BLKÖ:Vogelsang, Ludwig Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 51 (1885), ab Seite: 204. (Quelle)
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Vogelsang, Ludwig Freiherr (k. k. Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Brüssel am 12. December 1748, gest. in der Festung Josephstadt in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1822). Ein Sohn des Luxemburger Festungscommandanten Christian von Vogelsang [siehe den Vorigen], erhielt er seine erste Ausbildung in der Theresianischen Ritterakademie. Aus derselben trat er als Officier in das Infanterie-Regiment Clerfayt Nr. 9, in welchem er gleich zu Beginn seiner Dienstzeit sich so hervorthat, daß ihm die Kaiserin Maria Theresia eigenhändig eine Dose mit ihrem reich in Diamanten gefaßten Bildnisse verehrte. Als dann der Krieg gegen die sogenannten niederländischen Patrioten begann, zeichnete sich Vogelsang als Major in den Gefechten von Nassogne (1. Jänner), Ichyppe (18. Mai), Hogne (23. Mai), Bellemaison und Coutisse und dann bei Eroberung der feindlichen Batterie und des Lagers zu Andenne [205] am 31. August 1790 aus. Bei diesem Lager überfiel er als Stabsofficier an der Spitze seines Bataillons den feindlichen linken Flügel und trug durch seine Tapferkeit und seine umsichtigen Dispositionen zur vollständigen Niederlage des Gegners bei. In Anerkennung dafür erhielt er in der 23. Promotion am 19. December 1790 das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens. Er wurde nun zum Oberstlieutenant befördert und stand im Armeecorps des Herzogs von Sachsen-Teschen, als die Kämpfe gegen das anarchische Frankreich begannen. Damals griff er mit seinem Regimente (Clerfayt) in Verbindung mit sechs Reiterschwadronen, welche Oberst Pforzheim befehligte, den republicanischen General Dillon auf den Höhen zwischen Gamain und Marquain, über welche sich die Feinde auf der Straße nach Tournay fortbewegen wollten, am 29. April an. Die feindliche Reiterei gerieth alsbald in völlige Verwirrung, warf sich auf ihr Fußvolk und ritt in wilder Flucht bis Lille, wo man aus Schrecken die Thore verschloß und zur Vertheidigung der Stadt und Citadelle sich bereit machte. Dillon selbst fiel auf der Flucht als Opfer seiner zügellosen Soldaten. Vogelsang, der bei allen Gelegenheiten den Feind auf das hartnäckigste beunruhigte, war seines Brigadiers, des Generals Grafen Happoncourt, wichtigste Stütze. Das Corps, zu welchem er gehörte, bewegte sich gegen Ende Mai auf Ramecroix bei Tournay, wo er sich in dem daselbst stattgefundenen Scharmützel (29. April 1792) neuerdings auszeichnete. Im folgenden Jahre trug er zur Eroberung von Marchiennes (30. October 1793) wesentlich bei. Er griff diese Stadt von Saint Amand aus an. Die feindlichen Vorposten wurden überrascht und zum Theile niedergemacht. Mit den Flüchtenden drangen die Unseren gleichzeitig in die Stadt, wo sich der Feind noch längere Zeit vertheidigte, endlich aber doch die Waffen strecken mußte. Im Feldzuge 1795 wirkte das Regiment Clerfayt bei der Erstürmung der Linien Pichegru’s an der Pfriem zwischen dem Donnersberge und Worms, um die gänzliche Einschließung Mannheims zu ermöglichen, unter des Obersten Vogelsang Führung in der ausgezeichnetsten Weise mit. Sämmtliche Stellungen des Feindes an der Pfriem wurden mit dem Bajonnete genommen, und Pichegru sah sich genöthigt, mit starken Verlusten hinter die Eisbach und von da zwischen Neustadt und Türkheim sich zurückzuziehen. Als Sieger zogen die Oesterreicher in Worms ein. In der Schlacht bei Würzburg (3. September) stürmte Vogelsang im Auftrage des Erzherzogs Karl mit einer Grenadier-Brigade und einiger leichter Infanterie den Gramschatzer Wald und warf den sich aufs äußerste vertheidigenden Feind aus demselben, was den siegreichen Ausgang der Schlacht zur Folge hatte. 1799, erst 41 Jahre alt, war Vogelsang bereits Feldmarschall-Lieutenant und machte als solcher den italienischen Feldzug mit unter Oberbefehl des Feldzeugmeisters Baron Kray. Bei dem Angriffe auf Novi, am 6. November 1799, führte er die mittlere Angriffscolonne, welche aus drei Schwadronen Buffy, zwei Schwadronen Erdődy und drei Bataillons Toscana bestand. Als letztere bei dem zu raschen Vorrücken sich lockerten, stürmte der feindliche General St. Cyr gegen sie mit gefälltem Bajonnete vor und durchbrach ihre Mitte. Aber sofort sammelte Vogelsang die durchbrochenen Bataillons und hielt den Feind von jeder weiteren Verfolgung [206] derselben ab. Im nächsten Jahre befand er sich bei dem von Feldmarschall-Lieutenant Ott befehligten Bloquadecorps vor Genua. Auch da that er sich hervor, und zwar bei der Einnahme des Dorfes Rivarolo di Sotto und bei mehreren anderen während der Belagerung stattgefundenen Unternehmungen. Die Festung aber wurde nicht im Sturme, sondern, um Truppen zu schonen, durch Hunger genommen, sie capitulirte am 4. Juni. Als dann am folgenden Tage die Division Vogelsang in Eilmärschen nach Piacenza vorrückte, beschloß Buonaparte, der Vereinigung der österreichischen Armee zuvorzukommen und das Ott’sche Armeecorps anzugreifen. Vogelsang stand mit dem ersten Treffen in Casteggio, als er den Vormarsch des Feindes wahrnahm. Obwohl er nun erkannte, daß Ott mit seinem Corps zum Rückzuge vor dem weit überlegenen Gegner gezwungen sei, schlug er doch auf den Höhen von Casteggio erst fünf nacheinander folgende Angriffe der französischen Division Chamberlhac zurück, ehe er seinen Rückzug in der Richtung gegen Montebello antrat. In der Schlacht bei Marengo (14. Juni 1800) befehligte er das zweite Treffen der linken unter Ott’s Befehl stehenden Colonne und stürmte mit dem Regimente Stuart das kurz zuvor von den Franzosen genommene Castell Ceriolo. Thatsächlich war auch da, wie auf den anderen Punkten des Schlachtfeldes, der Sieg zu Gunsten Oesterreichs entschieden; erst das Eintreffen des französischen Generals Desaix auf der Wahlstatt änderte die Sachlage. Nach dem Luneviller Frieden (9. Februar 1801) kam Vogelsang als Divisionär nach Hermannstadt in Siebenbürgen. Von da wurde er im Kriege des Jahres 1805 zur Armee in Italien berufen. Dort focht er am 30. October mit seiner Division in der Schlacht bei Caldiero, in welcher sein ausgezeichnetes Verhalten die Anerkennung des en Chef commandirenden Erzherzogs Karl fand. Der Sieg, um den beide Theile in höchster Anstrengung rangen, blieb noch immer unentschieden, als er aber den Fahnen Frankreichs sich zuzuneigen schien, da rückte die zweite Brigade der Vogelsang’schen Grenadier-Division, von dem Fürsten Hohenlohe-Bartenstein geführt, mit klingendem Spiele auf das Schlachtfeld, und dieser letzte Angriff unserer Grenadiere brachte uns den Sieg. Masséna räumte im raschesten Rückzug das Schlachtfeld. Vogelsang aber, dem noch auf demselben der Höchstcommandirende für die tapfere Führung der Truppen seinen Dank persönlich ausgesprochen, erhielt in Würdigung seiner Verdienste die eben erledigte Inhaberstelle des Franz Graf Kinsky-Infanterie-Regiments Nr. 47. Bei dem in Folge der Vorfälle in Deutschland nöthig gewordenen Rückzuge des österreichischen Heeres in Italien ward ihm der Auftrag, die Stadt Vicenza eine Zeit lang gegen den Feind zu behaupten. Nur vier Grenadierbataillons, zwei Schwadronen Huszaren und acht Geschütze blieben ihm zur Verfügung. Und in ritterlichster Weise löste er seine Aufgabe. Die Aufforderung des Generals Salignac, die Stadt binnen einer halben Stunde zu räumen, widrigenfalls Marschall Masséna die Stadt stürme, in Brand stecke und die Besatzung über die Klinge springen lasse, erwiderte er in angemessener Weise: „die Stadt werde bis auf den letzten Mann vertheidigt werden“. Nun eröffnete – um 5 Uhr Nachmittags – Masséna eine fürchterliche Kanonade. Aber auch die Unseren [207] blieben nicht unthätig. Theils unser Geschütz, theils Elementarereignisse, nämlich Wasserflut und Brand, bewirkten, daß die Feinde alle weiteren Versuche, die Stadt zu nehmen, aufgaben, und die Einbarkirung der für Venedig bestimmten Verstärkungen – sieben Infanterie-, fünf Grenadier-Bataillons und zwei Escadrons – war ermöglicht. Nach eingetretenem Frieden kam Vogelsang als Divisionär nach Böhmen. Im Feldzuge 1809 befehligte er bis zur Ankunft des Generals Grafen Bellegarde das erste Armeecorps. In der Schlacht bei Aspern gab er neuerdings solche Beweise seines oft erprobten Muthes und seiner Kaltblütigkeit, daß er außer seinem Range zum Feldzeugmeister ernannt wurde. Gleichzeitig in Ruhestand versetzt, sah er sich doch bald auf einen seiner Würde und seinen Jahren angemessenen Posten erhoben, denn es erfolgte seine Ernennung zum Festungscommandanten von Josephstadt. Als 1813 Böhmens Grenzen abermals vom Feinde bedroht wurden, erhielt er den Gouverneurtitel. Am 1. Mai 1817 beging er sein fünfzigjähriges Dienstjubelfest. Nach einem Lustrum entschlief er ohne vorhergegangene Krankheit im Alter von 84 Jahren. Drei Söhne waren vor ihm gestorben. Ein Enkel nur überlebte ihn. Vogelsang’s damals in Neapel stationirtes Regiment beging, um dem Todten Beweise der hohen Verehrung, die es ihm zollte, zu geben, ein großes Trauerfest, an dem sich Neapels ganze Besatzung und die ansehnlichsten Bewohner der Stadt betheiligten. Der aus diesem Anlässe aufgestellte imposante Katafalk mußte, um die Schaulust der Menge zu befriedigen, mehrere Tage stehen bleiben. Vogelsang’s Tochter Josephine vermälten Perin von Gradenstein geschah schon in diesem Lexikon im 22. Bande, S. 18 unter Perin nähere Erwähnung.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. VI, S. 614. – Hirtenfeld (J.). Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 8°.) Bd. I, S. 321 und 1734. – Thürheim (Andreas Graf). Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der k. k. österreichischen Armee (Wien und Teschen 1880, K. Prochaska, gr. 8°.) Bd. II, S. 44, Jahr 1789; S. 48, Jahr 1790; S. 49, Jahr 1793.
Porträt. Unterschrift: „Lud. Freyherr v. Vogelsang, | k. k. General-Feldzeugmeister“ (8°.). F. Schier del. A. Machek gedr.