BLKÖ:Sommer, Johann Gottfried

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Sommer, A.
Band: 35 (1877), ab Seite: 286. (Quelle)
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Sommer, Johann Gottfried (Geograph und Schriftsteller, geb. zu Leuben, einem Dorfe bei Dresden, im Jahre 1782, n. A. 1783, gest. zu Karolinenthal bei Prag 11. November 1848). Sein wahrer Name ist Volte und sein Vater lebte unter demselben als armer Häusler und Schuhmacher zu Leuben bei Dresden. Der Sohn, in der Absicht, sich dem Lehrfache zu widmen, suchte in das Schullehrer-Seminar in Dresden Eintritt zu erlangen. Mittlerweile war er als Kinderlehrer in einem benachbarten Dorfe thätig, wobei er nicht unterließ, sich selbst in Sprachen und anderen Wissenszweigen fortzubilden, wozu ihm die Büchersammlungen einiger wohlwollender Geistlichen behilflich waren. Als er dann Eintritt in das Seminar erlangt, war es vornehmlich das Studium der Geographie, dem er sich mit Vorliebe hingab, während er sich unausgesetzt in den modernen Sprachen fortbildete. Nun erlangte er eine kleine Stelle an der Garnisonschule in Dresden, als er aber dann eine Verbesserung seiner Lage immer vergeblich anstrebte, verließ er, nachdem vorher noch seine unglückliche Ehe gerichtlich gelöst worden, im Jahre 1806 Dresden, nahm den Namen Sommer an und wendete sich nach Oesterreich, wo er in Prag seinen bleibenden Aufenthalt nahm. Anfangs unterhielt er sich auch da vom Privatunterrichte, den er sowohl in Prag als in der Umgebung ertheilte. Als er die Schönheiten der letzteren und namentlich einige der in Prag’s Nähe befindlichen Berg- und Hammerwerke kennen lernte, wurde dadurch seine Neigung zum Studium der Physik angeregt und er auf jenes Gebiet schriftstellerischer Thätigkeit hinübergeführt, auf welchem er in der Folge so Verdienstliches geleistet. Im Jahre 1818, nachdem er durch seine literarischen Leistungen bereits die Aufmerksamkeit der Fachkreise auf sich gelenkt, erhielt er eine Professur der wissenschaftlichen Lehrgegenstände am Conservatorium in Prag, in welcher Stelle er bis zum Jahre 1831 bedienstet blieb. Als ihm nun im letztgenannten Jahre von dem Verwaltungs-Ausschuß des böhmischen Museums der Antrag gemacht worden, aus den für das Museum gesammelten Materialien die Bearbeitung einer ausführlichen Topographie Böhmens zu übernehmen, nahm er denselben an und legte sein Lehramt am Conservatorium nieder, um sich ausschließlich der übernommenen Arbeit zuwenden zu können. Durch Niederlegung desselben war ihm kaum ein nachhaltiger Schaden erwachsen, da mit der Stelle eine Anwartschaft auf Pension nicht verbunden war. Seit dieser Zeit war er in verdienstlichster Weise als geo- und topographischer Schriftsteller thätig. Seine im Anbeginne nicht glücklichen häuslichen Verhältnisse erheiterten sich erst in seinen späteren Jahren. Nach dem Ableben seiner Frau trat er nämlich in näheren Verkehr mit seiner in Dresden lebenden und dort glücklich verheiratheten Tochter, zu welcher er auch zeitweise Erholungsreisen unternahm, jedoch behielt er seinen bleibenden Aufenthalt in Prag, wo er auch im Alter von 66 Jahren starb. Die Zahl seiner Schriften ist groß. In der ersten Zeit schrieb er noch mit seinem Vaternamen Volte, später bediente er sich jedoch des Pseudonyms Sommer, unter welchem er auch zu den zuverlässigsten geographischen Schriftstellern der neueren Zeit gezählt wird. Die Titel seiner zahlreichen Schriften [287] sind in chronologischer Folge: „Abendunterhaltungen eines Vaters mit seinen Kindern über die Technologie. Ein Lesebuch für Kinder gebildeter Stände.“ 2 Bände (Leipzig 1805, W. Vogel, 8°.); – „Erholungen für Kinder. Eine Sammlung kurzer Erzählungen und Gespräche zur Belehrung über mancherlei Gegenstände des gemeinen Lebens“. Mit 10 illuminirten KK. (Leipzig 1806, Leo, 8°.); – „Beschreibung der menschlichen Nahrungsmittel in naturhistorischer, ökonomischer, technologischer und diätetischer Hinsicht. Ein Lesebuch u. s. w.“ 3 Bändchen (Leipzig 1806, Weidmann, 8°.); – „Versuch einer neuen Anwendung der cursorischen Methode auf den Unterricht im Rechnen“ (Merseburg 1808, Böhme, 8°.); – „Anweisung, Kindern auf die leichteste, geschwindeste und bewährteste Art das Lesen zu lehren. Zum Schul- und Privatgebrauche entworfen“. 3. und 4. durchaus umgearbeitete Aufl. (Pirna 1810, Friese, 8°.), die beiden ersten Auflagen sind von einem anderen Verfasser. Die bisher erschienenen Schriften hat S. unter seinem väterlichen Namen herausgegeben, die folgenden erschienen unter dem Pseudonym Sommer. Es sind: „Neuestes wort- und sacherklärendes Verdeutschungswörterbuch aller jener aus fremden Sprachen entlehnten Wörter u. s. w., welche die Deutschen bis jetzt in Schriften und Büchern sowohl, als in der Umgangssprache noch immer für unentbehrlich und unersetzlich gehalten haben“ (Prag 1813, 2. verb. Aufl. 1818; 3. Aufl. 1825; 4. verb. und verm. Aufl. 1833; 5. verb. und verm. Aufl. 1839, Calve, gr. 8°.); – „Kleines Verdeutschungswörterbuch u. s. w. Ein Auszug aus dem grösseren Verdeutschungswörterbuche“ (ebd. 1823, Calve, 8°.); – „Vollständige und deutliche Anleitung zur deutschen Briefschreibekunst. Ein Handbuch für angehende Geschäftsmänner“. 2 Abtheilungen (Prag 1815–1817, Calve, gr. 8°.); – „Neueste Jugendbibliothek oder die vorzüglichsten Gegenstände des Jugendunterrichtes von der Elementarbildung an bis zum reiferen Alter“. 5 Bde. mit illuminirten KK. (Prag 1816 bis 1817, Enders, Taschenbuch-Format). 1. Band: Neuestes ABC- und Lesebuch; 2. Band: Wie Vater Grünwald seine Kinder lesen lehrt u. s. w.; 3. Band: 72 wirklich und erst seit kurzer Zeit sich zugetragene Unglücksgeschichten; 4. Band: Die kleinen Deutschverderber; 5. Band: Wie Herr Salzmann seine Kinder in den Nebenstunden beschäftigt“; – „Gemälde der physischen Welt oder unterhaltende Darstellung der Himmels- und Erdkunde“. 6 Bände. Mit 45 KK. und Steintafeln (Prag 1819 bis 1830, Calve, gr. 8°.); jeder Band erschien auch unter besonderem Titel. 1. Band: „Das Weltgebäude, ein nützliches und unterhaltendes Lesebuch“ (Prag 1819; 2. Aufl. 1827 mit 12 KK. und Steintafeln); 2. Band: „Physikalische Beschreibung der festen Oberfläche des Erdkörpers“ (ebd. 1821; 2. Aufl. 1828. Mit 14 KK. und Karten); 3. Band: „Physikalische Beschreibung der flüssigen Oberfläche des Erdkörpers“ (ebd. 1823. Mit 11 KK. und Karten; 2. Aufl. mit 7 KK. und Steintafeln, 1829); 4. Band: „Physikalische Beschreibung des Dunstkreises der Erdkugel“ (ebd. 1823, mit 6 KK. und Steintafeln; 2. Aufl. 1830, mit 4 KK.); 5. Band: „Geschichte der Erdoberfläche“ (ebd. 1825, mit 5 KK.; 2. Aufl. 1830, mit 7 KK. und 2 Steintafeln); 6. Band: „Gemälde der organischen Welt“ (ebd. 1826, mit 1 K.; 2. Aufl. 1831). Vom 1. bis 3. Bande erschien in den Jahren 1834–1843 eine dritte Auflage; – „Taschenbuch zu Verbreitung geographischer Kenntnisse. Eine Uebersicht des Neuesten und Wissenswürdigsten im Gebiete der gesammten Länder- und Völkerkunde“ 1. bis 25. Jahrg. (1823–1847). Jeder mit 6 Stahlstichen (Prag 1822 bis [288] 1846, gr. 12°.); Neue Folge 1. Jahrg. (für 1848) (ebd., mit 1 Stahlst., 8°.); – „Tabellarische Uebersicht aller jetzt lebenden Glieder der europäischen Regenten-Familie für 1827“ (Prag 1827, Calve, gr. 8°.); – „Neuestes Gemälde von Asien und den dazu gehörigen Inseln“. 4 Bände (Wien 1829 und 1830, Anton Doll, gr. 8°.), bildet den 3. bis 6. Band des von J. B. Schütz herausgegebenen Sammelwerkes: „Allgemeine Erdkunde oder Beschreibung aller Länder der fünf Welttheile“; der 3. Supplementband dieses Werkes herausgegeben von G. A. Wimmer enthält Sommer’s „Neueste Beiträge zu dem Gemälde von Asien“; – „Neuestes Gemälde von Amerika“ 1. und 2. Band (Wien 1831, Doll, gr. 8°.), bildet den 7. und 8. der vorerwähnten „Allgemeinen Erdkunde“; den 3. und 4. Band von „Amerika“ bearbeitete Wimmer; – „Das Königreich Böhmen. Statistisch-topographisch dargestellt“, 1. bis 16. Band (Prag 1833–1849, Ehrlich, gr. 8°., jeder Band mit Titelvignette). 1. Band (1833): Leitmeritzer Kreis – 2. Band (1834): Bunzlauer Kreis – 3. Band (1833): Bidschower Kreis – 4. Band (1836): Königgrätzer Kreis – 5. Band (1837): Chrudimer Kreis – 6. Band (1838): Pilsener Kreis – 7. Band (1839): Klattauer Kreis – 8. Band (1840): Prachiner Kreis – 9. Band (1841): Budweiser Kreis – 10. Band (1842): Taborer Kreis – 11. Band (1843): Czaslauer Kreis – 12. Band (1844): Kaurčimer Kreis – 13. Band (1845): Rakonitzer Kreis – 14. Band (1846): Saazer Kreis – 15. Band (1847): Elbogener Kreis – 16. Band (1849): Berauner Kreis. – Alle 16 Bände zusammen 335/6 Rthlr.; – „Lehrbuch der Erd- und Staatenkunde“. 1. bis 3. Bd. (Prag 1835–1842, gr. 8°.); – „Teplitz und seine Umgebungen. Für Fremde und Einheimische geschildert“. Mit 4 Stahlst. (Darmstadt 1842, Lange, 16°.), S.’s Arbeiten beruhen durchaus nicht auf eigenen Forschungen, aber sie bieten eine sorgfältige und verläßliche Auswahl des Neuesten und Besten auf diesem Gebiet Vorhandenen. Dann hat er es auch verstanden durch einen klaren und fesselnden Styl die Liebe zur Welt- und Erkunde im großen Publikum zu wecken. Seiner 16bändigen Topographie von Böhmen, an welcher auch Zippe einigen Antheil hat, wirft man ungleichartige Behandlung vor. Doch trifft dieserhalb der Vorwurf nicht ihn, sondern das ungleichartig vorhandene Material, das für einzelne Kreise reichhaltig, für andere wieder spärlich vorlag. Im Ganzen bleibt es immer eine sehr verdienstliche Arbeit. In seinen letzten Jahren arbeitete er an einer Topographie von Prag, aber sein mittlerweile eingetretener Tod unterbrach deren Vollendung. Auch hatte S. neben den oben angeführten Arbeiten jahrelang die Redaction des von André begründeten Blattes „Hesperus“ und dann jene der „Oekonomischen Neuigkeiten“ besorgt.

Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, 1851, B. F. Voigt, kl. 8°.) XXVII. Jahrg. (1849), Theil I, S. 43, Nr. 16. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 72. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.). Zweite Abtheilung, Bd. IX, S. 664; Supplementband V, S. 819, Nr. 1.