Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Riep, Balthasar
Band: 26 (1874), ab Seite: 138. (Quelle)
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Riepl, Franz X. (Technolog, geb. zu Gratz 29. November 1790, gest. zu Wien 25. April 1857). Sein Vater war magistratischer Bau-Inspector zu Gratz. Daselbst besuchte der Sohn das Gymnasium, die philosophischen Jahrgänge, begann auch schon das Studium der Rechte, gab es aber – bei seiner Vorliebe für Bergwesen und Technologie – nach dem ersten Jahre auf und bezog die Bergakademie zu Schemnitz. Drei Jahre studirte er an derselben und kehrte dann nach Gratz zurück, wo eben der berühmte Mineralog Mohs seine Wissenschaft nach seinem neuen, nach ihm benannten Systeme vortrug. Bald war R. von den Vorträgen des berühmten Naturforschers ganz hingerissen, aber auch dieser wendete sich seinem begabten und eifrigen Schüler voll Wohlwollen zu. Indessen wäre R. bald durch den Mißgriff eines Beamten, der R. zum Gemeinen beim Fuhrwesen assentiren wollte, aus seiner wissenschaftlichen Laufbahn gerissen worden. Nur der Verwendung einflußreicher Freunde gelang es, R. diesem, seine ganze Laufbahn vielleicht vereitelnden Loose zu entziehen. Bald darauf, im Jahre 1816, erhielt R. eine Anstellung in den Diensten des Landgrafen [139] von Fürstenberg auf dessen Eisenbergwerk zu Nißburg im Berauner Kreise in Böhmen; dann machte er eine große wissenschaftliche Reise durch Sachsen, Preußen, Bayern, Schlesien und Mähren, und erhielt nach seiner Rückkunft im Jahre 1819 die Professur der Waarenkunde und Naturgeschichte an dem k. k. polytechnischen Institute in Wien, an welchem er bis zum Jahre 1838 thätig war, worauf er in den Ruhestand übertrat. Später bekleidete er die Stelle eines Directors der Kaiser Ferdinands-Nordbahn, mit deren Entstehung und Bau sein Name bleibend innig verbunden ist. Während seiner vieljährigen Wirksamkeit am polytechnischen Institute hat R. nicht nur durch Heranbildung vieler Schüler, sondern auch als Custos der ihm anvertrauten Mustersammlung von Materialien in ersprießlichster Weise gewirkt; denn er hat nach mehr als zwölfjähriger Anstrengung eine Collection zusammengestellt, welcher er selbst mehr als zehntausend Stücke unentgeltlich gespendet. In seiner Stellung als Professor wurden ihm auf ah. Befehl wichtige Missionen in’s Ausland und in die verschiedenen Provinzen der Monarchie zur Förderung volkswirthschaftlicher Interessen des Staates übertragen, dazu gehört zunächst die Bereisung Innerösterreichs und Illyriens im Jahre 1821, ferner Tirols und des lombardisch-venetianischen Königreichs im Jahre 1822; dann die geognostische Untersuchung der Alpen im Jahre 1823 und dann sein wissenschaftlicher, im Jahre 1824 erfolgter Aufenthalt in Dalmatien, insbesondere auf der Insel Meleda, wo er in Gemeinschaft mit dem Naturforscher Paul Partsch [Bd. XXIII, S. 309] die Ursachen des auf diesem Eilande wiederholt stattgefundenen Detonationsphänomens zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten hatte. Auch kam durch seine genauen Erhebungen über die Vordernberger montanistischen Zustände am Erzberge und insbesondere durch seine darüber verfaßte, auf gründlicher Sachkenntniß beruhende Darstellung die damalige Radmeister-Communität zu dem Entschlusse eines vereinigten Bergbaues, bei dessen praktischer Durchführung im Jahre 1825 ausdrücklich seine persönliche Intervention von der ihm vorgesetzten Behörde erbeten wurde. Der Cardinal-Erzbischof von Olmütz, Erzherzog Rudolph, der ihm den Titel eines erzbischöflichen Bergrathes verliehen hatte, übertrug ihm die Ueberwachung der zur Metropolitanherrschaft Hochwald gehörigen Friedländer Eisenwerke. In dieser Eigenschaft ward er der Begründer des im Jahre 1829 begonnenen Eisenwerkes zu Witkowitz nächst Mährisch-Ostrau, wo er im Herbste 1830 nach Ueberwindung aller sich ihm entgegenthürmenden Hindernisse den englischen Hütten- oder sogenannten Puddlingsproceß bei Stabeisenbereitung mit Hilfe von Steinkohlen, Flammöfen und Walzwerken einheimisch gemacht und somit den ersten Impuls zur gänzlichen Reform des österreichischen Eisenwesens gegeben hat. Auch war es Riepl, der im Jahre 1828 das zur fürstlich Metternich’schen Herrschaft Plaß gehörige Terrain einer strengen geologischen Untersuchung unterzog und in Folge dessen zur Vergrößerung der dortigen Eisenwerksanlagen wesentlich beitrug. Die vorangeführte, das Andenken seines Namens auf die Dauer sichernde Thätigkeit R.’s wird aber bei weitem aufgewogen durch die von ihm dem Ersten ausgegangen Idee, Wien mit dem Norden der Monarchie durch eine sechzig Meilen lange Eisenbahn zu [140] verbinden. In der Gegenwart, in welcher der Aufschwung dieser Bahn eine damals kaum geahnte Höhe und Bedeutung erreicht hat, läßt es sich ohne Uebertreibung sagen: daß durch die Ausführung dieser Idee sich an seinen Namen in Oesterreich unauslöschliche Erinnerungen knüpfen. Als er diese Idee bei dem Bankhause S. M. Rothschild in Anregung brachte, nahm sich der Chef desselben, die mächtige Tragweite derselben erfassend, dafür sofort mit aller Energie an. Und so erscheinen denn Riepl als der intellectuelle und Rothschild als der finanzielle Urheber dieses großartigen Projectes. Wo es nun galt, die Interessen dieses Unternehmens praktisch zu fördern, wurde von Rothschild selbst Riepl überall in den Vordergrund gestellt. Nicht uninteressant ist Riepl’s Audienz bei Kaiser Franz in dieser Angelegenheit. Indem er die ganze Größe und Wichtigkeit seines Planes in wenigen Worten zusammenfassen wollte, sprach Riepl die, wenn man die damaligen politischen Verhältnisse erwägt, fast kühnen Worte aus: „Es gibt Ein Mittel, Eure Majestät, die entferntesten Völker der Monarchie zu den Mauern der Residenz zu führen“, und als der jedem Neuerer, insbesondere aber einem für seine Sache begeisterten mit Mißtrauen entgegentretende Monarch fragte, welches das Mittel sei? erwiederte Riepl: „Eisenbahnen, Eisenbahnen, Euere Majestät!“ Wer kann es sagen, wie es „diesem naiven Schwärmer“ ergangen wäre, wenn hinter ihm nicht Rothschild gestanden wäre? Als man zur Ausführung des Projectes schritt, reiste R. im Jahre 1835 in Gesellschaft von Leopold von Wertheimstein und Heinrich von Sichrowsky zu wiederholten Malen nach England, um dort an Ort und Stelle die Eisenbahnfrage gründlich zu studiren; später intervenirte er persönlich allen zur Erlangung des Privilegiums von der Staatsverwaltung erforderlichen Schritten. Welches Gewicht die Unternehmung auf seinen Rath und seine unmittelbare Mitwirkung legte, geht aus der Motivirung hervor, mit welcher die Nordbahn-Direction seine längere Beurlaubung erbat, sie erklärte nämlich ausdrücklich: „seine umfassenden Kenntnisse und Erfahrungen sowohl bei ihren Berathungen, als den im Zuge begriffenen Einleitungen ohne Nachtheil für die ganze Unternehmung unmöglich entbehren zu können“. Von seinen zahlreichen übrigen, für die Förderung der national-ökonomischen Interessen Oesterreichs unternommenen und ausgeführten Handlungen seien noch erwähnt: seine fruchtbringenden Anleitungen und Verbesserungen auf den Gütern der gräflichen Familie Mittrowsky, seine im Jahre 1842 ausgeführte Exploration einer Gegend in Croatien; seine erfolgreiche Wirksamkeit als Mitglied des Beurtheilungs-Ausschusses für die allgemeine österreichische Industrie-Ausstellung; seine von glücklichem Erfolge gekrönten Bemühungen auf Erhaltung des Bergbaues in Idria; auf die Entwickelung der südlichen Bleiminen, auf Przibrams Bleigruben und die Kohlenminen Böhmens, Mährens, Schlesiens und Dalmatiens. So war denn Riepl in der That der Mann, wie einer seiner Biographen treffend bemerkt, „dessen praktischer Geist es verstand, die in der Studirstube und dem scharf abgegrenzten Zwinger schwerfälliger Körperschaften – womit wissenschaftliche Akademien gemeint sind – eingeschlossene Wissenschaften lebendig zu machen“. Auf dem Gebiete der Mineralogie und Geognosie war R. in früheren Jahren [141] auch schriftstellerisch thätig, und in einigen periodischen Fachblättern sind seine Abhandlungen enthalten. So stehen abgedruckt in den Jahrbüchern des polytechnischen Institutes I (1819): „Ueber die Verwendung der Tropparten zu wasserbeständigen Cementen; – II (1820): „Uebersicht der Steinkohlenbildungen in der österreichischen Monarchie; – III (1822): „Darstellung der Eisenerzgebilde in den ... Gebirgen der österreichischen Monarchie; – in den medicinischen Jahrbüchern des österreichischen Staates, I (1822): „Entwickelung der Theorie über die häufige Erscheinung des raschen Emporsteigens unterirdischer Wässer“; – in Leonhard’s und Braun’s „Jahrbüchern“ 1839: „Ueber die Goldlagerstatten der österreichischen Alpen; – ebenda 1836: „Ueber die Gruben des Rathhausberges bei Gastein“. Auch soll Riepl eine geognostische Karte des Königreichs Böhmen herausgegeben haben. Zur bleibenden Erinnerung seiner Mitwirkung bei dem wesentlich durch ihn hervorgerufenen Baue der Kaiser Ferdinands-Nordbahn, bei deren Bau außer der oberwähnten einflußreichen Weise seiner Mitwirkung er auch die technischen Arbeiten geleitet hat, ist in dem prächtigen Vestibule des Nordbahnhofes, gegenüber dem lebensgroßen Standbilde des Freiherrn von Rothschild Riepl’s Büste aus Marmor aufgestellt.

Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, Lex. 8°.) Bd. II, Sp. 641. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. IV, S. 391. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von Ebersberg (Wien, gr. 8°.) 1837, Bd. IV, S. 1460, im „Rückblick in die Vergangenheit“. – Schmutz (Carl), Historisch-topographisches Lexikon von Steyermark (Gratz 1822, A. Kienreich, gr. 8°.) Bd. III, S. 371. – Riepl’s Denkmal. Im Vestibule des Wiener Nordbahnhofes befindet sich der Rothschild-Statue gegenüber das Denkmal Riepl’s. Dasselbe wurde im Frühjahre 1871 aufgestellt und besteht aus einer etwas überlebensgroßen Büste von weißem Carrara-Marmor. Diese wurde von dem Bildhauer Meixner gemeißelt. Das im Style der übrigen Architectur des Vestibuls gehaltene Postament besteht aus rothem und schwarzem Marmor. Die Inschrift darauf lautet: DIE | A. P. KAISER FERDINANDSNORDBAHN | HERRN PROFESSOR | FRANZ RIEPL | DEM GEISTIGEN SCHOEPFER DES GROSSEN | WERKES.