BLKÖ:Ruhedorf, Ferdinand von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Rufinatscha, Johann
Band: 27 (1874), ab Seite: 246. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Ferdinand von Ruhedorf in Wikidata
GND-Eintrag: 103754865, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Ruhedorf, Ferdinand von|27|246|}}

Ruhedorf, Ferdinand von (Naturforscher, lebte zu Anbeginn des laufenden Jahrhunderts). Diesem Manne sind nicht unwichtige Entdeckungen über die physikalischen Verhältnisse einer noch heute zum größeren Theile terra incognita, nämlich des Temesvárer Banates, zu verdanken. Ruhedorf stand in österreichischen Staatsdiensten, und zwar bei der Feldkriegs-Abtheilung früher in Mailand, dann als k. k. Feldkriegs-Secretär, Referent und Kanzleidirector bei dem Banater General-Commando in Temesvár. Dabei war er ein eifriger Naturforscher, der, wo er hinkam, die naturhistorischen, vornehmlich mineralogischen Verhältnisse der Gegend studirte und in Folge dessen manche nicht unwichtige Entdeckung machte. Noch während seines Aufenthaltes in Mailand fand er einen ungemein ergiebigen Anbruch von Feuersteinen, der trotz seiner Reichhaltigkeit und Vortrefflichkeit nur deßhalb nicht bearbeitet wurde, weil die Regierung noch einen zehnjährigen Contract mit einem Unternehmer auf Lieferung galizischer Feuersteine hatte, die überdieß viel theurer zu stehen kamen. Als man eben daran ging, einen Handel mit diesen lombardischen Feuersteinen in’s Ausland einzurichten, drangen die Franzosen in die Lombardie. Wohl wurden die Feuersteingruben in größter Eile verschüttet, aber von den Franzosen alsbald wieder aufgefunden, welche in derselben [247] die trefflichen Feuersteine für ihre Armee erzeugen ließen. Als R. in der Folge seinen Posten in Temesvár angetreten hatte, benützte er die Muße seines amtlichen Berufes, um sich mit dem physikalischen Charakter der dortigen Gegend vertraut zu machen. So entdeckte er zunächst zwei sehr mächtige erloschene Vulcane, die, obgleich 18 Meilen von einander getrennt, doch Communication gehabt zu haben scheinen. Grisellini [Bd. V, S. 354] in seinem Versuch einer politischen und natürlichen Geschichte des Temesvárer Banates fand in ganz Ungarn und im Banate keine Spur von Vulcanen. Auf dem einen der von R. gefundenen Vulcane, der den Namen „Gutmann“ führt, gewahrte R. mehrere beträchtliche runde Plätze, auf denen auch im stärksten Winter kein Schnee liegen bleibt, wenn derselbe rund herum auf 2–3 Schuh hoch liegt, was doch auf eine aus dem Innern der Erde herkommende Erwärmung der äußeren Erdrinde schließen läßt. Auf diesem Berge fand R. Puzzuolan-Erde in großen Mengen, dann Ockererde von himmelblauer, rother, brauner, grauer und schwarzer Farbe, welche zur Farbenbereitung sehr geeignet erscheinen. Ferner entdeckte er zwei Eisenberge mit reichen Kupfer- und Bleigruben; in einem dieser Eisenberge einen Gang von vortrefflichem, stark anziehendem Magnetsteine. Da der Vorrath der Erze ein ungemein großer, so bildete R. sofort eine Privatgewerkschaft, welche in kurzer Zeit einen Erzvorrath von über 200.000 fl. zu Tage förderte. Bei seinen Untersuchungen der Pflanzen entdeckte er große Mengen von Rhus cotinus, einer trefflichen Gartenpflanze, die da ganz unbenutzt zu Grunde geht, während von derselben aus Deutschland große Mengen jährlich an die griechischen Handelshäuser in der Walachei und in Serbien ausgeführt werden. Aus den in beträchtlicher Menge wachsenden Ahornbaumen, wie aus dem Safte des Wallnußbaumes (Juglans regia) begann R. in größeren Mengen Rohzucker zu erzeugen; da aber amerikanischer und englischer Zucker über die türkische Grenze stark eingeschmuggelt wurde, rentirte sich sein Unternehmen gar nicht und er mußte es wieder aufgeben. Hingegen war er glücklicher mit der Anlage von Baumwollepflanzungen, welchen sich jedoch später klimatische Hindernisse entgegenzustellen schienen. Im Jahre 1815 berichtete Karl Baron Meidinger [Bd. XVII, S. 277], mit dem R. in beständiger Correspondenz war, über Ruhedorf’s Versuche mit der Cultur der Waidpflanze (Isatis tinctoria), aus welcher er auf eine bisher unbekannte, ganz neue Weise Indigo herstellte, wovon Baron Meidinger in den vaterländischen Blättern ausführlichen Bericht erstattet. So ist denn Ruhedorf einer der ersten Pionniere, welcher Aufschlüsse brachte über ein zu seiner Zeit noch wenig beachtetes und noch heute wenig gekanntes Land, um dessen den klimatischen Verhältnissen entsprechende Cultur, nach verschiedenen Richtungen hin, er sich unbestreitbare Verdienste erwarb, die jedoch im Laufe der Zeiten ganz verschollen sind und nun hierin diesem Werke der unverdienten Vergessenheit entzogen werden, wenngleich seine Entdeckungen, Versuche und sonstigen Unternehmungen von dem Fortschritte der Zeit, und namentlich unserer auf naturwissenschaftlichem Gebiete Erstaunliches leistenden, längst schon weit überholt worden sind.

Erneuerte vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1814, Nr. 68: „Einige der neuesten naturhistorischen Entdeckungen im Temesvárer Banate von Herrn v. Ruhedorf; – dieselben. [248] 1815, Nr. 25, S. 161, im Artikel: Miscellen {enthaltend Meidinger’s Bericht über Ruhedorf‘s interessante Versuche mit der Waidpflanze und seine Methode der Indiogobereitung aus derselben].