Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 24 (1872), ab Seite: 315. (Quelle)
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Ramoser, Peter (Ciseleur und Goldarbeiter, geb. zu Botzen in Südtirol 17. März 1722, gest. ebenda 17. November 1801). Bei einem Maler in Botzen erlernte R. das Zeichnen, dann trat er bei einem Goldschmiede in die Lehre und arbeitete bei demselben durch mehrere Jahre mit großer Geschicklichkeit. Bald nach Vollendung seiner Lehrzeit erhielt er den Auftrag zur Verfertigung von sechs silbernen Armleuchtern für die Pfarrkirche von Botzen. R. führte dieselben in getriebener Arbeit und in solcher Schönheit aus, daß sie jetzt noch einen Schmuck dieser Kirche bilden. Sein Drang, sich weiter auszubilden, trieb ihn in die Fremde, er ging vorerst nach Augsburg und von dort nach Paris, wo er bei den ersten Meistern seiner Kunst arbeitete, nebenbei durch fünf Jahre die Akademie der schönen Künste besuchte und nach jeder Seite hin große Fortschritte machte. Im Jahre 1750 reiste er von Paris nach Rom und nahm nun in Italien bis auf wenige Jahre vor seinem Tode seinen bleibenden Aufenthalt. Nur einmal während mehr als vierzig Jahren, die er im gelobten Lande der Kunst zugebracht, besuchte er in den ersten Jahren seine Heimat und vollendete damals in Botzen den herrlichen Rahmen zu dem Herzjesubilde in der dortigen Pfarrkirche. In Italien lebte er meistens in Rom, dessen Kunstwerke er nach allen Richtungen hin studirte und dessen Antiken er so genau kannte, daß ihm wohl wenige Künstler in dieser Kenntniß gleichkamen. Andere Künstler, so z. B. der berühmte Historienmaler Joseph Schöpf, rühmten dankbar, daß ihnen sein Umgang eben wegen seiner ausgebreiteten Kenntnisse in Kunstsachen sehr lehrreich gewesen. Außerdem arbeitete R. zu verschiedenen Zeiten in Florenz, Neapel, Foligno, Perugia, Bevagna und in anderen Städten Italiens, er kehrte aber immer wieder nach Rom zurück. Ueber seinen Eintritt in einen Mönchsorden wird zu Ende dieser Skizze berichtet. Seinen Künstlerruhm verdankt er den außerordentlich schönen Arbeiten, die aus seiner Hand hervorgingen, und die bei seiner großen Arbeitsamkeit auch ziemlich zahlreich sein mögen, aber leider nicht alle bekannt sind. Er arbeitete fast ausschließlich in Silber, über dessen Geldwerth, wie sein Biograph meint, so leicht der Kunstwerth vergessen wird. In Rom war er in der Werkstätte des berühmten Goldschmiedes Valadin Luigi thätig, der aber seinen Ruhm eben deutschen Arbeitern und vornehmlich unserem Ramoser und noch einem zweiten Oesterreicher Barthol. Hecker verdankt. So ist z. B. die im [316] kleinem Maßstabe ausgeführte Copie der berühmten Trajanischen Säule, die eben aus Luigi’s Werkstätte hervorging, hauptsächlich ein Werk der beiden genannten Künstler. Diese sechs Fuß hohe Säule ist aus Silber getrieben und von den herrlichen Basreliefs des Originals auf derselben, nach den Kupferstichen des Santo Bartoli, stammt der größere Theil der besseren von Ramoser. Das Werk wurde im Jahre 1774 fertig, wenigstens ist diese Jahreszahl an einer Stelle der Säule dem Namen von Ramoser’s Arbeitscollegen Hecher beigesetzt, sichtbar. Die Säule wurde von dem Churfürsten Karl Theodor von Bayern während seines Aufenthaltes in Rom angekauft, und von ihm nach München mitgenommen, wo sie noch jetzt im dortigen Kunstcabinete die Bewunderung der Besucher erregt. Andere Werke des Künstlers sind ein Tafelaufsatz mit vielen mythologischen Figuren, den R. für den König von Neapel gearbeitet; – ein Crucifix, auf welchem die ganze Leidensgeschichte des Erlösers mit außerordentlicher Feinheit in erhabener Arbeit bargestellt ist, für Papst Pius VI., für den R. auch noch mehrere andere Arbeiten vollendet hat. Nagler vermuthet auch, daß ein für einen französischen Prinzen bestimmter Aufsatz, den Circus des Caracalla vorstellend, von R. ausgeführt sei. Derselbe stammt aus dem Jahre 1776 und wurde bei dem oberwähnten Goldschmiede Luigi bestellt. Archenholz in seinem Werke über Italien gedenkt in rühmender Weise desselben, wie auch der Trajanssäule. In den letzten Jahren, in welchen, sich R. nach Foligno zurückgezogen, arbeitete er nur mehr religiöse Gegenstände, und sind in dieser Stadt, wie auch in Perugia, wo R. einige Zeit sich aufgehalten, mehr als anderswo von R.’s Schöpfungen zu sehen. Zu Bevagna befindet sich eine silberne Statue von seiner Hand, die seinen besten Werken beigezählt wird. Ueber seinen bereits erwähnten Eintritt in eine religiöse Gemeinschaft, der er bis an sein Ende treu blieb, wird Folgendes berichtet. Während seines Aufenthaltes in Rom faßten mehrere der dort und in der Umgebung lebenden Künstler den Gedanken, einen frommen Verein zu bilden und gemeinschaftlich zu arbeiten. Auch R. trat demselben bei, der Verein miethete ein eigenes Haus in Foligno, nahm die Satzungen des Philippinenordens (Philippus Neri), die Kleidung desselben an, lebte unter einem selbstgewählten Vorsteher nach den Regeln des Ordens und erwarb sich den Lebensunterhalt nach dem Beispiele der ersten Mönche von der Arbeit ihrer Hände. In diesem gemeinschaftlichen Zusammenleben konnte es nicht fehlen, daß auch rein religiöse Gegenstände in den Bereich ihrer Berathungen und Unterredungen gezogen wurden, wobei es geschah, daß manche der bestehenden dogmatischen Grundsätze angezweifelt wurden. So war es zunächst die Lehre vom h. Geiste, welche von ihnen angegriffen wurde. Ramoser selbst verwarf ganz das herrschende Dogma, indem er erklärte, es vertrage sich durchaus nicht mit seinen Ansichten, den heiligen Geist als Taube dargestellt zu sehen. Er behauptete, Gott sei wohl Mensch, aber nicht ein Vogel geworden, und es sei der größte Grad von Heidenthum, einen Vogel zur Anbetung aufzustellen. Daß solche Ansichten der römischen Kirche nicht gefallen konnten, begreift sich ohne weitere Auseinandersetzung. Wären diese und andere Ansichten des Vereines innerhalb des Kreises desselben geblieben und nie über die [317] mündliche Discussion hinausgekommen, so wäre vielleicht die Sache nicht weiter beachtet worden. Als aber der Ordensprior über diesen Gegenstand sogar Schriften drucken ließ, griff die kirchliche Obrigkeit in dieses Treiben ein und der Papst Pius VI. gab Befehl, die Gesellschaft auseinander zu treiben. Ramoser kehrte nun nach Rom zurück, wo er, wie überhaupt in Italien, nur unter dem Namen Pietro Filippino bekannt war. Obwohl sich R. durch seine kunstvollen Arbeiten namhafte Summen verdiente, so achtete er doch den Werth des Geldes gering, verschenkte Vieles, wurde, da man seine Herzensgüte mißbrauchte, mitunter hintergangen und zuletzt, wo er hinkam, bestohlen. Sein väterliches Erbtheil hatte er früher schon seinen dürftigen Verwandten, namentlich seinem gleichnamigen Neffen, dem Maler Ramoser, in Botzen geschenkt. In Folge der vorbeschriebenen Umstände gerieth der Künstler, der sich nichts erspart und was er in seiner Heimat besessen, verschenkt hatte, für seine alten Tage, in denen er nicht viel arbeiten konnte, selbst in die drückendsten Verhältnisse. Als sein Neffe davon Kenntniß erhielt, eilte er persönlich nach Rom und führte den alten Onkel in seine Heimat zurück. Dort lebte nun Ramoser den Rest seiner Jahre, nur von einer Idee, welche er in Italien gefaßt, beseelt. Er wollte nämlich auf einem Hügel außerhalb der Stadt Foligno Stationen und eine Kirche des h. Grabes bauen. Er entwarf zu dieser seiner Lieblingsidee selbst die Zeichnungen und forderte alle seine Bekannten in Briefen zur Betheiligung daran auf. Diese Idee verließ ihn auch nach seiner Rückkehr in’s Vaterland nicht, er nahm sie in sein Grab mit. R. starb im Greisenalter von nahezu achtzig Jahren. Was seine Arbeiten betrifft, so wird von Kennern die außerordentliche Sorgfalt gerühmt, die sich in Zeichnung und Ausführung kundgibt. Die Figuren sind überall mit erstaunlicher Feinheit gearbeitet, seine größte Stärke jedoch besaß er in Säulengängen und in anderen Perspectiven, welche er mit seltener Kunstfertigkeit auszuführen verstand.

Sammler für Geschichte und Statistik Tirols (Innsbruck, 8°.) Bd. I, S. 88. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XII, S. 284. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 314. – Tirolisches Künstler-Lexikon (Innsbruck 1830, Fel. Rauch, 8°.) S. 203. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 347 [nach dieser geb. am 17. März 1722]. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate (Wien, Fr. Beck, gr. 8°.) S. 390. – Staffler (Joh. Jac.), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, 8°.) Bd. II, S. 869 [nach diesem geb. am 23. Jänner 1722]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.). Zweite Abthlg. Bd. V, S. 451.