BLKÖ:Tessánek, Johann
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 44 (1882), ab Seite: 26. (Quelle) | |||
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[27] während der Ferienzeit mit Vorliebe in seine Lehrgegenstände sich vertiefte. 1744 hörte er in Prag Philosophie, trat aber schon im folgenden Jahre in den Orden der Gesellschaft Jesu ein, in welchem er seine Studien fortsetzte, vornehmlich unter Anleitung des berühmten Stepling [Bd. XXXVIII, S. 227] Mathematik, Physik und Astronomie betreibend. Alsbald beschäftigte er sich mit den Schriften Newton’s, die seine Lebenszeit hindurch ebenso bleibender Gegenstand seiner Studien wie der unerschöpfliche Stoff seiner Erläuterungen blieben. Nachdem er die Philosophie im Orden absolvirt hatte, übernahm er in den unteren Gymnasialclassen ein Lehramt und erlangte während dieser Zeit die Magisterwürde aus den philosophischen Disciplinen. Nun begann er die theologischen Studien, erhielt nach Abschluß derselben die Priesterweihe und wurde auf Stepling’s Verwendung zum Professor der Physik an der Prager Hochschule ernannt. Dieses Lehramt versah er insbesondere nach theoretischer Seite – als Experimentator ist er bedeutungslos – in so musterhafter Weise, wie es bis dahin an der Universität nicht vorgekommen war. Um diese Zeit erschienen seine zwei Abhandlungen: „Dissertatio an Archimedes classem Marcelli ope speculorum planorum accenderit“ und „Lex chordarum leniter tactarum“. Obwohl er nun auf seinem Posten eine ungewöhnliche Thätigkeit entfaltete, fanden seine Oberen sich doch veranlaßt, ihm eine andere Bestimmung zu geben, und so schickten sie ihn nach Olmütz, wo er im adeligen Convicte Mathematik zu lehren hatte; aber schon nach zwei Jahren wurde er auf Stepling’s Veranlassung nach Prag zurückberufen, um den Clerikern seines Ordens Unterricht aus der höheren Mathematik zu ertheilen. Doch auch in den theologischen Wissenschaften setzte er mittlerweile seine Studien fort, erlangte die Würde eines Doctors der Theologie und trug acht Jahre hindurch an der Prager Hochschule die Kirchenväter vor. Während dieser Zeit hielt er auch mehrere öffentliche Disputationen mit Mitgliedern aus dem Augustiner- und Dominicanerorden. Nach Aufhebung seines Ordens im Jahre 1773 wurde er zum wirklichen Professor der höheren Mathematik, nach Stepling’s 1778 erfolgtem Tode aber zu dessen Nachfolger als Director der mathematischen und physikalischen Studien an der Prager Hochschule ernannt. Als im Jahre 1775 Ignaz von Born in Prag die Gesellschaft für Beförderung der Mathematik, der vaterländischen Geschichte und der Naturkunde gründete, ernannte ihn dieselbe zum Mitgliede, und ein Gleiches that 1778 die Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig. Die letzten Lebensjahre war der Gelehrte sehr leidend, nichtsdestoweniger aber setzte er seine wissenschaftlichen Studien, namentlich der Werke Newton’s fort, in deren Geist er so eingedrungen, daß man es liebte, ihn den Newton Böhmens zu nennen. Die Titel der von ihm herausgegebenen selbstständigen Werke wie der in gelehrten Sammelschriften abgedruckten Abhandlungen sind: „Miscellanea mathematica“ (Pragae 1764 et 1769, 8 °.); – „Sectiones conoidum“ (ib. 1764, 8°.); – „Isaaci Newtoni Libri I. principiorum mathematicorum philosophiae naturalis Sect. I.–V. exposita“ (ib. 1769, 8°.); – „Pertractatio quorundam modorum quaestiones geometricas resolvendi“ (ib. 1770, 8°.); – „Pertractatio elementorum calculi integralis“ (ib. 1771, 8°.); – „Beantwortung der in der allgemeinen deutschen Bibliothek [28] enthaltenen Beurtheilung seiner Methoden, die Theiler der Zahlen zu suchen, wie auch seiner Betrachtung über die doppelte Regel falsi“ (ebd. 1777, 8°.); – „Philosophiae naturalis principia mathematica auctore Isaaco Newtono illustrata commentationibus, potissimum Jo. Tessanek et quibusdam in locis commentationibus veterioribus clarissimorum Thom. Le Sueur et Fried. Jacquier, ex Gallicana Minorum familia Matheseos Professorum aliter propositis. Liber I.“ (Pragae 1780); – Liber II. (ib. 1785. 4°.), mit diesem Werke richtete sich die Aufmerksamkeit des gelehrten Europa auf den Prager Exjesuiten’, – in den Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen: „Methode, die vollkommenen Theiler einer gegebenen Zahl zu finden“ [1775, Bd. I, S. 1]; – „Erklärung der Methode, kraft welcher die im Werke des Herrn Stepling (über Cylinder) enthaltenen Integralia gefunden werden“ [1775, Bd. I, S. 109]; – „Betrachtungen über die arithmetische Regel zweier falschen Sätze“ [1775, Bd. I, S. 125]; – „Versuch über einige Stellen in Newton’s Principiis“ [1776, Bd. II]; – „Algebraische Behandlung der XII. Section des I. Buches des großen Werkes Newton’s [1777, Bd. III, S. 29]; – „Geometrische Betrachtungen“ [1784, Bd. VI, S. 96]; – „Betrachtungen über eine Stelle der allgemeinen Arithmetik Isaak Newton’s [1784, Bd. VI, S. 364]; in den Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften: „Vergleichung der Widerstände einiger fester Körper in flüssigen Zwischenkörpern“ [1785, erste Folge, Bd. I, S. 237]; – „Arithmetische Betrachtungen“ [1786, erste Folge, Bd. II, S. 160]; – „Einige zur Optik gehörige Aufgaben“ [1786, erste Folge, Bd. II, S. 185]; – „Von einigen Eigenschaften der elliptischen Bewegung der Planeten und Kometen“ [1787, Abhandlung I, 3, S. 153]. Tessánek ist als Theoretiker und Commentator Newton’s wirklich bedeutend, dagegen als praktischer Physiker ohne Belang, hielt er ja doch das Experimentiren als mechanische Handarbeit (!) unter seiner Würde. Einen großen Theil seiner Werke hat er auf eigene Kosten drucken lassen, in Folge dessen befand er sich nicht selten in Geldverlegenheiten und war, als er starb, so mittellos, daß seine Freunde die Kosten seines Begräbnisses bestreiten mußten. Er wurde auf dem Wolschaner Friedhofe in Prag beigesetzt, wo ihm die böhmische Gesellschaft der Wissenschaften ein marmornes Denkmal errichten ließ.
Tessánek, Johann (Mathematiker, geb. zu Brandeis an der Elbe in Böhmen am 9. December 1728, gest. zu Prag 22. Juni 1788). Von den Čechen wird der Name des in Rede Stehenden mit einem š, überall sonst mit einem Doppel-s geschrieben. Nachdem Johann, dessen Vater Amtmann auf der Herrschaft Brandeis war, den ersten Unterricht im Elternhause genossen hatte, bezog er 1739 die vierte lateinische Schule auf dem Altstädter Gymnasium in Prag, wo er bald unter seinen Mitschülern durch treffliche Kenntniß der lateinischen Sprache und eine besondere Fertigkeit in Abfassung lateinischer Verse sich hervorthat. Ueberhaupt machte ihm das Studium solche Freude, daß er selbst- (De Luca). Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1878, von Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück, S. 224. – Oesterreichisches Morgenblatt (Wien, 4°.) 1836, Nr. 83. – Pelzel (Franz Martin). Böhmische, mährische und schlesische Gelehrte und Schriftsteller aus dem Orden der Jesuiten u. s. w. (Prag 1786, 8°.) S. 259. – Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften auf das Jahr 1788 oder deren vierter Theil (1789), S. 22 u. f. – d’Elvert (Christian) Ritter). Zur Cultur-Geschichte Mährens und Oesterreichisch-Schlesiens (Brünn 1868, gr. 8°.) S. 112. – Prochaska (Faustin). De saecularibus liberalium artium in Bohemia et Moravia fatis Commentarius (Pragae 1782, 8°.) p. 406 et seq. – Poggendorff (J. C.). Bibliographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1863, K. Ambros. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 1084.