BLKÖ:Thurn-Taxis, Rudolph Hugo Max

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 45 (1882), ab Seite: 91. (Quelle)
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Thurn-Taxis, Rudolph Hugo Max (Publicist und Componist, geb. in Prag am 25. November 1833). Der jüngste Sohn des Fürsten Karl Anselm [s. d. S. 89] aus dessen Ehe mit Maria Isabella geborenen Gräfin Eltz und ein Bruder des Ritters des goldenen Vließes und Generals der Cavallerie Fürsten Emmerich [s. d. S. 84][WS 1]. Der Fürst trieb seine Studien in Prag, wo er auch die Rechte hörte und daraus die Doctorwürde erlangte, bei welcher Gelegenheit seine mittlerweile (1859) verstorbene Mutter eine Stiftung machte. Als Jüngling bereits studirte er mit großem Eifer čechische Sprache und Literatur und schöpfte daraus jene Stimmung, welche ihn bald auf Seite der nationalen Partei stellte und zu deren energischem, anfänglich durch die hohe Stellung seiner Familie einflußreichem, freilich nichts weniger als das Wohl des Gesammtstaates förderndem Führer machte. Die öffentliche Meinung beschuldigte damals den Fürsten, daß sein Vorgang zunächst nur Popularitätshascherei sei und er sich mit Hilfe des harmlosen Landvolkes, welches zu leicht auf einen von hoher Seite hingeworfenen Köder anbeiße, zu einer politischen Bedeutung hinaufschnellen wolle. Ein sichtbares Symptom dieser Popularitätshascherei war es auch, als ihn die Nimburger Vereinssection zu ihrem Präsidenten erwählte, welche völlig ungesetzliche Wahl, da sich diese Vereinssection ohne Wissen des competenten Kreisfilialvereins eigenmächtig constituirt hatte, von Seiner Majestät nicht bestätigt wurde, wie auch die Jungbunzlauer Landwirthe in Sacken des Fürsten Rudolph aus dem kaiserlichen Audienzsaale eine Antwort sich holten, welche ihnen wohl bleibend im Gedächtnisse haften wird. Als ungeachtet der Annullirung der Wahl die Bezirkssection von Nimburg in der am 21. August 1863 gehaltenen Sitzung den Fürsten durch Acclamation aufs neue wählte, hielt derselbe an die Versammlung eine Ansprache, welche dann im Localblatte „Boleslavan“, 1863, Nr. 34, ihrem vollen Inhalte nach abgedruckt, vom kaiserlichen Staatsanwalte aber derart befunden wurde, daß derselbe gegen den Fürsten die Anklage der Auflehnung wider behördliche Anordnungen erhob. Der staatsanwaltliche Antrag, welcher auf einen Monat Arrest für den Fürsten lautete, wurde vom Gerichtshöfe nicht angenommen, im Gegentheile der Fürst von der Anklage losgesprochen. Noch ward dieser wegen Aeußerungen, welche er 1863 im „Boleslavan“ gethan und welche man als Ausfälle gegen Palacký und Rieger ansah, in eine Polemik mit dem Blatte „Pozor“ verwickelt, deren Ende in die Erklärung auslief, daß Fürst Rudolph jene Aeußerungen nicht gegen Dr. Franz Palacký Vater, sondern gegen Dr. Johann Palacký gethan habe. Die Erfolge, welche der Fürst mit seinem politischen Auftreten erzielte, waren nichts weniger als ermuthigend und erweckten in ihm den Gedanken, seinem böhmischen Vaterlande den Rücken zu kehren und nach Ungarn zu übersiedeln. Er trug sich auch thatsächlich mit dem Vorhaben, seine böhmischen Besitzungen gegen in Ungarn gelegene, man bezeichnete schon ausdrücklich die Bethmann’schen, einzutauschen. [92] Wenn er auch diesen Gedanken nicht sofort verwirklichte, so trat doch ein anderes Symptom, welches seiner tiefen Verstimmung über seine politischen Mißerfolge Ausdruck lieh, zu Tage. Der Fürst gab nämlich in einem „Eingesendet“, welches in der „Bohemia“ im Juli 1864 erschien, die Erklärung ab, „daß er nach reiflicher Ueberlegung aller Verhältnisse von jeder politischen Thätigkeit sich fernhalte, was er allen seinen politischen Gegnern und Freunden zu wissen mache“. In der Zeit seiner politischen Wirksamkeit war er auch publicistisch thätig gewesen und hatte in der čechischen rechtswissenschaftlichen Zeitschrift „Pravnik“ juridische, politische und nationalökonomische Artikel veröffentlicht. Als er dann vom öffentlichen Leben zurücktrat und sich der Bewirthschaftung seiner Güter Nimeřic, Cetna, Skalska und Vruhic widmete und eine Zuckerfabrik zu bauen begann, beschränkte er sich politischerseits nur noch auf die materielle Unterstützung des politisch-demokratischen Blattes „Boleslavan“, das in Jungbunzlau erschien, aber bald eine Haltung einnahm, daß sein Weitererscheinen behördlich unterdrückt wurde. Später aber scheint doch der Fürst seine Absicht, dem undankbaren Vaterlande den Rücken zu kehren, verwirklicht zu haben, denn eine Wiener Correspondenz der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ vom 28. Juni 1881 berichtet (Nr. 181), daß Fürst Rudolph in Ostrumelien die Stelle eines Procurators bekleide. Neben der politischen Thätigkeit des Fürsten sei noch einer friedlicheren, nämlich der musicalischen gedacht, in welcher derselbe glücklichere Erfolge zu verzeichnen hat. Ein Musikfreund und selbst Musik ausübend, war er der Hauptgründer des čechischen Musikvereins „Hlahol“, d. i. Der Schall, dessen erster Präsident er wurde, und aus welchem sich die zahlreichen Musikvereine, die Böhmen und Mähren zur Zeit besitzt, allmälig gebildet haben. Auch als Componist war der Fürst thätig, und eine von ihm componirte Polka Mazur, betitelt „Rozmarna“, d. i. Die Launenhafte, welche im Jänner 1864 in einer Musikprobe der „Narodný beseda“ in Prag zur Aufführung kam und bei Hofmann daselbst gedruckt wurde, fand beifällige Aufnahme. Fürst Rudolph, Demokrat seiner politischen Farbe nach, blieb derselben treu, als er sich am 28. November 1857 mit Jenny geborenen Ständler vermälte. Aus dieser Ehe stammt ein Sohn Namens Johann, dessen Name genannt wurde, als am 27. Juni 1881 bei der Auffahrt der Prager Studenten zu einem Commerse der Burschenschaft „Austria“ der Versuch gemacht wurde, den Prinzen Johann, der die Würde des „Fuchsmajors“ der „Austria“ bekleidete, zu insultiren und ihm die Mütze vom Kopfe zu reißen.

Bohemia (Prager polit. und belletr. Zeitschrift) 1863, Nr. 77, S. 818: „Proceß Taxis“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1863, Nr. 268: „Correspondenz aus Prag ddo. 28. September“. – Praha (Prager illustrirtes čechisches Blatt) 1870, S. 350.
Porträt. Schlechter, aber ähnlicher Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, den Fürsten in čechischer Nationaltracht darstellend, in der „Praha“, 1870, Nr. 22, S. 340.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [s. d. S. 81].