BLKÖ:Rosthorn, Matthäus Edler von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 27 (1874), ab Seite: 85. (Quelle)
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Rosthorn, Matthäus Edler von (Industrieller, geb. zu Wien 21. September 1782, gest. ebenda 3. Mai 1855). Matthäus ist der Chef eines Hauses, welches in der Geschichte der österreichischen Industrie, namentlich der Eisenindustrie, eine der hervorragendsten Stellen einnimmt. Sein Vater, gleichfalls Matthäus Rosthorn[WS 1] (geb. zu Preston in England 1721, gest. zu Wien 1805), war Metallerzeuger und wurde im Jahre 1765 von Kaiser Franz I. Stephan aus England nach Wien berufen, um einige Metall-Fabrikserzeugnisse, namentlich eine Knopffabrik in Oesterreich einzurichten, da bis zu diesem Zeitpuncte Oesterreich seinen ganzen und ziemlich großen Bedarf an Metallknöpfen aus England beziehen mußte. Auf welcher geringen Entwickelung die Industrie in Oesterreich damals stand, mag noch mehr daraus entnommen werden, daß Matthäus Rosthorn (der Vater) in Oesterreich die ersten kleinen Metallwalzen, Punzen oder Metallschlagwerke aufgestellt hat. Die Kaiserin Maria Theresia hat nach dem Tode ihres Gemals zur Etablirung der genannten Fabrik das Haus „Zum schwarzen Ochsen“ in der Ungargasse, Vorstadt Landstraße, bestimmt, worin auch andere Fabrikszweige untergebracht wurden. Dieses Haus war viele Jahre unter dem Namen „Commerzhaus“ bekannt. Matthäus R. (der Vater) hatte später dieses Haus in’s Eigenthum erworben, darin die Metallfabrikserzeugnisse durch Maschinen mit Hand- und Pferdekräften erweitert und diese noch viele Jahre daselbst fortbetrieben. Als nach einiger Zeit die Mittel nicht mehr ausreichten, den rasch gestiegenen Bedürfnissen zu entsprechen, entschloß sich R., die in Wien erzeugten Metallfabrikate auf Wasserkraft zu setzen, um ihnen jene Ausdehnung zu geben, welcher dem so stark gesteigerten Bedarfe entsprach. Auf diese Weise entstand im Pottensteiner Thale zu Fahrafeld auf dem Triestingbache das erste größere Metallwalzwerk – errichtet von Matthäus R. (dem Vater) in Gemeinschaft mit seinen Söhnen Thomas, Johann, Matthäus, August, Daniel und Franz. Die zuerst genannten, Thomas und Johann, waren geborne Engländer und sind mit ihrem Vater Matthäus nach Oesterreich eingewandert; die vier letztgenannten sind geborne Wiener, Söhne seiner zweiten Ehe, welche Matthäus R. (der Vater) mit einer Engländerin in Wien geschlossen hatte. Die durch Begründung der Metallwaaren-Fabrication in Oesterreich von Matthäus Rosthorn (dem Vater) erworbenen Verdienste wurden von Kaiser Joseph II. durch Erhebung desselben in den Adelstand mit dem Ehrenworte Edler von im Jahre 1790 gewürdigt. Auch die in Fahrafeld errichtete Metallwaarenfabrik war in geraumer Zeit nicht mehr genügend. Bald, nachdem Matthäus R. (der Vater) und dessen ältester Sohn Johann gestorben, einigten sich die überlebenden Brüder im Jahre 1816 [86] dahin, ihre zu Fahrafeld im Betriebe stehende Fabrik in das Pistingthal nach Oed zwischen Pernitz und Waldegg zu übertragen, was ihnen glücklich gelang, so zwar, daß im Jahre 1820 die dermalen bestehende Fabrik zu Oed in Gang gesetzt werden konnte, und dieses Etablissement ist seit dieser Zeit durch Vergrößerungen und Verbesserungen mit der Entwickelung der Industrie und den vermehrten Bedürfnissen unserer damaligen Zeit Hand in Hand gegangen. – Matthäus von Rosthorn (der Sohn) ist mit seinen Brüdern Daniel und August und Franz der Gründer der k. k. landesbefugten Metallwaarenfabrik zu Oed, und hat seit dem Jahre 1843 bis zu seinem im Jahre 1855 erfolgten Tode als Localdirector dieselbe geleitet und sich ebenso als tüchtiger Fachmann bewährt, wie durch seine Leitung auch das allgemeine Vertrauen erworben. Auch an der Entwickelung der Eisenwerke zu Prävali in Kärnthen, welche von den Gebrüdern Rosthorn im Jahre 1822 gekauft, im Jahre 1832 aber einer Actien-Gesellschaft verkauft wurden, bei welchen jedoch die Brüder Rosthorn mit zwei Fünftheilen des ganzen Actiencapitales betheiligt blieben, hatte Matthäus wesentlichen Antheil, wenngleich als der eigentliche Reformator dieser Gewerke August von Rosthorn anzusehen ist, von dem gleich weiter unten die Rede sein wird. Matthäus von R. (Sohn) war eine in der österreichischen Handelswelt hochgeachtete Persönlichkeit. Er war seit dem Jahre 1836 bis zu seinem Tode einer der Directoren der k. k. ausschl. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn. Seine Erfahrungen und schätzenswerthen Kenntnisse wurden in Gegenständen der Industrie, namentlich der Metallurgie, allgemein gewürdigt und benützt; er wurde vielfach in Fragen der Industrie, des Verkehrs, der Finanzen zu commissionellen Verhandlungen geladen und war gleich anfänglich zum Mitgliede der Handelskammer gewählt worden, welche Stelle er aber bald zurücklegte. Sein Name war in der industriellen Welt ebenso geehrt wie seine Thätigkeit und seine außerordentliche Wohlthätigkeit gegen seine Diener und Arbeiter. Als er im Jahre 1855 im Alter von 73 Jahren als Witwer starb, hinterließ er vier Töchter, von denen Mathilde an den bekannten Ichthyologen und Naturforscher Rudolph Kner [Bd. XII, S. 143] und Auguste an den Orientalisten und k. k. Professor Wikerhauser vermält sind. – Des Matthäus Bruder August[WS 2] (geb. zu Wien 6. Jänner 1789, gest. 28. November 1843) unternahm, um die vorzüglichsten Eisenwerke des Continents kennen zu lernen, eine Reise nach Belgien und England, wo er sich mit den großartigen Einrichtungen in denselben bekannt machte und den Beschluß faßte, Aehnliches in Prävali auszuführen. Wie nun August von Rosthorn energisch die Sache angriff und von den Jahren 1834–1855 das Eisen-, Puddlings- und Walzwerk in Prävali stetig vervollkommnete, die Erzeugung demgemäß steigerte, so daß im Jahre 1847 bereits 108.000 Centner Schienen und Achsen, im Jahre 1854 174.000 und im Jahre 1855 an 200.000 erzeugt wurden: dieß Alles ist in ausführlicher Darstellung in der Carinthia 1856, Nr. 10, im Aufsatze: „Prävali, seine Entstehung und Gegenwart“ zu lesen. Mit der Entwickelung der Hüttenwerke gleichen Schritt hielten die Kohlenwerke. Im Jahre 1856 waren bereits 80 Millionen Centner Kohlen aufgeschlossen und 20 Millionen zum [87] Abbau ausgerichtet, weitläufige Förderungsstellen mit Eisenbahnen versehen, Schachte mit Dampfmaschinen und Wassertonnenförderung eingerichtet und alle Vorbereitungen dahin getroffen, daß jährlich eine Million Centner Kohlen gefördert werden kann. Der Kohlenverbrauch der Hütte betrug im Jahre 1854 über 800.000 Centner. Daselbst waren in den letzteren Jahren über 1500 Arbeiter, und zwar 800 bei dem Bergbaue, 700 bei dem Hüttenbetriebe beschäftigt, für den Transport des Roheisens, der Kohlen, der Erzeugnisse standen ununterbrochen 350 Pferde in Verwendung. An Löhnungen und Frachten allein wurden jedes Monat 70–80.000 fl. ausbezahlt. Mit der Großartigkeit dieses Betriebes Hand in Hand gingen die humanitären Anstalten, welche die Gebrüder Rosthorn in’s Leben riefen. Sie bestellten einen eigenen Werksarzt und errichteten eine Apotheke, die von einem erfahrenen Provisor versehen wurde, ferner zwei mit allen Erfordernissen ausgestattete Spitäler, deren eines bei der Hütte, das andere am Bergbaue sich befindet und in welchem kranke oder beschädigte Arbeiter Hilfe und Unterkunft fanden; sie erbauten ein großes Schulhaus mit vier Lehrsälen und Lehrerwohnungen, in welchen nur die Kinder der Arbeiter nach einem vortrefflich eingerichteten Lehrplan Unterricht erhielten. An derselben bezahlen sie neben einem Oberlehrer einen Lehrer und eine Lehrerin, welch letztere auch Unterricht in weiblichen Arbeiten ertheilt. Schließlich sei auch einiger, in Prävali zuerst vorgenommenen Verbesserungen gedacht, welche bald in anderen industriellen Etablissements Nachahmung fanden. So wurden nach dem Vorgange in Prävali die bisher bei Gewerken unbenutzten Braunkohlen nicht allein in Steiermark, sondern in ganz Deutschland angewendet; ferner wurde die in Prävali gemachte Erfindung mit den Treppenrösten zur Verbrennung des Kohlenkleins allmälig über Mähren, Böhmen, Deutschland bis nach England verbreitet, wo sie viel Aufsehen machte und natürlich als „englische Erfindung“ galt. Im Jahre 1843, nachdem die Rosthorn’sche Fabrik schon auf einer hohen Stufe stand, verband sich die Familie Rosthorn mit ihrem Besitze zur Hälfte mit dem Hochofenbesitzer in der Lölling, Baron Dickmann-Secherau [Bd. III, S. 279].

Adelstands-Diplom ddo. 29. Jänner 1790. – Conversationsblatt (Wien, Gerold, gr. 8°.) III. Jahrg (1821), Nr. 9 u. 10: „Die große Metallwaaren-Fabrik der Gebrüder von Rosthorn“, von A. Rittig von Flammenstern. – Klagenfurter Zeitung 1855, Nr. 114, im Feuilleton: „Matthäus Edler v. Rosthorn“.– Der Aufmerksame (Gratzer Blatt, 4°.) 1856, Nr. 91–93: „Prevali“. – Carinthia (Klagenfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) 46. Jahrg. (1856), Nr. 10: „Prävali, seine Entstehung und Gegenwart“. – Wanderer (Wiener polit. Blatt) 1855, Nr. 236. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 419. – Keeß (Stephan Ritter von), Systematische Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen u. s. w. Mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (Wien 1830, Gerold, 8°.) Bd. II, S. 297, 299 u. 373.

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