BLKÖ:Wildenstein, Ernst Heinrich Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wildensteiner, die
Band: 56 (1888), ab Seite: 150. (Quelle)
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Wildenstein, Ernst Heinrich Graf (Geschichtsforscher und Genealog, geb. in Gratz am 10. Jänner 1708, gest. daselbst am 25. Februar 1768). Von der älteren oder der Kalsdorfer Linie. Ein Sohn des Grafen Franz August, Präsidenten der steirischen Landschaft, aus dessen Ehe mit Maria Theresia Gräfin Tattenbach, genoß er eine sorgfältige Erziehung und hatte den berühmten Sprachforscher J. S. Val. Popowitsch [Bd. XXIII, S. 108], der auch ein Steirer war, durch drei Jahre zum Hauslehrer. Im Alter von 21 Jahren unternahm er die in vornehmen Familien übliche Cavalierstour, mit welcher die bis dahin nach theoretischer Seite durchgeführte Erziehung durch Reisen und Verkehr in fremden Ländern und mit fremden Menschen praktisch vervollständigt und abgeschlossen werden sollte. Nach seiner Rückkehr trat er bei dem steiermärkischen Landrecht in den öffentlichen Dienst und wurde Landrath. [151] Sein Beruf ließ ihm aber genügende Muße, seine Zeit in geschichtlicher und vornehmlich genealogischer Richtung zu verwerthen. So ward er, während er seine Besitzungen selbst verwaltete, ein eifriger Geschichtsforscher, ein emsiger Urkundensammler und war überhaupt ein Freund und Förderer der Wissenschaften. Ein warmer Patriot, verband er mit umfassenden Kenntnissen große Liebenswürdigkeit im Umgange. Der bekannte steirische Geschichtsforscher Chorherr Aquilinus Cäsar [Bd. II, S. 228] aus Vorau bemerkt ausdrücklich, daß er vom Grafen Wildenstein bei Bearbeitung seines Geschichtswerkes „Annales ducatus Styriae“ auf das wirksamste und mit großer Liberalität unterstützt worden sei. Die Ergebnisse der emsigen Nachforschungen des Grafen in der Landes-, Adels- und Personengeschichte der Steiermark befinden sich ungedruckt im Landschaftsarchive zu Gratz. Der Biograph denkwürdiger Steiermärker Johann Baptist von Winklern zählt dieselben namentlich auf, und es sind folgende: „Landessammlungen des Herzogthums Steiermark“, in 20 großen Abschnitten, in welchen sich unter anderen auch eine sehr große Anzahl treuer Copien von den im Lande gefundenen Denksteinen befindet; – „Collectanea chronologico-historica des alt- und neuen Steiermarks“, eine Chronologie sowohl geistlicher als weltlicher die Steiermark betreffenden Begebenheiten nebst einer synchronistischen Darstellung anderer Merkwürdigkeiten; – „Tabellarbuch des alten Adels der Steiermark mit 108 Stammbäumen“; – „Neuere Ahnentafel verschiedener noch lebender Geschlechter“, an die Ahnenbücher des steiermärkischen Archivs sich anschließend und über die Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts reichend; – „Studium Numismaticum“; – „Studium Diplomaticum“; – „Studium Montanologicum“; „Studium Curiosorum“; – „Beschreibung seiner Reise“; – „Zweiunddreißig zufällige Dichtgedanken in einsamen Stunden verfaßt“; – „Vermischte Gedanken in italienischer, deutscher und lateinischer Sprache“; – „Deutsche Uebersetzung der italienischen Singspiele des Pietro Metastasio“; – „Deutsche Uebersetzung aus dem Französischen des „„Belisar““ von Marmontel“; – „Uebersetzung aus dem Französischen der Trauerspiele von Racine in deutschen Versen“ und „Deutsche Uebersetzung in Versen der Metamorphosen von Ovidius“. Auch der Geschichte seiner eigenen Familie stand er nicht theilnamslos und gleichgiltig gegenüber, und im genannten Archiv befinden sich von seiner Hand nicht nur eine Sammlung Collectanea diplomatico-geneaiogico-historica des Hauses der Reichsgrafen von und zu Wildenstein und ein genealogischer Stammbaum des Geschlechtes, sondern auch Nachweisungen verschiedener aus den von Wildenstein entstandenen anderen Familien. Der Graf war Mitglied der gelehrten Akademie von Roveredo und der damals bestandenen Ackerbaugesellschaft von Steiermark. Am 4. October 1740 vermälte er sich mit Maria Theresia Gräfin Thurn-Valsassina (gest. 20. Juli 1763), aus welcher Ehe mehrere Kinder entsprossen sind. Der eine Sohn, Franz Joseph, hinterließ aus seiner Ehe mit Christine Gräfin Lengheim keine Kinder, und dessen jüngerer Bruder Ernst Ignaz trat in das Benedictinerstift Admont, in welchem er den Klosternamen Siegmund annahm und Hofmeister im Stifte wurde, wo er am 16. Mai 1814 starb, worauf [152] mit ihm die ältere (oder Kalsdorfer) Linie der Grafen von Wildenstein in Steiermark erlosch.

Winklern (Joh. Bapt. von). Biographische und literarische Nachrichten von den Schriftstellern u. s. w.. welche in dem Herzogthum Steiermark geboren sind….. (Gratz 1810, Franz Ferstl, kl. 8°.) S. 256. – Steiermärkische Zeitschrift. Redigirt von Dr. G. F. Schreiner, Dr. Albert von Muchar, C. G. Ritter von Leitner, A. Schrötter (Gratz, 8°.) Neue Folge, VI. Jahrg. (1841), Heft 2, Seite 67. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien, 8°.) Bd. VI, S. 150.