BLKÖ:Rothschild, die Familie, Münzsammlung

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 27 (1874), ab Seite: 140. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Rothschild in der Wikipedia
Rothschild in Wikidata
GND-Eintrag: 118603272, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Rothschild, die Familie, Münzsammlung|27|140|}}

IV. Die Münzsammlung des Hauses Rothschild. Ein Rothschild’scher Frankfurter Thaler. Der Esel des Hauses Rothschild. Schon in der Lebensskizze von Maier Anselm Rothschild [S. 132, Nr. 13], dem Stammvater des Hauses, ist von dessen Vorliebe für Münzen und von dessen Tüchtigkeit in der Münzkunde, welche ihn eben dem hessischen Landgrafen Wilhelm näher und ihn so eigentlich auf die erste Stufe zu seinem und [141] dem Glücke seines Hauses brachte, die Rede! gewesen. Nun, im 7. Hefte des „Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst“ bringt Dr. E. Rüppell Mittheilungen über die „Schaumünzen zum Andenken von Bewohnern Frankfurts oder in dieser Stadt gebornen Personen, worin auch interessante Aufschlüsse über den sogenannten „Münzschatz des Hauses Rothschild“ enthalten sind. Nach diesen Mittheilungen hätte der alte Maier Anselm verordnet, daß einer seiner Nachkommen immer Münzhandel treiben müsse, weil derselbe Eingang und Zutritt zu fürstlichen Herren oder ihren Ministern verschaffe. Die Verpflichtung hatte bis zu seinem Tode Maier Anselm’s ältester Sohn, der 1855 verstorbene Freiherr Anselm Maier, über sich, von dem sie auf Baron Maier Karl übergegangen sein soll. Nun sollen in der That Massen von Münzen aus allen Zeitperioden in Säcken aufgehäuft vorhanden sein und sich darunter – was leicht begreiflich – große numismatische Seltenheiten befinden. Die werthvollen und sehr beträchtlichen Serien griechischer und römischer Goldmünzen, welche im Mai 1825 im Frankfurter Pfandhause versetzt wurden und dem bekannten Sammler Baron von Schellersheim aus Rinteln gehörten, sind, als sie unrechtlicher Weise versteigert wurden, von Baron Rothschild um den Metallwerth angekauft worden. Die Erben des Pfandhaustaxators mußten nach fünfjährigem Processiren dem Baron von Schellersheim 6000 fl. Entschädigung bezahlen. [Proceßacten auf dem Frankfurter Stadtgerichte, Signatur S. 105, 2826.] Auch eine andere merkwürdige Sammlung großer, mitunter sehr gewichtiger Werthstücke in Gold, welche aus der von Persien im Jahre 1828 an Rußland entrichteten Kriegscontribution herrührt, befindet sich in Säcken aufgehäuft im Besitze des Hauses Rothschild. – Noch eine andere interessante Notiz befindet sich in dem vorangeführten Aufsatze, nämlich eine Aufklärung über die Veranlassung, warum in einem Zimmer einer jeden Familie, die zu den Freiherrn von Rothschild gehört, sich ein in Silber gearbeiteter Esel, der zwei Körbe trägt, befinden muß. Auch dieß ist eine Anordnung Maier Anselm’s und soll die Moral des folgenden orientalischen Märchens versinnbildlichen. Ein Fußreisender in sehr ärmlichen Umständen begegnete auf dem Wege nach Bagdad einem Eseltreiber, dessen Saumthier querüber zwei Körbe mit Steinen trug. In Folge der ungleichen Lastvertheilung hinkte das Thier sehr augenfällig und der Fußreisende konnte nicht umhin, seinen neuen Gefährten auf die Veranlassung dieses Hinkens aufmerksam zu machen, das nun durch Herstellung des Gleichgewichts bald beseitigt ward. Dieß veranlaßte ein längeres Gespräch zwischen beiden, durch welches der Eseltreiber wegen der praktischen Bemerkungen und leichten Auffassungsgabe des Anderen die Frage stellte, wie es denn komme, daß ein Mann von seinen Erfahrungen und Einsichten sich in so dürftigen Lebensverhältnissen befände; hierauf erzählte ihm der Fußgänger, daß jegliches Unternehmen, welches er mache, wenn auch dem Anscheine nach einen befriedigenden Erfolg versprechend, mißlinge und er sofort nach und nach alle Habseligkeit eingebüßt habe. Alsbald bittet der Eseltreiber seinen zufälligen Gefährten, ihn zu verlassen, weil er allein weiter reisen wolle; auch sein Saumthier hält er an und versetzt dessen Steinladung in die frühere ungleiche Gewichtsvertheilung; worauf wie natürlich der Esel bald wieder hinkt und so treibt er das arme Thier geduldig bis Bagdad, das er ohne weitere Zufälligkeit endlich erreicht. Die Moral dieses orientalischen Märchens ist: Lasse dich nie mit Menschen in einen Verkehr ein, die in Allem, was sie thun und unternehmen, Unglück haben; nicht einmal einen Rath, den sie dir geben, selbst wenn er augenscheinlich Vortheil bietet, sollst du beachten, denn er bringt dir als Endresultat kein Glück! Oder kurz ausgedrückt lautet dieser fatalistische Grundsatz: „Laß ich mich nicht berathen von Einem, der hat die Krätze“. – Im Rothschild’schen Münzenschatze dürfte dann auch noch ein anderes Münzcuriosum vorkommen, mit dem es sich folgendermaßen verhält. Baron Rothschild – welcher, ist nicht festgestellt, aber daß es ein Baron Rothschild ist, unterliegt keinem Zweifel – ließ eine Anzahl Thaler- und Halbthalerstücke mit dem Wappen der Stadt Frankfurt prägen. Zu gleicher Zeit wollte er einer durch ihre Schönheit berühmten, in Frankfurt lebenden Dame eine Huldigung erweisen und ließ auf der anderen Seite das Bild der Dame ausführen. Der Graveur that, wie ihm angegeben ward, und fügte noch auf eigene Faust etwas hinzu, was der Baron und die Dame für überflüssig fanden, nachdem sie es entdeckt, was aber diese Münze in die Reihe der größten Curiositäten brachte, da der Baron, sobald [142] er von dem Streiche des Graveurs Kenntniß erhielt, die bereits circulirenden Exemplare, so weit es ihm möglich war, aus dem Verkehre zog. Der Graveur hatte nämlich unter dem Kopfabschnitte der mit meisterhafter Aehnlichkeit ausgeführten und auch auf dem Medaillon sofort erkennbaren Dame mit einer für das freie Auge unsichtbar kleinen Schrift ihren vollen Namen (Amalie N.) eingravirt. Nun aber war es an dem nicht genug Ein mit dem Hause Rothschild rivalisirendes Frankfurter Haus gelangte in den Besitz eines Exemplares dieser Münze, entdeckte die Schrift und hatte nun nichts Eiligeres zu thun, als dieselbe vervielfältigen zu lassen und dieselbe in alle Welt zu versenden. Diese zweite Münze ist natürlich nicht selten und soll nur durch das schlechte Metall von der echten zu unterscheiden sein. – Ueber einen anderen Schatz, und zwar einen wirklichen Kunstschatz, nämlich über die herrliche Kunstsammlung des zur Zeit in Wien lebenden Freiherrn Anselm von Rothschild, worüber ein von Franz Schestag verfaßter ausführlicher Katalog in 4°. erschienen, vergl. das Nähere in der Lebensskizze des Freiherrn Anselm [S. 114 u. 115].