Benares, die heilige Stadt der Hindus
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Nur zu geneigt ist der für Menschenwohl erglühende Geist, sich überspannten Vorstellungen vom allgemeinen Besserwerden zu überlassen. Eine mäßige Summe von Thatsachen umkleidet er mit dem weiten Prachtgewande seiner Wünsche, und er glaubt gern an Zustände, die er doch nur träumt. Darum ist’s gut, wenn sich ihm oft die Betrachtung einer grausamen Wirklichkeit aufnöthigt. Hüte er sich dann, zu dem entgegengesetzten Irrthum überzugehen: Unglauben für Leichtgläubigkeit zu tauschen, und zu verzweifeln an der Möglichkeit, daß die Welt werden könne, was sie werden wird im Laufe der Aeonen, eine Welt des Glücks und der Gerechtigkeit. Es liegt auch hier die vermittelnde und tröstende Wahrheit zwischen den beiden Extremen.
Sichtbar jedem verständigen Beobachter entwickeln sich in Asien vielfältige Keime einer glücklichen Revolution und in Osten aufzuckende Lichtstrahlen verkündigen ein zweites Erdumkreisen des Gestirns, das dem Orient einen heitern Tag der Gesittung verheißt. Doch ein Dämmern ist noch kein Tageslicht. Noch umhüllt Finsterniß den Welttheil. Die Hälfte seiner Bevölkerung ist wie ein versteinertes Menschenmeer; seit Jahrhunderten ist sie geistig todt, bewegungslos und in Fesseln gelegt durch unabänderliche Gesetze, Ausgeburten des raffinirtesten Despotismus. Entwürdigt und geblendet durch verjährte Vorurtheile, kriechender Sklave des Bambus, aller Aufklärung unzugänglich, lebt der Chinese nur ein maschinenmäßiges Daseyn; er ist eine Null in der Kulturentwicklung der Menschheit. – Der Tartar, umherschweifend, oder auf einen Ort geheftet, ist so roh und unwissend, als er immer gewesen. Der Araber, mit einem glücklichen Genie begabt, hat die Güter der Gesittung und des Wissens längst verloren; seit Jahrhunderten macht Barbarei sein Erbtheil aus. – Im Norden sehen wir blos niedrige Leibeigene, Völkerheerden, mit denen der große Eigenthümer sein Spiel treibt. Die Fahne der Kultur hängt zwar heraus; aber noch ist’s eine Fahne der Lüge. – Der Türke, Ausrotter einer schönen Gesittung in gesegneten Ländern, ist ein dürftiger Boden für das Gedeihen der neuen. – Rüstig rühren Britten in Indien Spaten und Pflug. Aber die Einsaat ist schwierig, das Keimen schwach, das Wachsen langsam. Hundert Millionen Indier, mit Vorurtheilen überhäuft, durch die geheiligten Bande ihrer Kasten eingeschnürt, leben in dumpfer, unheilbar scheinender Betäubung fort.
Das nebige Bild leitet uns auf den Schauplatz der merkwürdigsten Erscheinungen jener Verblendung, in deren Netzen sich Indiens Völker hülflos verstrickt haben, Betrügern und Fanatikern ein leichtes Spiel. Es [64] führt uns an den Ort, wo der Wahnsinn des religiösen Aberglaubens seit Jahrtausenden einen immerwährenden Festtag feiert.
Im Herzen Hindostans, am hohen Ufer des majestätischen Ganges, prangt Benares in paradiesischer Gegend. Schon die äußere Erscheinung der heiligen Stadt ist sonderbar und ganz abweichend von der gewöhnlichen. Wie Flammen entsteigen eine Menge vergoldeter Thürme einem unermeßlichen Durcheinander von Häusern und Palmen. Kein Europäer, aber alle Völker des Orients haben sich hier versammelt. Du siehst kein weites Thor, das dich in breite Straßen führe: durch eine hohe, enge und düstere Pforte trittst du in schmale, vielfach sich windende, dunkle und vollgepfropfte Gassen, die so eng sind, daß zwei Palankinträger kaum einander ausweichen können. Die Häuser, gemeinlich niedrig durch ganz Indien, sind hoch und haben hier drei bis fünf Stockwerke, denn der Raum in Benares ist beschränkt und sein Werth unglaublich groß. Alle Häuser sind massiv und verziert mit Verandas, mit Galerieen, gothischen und maurischen Fensterstöcken, mit Vorsprüngen und breitem, überhangendem, künstlich ausgezacktem Dachwerke, und bemalt sind alle Wände mit einem Gewimmel von Menschen, Stieren, Elephanten, Göttern und Göttinnen, hundertköpfigen und hundertarmigen Fratzen, im groteskesten Wechsel und in den lebhaftesten Farben. Weiter ziehst du, und durch eine zweite Pforte betrittst du einen innern Stadttheil. Hier reiht sich Tempel an Tempel, Pagode an Pagode. Wandelnde Betstühle ohne Zahl, mit Götzen-Figuren bemalt und mit Palmenzweigen behangen, verengen den ohnedieß schon engen Weg noch mehr, und eine Unsumme von feisten Stieren, groß und klein, spazieren stolz und genügsam mit der Miene der Herren umher, oder versperren dir, quer über die Gasse gelagert, den Weg. Das Gebot des Schöpfers, das den Menschen zum König einsetzt über die Thiere, dünkt dir hier in umgekehrter Geltung, wenn du Menschen gewahrst, welche knieend die Bestien mit Blumen schmücken, und siehst, wie dein eigener Diener sich ehrerbietig zu dem wiederkäuenden Stiere herabneigt, ihn zart und schmeichelnd zum Aufsteigen zu vermögen. Wehe dir, wenn es dir einfiele, durch einen Stoß oder Tritt die Operation zu beschleunigen; die fanatische Bevölkerung würde dich zerreißen! – Hat deine Geduld dieß überwunden, so betrittst du eine andere Pforte, und eine härtere Prüfung steht ihr bevor. Die Ochsen des Siwa sind verschwunden; aber an ihre Stelle springen und klettern unzählbare Affen, lauter Affenweibchen, dem Gott Hunimauna, jenem Affen heilig, der für Rahmah das Reich des Glaubens durch die Eroberung Ceylons erweiterte. Trotz ihrer Heiligkeit hat dies Völkchen seine diebische und neckende Natur nicht geändert. Sie klettern auf allen Dächern und an allen Fenstern umher, und vor ihren zerzausenden und mausenden Krallen ist nichts sicher. Keinen Augenblick lassen sie dich in Ruhe. Bald langen sie aus verbergendem Schnörkelwerk der Hausverzierungen heraus, dich zu rupfen; bald siehst du sie in alle Obst- und Konfektläden ihre frechen Hände ungestraft strecken, und wenn du was essen magst, so sey gefaßt, daß sie dir den Bissen vom Munde wegreißen. Aber wehe, wenn du sie mit Schlagen [65] abwehren wolltest! Wie anderwärts ist auch hier die Geduld die einzige erlaubte Waffe gegen eine privilegirte Spitzbubengesellschaft, und du kommst am besten davon, wenn du, das Unabwendbare ertragend, gelassen deines Weges ziehst.
Auf die impertinenten Affen folgen in der Reihe der Geduldübungen die Fakir’s, die hinter kleinen Krambuden mit Götzenbildern einen unerträglichen Lärm mit mißtönenden Instrumenten machen, die ganz eigentlich dazu gemacht zu seyn scheinen, die Vorübergehenden zu betäuben. Zwischen den Fakirbuden an beiden Seiten der Gassen sind die Kranken und Krüppel beider Geschlechter gereiht, alle vom ekelhaftesten Aussehen, die Haare wild, den Körper mit Kreide und Kuhmist beschmiert, und in den abscheulichsten, oft obscönsten Stellungen. Ihr pestartiger Gestank umnebelt die Sinne des Vorübergehenden, Schwärme von Bettlern aus allen Sekten umkreisen ihn bei jedem Tritte, und das unaufhörliche Geschrei: Aga Saib, Topi Saib! (Herr! gib Almosen, gib zu essen!) mit dem Jammern und Heulen der Kranken, möchten einen zur Verzweiflung bringen. Auffallend groß ist die Menge der Aussätzigen und jener unglücklichen Fanatiker, welche Jahre lang unbeweglich in einer gewissen Stellung beharren, bis alle Glieder in derselben versteifen. Hier siehst du Menschen mit ausgereckten Armen und geballten Fäusten, denen die Nägel durch die Hand gewachsen sind. Andere halten die Augen fest geschlossen, bis sie zusammen schwären, und noch andere stehen auf Klötzen mit eisernen Stacheln, die ihnen durch die Füße gewachsen sind, und bei der geringsten Bewegung die entsetzlichsten Schmerzen verursachen. Vergebens beginnst du Almosen auszutheilen. Es ist Oel in’s Feuer, ein Tropfen in’s Meer! –
So ist der erste Eindruck, so der Willkommen, der dem Fremden wird, wenn er die heilige Stadt Hindostan’s beschreitet, „diesen Lotos der Welt, die abgeschlossene Stadt der Erde, auf der Spitze des Dreizacks Siwa’s erbaut, den Ort, den Alle segnen und preisen, den Ort, wo es genügt, zu sterben, um selig zu werden, wenn man nur mildthätig gegen die armen Brahminen ist.“ Diese letztere Bedingung liefert den Schlüssel zum tollen Räthsel. Sie ist’s, welche die Zehntausende von geistlichen Bettlern aus allen Theilen Indiens hieher zieht, und jenes Versprechen ewiger Seligkeit erklärt es, daß so viele reiche Leute am Abende ihrer Tage hier zusammenströmen, die der Welt überdrüssig und von ihren Freuden gesättigt sind. Zu ihnen gesellen sich abgesetzte Fürsten, verabschiedete Minister indischer Könige, große Verbrecher, die das Gesetz nicht erreichen kann, Menschen, die Gewissensbisse herführen, um ihre Seele zu reinigen, oder welche die Langeweile, die sie quält, in der Theilnahme an den prunkenden Festen Brahma’s zu erdrosseln gedenken. Unglaublich groß ist die Summe, welche der Reichthum hier durch Almosengeben verschwendet. Sie betragen weit mehr als die gesammten Steuern Hindostan’s.
[66] Die Tempel der Hindus machen, vermöge ihrer mannichfachen und leichten Formen, meistens einen sehr gefälligen Eindruck. Die schönsten und größten stehen an den Ufern des Ganges, und ihre vergoldeten Kuppeln gewähren von der andern Seite des Stromes einen imposanten Anblick. Gemeinlich schließen die Tempelgebäude einen innern Hof ein, einen Aufenthalt von Stieren des Siwa. Diese dreisten Thiere laufen auf jeden Eintretenden zu, um ihre gewöhnliche Gabe von Mais oder Zuckerbrod zu empfangen. Erhalten sie solche nicht sogleich, so schnuppern sie die Taschen aus und erlauben sich wohl auch, mit ihren Hörnern ihre Almosenforderung zu unterstützen. Rund um die Tempelhöfe laufen Kreuzgänge, wie in unsern Klöstern, die angefüllt sind mit Büßenden beiderlei Geschlechtes, alle nackt vom Kopf bis zu den Füßen, und beschmiert über und über mit Kuhmist und Kreide. Sie schreien beständig: Ram! Ram! Ram! in gellenden, monotonen Klagetönen, daß einem die Ohren zerspringen möchten. Alle Tempel haben eine Crypte – ein unterirdisches Gewölbe mit Götzenbildern und Bad, – in welche durch Stollen das Wasser des heiligen Flusses geleitet wird. Hier verrichten die Andächtigen Fußwaschungen. An verschiedenen Stellen in den Pagoden hängen kupferne Schalen, in welche die Opfer niedergelegt werden. Auch Gefäße mit geweihetem Wasser des Ganges sind an den Pforten der Tempelhallen angebracht, und noch viele andere Symbole und Gebräuche leiten durch ihre frappante Aehnlichkeit mit der christlichen auf einen Ursprung der letztern hin, der den Forschern schon längst nicht mehr zweifelhaft war.
Daß an diesem Orte der religiöse Wahnsinn die gräßlichsten seiner Mysterien feiere, ist erklärlich. Das Selbst-Verbrennen der Weiber nach dem Tode ihrer Männer ist hier häufiger als irgendwo, und erst in den letzten Jahrzehenden hat der in die Massen gedrungene Strahl europäischer Aufklärung die Zahl dieser Selbstopfer etwas gemindert. Merkwürdig, und weit größer noch ist die Anzahl derer, die sich hier ertränken und keine Stelle des Stromes ist in dieser Beziehung berüchtigter, als die durch unser Bild bezeichnete. Große Schaaren von Pilgern, oft aus den entlegensten, Hunderte von Meilen entfernten Provinzen, kommen alljährlich einzig zu dem Zweck hierher, um ihrem Leben in den Fluthen ein Ziel zu setzen und ihre Seele dadurch zu retten. Die Ertränkungsweise ist eine ganz eigenthümliche und folgende. – Zwei am Boden durchlöcherte Thongefäße (sogenannte Ketschri-Vasen), werden unter jedem Arm befestigt. Also gerüstet, stürzt sich das Opfer in den Strom an einer sehr tiefen Stelle und von den hohlen Gefäßen getragen, läßt es sich treiben. Es stimmt eine Hymne an, bis nach und nach die Töpfe sich füllen und der fromme Sänger in den Fluthen auf immer verschwindet. Die brittische Regierung hat vergeblich alle Mittel der Aufklärung erschöpft, um diese furchtbar-zahlreichen Selbstmorde zu verhindern; aber Alles, was sie bis jetzt erzweckt hat, ist, daß die Ersäufungen nicht mehr bei Tage, sondern in der Nacht, oder in einiger Entfernung von der Stadt, an andern zu diesem Zwecke von den Priestern (die legalen Erben aller solcher Fanatiker!) geweihten Stromstellen stattfinden. Was vermögen auch Polizeimaaßregeln gegen den Fanatismus von Menschen, die die Strapatzen [67] einer Reise von hundert Meilen zur Ausführung eines solchen Vorsatzes unternehmen? Nur äußerst langsam kann die Aufklärung das lügnerische und gotteslästerliche Joch zerbrechen, das eine habsüchtige Priesterkaste, voll Heuchelei und List, vom Himmel herabsteigen ließ und das Labyrinth von schauderhaften Irrthümern zerstören, in welchem ein Religionsdespotismus, raffinirter wie alle andern, diese armen Völker verstrickt hält.
Benares enthält auch die Hochschulen der Brahminischen Weisheit, unter denen sich das berühmte Widalaja auszeichnet, die Vorbereitungsanstalt für höhere Priester. Das Lokal ist ein großes, in zwei Höfe abgetheiltes Gebäude, dessen unteren Stock Säulenhallen bilden, die nach den Höfen sich öffnen. Man zählt zweihundert Zöglinge, denen zehn Lehrer vorstehen. Heilige Literatur und Sanscrit, Sternkunde und Sterndeuterei sind die Hauptzweige des Unterrichts. Die alte orthodoxe Lehre vom Brahminischen Weltsystem, von den acht Welten und sieben Ozeanen, ist seit ein paar Jahrhunderten verdrängt worden von der Lehre des Ptolemäus; aber an dieser halten sie fest, und es ist wunderbar zu hören, mit welcher Salbung die Lehrer ihren Zöglingen begreiflich machen, wie die Sonne täglich ihren Weg um die Erde mache und sich durch den Thierkreis bewege. Vergeblich bestrebte sich die englische Regierung, diese veralteten Irrthümer vom indischen Katheder zu entfernen, und des Copernikus Lehre an ihre Stelle zu bringen. Man widersetzte sich ihr, weil sie im Widerstreit sey mit ihren religiösen Meinungen. Aus dem nämlichen Grunde schleuderte einst Rom sein Anathema gegen Galilei und wir dürfen uns über jenes Festhalten der Brahminen an veralteten Irrthümern billigerweise um so weniger wundern, da ja bekanntlich bis auf den heutigen Tag der päbstliche Fluch gegen die Lehre von der Umdrehung der Erde um die Sonne nicht aufgehoben ist.
Benares ist nicht allein die heilige Stadt Hindostans, sondern auch die Hauptstadt der indischen Industrie und ihr reichster Markt. In seinen Bazars sind aufgehäuft die kostbaren Shawls des Nordens, die Diamanten des Südens, die Mousseline aus Decan und den innern Provinzen, die unzähligen Seidenwaaren, die schönsten Wollen- und Baumwollenstoffe des ganzen Orients. Bis hierher strömen die englischen Manufakturwaaren, und jene kostbaren Waffen- und Goldschmiedarbeiten aus Lucknow und Mengyr, die von da nach Bundelkund, Gorruckpar, Nepaul etc. zu Schiff, auf den Adern des Ganges, oder über die Cols des Himalaja nach den Hochebenen Thibets weiter gebracht werden.
Die Bevölkerung beträgt, nach neuester Schätzung, etwa 600,000 Seelen, und diese scheint nicht übertrieben, wenn man die Häuserzahl (12,500), die Höhe und Geräumigkeit derselben und deren notorische Uebervölkerung berücksichtigt. Doch ist das Wohnen, trotz allen Gründen für die Meinung des Gegentheils, nicht ungesund in Benares und von eigentlichen Epedemien hört man selten etwas. In der ganzen Stadt befindet sich nur ein einziger offener Platz und der ist nicht groß und verdient kaum den Namen eines Marktes.
[68] Die Stadt ist in sechzig Quartiere abgetheilt, und jedes derselben hat sein besonderes Thor, das Abends verschlossen wird. Musterhaft und dieß schon lange vor den Zeiten der brittischen Herrschaft ist die Handhabung der Sicherheitspolizei, die einem eigenen, gut disziplinirten Corps Polizeisoldaten und einer achtbaren Bürgergarde anvertraut ist, welche letztere von der Einwohnerschaft frei gewählt wird. Daher kommt es, daß trotz der ungeheuern Bevölkerung, trotz der fortwährenden Anwesenheit von 100 bis 150,000 Fremden, Pilgern, Bettlern und Landstreichern, worunter oft 20000 bewaffnete, raublustige Maratten sich befinden, vergleichsweise nur wenig Morde und gewaltsame Diebstähle vorfallen.
Die englische Regierung unterhält in Benares selbst keine bewaffnete Macht; aber im nahen Sekrole sind stets einige Regimenter stationirt, um im äußersten Nothfall bei der Hand zu seyn. Seit den 40 Jahren ihrer Herrschaft war dieß nur einmal nöthig; damals nämlich, als es galt, die mohamedanische Bevölkerung wegen der Tödtung eines geheiligten Stiers der Siwa, vor Vertilgung zu schirmen.
Nach einer nicht genug zu preisendem weisen Politik der englischen Regierung enthält sich diese aller Einmischung in die religiösen Angelegenheiten der indischen Völker, welche ihrem Zepter gehorchen und auch die selbstständige Ausbildung des Gemeindelebens befördert sie auf alle Weise. Dadurch hat sie dem Haß der Priester den Stachel genommen und sich die Treue und Anhänglichkeit aller Rechtlichen gesichert. Sie hat dadurch ihre Macht in Indien befestigt, ohne das höhere Interesse der Menschheit zu verrathen. Denn indem sie überall Herde aufrichtet, auf welchen die Flamme der Aufklärung lodert, ist sie gewisser, daß sich ihr Licht verbreite zur allmählichen Erhellung des Ganzen, als wenn sie es auf der Spitze des Schwerdts unter die Völker trüge. Ohne Zweifel wird es noch lange dauern, ehe Britannien’s großes Kulturwerk in Indien zur Vollendung kommt; lange Zeit wird es haben, ehe eine gleiche Bewegung der Neu-Gesittung sich durch den ungeheuern und aus so sehr verschiedenen Theilen zusammengesetzten Körper seines Reichs in Asien verbreitet. Aber schon ist der Gährungssaft diesem Riesenkörper reichlich gegeben und im Geschehenen liegen freudige Anzeichen von des Werkes einstigem Gelingen.