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Ein kleineres Oelgemählde von Dahl scheint mir ein Meisterstück, eine Seeansicht, an welcher der ferne Horizont hinter Nebeln verschwimmt, durch welche die Sonne matt blickt. Je länger man auf dies Bild blickt, je dünner wird der Nebel, je heller scheint die Sonne. Jeden Augenblick glaubt man, daß sie im vollen Glanz hervorbrechen müsse.
Noch zeichnen sich die Arbeiten von J. T. E. Faber, Karl Götzloff, dem Hofmahler Arnhold in Meissen, den Herren J. D. und Aug. Reichel, C. Wagner aus Meiningen, Oehme, Rothe, u. a. m. mehr oder weniger aus.
Unter den Dilettanten ragen ein paar kunstreiche Doktoren, die Herren Mosch und Carus anderen weit vor. Des letzteren Genius scheint vorzüglich düstere romantische Darstellungen zu lieben. Die Gegenstände, welche sich der letztere gewählt hat, – das gothische Fenster einer verfallenen Abtey, durch welches der Mond blickt, ein Hünengrab auf Rügen im Mondschein, die Kreidenwände der Halbinsel Jasmund auf Rügen mit trübem schwerbewölktem Himmel, und eine kalte starre Schneelandschaft, bei derem Anblick man friert, – scheinen diesen Hang zu verrathen. –
Der plastischen Kunstarbeiten bietet diese Schaustellung nur wenige; außer einem schlafenden Christuskind im Cararischen Marmor von Andreas Friedrich in Colmar habe ich nichts Bemerkenswerthes gefunden. Der architectonischen Zeichnungen und Modelle gibt es desto mehrere.
Ich verlasse jedoch die Sphären der Kunst, in denen ich meine Unzünftigkeit durch mein Urtheil vielleicht hier und da nur zu sehr verrathen habe, und erwähne nur noch eines interessanten Gegenstandes, mit dem ich einigermassen bekannter zu seyn glaube, weil er eine von mir schon früherhin öffentlich geäußerte und auch Ihnen mitgetheilte Idee, obwohl nur noch unvollkommen, – realisirt. Es ist dies ein Relief-Globus in Papiermasse, ohngefähr 3 Schuh im Durchmesser, der Angabe nach nach Zeune und Ritter von Kummer in Berlin verfertiget, welcher die verhältnißmäßigen Erhöhungen des Landes und die Vertiefungen der Meere und Flußgebiete einigermassen anschaulich macht. Dieser Globus scheint zwar zunächst auf den Unterricht blinder Personen durch das Gefühl berechnet ; er bietet aber dennoch auch schon, wie er jetzt ist, den sehenden einen Theil derjenigen Vortheile dar, die eine anschauliche Darstellung der Verhältnisse des festen Bodens der Erde zum Meere und und dessen Gebirgsketten und Gebirgshöhen im Verhältniß zum Lauf der Gewässer in vieler Hinsicht gewährt. Für die physische Oekonomie und für die Urgeschichte des Erdkörpers muß es höchst wichtig seyn, die Verhältnisse der Gebirge und des Gewässers in ihrem ganzen Zusammenhang genau zu übersehn. Und selbst in geographischer Hinsicht werden die Lücken, welche unsere Kenntniß von der Oberfläche der Erde noch immer hat, durch eine Vorstellung dieser Art weit anschaulicher hervorspringen. Man werfe z. B. nur einen Blick auf das Innere von Afrika, sehe den ausgedehnten Lauf des Nigers mit seinen Nebenströmen, und bemerke, daß man bis jetzt noch keine Verbindung dieses räthselhaften Flusses mit dem Meere mit Sicherheit kennt, und daß sich dessen Wasser ohne Abfluß wieder in den Boden der Erde unmittelbar zu verlieren scheint. Man überblicke die Vorstellung des asiatischen Hochlandes und der Gebirge von Tibet, von denen uns nur erst seit kurzem eine höchst unvollkommene Kunde geworden ist, sehe die ungeheure Wüste Cobi’s im Innern Asiens, von welcher wir bis jetzt, fast so gut , als gar nichts wissen, und man wird gestehen, daß unsere Kenntniß von der Oberfläche der Erde noch bedeutende Lücken habe.
Tauscher: Bericht über die Kunstausstellung in Dresden 1820 usw.. Friedrich Tempsky, Prag 1820, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hesperus_1820_Kunstausstellung_in_Dresden.djvu/5&oldid=- (Version vom 16.11.2024)