Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Palacký, Franz
Band: 21 (1870), ab Seite: 193. (Quelle)
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Palacký, Johann (Schriftsteller, geb. zu Prag 10. October 1830). Ein Sohn des Geschichtsforschers Franz P. [s. d. Vorigen], beendete die philosophischen und Rechtsstudien an der Prager Hochschule und erlangte im Jahre 1850 das Doctorat der Philosophie, im Jahre 1854 jenes der Rechte. Bald darauf habilitirte er sich an der Prager Universität als Docent der vergleichenden Erdkunde. Er hat viele Reisen gemacht, so nach Ungarn, Dalmatien und Polen, dreimal nach Italien, dann nach Frankreich, England, Schottland und Norwegen; den Winter des Jahres 1848 verlebte er in Nizza, das Jahr 1852 in Paris, das Jahr 1859 in München. Im Jahre 1860 erbte er von seiner Mutter das Gut Lobkowic. Im Jahre 1861 wählte ihn der landwirthschaftliche Verein des Bezirks Brandeis zu seinem Secretär, im Jahre 1862 jener von Prag und im Jahre 1865 der Kreisverein von Brandeis zum Präsidenten. Minder glücklich waren seine Erfolge an der Prager Hochschule, an welcher er im Jahre 1862 nicht mehr zu den Versammlungen des philosophischen Collegiums berufen, ja von denselben förmlich ausgeschlossen wurde, welche Verfügung zur Kenntniß und Bestätigung dem Staatsministerium vorgelegt wurde. Die Ursache dieses exemplarischen Vorganges war die Thatsache, daß P. die Beschlüsse des Collegiums, die als Amtsgeheimnis betrachtet werden, in böhmischen Blättern veröffentlicht und in tendenziöser Weise angegriffen hat. In gewissen Kreisen wurde colportirt, er habe absichtlich die Veröffentlichung veranlaßt, um mit Eclat und als nationaler Märtyrer von der Universität zu scheiden. Wie immer auch die Sache sich verhalten möge, die unberechtigte Verletzung eines Amtsgeheimnisses wird durch ein Martyrthum, welcher Art dasselbe sein möge, noch immer nicht legalisirt. P. schrieb anfänglich für viele Journale in Böhmen und fast für alle čechischen Blätter; bevor jedoch diese in’s Leben getreten waren, vornehmlich für den „Tagesboten“, die „Morgenpost“ und die „Politik“, aber auch politische und wissenschaftliche Zeitschriften des Auslandes versorgte er oft mit seinen Mittheilungen. Einige Zeit hindurch war er Hauptmitarbeiter des čechischen Parteiblattes „Pozor“. Selbstständig herausgegeben hat er: „Politik der Zukunft in Oesterreich“ (Berlin 1859, 8°.), anonym, in Folge welches Libells er der altconservativen Partei zugezählt wurde; – „Böhmische Skizzen. 1860. Von einem Landeskind“ (Leitomischl 1860, 8°.), diese Schrift bildete lange die Zielscheibe heftiger Angriffe gegen den ungenannten Verfasser, der, als seine Maske gelüftet worden, ironisch mit dem Titel: „Das Landeskind“, bezeichnet wurde; – „Zeměpis všeobecny vědecky srovnávajíci“, d. i. Allgemeine wissenschaftliche [194] vergleichende Erdkunde (Prag 1857 u. f., gr. 8°.); – „Vzduchosloví čili pojednáni o vzduchu, teple a úkazech povětmosti, s ohledem narolnictví“, d. i. Die Aërologie, oder die Lehre von der Luft, Wärme und den Anzeichen der Witterung mit besonderem Hinblicke auf die Landwirthschaft (Prag 1863, 16°.) bildet auch das zweite Heft der „Biblioteka hospodářská“, d. i. Landwirthschaftlichen Bibliothek“; – „Přírodnicke poměry Ameriky“, d. i. Die naturgeschichtlichen Verhältnisse Amerika’s (Prag 1864, 8°.); in der Sammelschrift eines gelehrten Vereins erschienen seine „Pflanzengeographischen Studien“; aus dem Französischen in’s Čechische übersetzte er Guizot’s „Geschichte der Aufklärung in Europa“ unter dem Titel: „Dějiny vzdělanosti v Europe“ (Prag 1851) und Scribe’s Lustspiel „Geliebtwerden oder sterben“ unter dem Titel: „Milovánu býti nebo umříti“, welches das 1. Heft der „Biblioteka divadelní“ (Prag 1852) bildet. Ueberdieß ist er ein fleißiger Mitarbeiter des „Slovník naučný“. P., in der botanischen und geographischen Wissenschaft unzweifelhaft eine bedeutende Specialität, soll auch ein immenses Gedächtniß, das seines Gleichen sucht, besitzen.

Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon Redigirt von Dr. Franz Ladislaus Rieger (Prag 18539, I. L. Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 33, Nr. 2. – Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) Jahrg. 1862, Nr. 92, S. 906.