Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Rösler, August
Band: 26 (1874), ab Seite: 242. (Quelle)
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Rösler, Joseph (Tonsetzer, geb. zu Schemnitz in Ungarn im J. 1773, n. A. 1774, gest. zu Prag am 28., n. A. am 29. Jänner 1812). Er erscheint auch hie und da, so z. B. bei Dlabacz, mit einem doppelten s, Rößler, geschrieben, was unrichtig ist; auch geben Einige Prag in Böhmen statt Schemnitz in Ungarn als seinen Geburtsort an, jedoch ist er von dem berühmten Franz Anton Rößler, der unter dem Namen Rosetti so berühmt geworden und dessen Lebensskizze auf S. 250 mitgetheilt ist, wohl zu unterscheiden. Joseph R. war Beamtenssohn, sein Vater war k. k. Bergrath und später Gubernialrath in Prag, und der Sohn erhielt von seinem in der Musik kundigen Vater den ersten, doch ganz unzulänglichen Unterricht in derselben. Dabei besuchte er die Gymnasialclassen und beendete die philosophischen Studien in Prag, fand aber bei seiner vorherrschenden Neigung zur Musik keine Freude am Studiren. Auf das hin gab er es gegen den elterlichen Willen auf und widmete sich ohne Unterstützung ganz der Musik, und da ihm die Mittel, den Unterricht eines Meisters zu genießen, fehlten, studirte er fleißig Schriften und Partituren großer Meister, so daß er sich ganz als Autodidakt fortbildete. Zugleich übte er fortwährend das Clavierspiel, worin er sich ebenso durch Fertigkeit wie Anmuth im Vortrage auszeichnete. Im Jahre 1795 wurde er Claviermeister, nach Anderen Orchesterdirector bei Guardasoni’s Operngesellschaft in Prag, welche Stelle er aber nach ein paar Jahren wegen Unzufriedenheit mit den dortigen Verhältnissen wieder aufgab. Er nahm nun einen Ruf an das Wiener Hof-Operntheater an, das unter Peter Freiherrn von Braun’s Direction stand und an welchem er durch zehn Jahre als Capellmeister thätig war, worauf ihn der große Musikfreund, der kais. Feldmarschall Joseph Fürst Lobkowitz [Bd. XV, S. 347] als Director seiner Hauscapelle in seine Dienste nahm. Sein gehaltvolles Spiel und seine gefälligen Compositionen erwarben ihm den Beifall und die volle Neigung dieses in Wiens Musikgeschichte oft genannten Mäcens. Im Hause des Fürsten hatte R. vollauf Gelegenheit, durch sein ungewöhnliches Musiktalent, den Beifall der Kenner und Meister in seiner Kunst einzuernten. Aber schon im Jahre 1810 erkrankte R. auf einer Reise, die er mit seinem Gönner dem Fürsten nach Raudnitz in Böhmen gemacht. Kaum [243] genesen, eilte er nach Wien zu seinen Arbeiten zurück. Häufiges Nachtwachen und fortgesetzte Anstrengungen erschöpften aber in Kurzem seine Kräfte so sehr, daß er bei einer zweiten Reise nach Böhmen nicht im Stande war, dem Fürsten weiter als bis Prag zu folgen, wo ein heftiger Blutsturz schon damals (Juli 1811) für sein Leben fürchten ließ. Aerztliche Kunst und sorgfältige Pflege seiner Freunde und Gönner, unter welch letzteren sich das gräflich Kaunitz’sche Haus ganz besonders hervorthat, konnten ihn aber leider nicht retten. Wohl gewährte ihm der Gebrauch des Liebwerder Wassers für kurze Zeit einige Besserung, aber bald kehrte das Leiden mit ganzer Gewalt zurück und raffte ihn im Alter von noch nicht 40 Jahren dahin. Er starb, betrauert, zu früh für seine Kunst, in der er nach verschiedenen Richtungen Vorzügliches geleistet und gewiß noch manches Bedeutende hervorgebracht haben würde.

Verzeichnis der Compositionen Rösler’s nach seinen eigenen Aufzeichnungen. Im Archiv des Wiener Conservatoriums befindet sich nämlich ein von Rösler’s eigener Hand verfaßtes thematisches „Repertorio di tutte le mie composizioni incominciando dall’ anno 1796. Parte prima“. Dasselbe ist 24 Blätter stark und reicht bis zum Jahre 1800 inclusive. Also der große Zeitraum von 1800 bis 1812 ist nicht vertreten. Ich habe der folgenden Uebersicht Rösler’s eigenes Verzeichniß zu Grunde gelegt und es nach Aufzeichnungen meines werthen Freundes Dr. August Schmidt und nach eigenen Notizen vervollständigt. Opern, Singspiele und Cantaten. „Il Ciclope, Cantata a due voci dell’ abbate Metastasio“, accomp. con 2 viol., 2 viole, 2 flauti, 2 oboi, 2 corni, 2 fagotti e Basso col Violcllo. – „Il cornetto magico oder das Zauberhörnchen“. Pantomime in 2 Acten, geschr. für das kleine Theater im eisernen Thor, aufgef. daselbst am 28. Juni 1796. – „Il Sarto Vez Vez“ oder die Geburt des Schneiders Wez Wez“. Pantomime in 2 Acten, geschr. für das nämliche Theater und aufgef. am 24. Juli 1796. – „La Sorpresa“, opera in 2 atti a 7 voci (1796). – Mehrere Nummern, und zwar ein Duett in C magg., eine Cavatine in A magg., drei Chöre in C magg., zwei Chöre in G min., eine Arie in Es magg., eine andere in G magg., eine Canzonetta in G magg., eine Cavatine in G magg., eine Arie in C magg., für die Oper „Psiche e amore“, Text von Defranceschi (1797). – „La pace a Klentsch“, Oper in 1 Act, Text von Defranceschi (1797). – „La pastorella delle Alpi“, Oper in 1 Act, auf 5 Stimmen, Text nach dem Französischen, italienisch bearb. von Ab. Piatoli (1797). – „Cantate bei Gelegenheit der Vermälung der Gräfin Isabella von Rotenhan mit dem Grafen Chotek, für’s Clavier comp.“ (1799). – „La forza dell’ amore osia Teresia e Claudio“, Oper in 2 Acten, für den Carneval 1798 in Venedig geschrieben, Text von Ab. Piatoli, – „Cantate auf Mozart’s Tod“, Text von Schmidt (Prag 1798). – „Elisene, Prinzessin von Bulgarien“, Text aus dem Französ. von Castelli, 1807 in Prag aufgeführt. – „Die Rache, oder das Raubschloß in Sardinien“, Oper in 3 Aufz., Text aus dem Französ., 1809 in Prag aufgef. – „Clementine, oder die Felsen von Ancora“, Oper, in Prag 1810 aufgef. – Musik zum romantischen Schauspiel: „Jason’s Vermälung“ von Bayer, in Prag 1810 aufgef. – „Le due burle“, Oper, in Dresden aufgef. 1812. – „Cantate an den Retter Böhmens Erzh. Karl“. – Kirchensachen. „Stabat mater di Pergolese in F min.“ (1798). – „Te deum laudamus“, für ganzes Orchester auf 4 Singstimmen, Baß und Orgel, geschr. für Herrn Kutschera. – „Messe in Es-dur“, unvollendet, ein Kyrie und ein Gloria daraus sind fertig. – „Messa in C maggiore“ für 2 Violinen, 2 Violen, 2 Tromp., 2 Timp., Violoncell, Orgel und Baß, geschr. für Herrn Kucharz. – Tanzmusik. „Sei Salti tedeschi“ a 2 Violini a un Vcllo. (1799). – „Sei minuetti, comp. a due Violini e un Vcllo. (1799). – Kammermusik. 1 Cavatina in G magg. – 1 Fantasia in F magg., für Piano. – 3 Rondeau’s in Eb magg., D magg. e Bfa. magg., für das Pianoforte. – 14 Sonaten für Pianoforte, für Violine und für mehrere Instrumente. – 3 Motetten. – 3 Variationen über Themen aus Mozart’s Opern. – 2 Quartetten, eines in G, ein [244] zweites in C magg. – 3 Symphonien für größeres Orchester, eine in Es in Leipzig 1808 aufgef. – 1 Oboe-Concert. – Lieder und Gesänge. 1 italienischer Chor, 9 italienische Lieder, meist nach Worten von Piatoli, und nachstehende deutsche Lieder: Deutsches Lied in B-dur: „Der Tag, der uns zu Euch geführet“; – „Sein Liebchen nannt’ er auch sein Täubchen“, für 1 Sopranstimme mit Orchesterbegleitung. – „Der Engelgarten“ von Mahlmann, deutsches Lied für’s Clavier. – „Tändeley“ von Salis. – „Rundgesang“ von Mahlmann. – „Ständchen“ von Bürger. – „Die Entfernten“ von Salis. – Parodie zu Miller’s Lied: „Bester Jüngling, meinst du’s ehrlich?“ – „Trinklied“ von Voß: „Wir Brüder sind noch Zecher“. – „Der arme Thomas“ von Falk. – „Am Aschermittwoch“ von J. G. Jakobi. – „Der Wald“ von C. F. Weiße. – „An das Clavier“. – „Thräne des Abschieds“. – „Das harte Mädchen“ von Bürger. – „Die Mutter an der Wiege: „Schlaf, süßer Knabe, süß und mild“. – „Romanze aus Kotzebue’s „Graf Benjowsky“: „Komm’, fein Liebchen, komm’ an’s Fenster“. – „Geistliches Lied“ von Gellert. – „Preis des Schöpfers“ von dems. – „Trost des ewigen Lebens“ von dems., die vorgenannten deutschen Lieder sämmtlich mit Begleitung des Pianoforte. – „Rundgesang für Solo und gemischten Chor“, im I. Jahrg. der Leipziger musikal. Zeitung mitgetheilt. Auch hat R. Gluck’s Oper „Alceste“ für das Cembalo bearbeitet. Einiges, jedoch der verhältnißmäßig kleinste Theil von R.’s Compositionen ist im Drucke erschienen, Mehreres, vielleicht das Meiste, dürfte sich im fürstlich Lobkowitz’schen Musik-Archive vorfinden.
Zur Biographie Joseph Rösler’s. Dlabacz (Gottfried Joh.), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Haase, 4°.) Bd. II, Sp. 588 [führt ihn als Rößler auf). – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VI, S. 98, Nr. 3. – Slovník naučný, Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VII, S. 581, Nr. 1 [nach diesem geb. zu Stavnica in Ungarn im Jahre 1773, gest. am 28. Jänner 1812]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 402 [nach diesem geb. zu Prag, gest. ebenda 29. Jänner 1812]. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 732 [nach diesem gest. am 28. Jänner 1812]. – Porträt. Ein solches, und zwar im Schattenriß, soll sich im Conservatorium in Wien befinden, und nach einer dort beigefügten Anmerkung soll dasselbe die größte Aehnlichkeit haben. Herausgeber dieses Lexikons hat es nicht gesehen und besitzt es auch nicht in seiner reichen Sammlung.