Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schindler, Albert
Band: 30 (1875), ab Seite: 2. (Quelle)
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Schindler, Amand (Schulmann, geb. zu Wartha in Schlesien 17. December 1742, gest. zu Prag 5. August 1782). Der Sohn eines Handelsmannes, der nebenbei auch im Gemeinderathe seines Wohnortes Wartha in Schlesien saß. Da der Sohn Talent und Lust und Liebe zu den Studien besaß, so ließ ihn der Vater gewähren und schickte ihn im Jahre 1762 nach Breslau, wo Amand die Akademie besuchte. Daselbst hörte S. die philosophischen und rechtswissenschaftlichen [3] Studien, betrieb nebenbei mit großem Eifer die modernen Sprachen, fand aber nach Beendigung der Studien, als es sich um den Eintritt in’s praktische Leben handelte, vornehmlich seines katholischen Bekenntnisses wegen Anstände, die er mit einem Male dadurch zu beheben suchte, daß er nach Wien reiste, wo eben sein Glaubensbekenntniß eine Empfehlung war und wo er im Februar 1769 eintraf. Daselbst half er sich, auf seine eigene Kraft gestellt, zunächst durch Unterrichtertheilen in den modernen Sprachen, wozu er meist in bessere Familien berufen wurde, und da er auch in der Musik gut ausgebildet und in der Composition mit Glück thätig war, trug man ihm die Stelle eines Lehrers der Musik in einer kaiserlichen Erziehungsanstalt an. S. nahm sie an, legte sie aber, als ihm ein Kreis von Freunden zuredete, sich ausschließlich dem Erziehungsgeschäfte zu widmen, nieder und trat in die Familie eines Cavaliers ein, in welcher er die Erziehung von dessen Söhnen übernahm. Zwei Jahre blieb er im gräflichen Hause, im Jahre 1771 nahm er den Antrag eines ihm befreundeten Bankiers, als Erzieher seines Sohnes einzutreten, an und dort wurde er mit den Männern bekannt, welche in der Folge auf seine Lebensstellung Einfluß nehmen sollten; es waren zunächst Born [Bd. II, S. 71], Hofrath Heß [Bd. VIII, S. 427], Abt Felbiger [Bd. IV, S. 166] u. A. Diese fanden an dem feinen und tüchtigen Pädagogen Geschmack, und als um diese Zeit entsprechende Kräfte gesucht wurden, um dem verwahrlosten Schul- und Unterrichtswesen im Kaiserstaate aufzuhelfen, betheiligte sich auch S. energisch an dieser Aufgabe und zuletzt nahm Schindler den Antrag Born’s an, nach Böhmen in das Stift Tepl zu reisen und dort die neue Schuleinrichtung einzuführen, zu gleicher Zeit aber einige junge Cavaliere, welche Born’s Freund, der dortige Prälat Graf Trauttmansdorff, bei sich hatte, in mehreren wissenschaftlichen Fächern zu unterrichten. So war es Schindler, welcher mit noch zwei anderen tüchtigen Männern, mit Kindermann von Schulstein [Bd. XI, S. 269] und Scholz, deren Ersterer zu Kaplitz, Letzterer aber zu Friedland wirkte, den ersten Grund zu einer verbesserten Unterrichtsmethode in Böhmen legte, auch einige geschickte Lehrer, welche nach der neuen Methode unterrichteten, heranbildete. Nach anderthalbjähriger Thätigkeit in Tepl, nachdem er durch Umsicht und Klugheit allen Widerstand, der sich gegen das neue System erhoben, besiegt hatte, wurde S. mit kais. Hofdecret vom November 1774 zum Normalschuldirector ernannt und ihm die Wahl der Hauptstadt in einem der k. k. Erbländer, weil nur in denselben eigentliche Normal- und Musterschulen angelegt wurden, freigestellt. Schindler, der von Tepl aus Böhmen und auch Prag besucht hatte, entschied sich für letzteres und traf in den letzten Tagen des Jänner 1775 in Prag ein, um sein neues Amt anzutreten. Nicht wenig Hindernisse stellten sich dem Neuangekommenen entgegen; der alte Schlendrian war zu tief eingewurzelt, um so leicht ausgerottet werden zu können. Die verjährten alten untauglichen Vorschriften, die alten, im Zopfthum verrotteten Lehrer, die des Schlendrians gewöhnten Kinder, die dummen, unwissenden Eltern, die ganze ungebildete Volksmasse, die jeder Reform zum Besseren von vorne herein abhold ist. Alles machte Chorus und Front gegen den verwegenen Neuerer, der so vielen widerstrebenden Elementen Trotz zu bieten wagte. S. ließ sich nicht einschüchtern, er [4] ging muthig seinen Schritt vorwärts, nichts über’s Knie brechend, aber auch nicht, wo er im Rechte war, sich beugend, und so schreibt sein Biograph, „währte es nicht lange, daß sich bei den Eltern statt Haß – Hochachtung, bei den Schulleuten statt Widerwillen – Dankbarkeit, bei der Jugend statt Furcht und Abneigung – Liebe und Zutrauen einfanden“. Solche Erfolge steigerten Schindler’s Thatkraft und weckten sein Nachdenken, das immer auf neue Mittel sann, wie auf dem betretenen Wege im Unterrichtswesen immer bessere und glänzendere Erfolge zu erzielen seien. Er faßte seine Ansichten in dem Werke: „Der Hauslehrer oder Beiträge zum Privatunterricht in den nöthigsten Lehrgegenständen“ (Prag 1778, 8°.), welches auf Kosten der damaligen kön. böhmischen Schulcommission gedruckt wurde, zusammen. Kaiser Joseph belohnte den tüchtigen Schulmann mit einer jährlichen Remuneration und ließ ihm seine Zufriedenheit in einem besonderen Belobungsschreiben zu erkennen geben. Außer der genannten Schrift veröffentlichte S. das Werk: „Tröstung für den Bürger“ (Prag 1782), eine auch im Auslande beifällig aufgenommene Schrift, welche wesentlich dazu beitrug, daß nach Schindler’s frühem Tode seine Witwe nicht ohne Unterstützung blieb. Mehrere kleinere, die einzelnen Gegenstände der Erziehung behandelnde Aufsätze hat S. in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. Schindler’s Eifer in seinem Amte hatte seine ohnehin nicht sehr kräftige Gesundheit schwer angegriffen, und endlich erlag er im schönsten Mannesalter von erst 40 Jahren einem langwierigen schweren Leiden. Unter den Reformatoren des Unterrichts in Böhmen, wo es die thurmhohen Dämme des Unverstandes und Aberglaubens, des Zelotismus und Glückseligkeitsdusels in der Unwissenheit niederzureißen und an dessen Stelle ein anderes positives: Lernlust, Bildungseifer, Wissensdurst zu setzen galt, wird Schindler’s Name neben jenem Kindermann’s von Schulstein immer genannt werden.

Kunitsch (Michael). Biographien merkwürdiger Männer der österreichischen Monarchie (Gratz 1805, Tanzer, 8°.) Bdchn. II, S. 61 bis 76.