BLKÖ:Volta, Alexander Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vols, Ernst
Band: 51 (1885), ab Seite: 280. (Quelle)
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Volta, Alexander Graf (Naturforscher und Director der philosophischen [281] Facultät an der Hochschule in Pavia, geb. zu Como am 18. Februar 1745, gest. daselbst am 5. März 1827). Als Sproß eines angesehenen Geschlechtes sah er sich durch glückliche Familienverhältnisse begünstigt, seiner von Talenten unterstützten Neigung zu wissenschaftlichen Studien sich hinzugeben. Frühreif den strengsten Speculationen der Philosophie gewachsen, huldigte er doch bei seiner Empfänglichkeit für das Schöne auch in Jünglingsjahren bereits der Poesie, und wenn er in letzterer Richtung das eigentliche Genügen gefunden hätte, so würde vielleicht Italien statt eines Naturforschers an ihm einen Poeten von nicht gewöhnlicher Bedeutung gewonnen haben. Ein lateinisches Gedicht über die „Physik“, welches er in jener Zeit schrieb, bewies das Uebergewicht der speculirenden Vernunft über die Einbildungskraft, und mit dem ganzen Feuereifer seines Genius wandte er sich, so jung er übrigens auch war, dem Studium der Naturwissenschaften zu und nahm durch zwei Abhandlungen, welche er 1769 und 1771 durch den Druck veröffentlichte, seinen Platz ein unter den Stimmführern der Naturwissenschaft, den er auch zeitlebens behauptete. Der Titel der ersteren Schrift lautet: „De vi attractiva ignis electrici ac phaenomenis inde pendentibus“, welche als briefliche an J. B. Beccaria gerichtete Dissertation im Druck erschien; der Titel der zweiten aber ist: „Novus ac simplicissimus electricorum tentaminum apparatus seu de corporibus hetero-electribus quae fiunt idio-electrica, experimenta atque observationes“. 1774 wurde Volta zum Professor der Naturwissenschaften am Gymnasium seiner Vaterstadt Como erwählt. In dieser Stellung gab er seine „Proposizioni di Aerologia che nel B. Ginnasio dimostrò publicamente il signor D. Giuseppe Tossi sotta la direzione del Signor D. Alessandro Volta etc.“ (Como 1776, 8°.) heraus. Als er 1779 an die Universität zu Pavia berufen wurde, boten sich seinem Scharfsinne, seiner Beobachtungsgabe und wissenschaftlichen Ausdauer die günstigsten Gelegenheiten dar, auf bisher neuen unbetretenen Wegen sich Anerkennung und in der Wissenschaft einen rühmlichen Namen zu verschaffen. Zu jener Zeit war die Elektricität ein Lieblingsgegenstand der Forschung, und auch Volta gab sich ihr hin. Bei Wiederholung der schon bekannten Versuche fühlte er bald, daß es an einem Werkzeuge mangele, welches die elektrischen Kräfte mäße und dem Naturbeobachter einen Maßstab für ihre Wirkungen gäbe. Diesem Gefühle des Bedürfnisses ließ er auch in Kurzem die Abhilfe folgen. Das Elektrophor und das Elektroskop, welche Instrumente heute noch den Namen ihres Erfinders tragen, waren der Gewinn seiner Bemühungen. Vermöge dieser von ihm erfundenen Hilfsmittel stellte er die Theorie der Elektricität auf festere Grundlagen, indem er mit dem Elektrophor die Wirkungen der wechselvollen Einflüsse elektrischer Atmosphäre erwies und die stetige Elektricität von der zufälligen des Druckes unterscheiden lehrte. Durch seinen Freund P. Campi über einige Blasen mit brennbarer Luft, die sich auf einem Sumpfe erzeugt hatten, in Kenntniß gesetzt, richtete er seine Aufmerksamkeit auf diese eigenthümliche Erscheinung, und alle die merkwürdigen Entdeckungen über die Natur und Mischung der Gasarten waren der Erfolg seiner diesbezüglichen Forschungen. Sie sind zusammengefaßt in der Schrift: [282] „Sull’aria inflammabile nativa delle paludi. Sette lettere al P. Campi“ (Milano 1777, 8°.), von welcher schon im folgenden Jahre zu Straßburg eine französische Übersetzung erschien. Von diesen Versuchen in seiner Studirstube ging er zur Betrachtung der großen Erscheinungen der Atmosphäre über, beobachtete die Entstehung des Hagels, überraschte so zu sagen die Natur, indem er die elektrische Ballung der Regentropfen im Augenblicke der sich lösenden Wolken nachwies. Ebenso erkannte er im Hydrogengas, welches in den höchsten Luftschichten elektrische Funken entzündet, zuerst den Ursprung der Irrlichter und Sternschnuppen. Dann die Erscheinungen aneinanderreihend, die jedem Anderen durchaus fremdartig erscheinen mochten, erinnerte er zur Bestätigung seiner Deutung an die berühmten Flammen von Velleja und Pietramala, die er in einer sehr genauen Beschreibung bekannt machte. Wir müssen es uns hier, da wir doch kein Lexikon von Naturforschern schreiben, versagen, die wissenschaftlichen Arbeiten und Untersuchungen Volta’s, wie er sie nach und nach durch die Presse veröffentlichte, und wie sie dann die Runde in der gelehrten Welt machten, Schritt für Schritt zu verfolgen, und wir dürften dies wohl mit um so größerer Ruhe thun, als wir die Fachmänner auf eine gediegene Vorarbeit verweisen können, nämlich auf J. C. Poggendorff’s „Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften“ (Leipzig 1873, J. Amb. Barth, gr. 8°.), in dessen zweitem Bande Sp. 1230–1233 eine chronologische Uebersicht sämmtlicher Entdeckungen und der darüber veröffentlichten Arbeiten Volta’s mitgetheilt ist. Wir können also im Folgenden in einem mehr übersichtlichen Rundblick Volta’s Wirken und Entdeckungen skizziren. Galvani’s interessante Versuche richteten die Blicke der Forscher auf eine neue und ganz unerwartete Naturerscheinung, aber man kann nicht sagen, daß, wie die Dinge damals lagen, seine Entdeckungen eben geeignet waren, die bestehenden elektrischen Systeme klarer erscheinen zu lassen. Es will uns fast bedünken, daß mit denselben eine neue Verwirrung begann. Einzelne Naturforscher suchten sich aus dem Wirrwarr einfach dadurch herauszuhelfen, daß sie ein neues Fluidum annahmen, dem sie in Ermanglung einer zutreffenden Erklärung die sonderbaren Bewegungen von Froschmuskeln zuschrieben, die man mit mehreren Metallen in Berührung brachte. Dem Scharfsinne Volta’s war es nun vorbehalten, durch eine bewunderungswürdige Kette von Beobachtungen und Schlüssen darzuthun: daß der galvanische Frosch nichts weiter sei, als ein thierisches Elektroskop von vorzüglicher Empfindlichkeit, und daß er vor Allem sich dazu eigne, das kleine Uebergewicht von elektrischem Stoffe darzulegen, welches durch jene Berührung hervorgebracht werde. Dann von einer Entdeckung zur anderen fortschreitend – wir gewahren bei Edison eine ähnliche Erscheinung – kam er auf den glücklichen Gedanken, durch Vermehrung der Massen der verschiedenen Metalle die Erfolge zu vermehren und so erschuf er in der nach ihm benannten Säule jenes bewunderungswürdige Werkzeug, welches ein Haupthilfsmittel für die ausgezeichneten Entdeckungen wurde, die man später in der Chemie machte und noch heute macht. Dem Geschichtschreiber der Naturwissenschaften muß es vorbehalten bleiben, die Zeitpunkte der großen [283] Entdeckungen Volta’s genau anzugeben. Poggendorff in dem oben angeführten Werke bildet dafür einen sicheren Wegweiser. Ein weiteres Hilfsmittel dafür mag die „Collezione dell’opere del Cav. Conte A. Volta“ sein, welche V. Antinori zu Florenz in drei Bänden mit fünf Theilen (1816) herausgab. Jedoch ist dieselbe lange nicht vollständig, da sie manche Abhandlungen unseres Physikers nicht enthält. Indem wir nun zum äußeren Lebensgange des großen Naturforschers zurückkehren, berichten wir, daß Volta im Jahre 1777 mit seinem Mitbürger Giambattista Giovio eine Reise nach der Schweiz und Savoyen unternahm, auf welcher er bei Haller und Voltaire bewundernde Aufnahme fand; 1782 machte er in Scarpa’s [Bd. XXIX, S. 15] Gesellschaft eine Reise durch Deutschland, Holland, England und Frankreich, wo ihm überall eine seinen Kenntnissen und Verdiensten entsprechende glänzende Aufnahme zutheil wurde. Bekannt ist der ehrenvolle Empfang, welchen er und sein College Scarpa von Seite des Kaisers Joseph, dieses Schätzers nicht blos der Menschheit, sondern auch der wahren Wissenschaft, fanden. Als Volta 1794 zu London einen Vortrag über den Condensator gehalten hatte, ließ die königliche Gesellschaft der Wissenschaften ihm zu Ehren eine goldene Denkmünze prägen, welche wohl nur in diesem einzigen Exemplar vorhanden sein dürfte, da sie in den reichsten Münz- und Medaillensammlungen nicht vorkommt. Eine noch größere Auszeichnung wurde ihm in Paris zutheil, das er 1801 besuchte. Im Nationalinstitute, welchem Bonaparte, damals noch erster Consul, als Präsident vorsaß, wiederholte er jene Versuche und Schlüsse, die ihn auf die Entdeckung der nach ihm benannten galvanischen Säule geführt hatten. Allgemeine Bewunderung ward ihm gezollt, das französische Institut erwählte ihn zu seinem Mitgliede und ließ zwei Medaillen ihm zu Ehren prägen, der erste Consul aber übersandte ihm ein Geschenk von 6000 Francs. Ein Basrelief im Saale des Lyceums zu Como verewigt diesen Triumph Volta’s, der ja auch ein Triumph der Wissenschaft ist. Der Auftrag, die Universität zu Pavia bei der Wahlversammlung von Lyon zu vertreten, die Würde eines Senators, der Grafentitel, die Mitgliedschaft der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in London, Orden und Pensionen folgten in kurzen Zeiträumen. Müde der Geschäfte, legte er bei zunehmendem Alter 1804 seine Aemter nieder und lebte auf seinem Landgute zu Como in strenger Verborgenheit. Als dann in Folge der Schlußacte des Wiener Congresses (9. Juni 1815) die Lombardei an Oesterreich zurückkam, zog Kaiser Franz den großen Gelehrten aus der selbstgewählten Abgeschiedenheit hervor und ernannte ihn noch im nämlichen Jahre zum Director der philosophischen Facultät an der Universität zu Pavia. In dieser Eigenschaft wirkte Volta noch mehrere Jahre in rühmlicher Weise. Einen an ihn gelangten glänzenden Ruf nach St. Petersburg lehnte er ab. In seinen letzten Tagen zog er sich nach seinem Geburtsorte Como zurück und starb daselbst hochbetagt nach nur zweitägiger Krankheit im Alter von 82 Jahren. 1832 ließ ihm seine Vaterstadt eine kolossale Bildsäule errichten, nachdem sie schon früher seine Büste im Lyceum an der Seite anderer berühmter Mitbürger hatte aufstellen und eine Denkmünze auf ihn prägen lassen. Am 15. August 1838 aber wurde in Mailand ein ihm erbautes Denkmal im [284] Beisein einer großen Menschenmenge feierlich eingeweiht. Indem wir in Kürze Volta’s Erfindungen zusammenfassen, ergeben sich außer der galvanischen Säule, dem beständigen Elektrophor und dem Elektroskop noch das elektrische Pistol, das Eudiometer, die Lampe mit entzündlicher Luft, der Condensator und der Becherapparat. Seit 1794 war Volta mit Therese von Peregrini vermält, welche ihm drei Söhne gebar, von denen ihn nur zwei überlebten, während ihm der sehr viel versprechende dritte 1814 durch den Tod entrissen wurde. Volta’s Namen aber glänzt als ein Stern ersten Ranges am Horizont der menschlichen Wissenschaft.

Seebeck (August). Gedächtnisrede auf A. Volta (Dresden und Leipzig 1846, 8°.). – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber) 10. März 1877, Nr. 1758: „Zum 50jährigen Todestag zweier Koryphäen der Wissenschaft“ (5. März). Pierre Simon Laplace und Alessandro Graf Volta. – Mnemosyne (Lemberger Unterhaltungsblatt, 4°.) 1836, Nr. 137. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 583. – Oesterreichischer Zuschauer. Herausgegeben von Ebersberg (Wien, 8°.) 1838, Bd. I, S. 212. – Schläger (Frz. G. F.). Gemeinnützige Blätter. Eine Zeitschrift zur Belehrung und Unterhaltung (Hameln [Hannover, Helwing] 4°.) Jahr 1828, Jänner, Nr. 4. – Spiegel (Preßburger Journal) 1831, Nr. 97. – Wanderer (Wiener polit. Parteiblatt, 4°.) 1823, Nr. 2. – Westermann’s Monatshefte, 1868 Nr. 141, Bd. XXIV, S. 326. – Mocchetti (Francesco). Elogio de Conte A. Volta (Como 1833, 8°.). – Zuccala (Giovanni). Elogio storico di A. Volta (Bergamo 1827, 8°.). – Rovani (Giuseppe). Storia delle lettere e delle arti in Italia giusta le reciproche loro corrispondenze (Milano 1857, Franc. Sanvito, schm. 4°.) tomo III, p. 321–325 [mit den irrigen Angaben des Geburtsjahres 1743 und des Todesdatums 6. März 1826 statt 5. März 1827]. – Arago (Domin. Franç.). Éloge d’A. Volta (Paris 1834, 8°.) ins Italienische übersetzt von Giovanni Battista Menini (Como 1835, 16°.).
Porträte. 1) Unterschrift: „Alessandro Volta“. Geoffroy (sc.) 4°. – 2) G. Garavaglia del. et sc. (Fol.). – 3) Holzschnitt in Westermann’s Monatsheften. Bd. XXIV, S. 329.