BLKÖ:Seidl, Wenzel Benno

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 34 (1877), ab Seite: 8. (Quelle)
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Seidl, Wenzel Benno (Naturforscher, geb. zu Schüttenhofen im Prachiner Kreise Böhmens 14. September 1773, gest. zu Prag 7. Februar 1842). Nachdem er die Knaben- und Jünglingsjahre in seiner Vaterstadt zugebracht und sich größentheils mit der höheren Landwirthschaft beschäftigt hatte, begab sich Seidl, der sich längst zu der Naturwissenschaft hingezogen fühlte, nach Prag, wo er u. a. die Vorträge des um die Flora Böhmens hochverdienten Franz Willibald Schmidt [Bd. XXX, S. 243, Nr. 35.) hörte. Unter Schmidt’s Anleitung machte sich S. nicht nur die theoretische Pflanzenkunde eigen, sondern unternahm mit ihm auch botanische Ausflüge in Prags Umgebung, welche er auf diese Weise bald botanisch durchforscht hatte. Im Spätsommer des Jahres 1807 bereiste er zu gleichem Zwecke den Böhmerwald und ließ sich dann neuerdings in Schüttenhofen häuslich nieder. Ueber seinen Eintritt in den Staatsdienst, in welchem er zuletzt die Stelle eines Rechnungsofficials bei der k. k. Provinzial-Staatsbuchhaltung in Prag bekleidete, liegt nichts Näheres vor, doch scheint es, daß er schon im Jahre 1809 in Prag angestellt gewesen, wo er seither seinen bleibenden Aufenthalt hatte. Während seines oberwähnten Verweilens in Schüttenhofen vollendete er eine ganze Folge von Zeichnungen interessanter, in Böhmen wildwachsender Pflanzen, welche er treu nach der Natur colorirte, worauf er die ganze Sammlung, welche aus zwei Foliobänden besteht, im Jahre 1809 der Prager Universitätsbibliothek schenkte, wo sie unter dem Titel: „Icones plantarum selectarum in Bohemia sponte nascentium“ aufbewahrt wird. Zu jener Zeit, 1807 bis 1808, theilte er auch für Dr. Joh. Em. Pohl’s [Bd. XXIII, S. 28] unvollendet gebliebenes „Tentamen Florae Bohemicae“ mehrere schätzbare Beiträge von Standörtern seltener Pflanzen aus der Gegend von Prag und von Schüttenhofen mit. Einen anderen mehrtägigen botanischen Ausflug unternahm S. im Jahre 1810 – wie dann noch einmal im Jahre 1826 in Gemeinschaft mit Dr. Weitenweber – nach Melnik, Obřistwi u. s. w., bei welcher Gelegenheit namentlich die von [9] Seidl als neu aufgestellten Arten Veronica commutata und Veronica Weitenweberi gefunden wurden. Um diese Zeit fand auch durch ihn eine nicht unwichtige Bereicherung des Pflanzensystems Statt u. z. durch die Aufstellung des Coleanthus subtilis Seidl als eigene selbstständige Gattung aus der Familie der Gramineen, welche später auch von Schultes, Sternberg, Trattinik u. A. anerkannt und in ihren Schriften aufgenommen wurde. Im Jahre 1818 hatte S. eine eigene neue Flora von Böhmen zum größeren Theile vollendet, worin namentliche die Familie der Gräser mit besonderer Sorgfalt behandelt war, da sie in Folge mehrjähriger Cultivirung die Ergebnisse sorgfältiger, eigener Untersuchungen und Beobachtungen enthielt. Ungunst der Verhältnisse, wie besonders die Eigenheit Seidl’s, seine, ob sorgfältiger Prüfung und Feile, stets druckgeeigneten Arbeiten nur ungern der Oeffentlichkeit zu überantworten, verhinderten den Druck derselben. Doch aber lieferte er in Folge mehrseitiger Aufforderung u. a. einen Anhang zu des Pfarrers Tobias Seits „Monographie der Rosen“, worin er mehrere neue Arten und Varietäten dieser so polymorphen Gattung aufstellte und beschrieb. Als sich im Jahre 1834 mehrere böhmische Naturforscher, darunter Graf von Berchtold, Sieber, Opitz, Wagner, Weitenweber u. A., zu dem Zwecke vereinigt hatten, eine ausführliche, ökonomisch-technische Flora Böhmens gemeinschaftlich zu bearbeiten, schloß sich auch S. werkthätig diesem Unternehmen an, und seine reichen Vorarbeiten machten es ihm möglich, den botanischen Theil des I. Theiles sofort zu liefern, der auch noch anfangs 1836 im Selbstverlage des Grafen Friedrich von Berchtold erschien. Das zu großartig angelegte Werk gerieth aber leider bald in’s Stocken. Neben diesen Arbeiten ließ sich S. gern herbei, angehenden Pflanzensammlern und Botanikern praktische Anleitung zu Excursionen, dann im Sammeln, Trocknen und Bestimmen der Pflanzen zu ertheilen, und die zwei berühmten Naturforscher Gebrüder Presl [Bd. XXIII, S. 270 und 275] waren in dieser Beziehung Seidl’s Zöglinge. Aber nicht blos Botanik beschäftigte ihn, auch die Entomologie zog ihn an, und war er nicht blos sammelnder Käfer- und Schmetterlingsfänger, sondern auch gründlicher, wissenschaftlicher Forscher auf diesem Gebiete, wie denn dieß mehrere von ihm verfaßte Aufsätze bekunden, von denen anzuführen sind seine Abhandlungen in Weitenweber’s „Beiträgen“ (Prag 1836 u. f.): „Die Orthopteren Böhmens“ [Bd. I, S. 205 u. f.], und „Die in Böhmen vorkommenden Hummelarten“ [Bd. II, S. 65 u. f.]. S. war Mitglied der kön. bayerischen botanischen Gesellschaft zu Regensburg und der Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz. Er starb eines plötzlichen Todes im Alter von 70 Jahren.

Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften (Prag, Gorzabeck, 8°.) III. Jahrg. (1853). S. 188 u. f.: „Biographische Skizzen böhmischer Naturforscher. Von Dr. Rud Wilh. Weitenweber, 10: Wenzel Benno Seidl.“ – d’Elvert (Christian Ritter), Zur Culturgeschichte Mährens und Oesterreich-Schlesiens (Brünn 1868, gr. 8°.) [der Schriften der hist.-statist. Section des k. k. mähr.-schles. Gesellschaft u. d. s. im 18. Band], S. 212 und 297.