Textdaten
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Titel: Bei dem Dampfhammer
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aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 532
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
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Dampfhammer.
Originalzeichnung von Fr. Kallmorgen.


[532] Bei dem Dampfhammer. (Mit Illustration S. 525.) In einem seiner reizvollen technischen Feuilletons schildert M. M. v. Weber eine kennzeichnende Scene aus der Erfindungsgeschichte des Dampfhammers. In der größten Schmiedewerkstätte der Welt, bei dem berühmten John Nasmyth zu Patricroft, war im Jahre 1842 – fast gleichzeitig mit einer ähnlichen Konstruktion, die Bourdon und Schneider in Creuzot erdacht hatten – ein freilich noch sehr primitiver Dampfhammer aufgestellt worden, der Embryo eines Dampfhammers, möchte man fast sagen, denn das ganze Ding bestand nur aus einem alten Dampfcylinder, der mit seinem Kolben einen schweren Eisenblock hob und wieder fallen ließ, wenn man dem wirkenden Dampfe das Entweichen gestattete. Es war das Ganze nicht einmal neu, schon James Watt hatte fast sechs Jahrzehnte früher (1784) ein Patent auf dieselbe Idee genommen, aber es war doch thatsächlich der erste Dampfhammer, der wirklich in Betrieb gesetzt wurde, und machte daher ein gewaltiges Aufsehen in England. Da kamen nun eines schönen Tages die Eigenthümer eines großen Eisenwerks, um sich die Konstruktion in der Nähe anzusehen und auch gleich eine Bestellung auf einen Dampfhammer von gewaltigen Dimensionen aufzugeben. Die Herren waren jedoch tüchtige, wohlerfahrene Fachleute und erkannten schnell, daß die Erfindung noch in den Kinderschuhen steckte; das Schmieden ging vor allem zu langsam, das Heben des Kolbens erforderte zu viel Zeit, die Schläge folgten nicht schnell genug aufeinander, so daß das Schmiedestück nicht während der Weißglühhitze, auf deren Ausnutzung es vor allem ankam, vollendet werden konnte. Sie waren daher im Begriff, mit dem Ausdruck des Bedauerns, daß sie ihre Banknoten nicht in Patricroft lassen konnten, wieder abzureisen, als John Nasmyth ausrief: „Legen Sie Ihr Geld nur für uns bei Seite – wir werden es doch noch und zehnmal mehr dazu von Ihnen erhalten.“

Und in überraschend kurzer Zeit formte sich unter den Händen der geistvollen Ingenieure von Patricroft wirklich die Erfindung zu einem vollendeten Ganzen. Vor allem gelang es Robert Wilson, die automatische Steuerung des Hammers zu finden: im Auf- und Niedersteigen öffnet und schließt der riesige Fallblock sich selbst verschiedene Ventile und regelt dadurch den Zustrom des Dampfes, der ihm seine Bewegung verleiht. Bald kam man auch darauf, dem hochgespannten Dampf, der den Fallblock hebt, oberhalb desselben eine zweite Verwendung zu geben; der Dampf mußte hier wie das Pulver auf ein Geschoß wirken und den massigen Block mit verzehnfachter Gewalt auf das Werkstück zurückschleudern. Kaum fünf Monate nach dem ersten Besuch jener Herren wurde das Wort des Meisters zur Wahrheit: der Dampfhammer war der unentbehrlichste Gehilfe der Eisenindustrie geworden.

Seitdem hat das merkwürdige Werkzeug, das vielleicht eine der eigenartigsten Erfindungen des Jahrhunderts des Dampfes ist, zahlreiche und zum Theil sehr ingeniöse Verbesserungen erfahren, ohne daß es darum die charakteristischen Merkmale, die ihm Nasmyth gegeben, verloren hätte. Unsere Zeichnung giebt ein klares Bild der ganzen Konstruktion: ein mächtiges Eisengerüst trägt hoch oben den Dampfcylinder, in welchem der Kolben mit dem gewaltigen Hammerblock, dem „Bär“, sich auf- und niederschiebt; seitwärts auf einer Plattform steht der Schmied, den Griff der „Steuerung“ in der Rechten – so haarscharf vermag er mittelst ihrer nicht nur die Zahl und die Wucht der Schläge, sondern auch die Höhe des Hubes zu bestimmen, daß er eine Nuß aufknacken kann und den Kern nicht zerdrückt. Als Kaiser Wilhelm I. die Kruppschen Werke besuchte, bat man den hohen Herrn, seine Uhr auf den Ambos zu legen: der tausend Centner schwere Block sauste herab und blieb einen Millimeter über dem Uhrglas stehen, ohne dasselbe zu beschädigen.

Ohne den Dampfhammer würde das Schmieden vieler Werkstücke der modernen Industrie ganz unmöglich sein, die gewaltigen Schrauben und Wellen der heutigen Riesendampfer, die großen Panzerplatten, die schweren Gußstahlrohre der Artillerie sind nur durch ihn ausführbar geworden. Während sich die Dimensionen der Dampfhämmer aber auf der einen Seite ins Gigantische gesteigert haben – auf den Eisenwerken in Creuzot befindet sich ein Hammer von 1800 Centnern Bärgewicht und bei Krupp arbeitet ein Hammer von 1000 Centnern Gewicht bei einer Fallhöhe von drei Metern – hat sich neuerdings auch in größeren Schmiedewerkstätten der Dampfhammer, fast möchte man jenen Kolossen gegenüber sagen: en miniature, sein Bürgerrecht verschafft. Der Aufwerfhammer des Amerikaners Bradley vollführt z. B. mit einem kleinen Hammer von 12 bis 100 Kilogramm Gewicht über 200 Schläge in der Minute und eignet sich ganz vorzüglich für den Betrieb in der Werkstätte. So dient auch hier der Dampf seiner großen Kulturmission: der Entlastung der Menschheit von der schweren physischen Arbeit.