BLKÖ:Rufinatscha, Johann

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ruffiny, Samuel
Band: 27 (1874), ab Seite: 245. (Quelle)
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Rufinatscha, Johann (Compositeur, geb. zu Mals in Tirol 1. October 1812). Dem Wunsche seiner Eltern gemäß sollte er sich dem geistlichen Stande und, da er für diesen nicht die geringste Lust zeigte, dem Lehrfache widmen. Im Alter von 14 Jahren reiste er mit einer kleinen Unterstützung, viel konnten seine Eltern ihm nicht mitgeben, nach Innsbruck, wo er aber statt für das Lehramt, wie es verabredet worden, sich auszubilden, seiner eigenen Neigung folgte und mit allem Eifer Musikstudien trieb. Darin förderte ihn zunächst die Bekanntschaft mit dem Organisten und Benedictinermönche Martin Goller [Bd. V, S. 261], der selbst ein tüchtiger Musicus und Componist war und den strebsamen R. mit Rath und That auf das Freundlichste unterstützte. Bei Alliani, Professor am Conservatorium zu Innsbruck, nahm R. Unterricht im Violinspiel. Neun Jahre arbeitete so R. an seiner musikalischen Ausbildung; nun begab er sich nach Wien, wo er bei dem berühmten Contcapunctisten Simon Sechter seine Studien fortsetzte. R. lebte seit dieser Zeit ununterbrochen in Wien, wo er zeitweise Concerte veranstaltete, insbesondere aber einer der gesuchtesten Lehrer für das Piano und in der Composition ist. Als Compositeur thätig, hat er doch verhältnißmäßig nur wenig veröffentlicht und mag wohl das Meiste im Pulte als Manuscript liegen haben. Die ersten Arbeiten, mit denen er, bald nachdem er in Wien bleibenden Aufenthalt genommen, vor die Oeffentlichkeit trat, waren „Drei Claviersonaten“, die erste bei Pietro Mechetti, die beiden anderen bei Witzendorf in Wien erschienen; eine Folge von fünf Streichquartetten, welche theilweise in öffentlichen Concerten und häuslichen Musikkreisen zur Aufführung gelangten, ist bisher ungedruckt; von drei Ouverturen erschien eine bei Schott in Mainz im Stiche, die [246] beiden anderen sind durch die Aufführung bekannt geworden; ebenso Symphonien, deren drei R. in eigenen Concerten zum Vortrag brachte; außerdem schrieb R. viele Lieder, Duetten, Arien mit Orchesterbegleitung. mehrere Cantaten mit Clavierbegleitung und eine Ballade mit Orchester, gemischtem Chor, Sopran- und Tenor-Solo. Von seinen im Stiche erschienenen Arbeiten sind noch anzuführen: „Symphonie für Orchester. Arrangement für Pianoforte zu 4 Händen“, Op. 13 (Wien, bei J. P. Gotthard); – „Phantasie für Pianoforte“, Op. 15 (ebd.); – „Sechs Charakterstücke für Pianoforte“, 2 Hefte, Op. 14 (ebd.); – „Grand Capriccio“ (Wien, bei Witzendorf), Robert Schumann gewidmet; – „Rondeau“ (Wien, bei Spina), Professor Dachs gewidmet; – „Drei Märsche“ (Wien, bei Mechetti), Franz Liszt gewidmet. Von seinen Schülern sind u. A. Brüll und Rappoldi zu nennen, welche bereits öffentlich als Virtuosen aufgetreten sind. Die Leipziger musikalische Zeitung, welche bei Gelegenheit der Beurtheilung mehrerer Werke R.’s diesen einen längeren, nicht panegyrischen, sondern strenge prüfenden Artikel widmet, bezeichnet R. in seiner Eigenschaft als Compositeur als einen gewissermaßen abgeschlossenen Charakter, in dessen Werken sich eine gewisse Selbstständigkeit des Wollens ausspricht; er steht mehr auf eigenen Füßen und ordnet fremde Einflüsse seinem eigenen Wesen unter, und wenn es seinen Arbeiten mitunter an durchsichtiger Klarheit, an Schönheit der Form, an feinem Geschmacke fehlt, so doch nie an Adel der Gedanken.

Allgemeine musikalische Zeitung (Leipzig, 4°.) VII. Jahrg. (1872), Nr. 1, Sp. 8, u. Nr. 2, Sp. 32. – Wiener allgemeine Musik-Zeitung (4°.) 24. u. 26. Februar 1846; 22. September 1847. – Zellner’s Blätter für Musik, Theater u. s. w. (Wien, kl. Fol.) XIV. Jahrg. (1869), Nr. 4, in den Kunstnotizen über Hellmesberger’s fünfte Quartett-Production. – Wiener Abendpost (Abendblatt der amtlichen Wiener Zeitung) 1869, Nr. 9, in der „Kleinen Chronik“ [erscheint daselbst irrig als Rufinatschka statt Rufinatscha]. – Wanderer (Wiener polit. Blatt) 1869, Abendblatt Nr. 12, in der Rubrik: Concerte. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1869, Nr. vom 13. Jänner, in Sp.(eidel)’s Besprechung des Quartetts Hellmesberger.