Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Szigeti, Georg
Band: 42 (1880), ab Seite: 150. (Quelle)
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Szigeti, Joseph (ungarischer Schauspieler, geb. zu Veszprim in Ungarn im Jahre 1822). Trippamer ist sein Familienname, und sein Vater war Kaufmann in Veszprim. In den Schulen, welche der Knabe besuchte, machte er sich bald durch sein Declamationstalent bemerkbar, das ihm öfter Auszeichnungen von Seite seiner Lehrer einbrachte. Hand in Hand mit demselben ging aber auch seine Vorliebe zur Schauspielkunst, und noch ein Knabe von zehn Jahren besuchte er schon, so oft nur immer sich ihm Gelegenheit darbot, die Vorstellungen, welche Director Stephan Balogh mit seiner Truppe gab. Der Eindruck, den dieselben auf den Knaben machten, war ein so mächtiger, daß die Eltern es gerathen fanden, ihm den Besuch des Theaters zu verbieten. Das war kein geringer Schlag für den jungen Theaterfreund. Als aber später der Director Gabriel Baky mit seiner Truppe nach Veszprim kam, besuchte Joseph trotz des elterlichen Verbotes doch die Vorstellungen und unterließ es auch dann nicht, als er für seinen Ungehorsam eine Tracht Prügel erhalten hatte. Mit diesen Schlägen wurde ihm die Leidenschaft für die Schauspielkunst erst recht ordentlich eingeschlagen. Um ihn nun für einen Beruf auszubilden, schickten ihn die Eltern zum Besuch der höheren Schulen nach Pesth. Aber da bot sich ihm erst vollends Gelegenheit, seiner alten Leidenschaft zu fröhnen, wozu sich noch eine neue gesellte, nämlich daß er, statt die juridischen Werke zu studiren, lieber Romane las und Dramen und Gedichte auswendig lernte. Wohl beendete er noch 1841 den ersten Jahrgang der juridischen Studien, nun aber hielt es ihn nicht länger, gegen den Willen seiner Eltern hing er dies Studium an den Nagel und wurde – Schauspieler. Und eigenthümliche Fügung des Geschickes, er gerieth unter die Truppe desselben Directors Baky, dessentwegen er einst die Prügel erhalten hatte. 19 Jahre alt, betrat er am 3. October 1841 zu Jázberény zum ersten Male die Bühne, und zwar in [151] Joseph Gaal’s beliebter Posse „Peleskei notarius“, d. i. Der Notar von Peleske, welche in deutscher, von Therese Megerle ausgeführter Bearbeitung unter dem Titel: „Die Teichsusel“ bekannt ist. Bei diesem Debut führte Szigeti, wir möchten sagen einen theatralischen Geniestreich aus, denn er spielte vier Rollen an einem Abende: den Kleinrichter, den Reisecommissär, den Othello und den Bräutigam aus Mexico. Nachdem er sich dritthalb Jahre aus Provinzialbühnen. herumgetrieben hatte, gelang es ihm 1844 durch Vermittlung des im Zenith seines Schauspielerruhmes stehenden Lendvay [Band XIV, S. 354], in der Rolle des Michel Lorenzino im Nationaltheater zu Pesth aufzutreten. Sein Spiel war von so glücklichem Erfolge begleitet, daß ihm der damalige Director Bartay nicht nur ein vortheilhaftes Engagementsanerbieten machte, sondern auch bereitwillig das Reugeld für ihn zahlte, um ihn nur für das Nationaltheater zu gewinnen. Sonderbarerweise ging ein ganzes Decennium dahin, ehe Szigeti in einem bestimmten ihm angemessenen Rollenfache Verwendung finden konnte. Man theilte ihm gewöhnlich solche Rollen zu, die für ihn nicht paßten. Bald spielte er alte Väter, bald wieder schmachtende Liebhaber, und eben das Gefühl der Liebe, wie einer seiner Biographen bemerkt, wollte bei unserem Künstler nie verfangen. Dazu versuchten es seine Collegen, die ihn immer als fünftes Rad am Wagen ansahen, ihr Müthchen an ihm zu kühlen, und erkoren sich ihn zum Spielball ihrer Witze. Ja es fehlte auch nicht an Herabsetzungen, die sogar dann noch vorkamen, als er längst auf dem rechten Platze stand. Diesen aber sollte er erst einnehmen, nachdem das Nationaltheater von einer Reihe widriger Zufälle heimgesucht worden war: indem Lendvay gefährlich erkrankte, Bartha und Fáncsy [Bd. IV, S. 142] starben. Egressy [Bd. IV, S. 4] aber in der Verbannung weilte, aus welcher dieser erst 1854 zurückkehrte. Nun erhielt Szigeti die seiner Individualität und seiner Künstlerkraft entsprechenden Rollen ersten Ranges und nahm an der ersten Bühne seines Landes auch jene hervorragende Stelle ein, die ihm durch ebenso widrige als eigenthümliche Verhältnisse so lange war vorenthalten worden. Von seinen bedeutendsten Rollen nennen wir folgende, die zugleich ein Urtheil über die Vielseitigkeit seines Talentes gestatten: Coriolan in Shakespeare’s gleichnamigem Stücke; der Sclavenhändler in „Onkel Tom’s Hütte“; Viola im „Betyár“; Karl Moor in Schiller’s „Räuber“; die Titelrolle in „Karl XII. auf der Insel Rügen“; Lord Rochester in „Die Waise von Lowood“; Marquis Rudenz in „Aus dem Leben einer Schauspielerin“; Brutus in „Julius Cäsar“; der wilde Dijabul in Jókai’s „Dolma“ und Fritzl in „Der alte Infanterist“. In den genannten Rollen wie in anderen zeigt er eine gestaltende Kraft von seltener Meisterschaft, worin ihn sein natürlich-gesunder Humor, Wahrheit, künstlerische Ruhe und eine Anmuth in seinen Bewegungen, wie sie nur wenigen Darstellern in solcher Vollendung eigen, vortrefflich unterstützen. Im Fache der Helden leistete er das Beste. Aber auch als dramatischer Autor ist er nicht ohne Erfolg thätig. Er schrieb: „A jegygyűrü“, d. i. Der Brautring; – „Szép juhásznő“, d. i. Die schöne Schäferin; – „Viola“, eine dramatische Bearbeitung [152] des Romanes „Der Dorfnotar“ von Freiherrn von Eötvös; – „Vén bakkancsos és fia huszár“, d. i. Der alte Infanterist und sein Sohn der Huszar; – „Okos bolond“, d. i. Der kluge Narr; – „Becsületszó“, d. i. Das Ehrenwort, welch letzteres Drama mit dem von Gedeon Grafen Ráday für das beste Stück ausgesetzten Preise von 40 Ducaten betheilt wurde. In der von Vas Gereben herausgegebenen belletristischen Wochenschrift „Buda Pesti Viszhang“ (Budapester Echo) veröffentlichte er im Jahre 1856 eine Folge Genrebilder unter dem Titel: „Aus dem Leben eines ungarischen Provinz-Schauspielers“, welche im Lesepublicum solche Theilnahme fanden, daß sie später in elegant ausgestattetem Separatabdrucke ausgegeben wurden. Auch deutschen Lesern sollte dieses Werk ebenso voll köstlichen Humors als bitterster Lebensironie, das offenbar Selbsterlebnisse des Künstlers zu enthalten scheint, nicht vorenthalten bleiben, indem die „Oesterreichische Zeitung“ (Wien, Fol.) 1856 in den Nummern 553, 555, 557, 561, 564, 566, 568, 570, 572, 577, 579, 583, 590, 592, 594, 596, 598, 601, 603, 605, 607, 609, 611, 615, 617, 624, 626, 628, 630, 632 eine Uebersetzung desselben von Rab brachte. Auch begann Szigeti im Jahre 1857 die Herausgabe des „Nemzeti szinházi nyugintézeti naptár 1858-ra“, d. i. Kalender des Pensionsinstitutes des Nationaltheaters, denn als Secretär dieses Pensionsinstitutes läßt er sich dessen Förderung ernstlich angelegen sein. Im gewöhnlichen Leben ist er ein Mann von feinen Manieren, von einnehmendem Wesen und schlagfertigem Witze. Mit einem solchen brachte er eines Abends die Pesther Theaterwelt in nicht geringe Aufregung und, wie es damals verlautete, seine eigene Stellung in Gefahr. Es wurde das Stück von Tóth[WS 1] „Frauen in der Verfassung“ gegeben. In einer Scene fragt der im Spiele beschäftigte Szigeti einen um ein Staatsamt petitionirenden Bauern, was er denn eigentlich könne? „Grob sein kann ich“, lautet dessen Antwort. Darauf hätte Szigeti, dem Texte des Stückes folgend, erwidern sollen: „Petent solle sich um eine Einnehmerstelle an der Kettenbrücke bewerben“. Statt dessen aber gab er dem Bauern den Bescheid: „Nun, dann laß dich beim Nationaltheater anstellen“. Diese Antwort war auf den wegen seiner eigenthümlichen Feinheit und Höflichkeit gegen sämmtliche Mitglieder des Nationaltheaters im schlimmen Geruche stehenden Intendanten gemünzt, und soll bei demselben eine entschiedene Wirkung zum Besseren hervorgebracht haben; er wurde von da ab wirklich höflich.

Dudumi (Demeter), Pesther Briefe über Literatur, Kunst, Theater und gesellschaftliches Leben. Neue Folge (Pesth 1856, Lauffer und Stolp, kl. 8°.) S. 60. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.). Zweiter (den ersten ergänzender) Band, S. 317. – Válkai (Imre), Irodalmi és művészeti Daguerreotypek, d. i. Literarische und künstlerische Daguerreotypen (Wien 1858, 8°.) S. 126.
Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „Szigeti“. Barabás (lith. 1856, 4°.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Thót.