BLKÖ:Rukavina von Vidovgrad, Georg Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 27 (1874), ab Seite: 248. (Quelle)
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Rukavina von Vidovgrad, Georg Freiherr (k. k. Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Ternovacz im Liccaner Grenz-Regimentsbezirke am 21. März 1777, gest. zu Temesvár 9. September 1849).; Die Rukavina stammen aus einer alten südslavischen Familie, welche, um Schutz zu suchen gegen die Einfälle der mohammedanischen Horden und um nicht ihrem christlichen Glauben entsagen zu müssen, ihre alten Wohnsitze verlassen und sich an den Küsten des adriatischen Meeres, welche unter venezianischer Hoheit standen, angesiedelt hatte. Später nahm sie mit anderen slavischen, aus gleichem Anlasse übersiedelten Familien an der Vertreibung der Türken aus Croatien, besonders aus der Licca und aus Karbovien in den Jahren 1686–1689 thätigsten und erfolgreichsten Antheil. – Georg’s Vater Dominik (Dujo) stand bereits in österreichischen Kriegsdiensten, hatte sich die Tapferkeitsmedaille erkämpft, im Preußenkriege im Gefechte bei Pessig, im Türkenkriege bei Ochignie, Bilaisko Polye und Bilay, im Kriege gegen die Franzosen bei Rivoli und Tarvis durch persönliche Tapferkeit ausgezeichnet und war in Würdigung seiner Verdienste im Jahre 1800 als Oberlieutenant im Liccaner Grenz-Regimente mit dem Prädicate von Vidovgrad geadelt worden. – Sein Sohn Georg, aus des Vaters Ehe mit Magdalena von Hechimovich, trat frühzeitig, nachdem er seine erste Bildung in der Militärschule zu Gospic erhalten, als Fourier in österreichische Militärdienste und kam Anfangs 1793 als k. k. Cadet in das Oguliner Grenz-Regiment. Schon im folgenden Jahre marschirte er mit dem Regimente zur Armee in Italien. Am 1. September 1795 wurde er Fähnrich im Gyulay’schen Freicorps, am 153. November 1797 Lieutenant in demselben und am 9. Juni 1798 in gleicher Eigenschaft zum 10. leichten Infanterie-Bataillon Siegenfeld übersetzt, in welchem er am 1. August 1799 zum Ober-, am 10. Jänner 1801 zum Capitän-Lieutenant vorrückte. In dieser Eigenschaft wurde er dreimal übersetzt, im November 1801 zum Ottočaner 2., im September 18053 zum Liccaner 1. Grenz-Regimente und schon im October d. J. zum 1. Dalmatiner Bataillon, aus welchem er am 16. Jänner 1806 als wirklicher Hauptmann zum St. Georger 6. Grenz-Regimente befördert wurde. Als solcher kam er Ende Mai 1809 zur croatisch-slavonischen Massen-Insurrection, wurde am 19. Jänner 1810 zum Major im Deutsch-Banater 12. Grenz-Regimente befördert und als solcher Anfangs September 1813 zum Ottočaner 2. Grenz-Regimente übersetzt, in welchem er am 3. Februar 1814 zum Oberstlieutenant ernannt wurde. Ende März 1818 wurde R. Oberst im Oguliner 3. Grenz-Regimente und am 20. August 1829 General-Major, im Jahre 1836 Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär zu Peterwardein, 1844 Festungscommandant in Temesvár, 1849, einen Monat vor seinem im Alter von 72 Jahren erfolgten Ableben, Feldzeugmeister. Am Monatstage des Entsatzes – am 9. August 1849 war die Festung Temesvár entsetzt worden – endete der tapfere General sein vielbewegtes Leben. Als vorzüglichste Momente seines 55jährigen Dienstes sind hervorzuheben seine tapfere Haltung bei San Giacomo im Genuesischen am [249] 16. Juli 1795, wo er mit dem Großvater des Verfassers dieses Lexikons unter den Helden des Tages genannt wurde. Rukavina, damals 18 Jahre alt, wurde für seine Tapferkeit bei dem Sturme auf die Verschanzungen von San Giacomo mit der goldenen Tapferkeitsmedaille geschmückt. Am 16. December 1796 that er sich bei dem Sturme auf Caliano in Südtirol hervor. Er commandirte die 60 Mann starke Avantgarde der zum Sturme beorderten Division. Nachdem bereits alle Officiere gefallen, übernahm er das Commando derselben, durchbrach trotz hartnäckigster Gegenwehr des Feindes dessen Linien, nahm eine Kanone und machte 200 Gefangene. Am 6. Jänner 1801 erprobte er bei der Vertheidigung der Etschbrücke bei Trient seine schon bewährte Tapferkeit; im Jahre 1809 bei Landshut, wo er an der Spitze seiner Compagnie gegen einen weit überlegenen Feind die Brücke über die Isar mehrere Stunden lang vertheidigte; bald darauf bei der Zerstörung der Fahrzeuge auf der Salzach und zuletzt bei Aspern, wo er an der Spitze seiner Compagnie solche Tapferkeit bewies, daß er nach der Schlacht zum Major befördert wurde. In derselben wurde R. schwer verwundet, kämpfte aber dessenungeachtet fort, bis er, vom Blutverluste erschöpft, vom Kampfplatze getragen werden mußte. Im Jahre 1813 eilte er in sein Vaterland, das noch in Feindesmacht sich befand, berief alle Waffenfähigen unter seine im Namen des Kaisers erhobene Fahne, eroberte Otochaz und marschirte dann mit seinem vollkommen ausgerüsteten Bataillon zur Armee nach Italien. Am 10. März 1814 kämpfte er mit nur drei Compagnien seines Bataillons gegen den viermal stärkeren, einen Ausfall aus Mantua unternehmenden Feind. Mit gefälltem Bajonnete warf er sich ihm entgegen, tödtete den französischen Oberst Vasale, noch 2 andere Officiere und nahm 50 Mann gefangen. In der darauf gefolgten Friedenszeit bewies er sein Organisationstalent, da er, zum Obersten des ganz verwahrlosten Oguliner-Regiments ernannt, dasselbe alsbald in solchen Stand setzte, daß es den übrigen Regimentern der Armee nicht nachstand. Im Jahre 1835 riefen ihn die Raubzüge der benachbarten Bosniaken auf den Kampfplatz. Bei Groß-Kladus unweit Zettin brachte er Anfangs Juni g. J. den an 12.000 Mann starken Bosniaken eine solche Niederlage bei, daß sein Name fortan in Bosnien allgemein gefürchtet war. Seinen Heldenmuth sollte er noch einmal in den Revolutionsjahren 1848 und 1849 bewähren. Er war damals Festungscommandant von Temesvár. Einem drohenden Auftrage des ungarischen Ministeriums ddo. 12. October 1848, das Commando der Festung an den General Haller zu übergeben, leistete R. nicht Folge, und nun galt es, die Festung gegen die Revolutionsarmee zu halten. Und R. hielt sie. Er versah sich mit Proviant auf drei Monate, formirte eine Besatzung von nicht ganz 9000 Mann, leistete gegen alle Angriffe tapferen Widerstand und wies alle Aufforderungen zur Uebergabe mit Entschiedenheit zurück. Am 9. August fand auf den Feldern von Temesvár der entscheidende Sieg Statt und die Festung war gerettet. Am Abende vor der Schlacht öffnete sich Haynau an der Spitze einiger Cavallerie-Abtheilungen durch die Mitte der Feinde die Bahn zu den Festungsthoren. Nachdem er eingelassen worden, schmückte er die Brust des tapferen R. mit dem Maria Theresien- und dem kais. russischen St. Georg-Orden. [250] 20.000 schwere Bomben waren während der Belagerung in die Festung geschleudert worden; Typhus, Cholera und andere Seuchen wütheten unter der bereits auf ein Drittheil reducirten Besatzurig; der auf drei Monate vorhandene Proviant war, da die Belagerung schon vier Monate währte, beträchtlich geschmälert worden und der Feind hatte bereits die dritte Parallele eröffnet. Aber Feldmarschall-Lieutenant Rukavina hielt Stand und war also das Aeußerste geschehen, als der Entsatz Rettung brachte. Einen Monat später erlag der Held einem nicht taglangen Leiden. R.’s Verdienste um den Staat und seine Monarchie wurden außer den schon erwähnten Auszeichnungen noch mehrfach gewürdigt; im Jahre 1824 erhielt R. den ungarischen Adelstand; im Jahre 1834 wurde er Vice-Landescapitän der Königreiche Croatien, Slavonien und Dalmatien; für seine Waffenthat gegen die Bosniaken verlieh ihm der Kaiser im Jahre 1835 das Ritterkreuz des Leopold-Ordens, im folgenden Jahre wurde er Inhaber des 61. Infanterie-Regiments und 1840 in den Freiherrnstand erhoben. Als er den Ungarn im October 1848 die Uebergabe der Festung Temesvár an den ungarischen General Haller verweigerte, fügte der damals Höchstcommandirende Fürst Windisch-Grätz dem an ihn gerichteten Anerkennungsschreiben die Worte bei: „Sie haben sich damit den Dank unseres Monarchen und des gesammten Vaterlandes im gleichen Grade erworben“. Wenige Tage vor seinem Tode schmückte ihn noch Se. Majestät der Kaiser mit dem Orden der eisernen Krone 1. Classe. Freiherr Rukavina war (seit 27. December 1810) mit Cäcilie geb. Wohlgemuth von Greiffenthal und Dobrovolich vermält. [Ueber den Familienstand vergleiche weiter unten die Quellen.]

Adelstands-Diplom für Dujo (Dominik) Rukawina ddo. Wien 19. Jänner 1840. – Freiherrnstands-Diplom ddo. Wien 29. Juli 1840. – Oesterreichischer Soldatenfreund (Wien, 4°.) II. Jahrg.(1849), Nr. 12 u. S. 524; III. Jahrg. (1850), Nr. 71 „Ehrenhalle“; V. Jahrg. (1852), S. 432: „Ein Zug patr. Edelsinns“. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 1596 u. 1752. – Wiener Zeitung 1849, Nr. 228. – Strack (Joseph), Die Generale der österreichischen Armee. Nach k. k. Feldacten und anderen gedruckten Quellen (Wien 1850, Jos. Keck u. Sohn, 8°.) [nach diesem geb. im J. 1779]. – Schlesinger, Aus Ungarn (Berlin 1850, Duncker, 8°.) S. 171. – Schimmer (Karl August), Bilder der Heimath. Oesterreichische Volksschrift (Wien 1853, Pichler’s Witwe und Sohn, Lex. 8°.) S. 171. – Meynert (Herm. Dr.), Kaiser Franz I. Zur Geschichte seiner Regierung und seiner Zeit (Wien 1871, Holder, 8°.), im Register. – Porträt. Gez. von Umlauf, lith. von Ed. Kaiser (Wien, Paterno, Fol.).
Heutiger Stand der Freiherrnfamilie Rukavina von Vidovgrad. Freiherr Georg von R. hinterließ aus seiner Ehe mit Cäcilia von Wohlgemuth zwei Kinder, den Sohn Alfred und die Tochter Maria. Diese letztere (geb. am 2. Juni 1815) war mit dem General-Major Joseph von Schurtter vermält und ist seit 1857 Witwe. Sie lebt in Warasdin. Des Sohnes Alfred (geb. 29. December 1812) Gattin ist (seit 12 August 1830) Ludmilla Pirkmayer von Püchelberg. Sowohl er (gest. 29. August 1851) wie seine Gattin sind bereits gestorben und es sind nur mehr die Kinder dieser Ehe, die Enkel des Feldzeugmeisters Georg, vorhanden, und zwar: Georg (geb. 14. Februar 1834), lebt als Gutsbesitzer und Chef des Hauses in Ungarn, und dessen Geschwister Adelheid (geb. 27. December 1831), Auguste (geb. 10. Jänner 1833), Ladislaus (geb. 12. December 1836), Officier in der k. k. Armee, Isabella (geb. 3. Februar 1839), Emerich (geb. 16. August 1844), Soldat, Amalie (geb. 4. Juni 1837, gest.) und Constantia (geb. 3. März 1846). [Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser (Gotha; Just. Perthes, 32°.) I. Jahrg. (1848), S. 314 u. 315.]
[251] Freiherrliches Wappen der Rukavina von Vidovgrad. Quadrirter Schild mit Herzschild. Herzschild: In Roth ein auf dem Fußende schreitender geharnischter Mann mit offenem Visir, in beiden Händen eine natürliche, zum Stoße gestellte Lanze haltend. Hauptschild. 1: in Blau ein aus der Theilung aufsteigender schroffer Felsen, auf demselben die Ruine einer Veste in natürlicher Farbe; 2: in Silber auf einem gleichfalls aus der Theilung und am linken Seitenrande sich erhebenden grünen Berge eine einwärts gestellte abgeprotzte Kanone; 3: in Gold ein blauer gestürzter Mond, welcher mit zwei in Form eines Andreaskreuzes gestellten, mit silbernem Halbmonde bespitzten Lanzen, von denen zwei Roßschweife herunterhängen, unterlegt ist; 4: in Blau schreitet auf einer mit einem Geländer versehenen hölzernen Brücke ein silberner Löwe mit rothausgeschlagener Zunge; die das Feld durchziehende Brücke erhebt sich über einem am Fußrande sich verbreitenden Gewässer auf drei Pfeilern, von denen jeder aus drei übereinander liegenden natürlichen Steinen gebildet ist. Auf dem Schilde ruht die Freiherrnkrone, auf welcher sich ein in’s Visir gestellter gekrönter Turnierhelm erhebt. Die Krone des Helms trägt einen offenen, mit den Sachsen gegeneinander gekehrten schwarzen Adlerflug, dem ein mit dem Elbogen auf der Krone aufliegender geharnischter Arm eingestellt ist, dessen Hand ein blankes Schwert an goldenem Gefäße zum Streiche erhebt. (Es ist das in den Wappen aller Rukavina wiederkehrende Wappenbild.) Die Helmdecken rechts sind roth, links blau, beiderseits mit Silber unterlegt. – Das frühere Adelswappen besaß den Helmschmuck und im quergetheilten Felde oben den geharnischten Ritter des Herzschildes und unten die Veste auf dem Felsen von Feld 1 des freiherrlichen Wappens.