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Reichenberg, mit Schloß,

Gemeinde II. Kl. mit 1086 Einw. wor. 10 Kath. und 27 eigener Konfession. a. Reichenberg, Dorf, 370 Einw., b. Aichelbach, Weiler, 128 Einw., c. Bernhalden, Haus, 12 Einw , d. Dauernberg, Weiler, 103 Einw., e. Ellenweiler, Weiler, 48 Einw., f. Reichenbach, Weiler, 43 Einw., g. Reutenhof, Hof, 17 Einw., h. Rohrbach, Weiler, 56 Einw., i. Schiffrain, Weiler, 85 Einw., k. Wachthäusle, Haus , 5 Einw, l. Zell, Weiler, 217 Einw., Filial von Oppenweiler mit Ausnahme von Dauernberg, das nach Sulzbach, und Zell, das nach Backnang und Oppenweiler eingepfarrt ist. 5/4 Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt gelegen. Sitz eines Forstamts und eines Revierförsters.

Der meist aus kleinen Bauernhäusern bestehende Ort zerfällt in zwei Gruppen, in das untere und in das obere Dorf; das untere Dorf liegt am südlichen und westlichen Fuß des Reichenbergs und zieht sich theilweise noch den Berg hinan, das obere Dorf hat eine hohe freie Lage in der Einsattelung, die sich von der Spitze des Schloßberges nordöstlich gegen das zurückliegende Gebirge herabsenkt. Der hohe, schön geformte Berg hängt nur in dieser Richtung mit dem Gebirg zusammen, sonst tritt er frei heraus zwischen dem breiten Murrthal und einer im Norden in dasselbe hereinbrechenden Schlucht und macht mit dem Dorfe und dem großen, alterthümlichen, kühn aufgethürmten Schlosse einen höchst angenehmen und bedeutenden Eindruck. Auch die Lage der Parzellen ist durchaus freundlich, ein eigener Frieden weilt über diesen in stille kleine Thäler verstreuten Weilern und Höfen.

Aussichtspunkte bieten sich außer auf dem Schloßberg viele bei Schiffrain, dann auf dem Hahnenbühl, im Gemeindewald Greut; man erblickt die ganze Albkette vom Hohenstaufen bis zu den Lochen und gegen Westen weit über das Unterland hin bis an die fernblauen Züge des Schwarzwaldes mit der Hornisgrinde. Dann der Punkt beim Signalstein neben dem Kirchweg auf der Markung Zell, der einen sehr malerischen Ausblick auf die vielen nahen Örtchen und in das Murrthal eröffnet.

Unter den Gebäuden ist zuerst das Schloß zu nennen. Von der alten romanischen Anlage, die der auf dem nahen Ebersberge ganz ähnlich ist, hat sich noch vieles erhalten. Zwei zum Theil noch sichtbare Gräben durchschnitten den schmalen von Nordost herziehenden Bergsattel, der innere Graben war gemauert, über ihn führt jetzt statt der früheren hölzernen Zugbrücke eine steinerne, in den Bögen mit Erde ausgefüllte Brücke an das Thor, das an der Ostseite gelegen und rechts von dem gewaltigen Rundthurm (Bergfried) gedeckt wird. Die alten und sehr starken Umfassungsmauern des Schlosses stehen noch aufrecht, gegen Südwesten sogar noch mit dem Umgange, der auf den andern Seiten von Holz hergestellt ward. Überhaupt das ganze Schloß ist so ziemlich das ursprüngliche und bildet eine unregelmäßig fünfeckige Anlage, die einen länglichen Hofraum | einschließt. Die Hauptsache ist auch hier wieder die gewaltige Ringmauer, an die sich meist ziemlich schmal die Wohngebäude von innen anlehnen, sowie der hohe, die zumeist ausgesetzte Seite und den Eingang beherrschende Bergfried. Das Schloß enthält 18 Zimmer und ist der Sitz des Forstmeisters. Im Schloßhofe läuft ein reichlicher Brunnen. Links beim Hereinkommen sieht man noch die alte Schloßkapelle zu ebener Erde, ein kleines und schlichtes romanischer Bauwerk, an dem noch ein Rundbogenfensterchen, der rundbogige Eingang und das alte feine Quaderwerk von ihrem hohen Alter Zeugniß geben; das Innere ist frisch übertüncht. Das merkwürdigste aber ist der rechts am Beginn des Hofes stehende runde Thurm, sehr schön und ganz aus Buckelquadern, die oft mit großen, sehr alten Steinmetzzeichen versehen sind, aufgeführt, 40’ im Durchmesser haltend und noch jetzt bis zum Dache 100’ Fuß hoch; das Dach wurde erst in neuerer Zeit statt des abgetragenen fünften Stockwerkes in einer Höhe von 30’ aufgesetzt, hindert aber die herrliche Aussicht zu genießen. Der Thurm ist fensterlos und zeigt gegen außen nur kleine rundbogige Schießscharten, die sich gegen innen sehr erweitern und auffallend viel Licht in die Gelasse werfen. Sein rundbogiger Eingang befindet sich 30’ über der Erdfläche und geht in das dritte Stockwerk, von da aus führt eine Wendeltreppe innerhalb der hier noch 13’ dicken Mauer hinauf bis in das oberste, vierte Gelaß; die beiden unteren Stockwerke sind fensterlos und bilden schauerliche Verliese, in welche die Verbrecher mittelst eines, jetzt noch im dritten Stockwerk vorhandenen Haspels hinuntergelassen wurden. Sämtliche Gelasse sind korbgewölbt und gleichen, wie überhaupt die ganze Konstruktion des Thurms, ganz den zwei Besigheimer Thürmen. Von dem Steigenpflaster des alten Burgwegs sind auch noch Reste erhalten.

Außerhalb des Schlosses steht im obern Dorf die schöngelegene, ansehnliche mit Reben umrankte Wohnung des Revierförsters.

In der Gemeinde bestehen zwei Schulhäuser, eines in Reichenberg, 1824 neuerbaut, mit zwei Lehrzimmern und sehr angenehmer Wohnung des Schulmeisters, das andere in Zell, es ist ein 1849 angekauftes Bauernhaus, in das ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters eingerichtet wurde. Das Rathhaus enthält auch die Wohnung des Gemeindevorstehers. Zwei Keltern bestehen mit je einem Baum, eine in Aichelbach und eine in Zell.

Treffliches Trinkwasser liefern stets hinlänglich für den Mutterort 5 laufende und 2 Ziehbrunnen, 2 weitere sind verschüttet. Das meiste Wasser spendet der Herrschaftsbrunnen, der fünf Röhren speist, er ist längst künstlich gefaßt und wird mit jährlichem Aufwand von etwa 150 fl. vertragsmäßig von der Finanzverwaltung (in 700 Deucheln) dem Schlosse zugeleitet. Die Parzellen werden gut versorgt | durch folgende Brunnen: in Rohrbach zwei laufende und ein Ziehbrunnen; in Schiffrain zwei laufende; in Dauernberg ein laufender und zwei Ziehbrunnen; in Bernhalden ein laufender; in Ellenweiler ein laufender; in Reichenbach 5 Ziehbrunnen; in Reutenhof zwei Ziehbrunnen; in Aichelbach ein laufender und 5 Ziehbrunnen; in Zell zwei laufende und vier Ziehbrunnen. Wasserleitungen haben Schiffrain, Bernhalden, Ellenweiler und Zell. Auch die Markung ist mit Ausnahme von Reichenberg, Schiffrain und Dauernberg reich an Quellen, welche, ausgenommen die im Murrthale, sehr gutes, reines Wasser führen. Die bedeutendsten Quellen sind in Rohrbach der Bronnreinbrunnen, in Schiffrain die Kohlwasenquelle, neuerdings gefaßt und dem Ort zugeleitet; in Dauernberg der Dieselbaurenbrunnen, die hier einzige sparliche, hartes Wasser liefernde Quelle, die auf Lette entspringt und öfters versiegt; in Bernhalden die sehr gute und sehr reichliche Winterlauterquelle, die der Mühle zugeleitet ist; in Ellenweiler der Klingenwiesenbrunnen, in Reichenbach der Beerwiesenbrunnen, in Reutenhof der Hofbrunnen, in Aichelbach der Ortsbrunnen, in Zell der Wiesenbrunnen.

Über die Markung fließen die Murr, der Frauenklingenbach, der Buffenbach, der Reichenbach, der Rohrbach mit dem Hirtenbach, der Siebersbach, die Sommer- und Winterlauter; beide letztern, sowie die Murr haben starke Wasserkräfte; von der Sommerlauter wurde 1834–36 mit einem Aufwand von 1000 fl. ein Kanal in die Winterlauter geführt, um beide vereint auf die Bernhalder Mühle zu leiten. Auf dem oberen Dorf Reichenberg, auf Schiffrain, Dauernberg und Rohrbach sind künstliche Weiher, sog. Feuerseen angelegt. Früher waren zwei je fünf Morgen große Seen in Rohrbach und am Mutterort; jetzt sind sie in Wiesengrund verwandelt.

Die Gesamtmarkung wird berührt von der Staatsstraße von Backnang nach Sulzbach und von der von Sulzbach nach Löwenstein. Vicinalstraßen bestehen keine, doch sind die verschiedenen Bergörtchen durch fahrbare Wege mit einander verbunden. In den Ortschaften selbst befinden sich nur kleine hölzerne Bachbrücken, bei Reichenbach geht eine größere hölzerne und in Zell eine größere steinerne gewölbte Brücke über die Murr; die Unterhaltung liegt den betreffenden Gemeinden ob.

Die Einwohner, bei denen sich nicht selten Spuren von Kretinismus zeigen, sind im allgemeinen fleißig, eingezogen und vielfach schwärmerisch religiös; in Dauernberg gehört die Mehrzahl zu den Menoniten. Ihre Haupterwerbsmittel sind Feldbau und Viehzucht, dann Holzhauerei, womit die ärmere Klasse jährlich 1500–2000 fl. verdient; auch die Weberei wird vom Mittel- und Armenstand ziemlich ausgedehnt betrieben und viel Tuch nach außen abgesetzt.

Zwei Getreidemühlen mit je drei Mahlgängen und einem Gerbgang, | sowie mit Ölgang und Hanfreibe bestehen, ferner eine Sägmühle, vier Schildwirthschaften und zwei Kramläden. Die Durchfuhr von Holz ist sehr beträchtlich.

Die Vermögensverhältnisse haben sich in den letzten Jahrzehnten gehoben; die reichsten Bürger besitzen etwa 50 Morgen, worunter 6–8 Morgen Wald, auf den Parzellen sind einzelne mit 40 Morgen Wald; der Mittelmann besitzt 20, die ärmere Klasse 4 Morgen Feld. Verschiedene, hiesigen Bürgern gehörende Grundstücke liegen auf angrenzenden Markungen. Auf der Gemeindemarkung besitzt der Freiherr von Sturmfeder 41 Morgen, worunter 36 Morgen Wiesen. Gemeindeunterstützung erhalten 25–30 Personen.

Die ziemlich große Markung ist, mit Ausnahme der Murrthalebene und der flachwelligen Gegend bei Aichelbach, Zell und Reutenhof, meist sehr bergig und hat im allgemeinen sehr verschiedenen Boden; in den Thalorten und theilweise auf Reichenberger Markung besteht der Boden, soweit er für den Ackerbau benützt wird, aus einem fruchtbaren, leichten sandigen Lehm und in der Thalebene aus Alluvionen, die den Wiesenbau begünstigen. Im nördlichen Theil der Gemeindemarkung, der durchaus der bergigen Keupergegend angehört, besteht der Boden aus den weniger fruchtbaren schweren thonigen Zersetzungen der Keupermergel und auf den höher gelegenen Orten Schiffrain, Dauernberg und theilweise Reichenberg kommen die magern Zersetzungen des weißen Stubensandsteins vor. Im Rohrbachthälchen erscheint Moorgrund, daher auch die Wiesen dort meist saures Futter liefern. Das Klima ist in den tief gelegenen Theilen der Gemeindemarkung mild und feinere Gewächse wie auch die Reben gedeihen, die Höhen aber sind den Winden sehr ausgesetzt und haben überhaupt rauhere klimatische Verhältnisse. Frühlingsfröste, die namentlich in den Niederungen den feineren Gewächsen und den Reben schaden, gehören nicht zu den Seltenheiten, dagegen kommt Hagelschlag nur wenig vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Brabanter- und Suppinger-Pflug, eiserne Egge, Walze) sehr fleißig und umsichtig betrieben, namentlich pflegt man den Obstbau mit musterhaftem Erfolg. Von Getreidearten baut man vorherrschend Dinkel, Roggen, Gerste und Haber, von Brach- und Handelsgewächsen Kartoffeln, Futterkräuter, Runkelrüben, Reps und Hanf.

Der Wiesenbau ist sehr ausgedehnt und liefert viel und gutes Futter; die Wiesen sind meistens zweimähdig und gegen 50 Morgen davon sind bewässerbar. Brotfrüchte und Futter werden viel nach außen verkauft.

Der Weinbau, welcher sich hauptsächlich mit Elblingen, Silvanern und Gutedeln beschäftigt, wird nur auf 60 Morgen betrieben und liefert einen gesuchten in den ersten Jahren angenehmen Wein, | dessen Preise sich in den letzten 10 Jahren von 36–50 fl. pr. Eimer bewegten; auf den Morgen pflanzt man 1200–1400 Stöcke, und erhält in guten Jahren 4–5 Eimer pr. Morgen. Die Weinreben werden nicht bezogen. Seit den letzten 20 Jahren nimmt der Weinbau zusehends ab; in Reichenberg selbst bestehen nur noch 6 Morgen von frühern 21.

Wogegen die Obstzucht immer noch zunimmt; von Kernobst hat der Apfel, von Steinobst die Zwetschge den Vorzug. Die Jungstämme werden selbst gezogen und aus den nahen Waldungen sehr viele Wildlinge geholt. Das Obst wird meist vermostet, Birnen und Zwetschgen auch gedörrt; in guten Jahrgängen ist der Verkauf nach außen ein sehr beträchtlicher.

Die Gemeinde besitzt 400 Morgen meist mit Laubhölzern bestockten Wald, überdieß sind beinahe ebensoviel Privatwaldungen vorhanden. Der Morgen erträgt durchschnittlich 21/2 Klafter und 400 St. Wellen. Das Holz aus den Gemeindewaldungen wird bis jetzt im Aufstreich zur Deckung der Schulden verkauft, und nur bei Reichenberg fließt der Erlös, etwa 400 fl., in die Ortskasse.

Außer Reichenberg und Dauernberg, wo fortwährend theilweise künstlich angelegte Weiden bestehen, haben alle Parzellen den Winter über eine Schafweidenutzung auf Stoppel-, Brach- und Wiesfeldern, die sie theils mit eigenen, theils mit fremden Schafen befahren, so daß sie etwa 400 Stück auf der Sommer- und 1000 Stück auf der Winterweide laufen lassen. Durchschnittlich gewährt ein Stück 1 fl. 30 kr. Pachtgeld, die Pferchnutzung mag sich in allen Parzellen zusammen auf 400 fl. belaufen. Das Weidrecht steht überall den Ortsgemeinden zu.

Alle Parzellen haben einige Allmandstücke, die meist mit Obst bepflanzt oder theils bebaut, theils beweidet werden; ihr Ertrag ist gering, nur im Mutterort beträgt er etwa 75 fl.

Die Rindviehzucht ist nicht unbedeutend; die bestehenden Racen sind jedoch sehr gemischt; zur Nachzucht sind 4 Farren vom Neckar und vom Haller Schlag aufgestellt. Außer in den Bergorten Schiffrain und Dauernberg findet kein Viehaustrieb mehr statt. Der Viehhandel wird spärlich betrieben, mehr im Schwung ist die Mastung und hat ihren Absatz nach Backnang, Winnenden, Marbach und Ludwigsburg. Butter geht häufig an Händler und auf benachbarte Wochenmärkte.

Die Schafzucht wird größtentheils von den Weidpächtern betrieben, die zugleich Schäfer sind; man hält das mittelfeine Merinoschaf. Die Wolle geht auf die verschiedenen Wollmärkte und an benachbarte Tuchmacher, der Abstoß der Schafe auf die Märkte von Heilbronn, Backnang, Göppingen und Geißlingen.

| Die Schweinezucht ist nicht unbedeutend; man hält in sämtlichen Parzellen 30–36 Zuchtschweine, Haller- und halbenglischen Schlag; die Ferkel werden theils nach Backnang, Winnenden, Marbach und Ludwigsburg abgesetzt, theils für den eigenen Bedarf aufgemästet.

Von einigem Belang ist die Fischerei, welche sich hauptsächlich mit Forellen und Weißfischen, weniger mit Barben und Aalen beschäftigt; das Fischrecht hat der Staat, der es um eine mäßige Summe verpachtet.

In Reichenberg besteht eine Stiftung, die ursprünglich von einem Mönch Nicolaus herrühren soll und damals wenig betragen haben mochte, jetzt aber auf 18000 fl. angewachsen ist, wovon die Zinsen für Schul- und Armenzwecke verwandt werden.

Steinbrüche bestehen im Stubensandstein bei Schiffrain und Reichenberg, im Muschelkalk bei Ellenweiler und Zell.

Von Spuren aus grauer Vorzeit sind anzuführen die bei Zell im Steinbruch des Ochsenwirths Kübler ausgefundenen Reihengräber, welche neben den menschlichen Skeletten alte Waffen, Schmucksachen, worunter Armspangen von Silber, Bruchstücke von Gefässen etc., enthielten. Der Ort soll früher eine Stadt gewesen sein und noch besteht eine Hafnergasse und ein Gerbersbiegel, unter der ersteren findet man häufig Gefässescherben. Am Schiffrain soll das sog. Buchhansele umgehen, im Schafhau soll ein Unhold (Schäfer) pfeifen.

Von den zur Gemeinde gehörigen Parzellen nennen wir nur die bedeutenderen und zwar:

Aichelbach, hat 1/4 Stunde südlich von Reichenberg eine angenehme Lage an der Einmündung des Aichelbachs in die Murr.

Dauernberg, früher Durnberg, Turnberg geschrieben, liegt hoch und frei auf dem Bergrücken zwischen dem Lauterthal und dem Siebersbachthal, 1 Stunde nördlich von Reichenberg.

Rohrbach, am Rohrbach, 1/2 Stunde westlich von Reichenberg gelegen.

Schiffrain, hat 1/2 Stunde nordwestlich vom Mutterort eine hohe, aber gegen Norden geschützte Lage am Anfang des Hirtenbachs.

Zell, 1/2 Stunde südlich von Reichenberg gelegen; der freundliche Ort, der von der Murr in zwei Gruppen getheilt wird, wovon die auf der rechten Seite gelegenen Einwohner nach Backnang, die auf der linken nach Oppenweiler eingepfarrt sind, hat eine malerische Lage und nimmt sich mit seinen Pappeln und andern kräftigen Bäumen recht ansprechend aus. Im Ort führt eine steinerne Brücke über die Murr.

Die Burg Reichenberg wird erstmals genannt in einer Urkunde des Markgrafen Hermann V. von Baden aus dem Jahre 1231, wornach derselbe „den Berg Reichenberg, wo jetzt die Burg liegt, bis zum 2. Wall“ vom Stift Backnang im Tauschwege erhielt (Wirt. Urkb. 3, 276). Darnach scheint es, der Markgraf habe erst kurz | zuvor auf einem, früher obigem Stift gehörigen Grund und Boden die Burg erbaut (vergl. Cottenweiler). Den 2. December 1253 stellte Markgraf Rudolf I. von Baden in castro Richenberg eine Urkunde aus (Stälin 2, 347). Die Burg mit Zugehörungen kam um den Wendepunkt des 13. und 14. Jahrhunderts durch Heirath an den Grafen Eberhard den Erlauchten von Württemberg (s. oben VII, 1). Sein Schwager, Markgraf Rudolf III., machte ihm jedoch diesen Besitz streitig und hielt die Burg wirklich im J. 1325 besetzt. Der Graf und hauptsächlich sein Sohn Ulrich schritten zur Belagerung, allein der letztere wurde durch den Erzbischof Matthias von Mainz, der seinem Vetter dem Markgrafen zur Hülfe kam, zurückgeschlagen, und Eberhard starb im Verdruß darüber (Stälin 3, 168). Doch kam Reichenberg bald wieder an Württemberg und wird im Jahr 1420 als der Herrschaft Eigen aufgeführt (Stälin 3, 418). Im Jahr 1439 verpfändeten die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg auf Wiederlosung an die Gebrüder Werner und Peter Nothaft zu Hochberg die Feste Reichenberg nebst einer Reihe von Dörfern und Weilern. Es sind dies theilweise heutzutage Parzellen der Gemeinde Reichenberg: dieser Weiler selbst, Reichenbach, Ellenweiler, Reutenhof, Schiffrain, Dauernberg, Aichelbach, Zell, Rohrbach, theilweise Orte des O.-Amtes Backnang: Steinbach, Fischbach, Häßlachhof, Rottmansberg, Heiningen, Waldrems, Heutensbach, Cottenweiler, Mittel-, Unterbrüden, Unter-, Ober-Weissach, Wattenweiler, Kallenberg, Lutzenberg (s. dieses), Schlichenweiler, Sachsenweiler, endlich die abgegangenen Orte: Rodmannsweiler (Bei Rudersberg, O.-A. Welzheim), Greusen (an diesen abgegangenen Ort erinnert wohl heutzutage noch der 1/4 Stunde nordöstlich von Groß-Aspach gelegene Wald Größe) und Reussen (?). Von der Pfandsumme im Betrag von 3000 fl. sollten 2500 fl; baar erlegt, der Rest sollte an Reichenberg verbaut werden (Steinhofer 2, 808). Diese Verpfändung dauerte jedoch nicht lange, denn den 7. April 1455 verkaufte Graf Ulrich von Württemberg als Lehen unter Vorbehalt des Öffnungsrechts das Schloß Reichenberg mit einigen dazu gehörigen Dörfern, Weilern, Höfen, Leuten, Gülten und Gütern – zu Reichenberg, Reichenbach, Ellenweiler, Fischbach, Dauernberg, Schiffrain, Reuten, Aichelbach, Zell, der Hälfte an Burg und Burgstall und an der Weiherstatt zu Oppenweiler, dem abgegangenen heutzutage noch als Flurbezeichnung vorkommenden Hofe Katzenbach (Gem. Rietenau) – an Erenfried von Schöchingen um Haus, Hofraithe und Gesäß zu Göppingen, das Gericht zu Jebenhausen und 401 Pfund Heller (vrgl. Steinhofer 2, 970). Eine weitere Vererbung des Lehens in der Familie Schöchingen ist nicht bekannt, scheint auch nicht stattgefunden zu haben. Im Jahre 1517 erscheint bereits wieder ein württ. Forstmeister zu Reichenberg (Sattler Herzoge 1, 233), wie | denn das Schloß überhaupt in der Folge Sitz des Oberforstmeisters für den so ausgedehnten Reichenberger Forst blieb, auch häufig als Gefängniß für Wilddiebe benützt wurde.

Das Reichenberger Amt, dessen Bestandtheile im Allgemeinen die schon im Jahr 1439 mit der Feste Reichenberg verpfändeten Weiler und Höfe ausmachten, bildete ein eigenes Unteramt des Backnanger Amtes.

Nach der Burg Reichenberg nannte sich eine adelige Familie, von der jedoch nur wenige Mitglieder bekannt sind; irriger Weise sind schon die Grafen von Reichenberg im Elsaß mit derselben in Verbindung gebracht worden. Im Jahr 1230 werden Wolfram „miles“ und sein Bruder Berthold von Reichenberg als Zeugen des Grafen Berthold von Beilstein bei einer Schenkung desselben an das Stift Backnang genannt (Gabelk.). Im März 1260 erließ Irmengard von Reichenberg mit Einwilligung ihres Gatten Konrad und ihrer Söhne Johann und Ludwig dem Deutschordenshaus zu Mergentheim einen Jahreszins von 12 Pfd. Heller zum Dank für eine Gutthat des Hauses gegen ihren Sohn Konrad; das an der Urkunde anhängende Siegel des Johann von Reichenberg zeigt im Schilde eine Mauer mit Zinnen, auf welcher sich zwei Thürme, mit Zinnen versehen, erheben; als Zeuge erscheint in der Urkunde Arnoldus advocatus de Richenberg (St.-A.). Den 20. Mai 1349 verkaufte Rudolf von Nieder-Weissach dem Stift Backnang sein Lehen zu Ober-Weissach, wie dasselbe Konrad von Reichenberg besessen, um 6 Pfd. Heller (Reg. Boic. 8, 162).

Geschichtliches über den Weiler Reichenberg, welcher wohl allmählig durch Ansiedelung unterhalb der Burg entstand, und die mit ihm vereinigten Parzellen ist zum Theil schon bei der Geschichte der Burg erwähnt worden, außerdem ist noch folgendes hervorzuheben. Dem Stift Backnang bestätigte den 11. Apr. 1245 Pabst Innocenz IV. Reichenbach mit Zugehörungen vor der Burg Reichenberg, Güter und eine Mühle (s. Oppenweiler); dasselbe kaufte den 25. Januar 1345 von Mechtilde, Konrad Mulvingers Wittwe von Backnang, ihren freien Hof zu Zell (St.-A.). Dem Stift Oberstenfeld bestätigte Pabst Innocenz IV. den 11. Dec. 1247 Güter in Aichelbach und Schiffrain (Burgermeister Cod. dipl. equestr. 1, 1142). In der späteren Zeit gestaltete sich der verschiedene, namentlich der kirchliche Besitz in dieser Gemeinde folgendermaßen. Bei einem Theile der Reichenberger Markung hatte Württemberg und die Pfarrei Oppenweiler den großen und kleinen Zehenten je zur Hälfte, bei einem anderen Württemberg, bei einem dritten das Stift Oberstenfeld denselben allein (die neueste Entwicklung vor der Zehentablösung s. oben VI, 1), zu Dauernberg war der Zehente zwischen Württemberg und obiger Pfarrei zur Hälfte getheilt. Das Stift Backnang hatte Antheil am Reutenhofe, den großen und kleinen Frucht-, und den Weinzehenten, | ein Bestimmtes an Geld für den Heuzehenten, einige erbliche Lehengüter, Gülten zu Zell, einige Lehengüter, Zinsen und Gülten zu Reichenbach, Zinsen zu Reichenberg und Aichelbach, am letztgenannten Orte besaß das Stift Oberstenfeld noch i. J. 1528 8 Lehenhöfe (Lagerbb. von 1528 und 1568/9).

Den 27. April 1432 verkauften Peter von Leimberg und seine Frau Anna Nothaft ihr von der letzteren Vater ererbtes Gut zu Rohrbach bei Oppenweiler um 45 fl. an Heinz Tauber. Den 26. Febr. 1509 verkaufte Eitel Hans Nothaft mit dem benachbarten Warthof (O.A. Marbach) auch drei Tagwerk Wiesen im Rohrbach und 24 Tagwerk Wiesen, die Bernhalden genannt (St.-A.).

Reichenberg mit seinen Parzellen, ausgenommen Bernhalden (Filial von Sulzbach) und 2/3 von Zell (Filial von Backnang), sowie mit Strümpfelbach bildete in altwürttembergischen Zeiten eine selbständige unter dem Amte Backnang stehende Pfarrei, welche mit der nur zur Reservatenvogtei Backnang gehörigen Pfarrei Oppenweiler durch Personalunion in der Weise verbunden war, daß noch besondere Pfarrberichte u. s. w. gefordert, zwei Kirchenvisitationen abgehalten wurden; heutzutage bildet Reichenberg eben ein Filial von Oppenweiler.


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