen.
  19. Wenn Göppingen nach Conradins Tod zur Herrschaft Hohenstaufen gezählt worden wäre, so würde es auch mit dieser verpfändet worden seyn. Wir werden aber bei Hohenstaufen finden, daß K. Carl IV. den Grafen von Württemberg 1360 ihre Pfandschaften nur mit Ausnahme von Hohenstaufen und Achalm und deren Zugehörungen bestätigte, worauf der Kaiser diese beiden Herrschaften anderwärts verpfändete, die dann erst 1370 wieder an Württemberg kamen. Dagegen ist es aus Urkunden erwiesen, daß Göppingen zuvor schon württembergisch war; wie denn 1362 Graf Ulrich die Städte Göppingen, Kirchheim etc. an seinen Bruder Eberhard wies (vergl. Steinhofer II. 339), und das Stadtwappen (oben S. 125) schon 1348 das württembergische Hirschhorn enthielt.
  20. Daß ein Brand im J. 1592 die Stadt nochmals einäscherte, ist nicht wahr und beruht auf einer mißverstandenen Stelle bei Crusius (II. 418).
  21. Dahin ist die Angabe in Sattlers histor. Beschr. von Württ. S. 135 nach den hier benützten Originalpapieren zu berichtigen.
  22. Im J. 1707 sagte ein alter Richter der Stadt eidlich aus: zu jener Zeit habe die Wirthin zum Sand „einem Pfaffen in allhiesiger Stadtkirch im Predigen Einhalt gethan, da sie denselben mit Assistenz anderer Weiber von der Kanzel herab und zu der Kirchthüre hinausgeführt.“
  23. Das Nähere bei Sattler G. der H. v. W. XI. S. 176 u. f. Aus dieser Veranlassung erschien gleichzeitig bei Wagner in Ulm eine Flugschrift unter dem Titel: „Der durch das Schorndorf- und Göppingische Weibervolk geschüchterte Hahn,“ welche wir nirgends aufzufinden wußten. Der Verfasser hatte sich zwar nicht genannt; weil aber die Schrift die Übergabe Asbergs herb rügte, die schlechten Maaßregeln zu Vertheidigung des Landes tadelte und die Folgen den Vormundschaftsräthen Schuld gab, so wurde eine Untersuchung gegen ihn, Daniel Speere, Präceptor oder Collaborator in Göppingen, eingeleitet. Beschuldigt und für überwiesen angenommen „hohe fürstliche Ministers touchirt zu haben,“ wurde er durch Musketiere nach Stuttgart und von da nach Hohenneufen abgeführt, wo er, nach eingelaufenem Gutachten der Juristenfakultät in Tübingen, vom 30. März 1689 an noch weitere zwei Monate gefangen gehalten und dann, nach geschehener Abbitte, auf eine andere Stelle versetzt wurde.
  24. So nach den Akten. Sattler in seiner hist. Beschr. von Württemberg gibt den Verlust an ersteren zu 450.000 fl. und an letzteren zu 2 Millionen an.
  25. S. Cleß II. 185 und Heyd H. Ulrich II. 306. Der S. 140 gedachte treue Diener Herzogs Ulrich, Philipp von Rechberg, war sein Beschützer. Was Sattler (hist. Beschr. 134) über die Reformation berichtet, fanden wir nicht bestätigt.
  26. Er stellt den 24. April 1554 vor: M. Martin Uhinger (d. h. Cleß) und ein anderer Kirchendiener, Bonaventura Stehelin, haben für ihre Frauen und Kider Pfründhäuser in Göppingen je um 80 fl. angekauft; damit nun seine Familie nach seinem Tode auch ein Unterkommen habe, möchte ihm eines der acht noch verfügbaren Stiftshäuser gegen Bezahlung abgetreten werden. Es wurde ihm sofort auch eines der im Pfarrhof gestandenen Gebäude eigenthümlich überlassen.
Berichtigungen und Nachträge
  1. Korrigiert nach Beschreibung des Oberamts Welzheim/Berichtigungen: S. 118 der Oberamts-Beschreibung von Göppingen ist statt Herr Geheimerath von Pistorius: „der vor einigen Jahren verstorbene Geheime Legationsrath von Pistorius“ zu lesen.
  2. Korrigiert nach Beschreibung des Oberamts Welzheim/Berichtigungen: S. 121 ist die Fabrik des Jacob Widmann unrichtig als selbstständig aufgeführt, indem sie mit der ebenda genannten Fabrik von G. Vaihinger vereinigt ist.
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