BLKÖ:Thurwieser, Peter Karl
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 45 (1882), ab Seite: 126. (Quelle) | |||
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[127] geborene Pertl schickten ihren schwächlichen, weder zum Landmanne, noch zum Handwerker sich eignenden Sohn auf die Schule in Hall (damals bayrisch). Trefflich herangebildet, bezog derselbe die Hochschule Innsbruck und aus freier Wahl sich für das Studium der Theologie entscheidend, trat er 1810 in das Priesterhaus zu Salzburg, wo sich bald sein homiletisches Talent bemerkbar machte. Uebrigens zog ihn unter allen Fächern der Theologie vornehmlich das Studium der semitischen Sprachen an, dem er auch mit allem Eifer sich hingab. Am 19. September 1812 zum Priester geweiht, übernahm er zunächst die Katechetenstelle in der Schule der Salzburger Vorstadt Mülln. Am 25. August 1813 wurde er Hilfspriester in dem eine Stunde von Salzburg gelegenen Bergheim, von wo er im Mai 1816 als Coadjutor nach Siezenheim[WS 1] kam. Von da am 29. März 1820 als Professor des Bibelstudiums alten Testaments und der orientalischen Sprachen nach Salzburg berufen, wirkte er daselbst 43 Jahre in seinem Lehrberufe. Ueber die oft originelle Weise, in welcher Thurwieser in demselben sich gab, theilt sein vieljähriger College Professor Schöpf in der Biographie des in Rede Stehenden (S. 8 bis 22) ausführliche Nachricht mit. Im Mai 1836, als unser gelehrter Theolog eben das Rectorat des k. k. Lyceums bekleidete, wurde er vom Erzbischofe Friedrich Fürsten zu Schwarzenberg, der ihm sehr wohlwollte und ihn hochschätzte, zum geistlichen Rathe ernannt, und noch im nämlichen Jahre erhielt er die Custosstelle an der Studienkirche. Drei Tage vor seinem 50jährigen Priesterjubiläum, welches er am 23. October 1862 feierte, ward er von Seiner Majestät mit dem Franz Joseph-Orden ausgezeichnet. Im December 1864 in den wohlverdienten Ruhestand versetzt, starb er schon nach einigen Monaten im Alter von 76 Jahren. Im Vorstehenden sind die einfachen Lebensdaten dieses originellen Priesters erschöpft. Aber noch nach anderen Gesichtspunkten verdient Thurwieser eine kurze Schilderung. In mathematischen Wissenschaften, dann aber in den orientalischen und classischen Sprachen war er gründlich bewandert und besaß eine eigenthümliche Meisterschaft in Anfertigung von Chronographiken, deren er, wie Schöpf berichtet, in verschiedenen Sprachen – auch in der arabischen – zu Tausenden verfaßt hat. Meteorologie beschäftigte ihn durch Decennien, und die Freundschaft, die ihn mit dem berühmten Professor Simon Stampfer [Bd. XXXVII, S. 118] seit Jahren verband, trug wesentlich dazu bei, ihn für die Pflege dieser Wissenschaft zu erwärmen. Schon aus dem Jahre 1819 datirt eine genaue Aufschreibung der Witterungsverhältnisse in Salzburg von Thurwieser. Die Resultate seiner täglichen Beobachtungen veröffentlichte er von Zeit zu Zeit in der „Salzburger Zeitung“, wobei er gewöhnlich jedes Jahr mit einem Chronographicum einzuleiten pflegte. Dies that er von 1822 bis 1862, und als sein Tod in Salzburg bekannt wurde, hieß es allgemein: „der Wetterprophet ist gestorben“. Den eigentlichen Ruhm erlangte er aber als Bergsteiger, als welcher er seine Thätigkeit in einer Zeit entfaltete, in der noch nicht Alpen- und Touristen-Vereine bestanden, welche Alles thun, um die Mühen dieser Excurse auf das Geringste herabzudrücken. Viele seiner Aufstiege machte er in Gesellschaft höchster und hoher Personen, so öfter mit Erzherzog Johann, der ihm seine ganze Huld zuwandte, und mit Cardinal Erzbischof [128] Schwarzenberg. Im Jahre 1820 bestieg er 15mal den Gaisberg, – während seines Lebens 480mal – den Untersberg und den Hohenstaufen je 3mal, den Schafberg, das Sonntaghorn, den Watzmann, die Eiscapelle, und verzeichnete auf allen diesen Punkten barometrische Beobachtungen und Höhenmessungen; 1821 bis 1822 bestieg und maß er den Schlern, die Sarnerscharte, das Kellerjoch, den Hundskehl, den Naßfeldtauern, den Hochgöll, den Lattenberg, Roßkopf, Schmittenkopf, Patscherkofel[WS 2], Frauhütte, das Rheinthalhorn und Ankogel (10.038 Fuß); 1823 3mal die Quelle des Schwarzenbachs oberhalb des Gollinger Wasserfalls und das Kuchlerloch; das Sonnwendjoch, auf dem er ein Kreuz errichtete, den Spitzstein, das Grenzhorn, den Watzmann und den *Hochpfeiler auf dem Tännengebirge; 1824 den *Jenner am Königssee, und den *Glockner gemeinschaftlich mit Professor Stampfer; 1825 den großen Hundstod in Berchtesgaden, das Mitterhorn und Wisbachhorn; 1826 den *Ackerlspitz des wilden Kaisers, den Hochzinken, den *Hohen König und den *Galtenberg bei Alpach; 1827 den Schwarzkogel, Bleikogel, großen Priel; 1828 den *Glockner (zum zweiten Mal) und den großen Hundstod, die Steinbergspitze, das Hinter-Sonnwendjoch und die Brechlspitze; 1830 die ansehnlicheren Berge und Spitzen des Unterinnthals und das Birnhorn; 1831 die verschiedenen Kögel und Spitzen des Pongaues und von Gastein, dann die Berge des Achenthales; 1832 den Hochkalter, die Schönfeldspitze und die anderen Berge im Berchtesgadener Lande; 1833 die Kögel und Hörner des Oetz- und Pusterthales; 1834 den Dachstein, den Ortler; 1835 den Schlenken; 1836 den Seilenberg, den *Fernerkogel, die *Habichtspitze; 1837 den Stoißberg; Schlern, Schafberg, Göll, die Berge des Zillerthals und jene bei Steinach und in Lisens; 1840 die *Ahornspitze im Zillerthale; 1841 das *Hörndl und Feldjöchl; 1842 den Venediger (11.622 Fuß); 1843 verweilend längere Zeit in den durch wilde Naturschönheit hervorragenden Zweigthälern des Zillerthales: die Floite und die Gunkel; 1844 bestieg er den Beimlertauern, die Hundskehle, den Brandberg, Lamsen, den Riß, das Sonnjoch; 1857 den Seekahrspitz und 1858 den Hochfelln und die *Hochplatte in der Gruppe der Chiemseealpen. Ueber viele seiner Ersteigungen veröffentlichte er genauere Beschreibungen. Anonym erschien von ihm: „Trigonometrisch bestimmte Höhenpunkte des Herzogthums Salzburg“ (Salzburg 1844, Duyle); – „Erklärung des Panorama vom Gamskahrkogel bei Gastein“ (ebd. 1844); in der Zeitschrift des Innsbrucker Ferdinandeums veröffentlichte er: „Die Ersteigung und Bemessung der Ahornspitze im Zillerthale (1840)“; – „Die Ersteigung und Messung des Fernerkogels und der Habichtspitze im Jahre 1836“; – „Die Ersteigung der Ortelsspitze im August 1834“, später auch separat (Salzburg 1835, Duyle) und von Fachmännern als Meisterstück touristischer Schilderung bezeichnet; – im Salzburger „Amts- und Intelligenzblatt“ vom Jahre 1834: „Die Ersteigung des Dachsteins“, später auch separat erschienen unter dem Titel: „Auch der Dachstein ist erstiegen“. Seine Beschreibungen jener Bergstiege, welche wir in dieser Skizze mit einem Sterne (*) bezeichnet haben, sind in der in den Quellen genannten Biographie Thurwieser’s von Professor Schöpf enthalten. Nach ihm erhielt die schöne aus dem unteren [129] Trafoiferner aufsteigende Spitze den Namen Thurwieserspitze, wie er denn auch von nun an der „König der norischen Bergsteiger“ hieß. Er stand als Priester und Mensch allgemein in hoher Achtung. Briefe des Cardinals Schwarzenberg, des Erzbischofs Rauscher, des Prälaten Johann von Wiltau an ihn geben diesem Gefühle unverhohlenen Ausdruck. Als Mensch war er seinem ganzen Wesen nach ein Original, gegen Arme im hohen Grade wohlthätig und insbesondere mittellose brave Studenten freigebig unterstützend, für sich selbst von einer ans Dürftige grenzenden Genügsamkeit. Bis zu seinem 60. Lebensjahre trug er weder Mantel noch Regenschirm, seine Kleidung – darunter der Rock von blauem Tuch und der schäbige Hut mit permanentem Edelweißsträußchen – war ärmlich, die Einrichtung seiner Wohnung auf das Nothdürftigste beschränkt; er rauchte nicht, er schnupfte nicht, er genoß die einfachste Kost, seine Lieblingsspeisen aber waren gebackene Zwetschken und hartgesottene Eier, deren er auf nüchternen Magen auch ein Dutzend verzehren konnte. Mit Haspinger [Bd. VIII, S. 34] und Johann Nep. Mayrhofer [Bd. XVII, S. 190] zählte Thurnwieser in unserem Jahrhundert zu den monumentalen Gestalten tirolischer Abkunft.
Thurwieser, Peter Karl (gelehrter Theolog, Meteorolog und Bergsteiger, geb. zu Kramsach in Tirol am 30. Mai 1789, gest. zu Salzburg am 28. Jänner 1865). Die Müllersleute Peter Thurwieser und Anna- Schöpf (J. A. Dr.). Peter Karl Thurwieser. Zum Besten der hierortigen (Salzburger) Section des deutschen Alpenvereins (Salzburg 1871, Zaunrith, 8°., 76 S., mit 3 Vignetten). – Bote für Tirol und Vorarlberg, 1865, Nr. 46 und 52: „Der Bergsteiger Thurwieser“. – Tiroler Stimmen (Innsbruck, 4°.) 1862, Beilage zu Nr. 251 [über Thurwieser’s priesterliches Jubiläum]. – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 148, Abendblatt, in der „Kleinen Chronik“. – Historisch-politische Blätter. Begründet von Görres. Redigirt von Dr. Binder (München, 8°.) 68. Bd. (1871), S. 541 bis 549.