BLKÖ:Rittig von Flammenstern, Andreas

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 193. (Quelle)
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Rittig von Flammenstern, Andreas (k. k. Artillerie-Hauptmann und militärischer Schriftsteller, geb. zu [194] Wien 25. Februar 1777, gest. ebenda 26. November 1818). Sein Vater war k. k. Regierungssecretär. Im Alter von acht Jahren aber kam der Knabe zu seinem Großvater von mütterlicher Seite, zu Friedrich von Knaus [Bd. XII, S. 139], damaligem Director des physikalischen Hofcabinets, der sich durch verschiedene mechanische Kunstwerke, unter anderen durch eine „selbstschreibende Wundermaschine“, einen Namen gemacht, und der seinen verwaisten Enkel in der Absicht zu sich genommen, ihn zum Nachfolger in seinem Amte heranzubilden. Von seinem Großvater wurde nun R. in der Mathematik, Mechanik, überhaupt in den inductiven Wissenschaften auf das Sorgfältigste unterrichtet, überdieß wurde er in Sprachen, Musik und Zeichnen ausgebildet. So gestalteten sich denn die Aussichten für die Zukunft Rittig’s in hoffnungsvollster Weise, als der plötzliche Tod seines Großvaters – Knaus starb am 14. August 1789 und sein Enkel Rittig zählte damals 13 Jahre – alle Pläne zerstörte und seine Lebensrichtung änderte. Wohl vollendete R. noch die philosophischen Studien, aber im Jahre 1792 – im Alter von 15 Jahren – trat R. in die k. k. Artillerie. Schon im folgenden Jahre kam er zur Rheinarmee in’s Feld, später machte er die Belagerung Mannheims mit. Im Sommer 1796 befand sich R. im Armeecorps, das unter Feldmarschall Wurmser’s Befehl vom Rhein nach Italien beordert wurde. Die Schlacht bei Bassano (8. September 1796) machte R. an Seite des General-Majors Funk von Senftenau [Bd. V, S. 35] mit, kam mit ihm nach Mantua und theilte vom 11. September 1796 bis 4. Februar 1797 mit der Garnison gleiches Loos. In den folgenden Feldzügen versah er bei verschiedenen Artillerie-Abtheilungs-Commandanten Feld-Adjutantendienste, wohnte als solcher den blutigen Gefechten bei Feldkirch in Vorarlberg, der Erstürmung des Luciensteiges in Graubündten, der Schlacht bei Zürch und dem Gefechte bei Uznach bei und machte in gleicher Dienstleistung auch die Feldzüge der Jahre 1805 und 1806 mit. Nach dem Friedensschlusse erhielt er die Bestimmung als Lehrer des Dienstes und Geschäftsstyles in der zu Budweis befindlichen höheren Lehranstalt des 4. Artillerie-Regiments. Auf diesem Posten blieb er, bis der Reformator der österreichischen Artillerie, der Feldmarschall Joseph Graf Colloredo-Melz und Wallsee [Bd. II, S. 427], ihn im Jahre 1808 in das Bureau der General-Artillerie-Direction mit der Anstellung als 2. Adjutant nach Wien berief. Als Graf Colloredo im November 1818 starb, blieb R. in derselben Stellung bei dem Directors-Stellvertreter, Feldmarschall-Lieutenant Freiherrn v. Reisner [Bd. XXV, S. 250], und auch später noch, als Erzherzog Ludwig im J. 1819 den Posten des General-Artillerie-Directors übernahm. In dieser Zeit war R. zum Hauptmann in seiner Anstellung vorgerückt und als solcher im Alter von 41 Jahren gestorben. Er war eben daran, mit Pensionsrang in den Ruhestand zu übertreten, den er seiner schwächlichen Gesundheit wegen und um sich ganz seinen literarischen Arbeiten widmen zu können, erbitten wollte. Aber nach einem Manöver am 26. November 1818, an welchem er sich sehr anstrengen mußte, wurde er plötzlich von einem Blutsturze befallen, dem er auch erlag. Diese in Anbetracht der Kenntnisse R.’s eben nicht glänzende Laufbahn ist es nicht, die ihm eine Stelle in diesem Werke anweist. Mit Fr. Aug. [195] Rokert und Franz Gräffer seit Jahren befreundet, war er nach verschiedenen Richtungen theils allein, theils in Gemeinschaft mit Gräffer als militärischer, biographischer, historischer, technologischer Schriftsteller thätig. Mehr als die Hälfte seiner Schriften erschien ohne seinen Namen und steht in den Bücherkatalogen auch nicht verzeichnet. Die bibliographischen Titel derselben sind in chronologischer Folge [die ohne Angabe seines Namens erschienenen sind mit einem * bezeichnet]: „Ueber die Perlenfischerei in den österreichischen Kaiserstaaten“ (Brünn 1811, Gastl, 8°.); – „Encyklopädisches Kriegslexikon oder allgem. alphabet. erklärende theoret. praktische Uebersicht aller im Land- und Seekriege und in sämmtlichen Kriegswissenschaften vorkommenden Gegenstände. l. (u. einz.) Band. A–G“ (Wien 1813, Gräffer, gr. 8°.); – „Die Helden des Tages“ (Berlin [Wien] 1813, 8°.), unter dem Namen Rittgräff, da Rittig und Gräffer das Buch gemeinschaftlich geschrieben; – *„Deutsch-russisches Taschen-Wörterbuch“ (Wien 1813, 8°.); – *„Feldherr Moreau“ (ebd. 1813, 8°.); – *„Vandamme, sein Leben u. s. w.“ (ebd. 1813, in einem Jahre vier Auflagen, 8°.); – *„Czerny, Georges“ (ebd. 1813, 8°.); – „Graf Wrede“ (ebd. 1814, 8°.); – *„Holland und sein souveräner Fürst“ (ebd. 1814, 8°.); – *„Das Haus Bourbon“ (ebd. 1814, 8°.); – „Militärisch-politisches Taschen-Wörterbuch“ (ebd. 1815, 8°.); – *„Die Insel St. Helena“ (ebd. 1815, 8°.); – „Genealogisch-historische Skizze der Bourbons“ (ebd. 1815, 8°.); – * „Ludwig XVIII.“ (ebd. 1816, 8°.; 2 Aufl.); – „Ueber Campmiller’s von Langenhalsen projectirte Bogenbrücke zwischen Ofen und Pest“ (Wien 1820, 8°.; zwei Aufl.); – „Militär-Geschäftshandbuch für Officiere der k. k. Armee, enthaltend eine systematische Anleitung zum Militär-Geschäftsstyl. 3 Abheilungen in 2 Bänden“ (Wien 1821, Gräffer u. Schmidl, gr. 8°.; drei Auflagen); – „Militär-Geschäftsstyl in tabellarischer Hinsicht“ (ebd. 1821, gr. 8°.; zwei Auflagen, die erste 1812); – „Die Stereotypie im österreichischen Kaiserstaate“ (ebd. 1822, Gerold, gr. 8°.); – „„Beschreibung der Hymalaya-Gerste; nebst ill. Abbildung derselben“ (Wien 1822, Härter, 8°.); – „Handbuch der Waffenlehre. Zum Selbststudium über die Einrichtung, Wirkung und den Gebrauch. Nach Demian’s erster Ausgabe“ (Wien 1823, Gräffer u. Schmidl, mit 35 K. K., gr. 8°.; drei Auflagen, die erste 1812). Neben dieser Thätigkeit als Schriftsteller in selbstständigen Werken, welche entweder für Fachmänner bestimmt sind oder zunächst das Interesse des Tages wahrnehmen, entfaltete[WS 1] aber R. eine ungleich einflußreichere in Zeitschriften theils technischen, theils wissenschaftlichen Inhalts, durch welche er in den weitesten Kreisen in ungemein anregender Weise gewirkt hat. Hieher gehören die noch heute ein historisches Interesse bewahrenden, von ihm geschriebenen, erst nach seinem Tode erschienenen „Ontologischen Neuigkeiten, wovon 33 Fortsetzungen in den Jahrgängen 1820 und 1821 und größere Folgen im Jahre 1822 des „Archivs für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst“ von Hormayr enthalten sind, und worin R. in interessanter, anregender, für den weitesten Leserkreis in der Bearbeitung durchgeführter Weise die Erfindungen und ihre Geschichte vorträgt. In einer Zeit, wie in der unserigen, wo der nie rastende menschliche Geist immer Neues und Ueberraschenderes ersinnt, wären für den Laien, der den Fortschritten der Menschheit kaum mehr zu folgen vermag, solche faßliche, von einem Fachmanne [196] gearbeitete, das Wichtigste erörternde und den Nagel auf den Kopf treffende Uebersichten ebenso wünschenswerth als lohnend. An die Stelle von R.’s ontologischen Neuigkeiten traten dann mit Nr. 140, 1822, des Archivs die polytechnischen Neuigkeiten von K. Karmarsch, die mit ersteren Plan und Tendenz gemein hatten. In neuester Zeit nahmen die im bibliographischen Institut zu Hildburghausen herausgegebenen, musterhaft redigirten und mit vortrefflichen Registern versehenen Meyer’schen „Ergänzungshefte“ einen Anlauf, dem Bedürfnisse des höher gebildeten Publicums, das jedoch seinen Wissensdurst nicht in reinen Fachblättern befriedigen kann, abzuhelfen, aber schon nach dem 6. oder 7. Bande wurden Plan und Einrichtung dieser einzig in ihrer Art dastehenden Halbmonatschrift geändert und leider endlich das Werk ganz aufgegeben. Rittig besaß auch zwei höchst interessante Sammlungen, nämlich eine Sammlung inländischer Perlen und eine zweite von Gemmen. Seine Perlensammlung enthielt vom ersten Keime des Perlenansatzes bis zur vollendeten Reife alle Bildungsabstufungen, Variationen und Farbennuancirungen der in Oesterreich vorkommenden Perlen. Sie zählte im Ganzen 2222 Stück, ohne hiezu die besonders sortirten Perlenmuscheln und die getrockneten Muschelthiere, welche Perlen im Kopfe, in den Lippen, im Magen, in den Muskeln und Füßen haben, und die bedeutenderen Spielarten von Perlen zu rechnen, welche dem Wahne der Perlenfischer nach aus Ueberreife zerflossen. – Die Gemmensammlung Rittig’s aber bestand aus Abgüssen reinster Art der berühmten Gemmen von Johann Pichler [Bd. XXII, S. 235], welche im Ganzen 1252 Stück, und zwar 213 moderne, 674 egyptische, etruskische und griechische, und 365 lateinische Gemmen, theils Cameen, theils Intagliosen enthielt. Was aus be den Sammlungen nach Rittig’s Tode geschehen, ist nicht bekannt. Als Rittig starb, widmete M. G. Saphir dem zu früh Hingeschiedenen in Hormayr’s „Archiv“ 1822, Nr. 123 u. 124[WS 2], einen tief empfundenen Nachruf.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 396. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1821, S. 487; 1822, Nr. 123 u. 124; 1823, S. 620. – Gräffer (Franz), Wiener Dosenstücke u. s. w. (Wien 1852, J. F. Groß, 8°.) Bd. II, S. 236.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: enfaltete.
  2. Vorlage: 123.