Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schermaul, Jenny
Band: 29 (1875), ab Seite: 214. (Quelle)
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Scherffer, Karl (Mathematiker und Naturforscher, Priester der Gesellschaft Jesu, geb. zu Gmunden in Oberösterreich 9. November 1716, gest. zu Wien 24. Juli 1783). Nachdem er das Gymnasium und die Humanitätsclassen zu Steyr beendet, trat er im Jahre 1736, damals 16 Jahre alt, in den Orden der Gesellschaft Jesu. In Gratz hörte er die Philosophie und kam im Jahre 1739 nach Krems in Niederösterreich, um daselbst in der ersten Humanitätsclasse zu lehren. In den Jahren 1740 und 1741 studirte er in Wien unter seinem berühmten Ordensgenossen Erasmus Fröhlich [Bd. IV, S. 375] Mathematik und mit ihr verwandte Wissenszweige, alsdann kam er nach Gratz, wo er die theologischen Studien beendete und im Jahre 1746 die Weihen erlangte. Nachdem er 1748 zu Judenburg das dritte Probejahr zurückgelegt, kehrte er nach Gratz zurück, wurde dort Magister der Philosophie und Lehrer der Mathematik und im Jahre 1750 überdieß noch Aufseher der Sternwarte, welche Stelle sich jedoch von selbst aufhob, da es an den nöthigen Instrumenten fehlte und somit alle Beobachtungen unterbleiben mußten. Im Jahre 1750 wurde er Mitglied der philosophischen Facultät an der Wiener Hochschule und 1751 öffentlicher Lehrer der Anfangsgründe der Mathematik und Physik. Als mathematischer Lehrer zeigte S. eine solche Tüchtigkeit, ja, man kann es dreist sagen, ein solches Rechengenie, daß seine Ordensobern ihn zum Lehrer der Mathematik für diejenigen seiner Mitbrüder erwählten, die, im Jesuitenorden Repetentes Matheseosgenannt, nachdem sie einen strengeren [215] Unterricht in den mathematischen Wissenschaften empfangen hatten, zu Lehrern aus der Mathematik an den verschiedenen Ordenscollegien oder anderen Lehranstalten bestimmt wurden. Er versah dieses Lehramt bis zur Aufhebung seines Ordens, worauf seine Ernennung zum ordentlichen Professor der höheren Mathematik an der Wiener Hochschule erfolgte, welche er bis an seinen im Jahre 1783 im Alter von 67 Jahren erfolgten Tod bekleidete. S.’s Thätigkeit geht im Lehren und schriftstellerischen Arbeiten auf. Die Titel derselben sind in chronologischer Folge: „De ascensu Mercurii in Barometro. Carmen“ (Graecii 1749, 8°.); – „Institutionum Physicae pars J. seu Physica generalis ... Pars II. seu Physica specialis“ (Viennae 1752; edit. 2da 1764; edit. 3ia 1768, 8°); – „Institutiones metaphysicae ...“ (ibid. 1754, 8°.); – „Institutiones logicae …“ (ibid. 1754, 8°.); die Metaphysik und Logik zusammen in einer neuen Ausgabe (ebd. 1763, 8°.); – „Cl. V. D. de la Caille lectiones elementares mathematicae, seu Elementa Algebrae et Geometriae ex editione Parisina a. 1756 in Latinum traductae ... cum correctionibus ab ipso authore communicatis“ (Viennae 1757, 4°.); – „Eiusdem lectiones elementares Astronomiae, Geometriae et Physicae; ex. edit. Paris, a. 1756 ... Accessit auctorii loco brevis theoria Micrometri obiectivi a R. P. Rog. Boscovich concinnata“ (ibid. 1757, 4°.); – „Eiusdes lectiones elementares mechanicae seu brevis tractatus de motu et aequilibris ex. edit. Paris, a. 1758 in Lat. traductus ...“ (ibid. 1759, 4°.); – „Brevis Theoria motus corporum proiectorum in medio non resistente viribus centralibus agentibus in ratione reciproca duplicata-distantiarum“ (ibid. 1760, 4°.); – „Dissertatio de cellulis apum“ (ibid. 1760, 4°.); – „Dissertatio physica de iride“ (ibid. 1761, 4°.); – „Dissertatio physica de coloribus accidentalibus“ (ibid. 1761, 4°.); von ihm selbst in’s Deutsche übersetzt und vermehrt (ebd. 1765, 8°.); – „De emendatione Telescopii dioptrici per vitrum objectivum compositum recens a Dollondo in Anglia inventa“. Cum. tab. aenea (ibid. 1762, 4°.); in’s Deutsche übersetzt (Leipzig 1764, Müller, 4°.); – „Ad lectiones elementares Astronomiae clar. viri de la Caille appendix complectens praecipuas mutationes quas author in ultima editione Parisina a. 1761 fecit ...“ (Viennae, Pragae et Tergesti 1762, 4°.); – „Calculi infinitesimalis Pars I. seu calculus differentialis expositus analysi infinita parvorum de Mar. Hospitalii, ex edit. Paris. a. 1716 ... Pars II. seu calculus integralis, expositus opere bipartito D. Bougainville ex edit. Paris. 1754 et 1756 ...“ (ibid. 1764, 4°.); – „Rog. Jos. Boscowich ... Abhandlung von den verbesserten Fernrohren; aus der Sammlung des Institutes zu Bologna sammt einem Anhange des Uebersetzers …“ Mit 2 Taf. (Wien 1765, gr. 8°.); – „Trigonometrischer Versuch von der Wahl des Standes, aus welchem man die Entfernung zweyer Oerter abmisst, deren nur einem beyzukommen ist, wenn in Bestimmung der nöthigen Winkel entweder nur in einem, oder in zweien, ein Fehler begangen wird“. Mit 2 K. K. (ebd. 1766, 8°.); – „Institutionum geometricarum Pars I. sive Geometria elementaris. Сum 14 tab. aen. Pars II. sive Trigonometria plana. Сum 10 tab. aen. Pars III. de lineis secundi ordinis sive de sectionibus conicis. Cum 11 tab. [216] aen. Pars IV. de curvis algebraicis altiorum ordinum et locis geometricis. Cum 13 tab. aen.“ (Viennae 1770 et 1771, 4°.); – „Institutionum analyticarum Pars I. sive Analysis quantitatum finitarum. Pars II. de calculo infinitesimali libri secundi de calculo integrali“ . Cum. 1 tab. aen. (ibid. 1772, 8°.); – „Institutionum mechanicarum Pars I. seu de motu et aequilibrio corporum solidorum ... Cum 13 tab. aen. Pars II. sive de motu et aequilibrio corporum fluidorum ... Cum 7 tab. aen.“ (ibid. 1770 et 1773, 4°.); – „Abhandlung von der Wasserschraube“. Mit 3 K. K. (Wien 1774, 8°.); – „Briefe an Herrn Max v. Mosshardt ... über einen Entwurf einer sphärischen Geometrie“ (ebd. 1775, 8°.); – „Institutionum opticarum partes quatuor ... Pars I. cum 6 tab. aen. Pars II. cum 9 tab. aen. Pars III. cum 7 tab. aen. Pars IV. cum 11 tab. aen.“ (ibid. 1775, 4°.); – „Institutiones geometriae sphaericae“ (Vindob. 1775, 4°.); – „Institutiones Astronomiae theoreticae ...“ (ibid. 1777, 4°.); – „Abhandlung über de geographische und orthographische Projection einer bei dem Pole zusammengedrückten Elliptoide, wie auch über die Figur des Erdschattens bei Mondfinsternissen“. Mit 6 K. K. (Wien 1778, gr. 8°.); – „Abhandlung von Serien oder Reihen, aus dem Lateinischen übersetzt und mit einigen Erläuterungen, auch vielen ganz neuen allgemeinen Zusätzen vermehrt und herausgegeben von Peter Paschkal von Lilienstern u. s. w.“ (ebd. 1782, gr. 4°.). In den Beyträgen zu verschiedenen Wissenschaften, herausgegeben von einigen österreichischen Gelehrten, veröffentlichte S. die „Berechnung des Momentes der Trägheit einiger Körper, deren Theile durchaus gleichförmig sind und die in mechanischen Untersuchungen öfteren Gebrauch haben können; sammt der Anwendung auf die Bestimmung der Länge eines einfachen Penduls“. S. war ein ausgezeichneter Mathematiker; als man ihm die Professur der Mathematik an der Wiener Hochschule verlieh, hatte man ihm Wolff’s „Elementa matheseos universae“ als Lehrbuch angewiesen. S. verwarf sofort dieses voluminöse Werk, das ihm nichts weniger als geeignet erschien, Sinn und Liebe für die abstracte Wissenschaft zu wecken, und bearbeitete mit Geist und Geschick die Arbeiten de la Cailles für seine Zwecke; auch war er es, welcher der Erste an der Wiener Hochschule die Newtoniansche Philosophie einführte. Als er in den Jahren 1770 bis 1773 seine Elemente der Geometrie, Analysis und Mechanik hatte erscheinen lassen, so wanderte die ganze Auflage nach London und vollständige Exemplare dieses geschätzten Werkes gehören auf dem Continente zur Seltenheit.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1836, 8°.) Bd. IV, S. 525 [nach dieser geb. am 3. November 1716, gest. am 25. Juli 1783). – Stoeger (Joh. Nep.), Scriptores Provinciae Austriacae Societatis Jesu (Viennae 1855, Lex. 8°.) p. 313 [nach diesem geb. 9. November 1716, gest. 24. Juli 1783). – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1862, J. A. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 790 [nach diesem geb. zu Gmünden (statt Gmunden) am 3. November 1716, gest. am 25. Juli 1783].