Bericht über die Kunstausstellung in Dresden 1820 usw.

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Autor: Tauscher
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Titel: Bericht über die Kunstausstellung in Dresden 1820 usw.
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aus: Hesperus: encyclopädische Zeitschrift für gebildete Leser.
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1820
Verlag: Friedrich Tempsky
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Erscheinungsort: Prag
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Katalog der Ausstellung siehe Verzeichniß der am Augustustage den 3. August 1820 in der Königlich Sächsischen Akademie der Künste zu Dresden öffentlich ausgestellten Kunstwerke
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[189]
2.
Dresden, 7. Sept. 1820; am Tage
der großen Sonnenfinsterniß, welche
hier bei ziemlich heiterm Himmel
mit aller Bequemlichkeit beobachtet
werden konnte.
1. Kunstausstellung. 2. Kummers Reliefglobus. 3. Geologische Bemerkungen. 4. Niedrer Stand der Elbe. 5. Hofrath Blumenbach. 6. Naturhistorisches Museum. 7. Anekdote von Napoleon.

Ich theile Ihnen für den Hesperus, statt Nachrichten anderer Art, welche Sie vielleicht von mir erwarten, einstweilen einige Bemerkungen über die seit dem 3. August begonnene Ausstellung der Dresdner Kunstwerke mit. Man sieht Dresden, das teutsche Florenz, schon seit langer Zeit, vielleicht nicht mit Unrecht, als das Asyl der Künste und als einen ihrer Hauptsitze in Teutschland an. Die Kunstkenner haben nur eine Stimme darüber, daß die königliche Gallerie der Gemälde eine der ersten in Europa sey, und daß sie die Krone der vielen andren Dresdner Museen bleibe. Ohne selbst Kunstkenner zu seyn, oder ohne selbst die Miene eines solchen annehmen zu wollen, wage ich dennoch, Ihnen den Ausdruck meines Gefühls, bei dem Anblick der diesjährig aufgestellten Kunstwerke, zu geben. Ich hoffe wenigstens, daß es mich nicht immer und nicht ganz getäuscht haben soll.

Der Katalog der ausgestellten Kunstwerke, den man gewöhnlich bei Anfang der Ausstellung ausgibt, zählt diesmal 592 Numern. Da sich indessen unter dieser Zahl die Arbeiten der Kunstschüler an der Meißner Zeichenschule, an der Leipziger Kunstakademie, der Schüler der katholischen Hauptschule, der Erziehungsanstalt zu Friedrichstadt-Dresden und der Industrieschule bei der königl. sächsischen Akademie befinden, die meistens aus Studien, architectonischen Zeichnungen oder auch Modellen bestehen : so schrumpft die Zahl der eigentlichen Gemälde und größerer von Meistern und Dilettanten aufgestellten Kunstwerke beträchtlich zusammen. Mehrere gute Gemälde sind indessen noch nicht unter der obigen Zahl verzeichnet, sondern werden wahrscheinlich einem spätern Nachtrag des Katalogs aufgespart.

Ich werde Ihnen nur die bedeutenderen der größern historischen Compositionen und Stücke nennen, und mache da billig mit dem Nachlaß des verstorbenen Prof. von Kügelgen, dessen Arbeiten schon seit längerer Zeit durch die allgemeine Stimme ein klassischer Werth zugestanden worden ist, den Anfang. Man findet fünf mit seinem Namen bezeichneten Oelgemälde: Einen Christus, Johannes oder Evangelist, Johannes der Täufer, den verlornen Sohn, die letztere Arbeit dieses Künstlers, und eine herrliche Madonna mit dem Christuskind; sämmtlich nach eigener Erfindung. Man kann schon erwarten, daß diese Bilder eben so groß gedacht, als meisterhaft ausgeführt sind. Ob aber gleich die kleine uebliche Madonnenschöpfung vielleicht nur als Skizze zu einem größern Gemälde anzusehen ist, welches der Künstler noch auszuführen gedachte, so gestehe ich doch gern, daß gerade dies Bild mich am meisten angezogen hat. Ohnstreitig kann es den ähnlichen Werken größerer italiänischer Meister mit Recht zur Seite stehen. Ueberdies hat der edle Kügelgen den klassischen Adel der Galleriefähigkeit, welche gewöhnlich erst nach dem Tode der Meister eintritt, für seine Meisterwerke, leider, schon gelöst.

Hier, wo sich die unübertrefflichen Originale von Battoni’s und Correggio’s reizenden Magdalenen finden, scheint es doppelt gewagt, diesen schon so oft und mit verschiedenem Glück behandelten Gegenstand von neuem zu bearbeiten. Demohngeachtet hat der mit Recht geschätzte Maler Pochmann, und ein wackerer Schüler des Prof. Hartmann, Gustav Baumgarten, diesen historischen Charakter, und zwar nicht ohne Glück, obwohl auf eine von ihren großen Vorgängern sehr verschiedene Art, behandelt. Des erstern Meisters schöne Sünderinn liegt auf den Knieen, und blickt mit emporgehobenen, sanft schwärmerischen Augen und über die Brust verschränkten Armen reuig gen Himmel. Das zarte Leben des warmen Fleisches und der Zauber, welcher die ganze Gestalt und den Ausdruck des Gesichts auf diesem lieblichen Bilde überfließt, läßt sich schwerlich schildern, und kann schwerlich übertroffen werden. Ohnstreitig ist es der Matador der diesjährigen Ausstellung. Auf dem Gemälde Baumgartens liegt Magdalena mit tief gesenktem Haupt vor Christo auf den Knieen; an ihrer Seite sind die Apostel Petrus und Johannes. Die einfache Größe und Schönheit von Raphaels herrlicher Madonna di St. Sisto scheint dem Künstler bei der Composition seines Gemäldes vor Augen geschwebt zu haben. So wie dort eine himmlische Glorie von der erhabenen in den Wolken schwebenden Jungfrau ausgeht, und sich über die zu ihren Füssen knieenden Gestalten ergießt, so steht hier der Erlöser, als Ideal der höchsten menschlichen Tugend, belehrend, verzeihend, segnend über den Seinen. Der Apostel Petrus ist offenbar eine Nachahmung des Sixtus auf dem Raphaelischen Bilde. Die Zeichnung scheint mir edel und correct, die Gruppierung des Ganzen verständig, das Colorit lebhaft und harmonisch, und die Ausführung fleißg und brav. Sollte man auch den Ausdruck in den Zügen der büßenden Sünderinn minder gelungen finden, so scheint dies Gemälde koch unter die vorzüglichern zu gehören, mit denen jüngere Künstler die Ausstellung schmückten.

Ein betender und dankender Christus nach eigner Idee [190] von einem andern genialen Schüler des Prof. Hartmann, K. H. Herrmann, ist ebenfalls ein rühmliches Zeugniß von dem nicht gemeinen Talent des jungen Mannes.

Einen geringern Werth scheinen das Martyrerthum des heil. Sebastian von Lindau, des heil. Rochus in der Wüste, und ein Christus am Kreuze , zwey größere Altargemälde von Arnold zu haben. Die letztern Gemälde zeichnen sich weder durch Zeichnung und Zusammensetzung, noch durch die Ausführung, am wenigsten aber durch das minder gefällige Colorit, welches sie tragen, aus.

Eine sitzende Muse von einem Schüler des Prof. Pochmann, C. Peschel, nach eigner Erfindung, ist kein übel Bild. Der Schüler hat sich die Manier seines Meisters ziemlich zu eigen gemacht, und diese hat sich hier mit einer geistvollen Zeichnung zu einem ungemein lieblichen Ideal verbunden.

Zwey junge talentvolle Maler, Ehregott Grünler aus Leipzig und Eduard Ehrhard aus Graudenz haben in der Behandlung eines sehr verwandten Gegenstandes einen Wettstreit begonnen, welcher Beiden Ehre macht. Ehregott Grünler stellt Amor und Psyche, sich in Grünem umarmend, und der letztere Venus mit Amor, welcher den Bogen spannt, aus dem Schoose, beide nach eigenen Ideen in einem fast gleich großen Oelgemälde vor. Das erstere ist ein zart und nicht ohne Grazie behandeltes Gemälde. Die Figuren desselben sind mit vielem Sinn zu einem ungemein lieblichem Gemälde gruppirt. Nur die Behandlung der Fleischpartieen scheint den noch nicht ganz sichern Künstler zu verrathen. Die Venus von Ehrhard, welcher schon mehrere Preise gewann, dünkt mich indessen noch vorzüglicher. Sie ist eine Medizeische von idealisch schönen Formen und jugendlich reizenden Zügen. Auch Amors rückwärts gebogenes Köpfchen ist ganz allerliebst. Im Rücken der von einem großblättrigen Platanus beschatteten Gruppe küßt sich zärtlich ein Taubenpaar, und vor derselben breitet sich die reizende Aussicht auf eine ferne Gebirgslandschaft aus. Sollte auch die Beschuldigung einiger Fehler der Zeichnung, welche man diesem Bilde macht, gegründet seyn, so vergütet dies doch der jugendliche Genius, dessen Talent einst einen sehr ausgezeichneten Maler verspricht, durch unverkennbare Schönheiten.

Zwey Gemälde von L. Kehrer, herz. Anhalt. Hofmaler, interessiren sowohl durch den Stoff, der ihnen zum Grunde liegt, als durch dessen malerische Behandlung. Das eine versinnlicht das Auffinden eines Bergmanns, dessen Leichnam im J. 1809 zu Fahlun in Schweden bei dem Aufräumen eines vorlängst eingestürzten Schachts in Vitriolwasser vollkommen erhalten angetroffen und zu Tage gefördert ward. Niemand kennt ihn. Da wankt eine 75jährige Alte an einer Krücke herbei, erkennt ihn augenblicklich, neigt sich küssend über ihn und sagt: „Es war mein Verlobter. Vor mehr als 50 Jahren fuhr er 8 Tage vor unserer Hochzeit in die Grube und kehrte nie wieder.“ Das andere malt nicht ohne Geist und Leben die bekannte, in Bürgers Lied vom braven Mann besungene Scene, der mit eigner Lebensgefahr den von Wasserfluthen bedrohten Zöllner und dessen Familie rettet, und, nach gelungener That, mit edler Uneigennützigkeit jede Belohnung zurückweist.

Einige minder bedeutende, obwohl keineswegs ganz werthlose historische Gemälde, brauche ich bloß noch zu nennen ; z. B. einen heil. Johannes in der Wüste von Rentsch; einen Arion, der sich dem Meere anvertraut, von C. Müller, beide nach eigenen Ideen; ein ungemein liebliches Kinderköpfchen, welches das Licht einer Lampe ausbläst und von dessen Flamme wunderschön beleuchtet ist, von Georgi(?), ich glaube, nach Vogel.

Copien, meistens nach Meisterstücken der Dresdner Gallerie, sind nicht selten. Die vorzüglichsten derselben schienen mir: Die Madonna di St. Sisto von Amalia Schwerdgeburth in Weimar; Correggio’s Magdalena von Apollonia Seydelmann, beide in Sepia; die Madonna della Sedia von Hellmann aus Braunschweig in Oel, und die nämliche sehr wacker bunt auf Porzellan, von einem Künstler der Meißner Schule; eine heil. Jungfrau mit dem Jesuskind und dem kleinen Johannes nach Gimignani von Louis Klaß, und eine Maria mit dem Christkind nach Zuccheri von Schröter aus Leipzig, beide in Oel.

Der unerreichte und unübertroffene Meister der schwierigen Behandlung der Sepienzeichnung, Prof. Seydelmann, gibt einen herrlichen Christus, Brod und Wein segnend, Kniestück in Lebensgröße nach (?)[WS 1] Solche Copien stehen dem werthvollsten Original am Werthe nicht nach.

Die Arbeiten der kunstreichen, sonst so fleißigen Fräulein Therese a. d. Winkel, deren meisterhafte Copien hinlänglich bekannt und geschätzt sind, wurden bei dieser Schaustellung gänzlich vermißt.

Die Portraitmalerei beschränkt zwar die Phantasie des Malers, weil sie hier weniger selbstschaffend wirken kann, und wird immer nur einen untergeordneten Rang im Reiche der Künste behaupten. Demohngeachtet wird sie doch aus leicht begreiflichen Gründen von den meisten sehr geschätzt und dem Künstler eben so nothwendig bleiben.

Sicuti inter stellas luna minores – so ragen über der zahlreichen Menge der, der Beschaulust dargebotenen Portraitleistungen drey Oelgemälde von dem Prof. Friedrich Matthäi herfür. Das erste, das Bild eines Liefländischen Güterbesitzers in ganzer Figur, soll, wie man sagt, mit der kunstreichsten und fleißigsten Ausführung die höchste Treue vereinen. Ueber die Züge des zweyten Bildes, eines weiblichen Portraits, dessen Original mir unbekannt ist, ergießt sich eine Fülle von seelenvoller Güte und zauberischem Liebreiz, der jedes wörtlichen Ausdrucks spottet. Wie von unsichtbarer Macht ward ich immer von neuem zu dem lieblichen, sehr einfach drapirtem Gemälde zurückgezogen, und weilte mit immer erhöhetem Vergnügen vor dem durchdringenden Blick des großen freundlichen Auges. Zu meiner Rechtfertigung kann ich versichern, daß es andern auch nicht [191] besser gegangen ist. Portraits von dieser Art malen mehr die Seele, als das Vehikel derselben, den Körper. – Diese Wahrheit spricht auch das dritte Portrait eines schon etwas ältlichen Mannes durch die ausgezeichnetsten Züge von Behaglichkeit und Bonhommie deutlich aus. Man sollte schwören, das Original zu kennen, auch wenn man es nie gesehen hat; der Mann steht nicht auf der Leinwand, sondern er lebt. Außer dem Kopf eines armen alten Schuhmachers, welcher in Friedrichstadt bei Dresden lebte, welchen Graf der Vater um seines originellen Ausdrucks von Ehrlichkeit willen malte, und vor vielen Jahren aufstellte, entsinne ich mich kaum, etwas Ausgezeichneteres in dieser Art gesehen zu haben. Beinahe zweifle ich, daß unter den gegenwärtig in Europa lebenden ausgezeichneten Portrait- und Geschichtsmalern sich viele finden, deren Kunst Fr. Matthäi weit überträfe. Graf, der Vater, welcher, als Portraitmaler, lange Zeit für ein schwer zu übertreffendes Muster galt, scheint wenigstens vollkommen durch das Talent dieses Künstlers ersetzt zu seyn.

Nach den Portraits von Fr. Matthäi, gebührt wohl dem Bild der hochverehrten Königinn von Sachsen in ganzer Figur und etwas übergewöhnlicher Größe die ausgezeichnetste Stelle. Dasselbe ist, wie man versichert, von keinem eigentlichen Maler, sondern von einem Dilettanten, dem Hofschauspieler Geyer gefertigt. Man sieht, daß die Musen sämmtlich Geschwister sind, und einander freundlich die Hand bieten. Der Schauspieler Geyer erscheint als Intestaterbe der Talente des verstorbenen Portraitmalers Graf, und hat in dieser musterhaften Darstellung von dieser Erbschaft den würdigsten Gebrauch gemacht. Das Bild versinnlicht und verbindet in der sprechendsten Ähnlichkeit die geistvolle Würde der Königinn mit den freundlichen Zügen mütterlichen Wohlwollens. Und beide sprechen in gleicher Stärke zu den Herzen aller wackern Sachsen.

Prof. Hartmann, ein gewiß sehr verdienter und mit Recht geschätzter Künstler, der dies schon in hohem Maße durch seine zahlreichen und ausgezeichneten Schüler beurkundet, gibt dem Auge diesmal zwey weibliche Portraits in ganzer Figur Preis. Ich kann nicht bergen, daß mir diese Bilder des sonstigen Ruhmes dieses Meisters unwerth scheinen, und daß sie ihren Nachbarbildern an lebendigem Ausdruck und harmonischer Färbung ohnstreitig nachstehen. Zwar findet das Idealisiren des Portraitmalers an der Wirklichkeit und an der Pflicht der Treue stets seine Gränze. Auch mag wohl der Künstler zuweilen durch die Launen seiner Originale chicanirt und gehemmt werden. Die beiden weiblichen Originale dieser Portraits, vornehme Polinnen, wie man sagt, würden es ihm ganz gewiß verziehen haben, wenn er in einem Stück minder treu gewesen wäre, vorausgesetzt, daß es nicht der Fehler des Künstlers, sondern derjenige der Originalität ist, daß beide Conterfeye, ehrlich gesagt, auf dem einen Auge – schielen, oder doch das in hohem Maaße besitzen, was man einen sogenannten falschen Blick haben nennt.

Von der nicht ganz unbedeutenden Anzahl anderer mit mehr oder minderer Kunst gemalter Portraits nenne ich bloß die Namen ihrer Meister. Es sind die Herren Rößler, Sattler, Müller, Wieland, Berthold, Baumann, Schuhmacher, Hofmann u. a. m., welche Portraits in allen Formen geliefert haben. Auch die bessern unter denselben reichen kaum entfernt an die Vollendung der Matthäischen Bilder.

Von Miniaturportraits hat mir ein einziges, von Ehregott Grünler als sehr verdienstlich geschienen.

Der Ausbildung des Talents des Landschaftsmalers sind von jeher die herrlichen Gegenden Sachsens, insbesondere die Gegend um Meißen und Dresden günstig gewesen. Die berühmten Meister Klengel und Zingg haben sich hier eine eigene Schule gebildet, aus welcher eine Menge wackerer Landschaftszeichner und Maler hervorgegangen sind. Die Spende besserer Landschaften ist indessen diesesmal keineswegs sehr reich.

Von dem Veteran Klengel sind fünf kleinere Landschaften vorhanden, unter denen sich die eine im italiänischen Geschmack durch die glühende Wärme, in welcher die reizende Gegend schwimmt, und in deren Ausdruck dieser Künstler bekanntlich seinen Meister sucht, ungemein auszeichnet.

Dahl, einer der fleißigsten und geschicktesten der hier lebenden Landschaftsmaler, liefert mehrere vorzügliche Tableaux. Das ausgezeichnetste derselben ist eine felsige Waldgegend mit den Ruinen einer Burg auf einem isolirten Fels und einem Wasserfall, der die größte Breite des Bildes einnimmt. Bei vielem Verdienst scheint mir dies Bild doch im Ganzen des Eindrucks zu verfehlen, den es beabsichtet. Das bewegte und unaufhörlich bewegliche Leben des Wassers ist kein Gegenstand zur Fixirung für den Pinsel, und doch bleibt diese schwierige Aufgabe sehr verführerisch für den Maler.

Die herrliche Aussicht von der Bastey in der sächsischen Schweiz scheint dem nämlichen Meister ausnehmend gelungen. Die Felskolossen des Königsteins, Liliensteins und der übrigen Felsenhöhen, steigen von der Abendsonne beleuchtet aus blauen Düften höchst malerisch hervor.

Eine Gegend aus dem großen Garten, eine Partie von Potschappel und eine Partie aus dem Plauischen Grund von K. G. F. Faber haben viel Verdienst, und sind treue Naturbilder.

Das Genie des Landschaftsmalers C. T. Friedrich hingegen scheint sich mehr zu idealisch-landschaftlichen Dichtungen hinzuneigen. Vier von demselben gelieferte Landschaften tragen sämmtlich diesen Charakter, z. B. eine Schilfpartie mit Schwänen und dem Mond im ersten Viertel, in welcher der vom Mond erhellte, aus dem Wasser aufsteigende Dunst mit unnachahmlicher Kunst behandelt ist.

Fast noch schöner ist die Berggegend am Morgen; die Aussicht von einer Berghöhe auf ferne Thäler, aus welcher dunstiges Gewölk aufsteigt. Das Schauspiel des den Thälern entquellenden, vom Winde gejagten, und sich an den Abhängen der höhern Gebirge, deren Gipfel oft gänzlich frey [192] bleiben, fortwälzenden Gewölks kann man freylich nur in höhern Gebirgen sehen. Ich genoß dieses Anblicks noch vor kurzem in den höhern Sudeten, und bekenne gern, daß der Künstler in dessen Nachbildung das Möglichste geleistet, und nicht zu weit hinter der Natur zurückgeblieben ist; – und mehr kann man wohl unmöglich verlangen.

C. A. Günther hat in Aquarell, der bekannten sich angeeigneten Manier desselben ein Paar größere, sehr verdienstliche Landschaften gegeben.

[198] Ein kleineres Oelgemählde von Dahl scheint mir ein Meisterstück, eine Seeansicht, an welcher der ferne Horizont hinter Nebeln verschwimmt, durch welche die Sonne matt blickt. Je länger man auf dies Bild blickt, je dünner wird der Nebel, je heller scheint die Sonne. Jeden Augenblick glaubt man, daß sie im vollen Glanz hervorbrechen müsse.

Noch zeichnen sich die Arbeiten von J. T. E. Faber, Karl Götzloff, dem Hofmahler Arnhold in Meissen, den Herren J. D. und Aug. Reichel, C. Wagner aus Meiningen, Oehme, Rothe, u. a. m. mehr oder weniger aus.

Unter den Dilettanten ragen ein paar kunstreiche Doktoren, die Herren Mosch und Carus anderen weit vor. Des letzteren Genius scheint vorzüglich düstere romantische Darstellungen zu lieben. Die Gegenstände, welche sich der letztere gewählt hat, – das gothische Fenster einer verfallenen Abtey, durch welches der Mond blickt, ein Hünengrab auf Rügen im Mondschein, die Kreidenwände der Halbinsel Jasmund auf Rügen mit trübem schwerbewölktem Himmel, und eine kalte starre Schneelandschaft, bei derem Anblick man friert, – scheinen diesen Hang zu verrathen. –

Der plastischen Kunstarbeiten bietet diese Schaustellung nur wenige; außer einem schlafenden Christuskind im Cararischen Marmor von Andreas Friedrich in Colmar habe ich nichts Bemerkenswerthes gefunden. Der architectonischen Zeichnungen und Modelle gibt es desto mehrere.

Ich verlasse jedoch die Sphären der Kunst, in denen ich meine Unzünftigkeit durch mein Urtheil vielleicht hier und da nur zu sehr verrathen habe, und erwähne nur noch eines interessanten Gegenstandes, mit dem ich einigermassen bekannter zu seyn glaube, weil er eine von mir schon früherhin öffentlich geäußerte und auch Ihnen mitgetheilte Idee, obwohl nur noch unvollkommen, – realisirt. Es ist dies ein Relief-Globus in Papiermasse, ohngefähr 3 Schuh im Durchmesser, der Angabe nach nach Zeune und Ritter von Kummer in Berlin verfertiget, welcher die verhältnißmäßigen Erhöhungen des Landes und die Vertiefungen der Meere und Flußgebiete einigermassen anschaulich macht. Dieser Globus scheint zwar zunächst auf den Unterricht blinder Personen durch das Gefühl berechnet ; er bietet aber dennoch auch schon, wie er jetzt ist, den sehenden einen Theil derjenigen Vortheile dar, die eine anschauliche Darstellung der Verhältnisse des festen Bodens der Erde zum Meere und und dessen Gebirgsketten und Gebirgshöhen im Verhältniß zum Lauf der Gewässer in vieler Hinsicht gewährt. Für die physische Oekonomie und für die Urgeschichte des Erdkörpers muß es höchst wichtig seyn, die Verhältnisse der Gebirge und des Gewässers in ihrem ganzen Zusammenhang genau zu übersehn. Und selbst in geographischer Hinsicht werden die Lücken, welche unsere Kenntniß von der Oberfläche der Erde noch immer hat, durch eine Vorstellung dieser Art weit anschaulicher hervorspringen. Man werfe z. B. nur einen Blick auf das Innere von Afrika, sehe den ausgedehnten Lauf des Nigers mit seinen Nebenströmen, und bemerke, daß man bis jetzt noch keine Verbindung dieses räthselhaften Flusses mit dem Meere mit Sicherheit kennt, und daß sich dessen Wasser ohne Abfluß wieder in den Boden der Erde unmittelbar zu verlieren scheint. Man überblicke die Vorstellung des asiatischen Hochlandes und der Gebirge von Tibet, von denen uns nur erst seit kurzem eine höchst unvollkommene Kunde geworden ist, sehe die ungeheure Wüste Cobi’s im Innern Asiens, von welcher wir bis jetzt, fast so gut , als gar nichts wissen, und man wird gestehen, daß unsere Kenntniß von der Oberfläche der Erde noch bedeutende Lücken habe.

[199] Die gegenwärtige Vorstellung ist nun freilich in ihrer Art nur noch ein roher und unvollkommener Versuch. Indessen macht derselbe doch schon sichtbar, was aus der Sache werden kann, wenn sie mit der möglichsten Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt wird. Man hat die zu Ritters Erdkunde gehörigen, von Schmidt gezeichneten, allerdings trefflichen Karten, wie der Verfertiger selbst angibt, dieser Arbeit zum Grunde gelegt. Wenn auch der verhältnißmäßig viel zu geringe Maßstab noch eine größere Genauigkeit erlaubte, so bleibt es doch im Grunde nur eine Copie von einer Copie, welche hier ohngefähr mit der nämlichen Schwierigkeit verbunden ist, als wenn man nach der bloßen Zeichnung eines Kopfs, ein individuelles Menschenantlitz plastisch in fester Masse mit vollkommener Ähnlichkeit darstellen wollte.

Allen Hypothesen über die Erdenbildung den Werth und Nutzen abzusprechen, würde ungerecht und lächerlich seyn. Dieser bleibt unbestritten, wenn sie nämlich von den ewigen und unveränderlichen in die Natur der Dinge gelegten Gesetzen ausgehn, und nur diese zur Grundlage ihres Gebäudes machen. Allein auf der andern Seite bleibt es eben so nothwendig, den Satz: non fingedum sed experiendam, quid natura faciat, stets vor Augen zu haben, und alle Hypothesen an den Probierstein einzelner sorgfältig und ohne Vorurtheil gemachter Erfahrungen zu halten. Das Werden kann nie anders als aus dem Gewordenen mit einiger Sicherheit erklärt und bestimmt werden. Je genauer man folglich das Gewordene in seinem ganzen Zusammenhange, und so vielseitig als möglich kennt, um desto mehr wird es möglich seyn, die Ursachen des Gewordenen mit Zuverlässigkeit zu erspähen.

Dieser Ueberblick im Ganzen wird aber ganz offenbar nur durch solche plastische Vorstellungen der Erde oder einzelner Theile ihrer Fläche in einem gewissen Grade erreicht werden können. Wenn man z. B. die Ufer der Elbe nach einem nicht allzukleinen Maßstabe, etwa von Leutmeritz oder Außig an bis gegen Dresden oder Meissen, nach der von mir bezeichneten Idee, die hier zum Theil schon ausgeführt ist, so modellirte, daß das Flußgerinne der Elbe mit dem auf bestimmte Distanzen ausgemittelten Fall derselben als Basis, angenommen, die Ufergebirge an beiden Seiten an diese Basis mit genauer Bezeichnung der sorgfältig gemessenen Höhen und der Abdachung und Gestaltung der Gebirge angereihet, und hierbei noch die inneren geognostischen Verhältnisse möglichst berücksichtiget würden, so mußten sich hierdurch nicht nur die Urgebirge von den Formationen der späteren Flötz- und aufgeschwemmten Gebirge bestimmt und scharf absondern, sondern es würden sich auch die Perioden und Reihenfolgen der Entstehung und selbst die Art derselben mit demjenigen Grad von Wahrscheinlichkeit ausmitteln lassen, dessen unsere beschränkten Kräfte überhaupt fähig sind. Man kann annehmen, daß auf jedem Extreme überhaupt und fast ebne Ausnahme der Fluch des Irrthums ruht. Die sich einander entgegenstehenden geologischen Systeme der Vulcanisten und Neptunisten können schwerlich einen anderen und sicherern Vermittelungspunkt finden, als die vorurtheilsfreie Erfahrung in einzelnen Fällen, und überhaupt genommen. Zwar pflegen sich beide Theile nicht selten mit gleich scheinbaren Gründen auf dieselbe zu berufen. Aber zum Spruche des höheren Tribunals der Wahrheit, welches die Gründe beider Theile entscheidend wägt, scheinen doch bei weitem noch nicht vorurtheilfreie und sichere Erfahrungen vorhanden zu seyn.

Ich ende diesen langen Brief, der mit einer Schilderung von Werken der Kunst, – also von durch menschliche Phantasie und Gefühl anschaulich veredeltem und vergeistigtem Stoff anhob, und der mit geologischen Bemerkungen, folglich mit Betrachtung der rohen Masse, an welche sich unsere ganze Existenz knüpft, schließt, mit der Bemerkung, daß der Wasserstand der Elbe seit vielen Jahren nicht so niedrig gewesen ist, als in diesen Tagen. Das Wasser steht an dem hiesigen, an der Brücke angebrachten Elbhöhenmesser 2 Schuh unter 0, und erreicht hierdurch den Wasserstand , den man als den möglichst niedrigsten angenommen hat. Wirklich scheint die Natur durch dieses Phaenomen den Verdampfungs- Verdünstungs- und Verminderungsprozeß des Wassers, welcher an der Tagesordnung ist, und für den ich leider, wie Sie wissen, selbst Partey genommen habe, einigermassen zu begünstigen.

Tauscher.     

Anmerkungen (Wikisource)