Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Salviati, Anton
Band: 28 (1874), ab Seite: 155. (Quelle)
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Salvi, Matteo (Compositeur und vormals Director des Wiener Hof-Operntheaters, geb. in der Nähe von Bergamo im Jahre 1820). Seine Eltern, Eigenthümer eines kleinen ländlichen Besitzes, waren im Stande, dem Sohne eine seinen Neigungen und Talenten entsprechende Erziehung zu geben. So kam Matteo im Alter von acht Jahren an das berühmte Liceo musicale in Bergamo, welches damals unter der Leitung des großen Maestro Simon Mayr [Bd. XVIII, S. 169, Nr. 108] stand. In diesem Institute, aus welchem Künstler, wie Bordogni, David, Donizetti, Donzelli, Marini, Nozari, Rubini, hervorgegangen, bildete sich S. im Gesange und in der Composition und mit so günstigem Erfolge, daß er im Alter von 18 Jahren die Stelle des Clavierlehrers Dolci, als dieser das Institut verließ, übernehmen konnte, auch wurde er ungeachtet seiner Jugend mit der Stelle eines Dirigenten der Oper betraut. Vier Jahre versah nun S. das Amt des Opern-Capellmeisters, und zwar nacheinander an beiden Theatern in Bergamo. Unter seiner Leitung kamen die besten älteren und neueren Werke auf die Scene. Dessenungeachtet fand der junge Künstler immer noch Zeit, sich mit Composition zu beschäftigen, und einige Kirchen- und Kammerstücke, etliche symphonische Compositionen, ja bereits eine große Messe stammen aus dieser Periode seines Lebens. In seinem Drange nach höherer Ausbildung begab sich S. nach Wien, um dort seine musikalischen Studien fortzusetzen. Im September 1842 kam S. in Wien an und wurde ein Schüler des berühmten Simon Sechter. Schon nach zwei Jahren trat er mit seinem ersten dramatisch-musikalischen Versuche vor; es wurde nämlich seine einactige Oper: „La Primadonna“ im Kärnthnerthor-Theater zur Aufführung gebracht und mit Tadolini und Rovere in den Hauptpartien mehrere Male mit Beifall gegeben. Dieser günstige Erfolg brachte ihm einen erfreulichen Auftrag aus Mailand und S. schrieb nun für die Scala die große Oper: „Lara“, welche unter der Mitwirkung der Alboni, Tedesco’s, Debassini’s so gefiel, daß er auch für die nächste Stagione 1845 mit dem Auftrage der Composition einer neuen Oper betraut wurde. Diese hieß: „I Burgravi“. Nun wendete sich S. wieder nach Deutschland und nahm, als Director Cerf im Königstädter Theater zu Berlin eine italienische Operngesellschaft zusammenstellte, den Posten als Capellmeister und Compositeur an derselben an, ohne jedoch ihn anzutreten, da das Unternehmen in’s Stocken gerieth. S. beschäftigte sich damals mit der Composition seiner großen Oper: „Katherina Howard“’. Nachdem also das Unternehmen Cerf’s gescheitert, begab sich Salvi nach Wien, wo er im Jahre 1847 die vorgenannte Oper unter Balochino’s Leitung zur Aufführung brachte und der Erfolg ein so glücklicher war. daß man ihm für die nächstfolgende italienische Saison die Stelle eines Capellmeisters bei der italienischen Oper zugedacht hatte. Aber es kam Alles anders, als man erwartet hatte. Das Jahr 1848 hatte alle Pläne umgeworfen. Die italienische [156] Saison in Wien hatte für Jahre ein Ende genommen und Salvi mußte allen Erfolgen des öffentlichen Lebens Valet sagen und sich sein tägliches Brot nunmehr als Gesangslehrer verdienen. In dieser Periode war er bei einer großen Production thätig, nämlich bei der Aufführung des Rossini’schen Stabat Mater durch Mitglieder der höchsten Aristokratie in Wien in Verbindung mit dem Orchester des Hof-Operntheaters. Auch hatte man ihn ausersehen, die im völligen Verfalle begriffene Akademie der Tonkunst davon zu erretten und übertrug ihm die Leitung des Institutes, das unter seiner energischen Führung einen neuen, wenngleich auch nur vorübergehenden Aufschwung nahm. Als dann im Jahre 1854 das bekannte Monstre-Concert abgehalten wurde, an welchem sich mehr denn 1500 Musiker betheiligt hatten, da war es S., der den Tactstock schwang über diese gewaltige Masse, und die Befähigung, große Musikkörper zu dirigiren, vollends an den Tag legte. Bis zum Jahre 1860 dauerte dieses nur durch zeitweiliges Hervortreten unterbrochene Stillleben S.’s, als das Verlangen, eine italienische Oper wieder zu hören, sich in immer weiteren Kreisen kundgab. Von maßgebender Seite erhielt S. den Auftrag zur Zusammenstellung einer Gesellschaft, welche, anfänglich für die kaiserliche Bühne bestimmt, doch ihre Vorstellungen im Theater an der Wien eröffnete. In diese Zeit fällt auch die Verhandlung wegen des Fortbestandes der k. k. Oper, ob dieselbe wie bisher als selbstständig fortzuführen, oder aber, wie dieß schon früher vorgekommen, zu verpachten sei. Man hatte sich für die Selbstständigkeit des Kunstinstitutes entschieden und im Jahre 1860 Matteo Salvi zum provisorischen artistischen Director desselben berufen. S., dessen Anstellung in der Zwischenzeit aus einer provisorischen in eine definitive verwandelt worden, führte das Directorium bis Ende August 1867. Ueber seine Bühnenleitung wurden entgegengesetzte Urtheile laut, und nicht selten war S. in öffentlichen Blättern Gegenstand boshafter und bitterer Angriffe. Auch da mag die Wahrheit in der Mitte liegen. Innerhalb seiner siebenjährigen Bühnenleitung hat S. eine stattliche Reihe von Opern und Ballets zum ersten Male, eine nicht minder große Zahl neu einstudirt zur Aufführung gebracht, und zwar 24 neue Opern und 17 Reprisen, außerdem 4 neue italienische Opern und 4 Reprisen. Aus den Titeln der neuen dürfte die Richtung, welche Director Salvi cultivirte, sich kundgeben; 1860: „Die Kinder der Haide“; – 1861: „Das Glöckchen des Eremiten“; – „Die Verschworenen“; – „Hanns Heiling“; – „Die Heimkehr aus der Fremde“; – „Faust“; – die Ballete: „Rosine“, – „Gräfin Egmont“, – „Eine ländliche Scene“; – 1862: „Wanda“; – die Ballete: „Eine Sylphide in Peking“, – „Monte Christo“; – 1863: „Lolla Rookh“; – „Rhein-Nixen“; – das Ballet: „Jutta“; – 1864: „Concino Concini“; – „Dinoraoh“; – das Ballet: „Waldfräulein“; – 1865; „Waffenschmied“; – „Sängers Fluch“; – die Ballete: „Flick und Flock“; – „Gazella“; – 1866: „Ilka“; – das Ballet: „Fiornello“ und die italienischen Opern 1864: „Un ballo in Maschera“; – „Saffo“; –1865: „Tutti in Maschera“; – 1867: „Crispino e la Comare“. Sonst fällt noch in Salvi’s Directionsperiode die Gründung der Opernschule, wozu er die Anregung gegeben, die aber bald wieder aus finanziellen und anderen Gründen aufgelassen wurde. Auch war er bei der Einrichtung des neuen [157] Opernhauses in eifrigster Weise thätig, die Skizzen der neuen Decorationen mußten ihm vorgelegt werden und bei seinem Abgange hinterließ er ein Inventarium von 60 für das Opernhaus neu hergestellten Decorationen. Freilich wissen Eingeweihte mancherlei Pikantes über die Kunstansichten des Directors zu berichten, wovon Einiges die „Presse“ 1867, Nr. 272, in der Rubrik: „Künstlerische Ansichten über neue Decorationen“ ausplauderte. Als S. in den Ruhestand versetzt wurde, ward ihm ein Antheil, wenngleich nur ein sehr bescheidener, an der weiteren Directionsführung des Operntheaters zugewiesen und ihm die Pension unter der Bedingung zuerkannt, daß er die Engagement für die italienische Saison des Operntheaters treffe und nöthigenfalls auch die Direction der Stagione in Wien führe. Was Salvi’s im Drucke erschienene musikalische Werke betrifft, so sind anzuführen: „Caterina Howard. Melodramma tragico“ (Milano, Lucca); – „Lara tragedia lirica“ (ibid., Ricordi); – „La Primadonna“ (Wien, Mechetti); – „Recitativo ad Aria: „Ambo nuttrimmo un seno“ per T.“; – „Recitativo e Duetto: „Ah! Spietata, il core avete“, per S. e Pf.“; – „Recitativo e Duetto“; – „T’amo come il rio la sponda, per S. e T.“ (alle drei bei Ricordi in Mailand); – „Sinfonia“, aus der Oper Lara (ebd.); – „Il desiderio (die Sehnsucht), Barcarola“; – „L’incostante (die Treulose), Ballata“; – „L’appuntamento (das Stelldichein), Tirolese“; – „La sventura (das Mißgeschick), Romanza“; – „Preghiera (die Bitte), Romanza“; – „L’invito (die Einladung), Serenata“. Diese 6 Nummern auch unter dem Gesammttitel: „Premieres pensées musicales. 5 Ariettes et 1 Duo italiens“ (Wien, Mechetti); – „Ah già s’apre al mio pensiero. Aria per Contralto“, Einlagsstück in L. Ricci’s Oper: „Chi dura vince“. Die handschriftlichen Original-Partituren der beiden Opern: „I Burgravi“ und „La Primadonna“ befinden sich in der merkwürdigen und ungemein reichen Sammlung musikalischer Autographen der Familie Ricordi in Mailand.

Presse (Wiener polit. Blatt) 1867, Nr. 75, im Feuilleton: Salve, Salvator, Salvi“ von J. C. H.; – dieselbe 1867, Nr. 272: „Künstlerische Ansichten über neue Decorationen“. – Porträt. Ein solches, wenngleich als Zerrbild, aber nichtsdestoweniger ähnlich, bringt der „Kikeriki“ 1867, Nr. 35.