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Lippoldsweiler,

Gemeinde III. Kl. mit 856 Einw., wor. 8 kath. und 13 eigener Konfession. a) Lippoldsweiler, Pfarrdorf, 329 Einw., d) Däfern, Weiler, 259 Einw., c) Hohnweiler, Weiler, 247 Einw., d) Sauerhof, Hof, 21 Einw. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Ebersberg eingepfarrt. 13/4 Stunden östlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der am westlichen Fuße des Ebersberges, im freundlichen Glaitenbachthälchen weit zerstreut gelegene Ort hat stattliche, hinter schönen Obstbäumen versteckte Bauernhäuser und gibt mit dem stolz ansteigenden burggekrönten Ebersberge ein liebliches Bild. In der Gegend kommen viele Erdfälle vor, ferner bildet der Glaitenbach einen hübschen 15 Fuß hohen Wasserfall. Eine Kirche befindet sich derzeit noch nicht im Ort und ein Friedhof wurde erst 1863 außerhalb der Parzelle Hohnweiler angelegt. Für den Pfarrverweser ist von der Gemeinde eine Wohnung gemiethet. Das ansehnliche, 1840 erbaute Schul- und Rathhaus enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath 2 Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters; außer diesem ist noch ein Lehrgehilfe angestellt.

Gutes Trinkwasser liefern stets hinreichend für die Orte Lippoldsweiler, Däfern und Hohnweiler 36 Pumpbrunnen, auf dem Sauerhofe besteht ein laufender Brunnen. Auch die Markung ist reich an guten Quellen, die bedeutendste, der sog. bodenlose Brunnen, fließt im Wiesenthal unterhalb Hohnweiler.

Dann fließen über die Markung der Glaitenbach und der Däfernbach; sie treten zuweilen verheerend aus. Ein See besteht in Lippoldsweiler und einer in Däfern, beide zur Schwellung von Mühlwasser. | In Däfern waren früher 3 Seen, die jetzt in Wiesengrund verwandelt sind.

Die Vicinalstraße von Sechselberg nach Unterbrüden und die von Waldenweiler nach Oberbrüden geht durch den Ort. Sechs steinerne Brücken, 10 steinerne und 1 hölzerner Steg führen über die beiden Bäche; sie sind von den betreffenden Parzellen zu unterhalten.

Die Haupterwerbsquellen der Einwohner bestehen in Feldbau, namentlich Wein- und Obstbau, Viehzucht und einigem Gewerbe; von den Handwerkern sind Maurer und Zimmerleute am stärksten vertreten und arbeiten meist in Stuttgart.

In Lippoldsweiler bestehen zwei Schildwirthschaften, ein Kaufladen, drei Kramläden und eine Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang; in Däfern ist eine Sägmühle. Ferner sind auf den Markungen Lippoldsweiler und Däfern Steinbrüche angelegt, die gute Werksteine liefern, von denen viele nach außen, namentlich nach Backnang abgesetzt werden. Ein Gipsbruch ist vorhanden.

Die Vermögensverhältnisse sind nicht besonders günstig, der Begütertste besitzt 84 Morgen, worunter 12 Morgen Wald, der Mittelmann 10 Morgen und theilweise einige Morgen Wald, die ärmere Klasse 1 Morgen oder auch gar kein Grundeigenthum.

Auf Ober- und Unter-Weissacher und auf Unterbrüdener Markung besitzen hiesige Bürger viele Güter. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 12 Personen.

Die nicht große, ziemlich unebene Markung hat im allgemeinen einen mittelfruchtbaren, größtentheils schweren Boden (Zersetzung des untern Keupermergels); an Stellen, wo der Keuperwerkstein der Oberfläche nahe tritt, erscheinen leichte, etwas hitzige, mit Steintrümmern gemengte Sandböden.

Das Klima ist mild und Frühlingsfröste schaden nur zuweilen in den niederen Lagen; Hagelschlag kommt in den höher gelegenen Weinbergen öfters vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des Suppinger Pflugs und der eisernen Egge gut und fleißig betrieben, indessen steht die kleine Feldmarkung mit der Einwohnerzahl in keinem Verhältniß und manchem Bürger fehlt es an Grundeigenthum.

Von Getreidefrüchten baut man Dinkel, Einkorn, Haber, Gerste und Roggen, von Brachgewächsen Kartoffeln, dreiblätterigen Klee, Angersen, Rüben, Welschkorn und ziemlich viel Flachs und Hanf.

Das Getreideerzeugniß reicht für das örtliche Bedürfniß nicht, so daß noch Früchte von außen zugekauft werden müssen.

Auch der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt; die 1–3mähdigen Wiesen, von denen nur 4 Morgen bewässert werden können, liefern | das für den Viehstand nöthige Futter nicht, weßhalb noch Futter von außen bezogen werden muß.

Der Weinbau ist von keiner großen Bedeutung; auf den Morgen kommen 2800 Stöcke, die in den niedern Lagen den Winter über bezogen werden; man pflegt hauptsächlich grüne Silvaner und Drollinger. Die besten Weinberge sind die hochgelegenen. Der Wein wird nicht besonders gut, im Jahr 1857 war der Preis eines Eimers 44–50 fl., 1858 22–25 fl., 1859 40–50 fl., 1860 20–22 fl., 1861 50–55 fl., 1862 50–60 fl., 1863 36–40 fl., 1864 30–33 fl., 1865 66–88 fl., 1866 50 fl. Der Wein wird größtentheils nach Gmünd, Backnang, Murrhardt und Sulzbach verkauft. Vor etwa 10 Jahren sind 8 Morgen Weinberg ausgestockt und zu Baumgärten angelegt worden.

Die Obstzucht ist ausgedehnt und im Zunehmen; das Obst geräth gerne, man pflegt besonders Luiken, Goldreinetten, Wolfsbirnen, Bratbirnen, Knausbirnen und Zwetschgen.

In günstigen Jahren können 1000–2000 Simri nach außen verkauft werden.

Gemeindewaldungen sind nicht vorhanden, dagegen besitzen Privaten etwa 50 Morgen Wald.

Die Stoppelweide ist gut und wird mit Schafen befahren; das Pachtgeld trägt jährlich 150 fl., die Pferchnutzung 75 fl. der Gemeindekasse ein; ferner bezieht diese aus zwei Morgen Gemeinde-Baumgut jährlich etwa 60 fl. Pacht.

Die Viehzucht (Limpurger Race) ist in gutem Zustand, und zur Nachzucht sind 2 Farren von gleicher Race aufgestellt. Vieh wird hier viel gemästet, und geht nach Stuttgart, Ludwigsburg und in’s Ausland zum Verkauf.

Die Schafzucht wird von einem fremden Schäfer betrieben, der etwa 400 Stücke laufen läßt und sie theilweise im Ort überwintert.

Die unbedeutende Fischerei, welche sich auf Forellen und Krebse beschränkt, gehört dem Staat, der sie um 15 kr. jährlich verpachtet.

Stiftungen sind keine vorhanden.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Däfern, früher Tefern, Teffern geschrieben, ein ansehenlicher Weiler, der {{Bruch|1|4} Stunde südöstlich von Lippoldsweiler am Däfernbach liegt.

c. Hohnweiler, liegt 1/4 Stunde unterhalb des Mutterorts am Glaitenbach.

d. Sauerhof, 1/4 Stunde nordöstlich von Lippoldsweiler gelegen; zu dem Hof gehört ein 120 Morgen großes Gut, worunter 54 Morgen Waldungen.

Lippoldsweiler und seine Parzellen Däfern und Hohnweiler nebst den abgegangenen zu letzterem gehörigen Höfen Schnarrenberg | waren Bestandtheile des Ebersberger Amtes. Das Stift Backnang hatte daselbst den großen und kleinen Frucht- und den Weinzehenten (Lagerb. von 1528 und 1568/9). Sauerhof wird erst später genannt.

Güter zu Hohnweiler und Schnarrenberg verkauften den 29. November 1426 Georg von Urbach und seine Frau Ursula von Schellenberg an die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg (St.-A.); i. J. 1439 löste Anselm von Yberg mit Einwilligung der Herrschaft Württemberg das Gütlein zum Schnarrenberg, zu Hohnweiler und den Hof zu Bryden um 2230 fl., die er dem Ritter Hans Truchseß von Stetten hinausgegeben, pfandweise an sich von den Erben Wilhelms Truchseßen von Stetten (Gabelk.).

Im Jahre 1864 wurden Lippoldsweiler und die zur politischen Gemeinde Sechselberg gehörigen Orte Sechselberg, Gallenhof, Glaitenhof und Schlichenweiler von ihrem kirchlichen Verbande mit der Gemeinde Unter-Weissach getrennt und zu einer vorerst durch einen Verweser zu besorgenden Pfarrei vereinigt (Amtsbl. des Konsist. v. 1864 Nr. 105).


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