BLKÖ:Puell, Philipp Nerius

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Püchler, die Familie
Band: 24 (1872), ab Seite: 55. (Quelle)
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Puell, Philipp Nerius (gelehrter Augustiner-Chorherr, geb. zu Botzen in Tirol 26. Mai 1728, gest. im Chorherrenstifte Neustift 27. Jänner 1801). Besuchte das Gymnasium und die philosophischen Jahrgänge zu Innsbruck und trat dann, im Jahre 1746, zu Neustift in den Orden der regulirten Chorherren des h. Augustin, beendete daselbst die Theologie, erhielt 1751 die Priesterweihe und trat sofort in die Seelsorge, zunächst als Cooperator auf den beiden Stiftspfarren Kiens und Pfalzen. Alsdann in das Stift zurückberufen, versah er in diesem die Aemter des Bibliothekars, Novizenmeisters und des Capitelsecretärs, trat dann wieder in die Seelsorge zurück, und zwar als Curat in Wälschnofen und zu Ober-Mühlenbach, dann als Pfarrer zu Kiens, Astling und Naz. In vorgerückten Jahren kehrte er, bei abnehmenden Kräften dem Seelsorgedienste nicht mehr gewachsen, in sein Stift zurück, wo er als Senior desselben im Alter von 73 Jahren starb. Neben seinem Seelsorgerberufe war es das Studium der Geschichte, dem er sein ganzes Leben hindurch oblag und wozu ihm vor Allem das reichhaltige Archiv seines Stiftes die Materialien darbot; dabei trat er mit anderen zeitgenössischen Forschern und Gelehrten, u. A. mit A. Roschmann, dann dem Canonicus von Innichen, Joseph Rosch, in näheren Verkehr, machte aus verschiedenen anderen Archiven seiner nächsten Umgebung sorgfältige Aufzeichnungen, copirte wichtige Urkunden u. s. w. und brachte auf diese Weise ein reiches und werthvolles historisches Materiale zu Stande. Im Drucke gab P. nur wenig heraus, nämlich nur eine Biographie des Bischofs Hartmann, den er als Gründer seines Stiftes ansah. Sie erschien unter dem Titel: „Heiligmässiger Lebenswandel des seliges Hartmann, Bischofs zu Brixen und Tyrol. Aus verschiedenen alten Urkunden, bewährten Schriftstellern und Nachrichten u. s. w.“ (Brixen 1768). Diese anläßlich des fünfzigjährigen Priesterjubiläums des Fürstbischofs Leopold Maria Grafen von Spaur herausgegebene Festschrift war eigentlich nur der Vorläufer einer größeren, sehr umfangreichen, von P. bereits im Jahre 1765 vollendeten Arbeit über denselben Gegenstand, welche er nach nochmals vorgenommener kritischer Durchsicht zu veröffentlichen beabsichtigte, was er jedoch nicht gethan. In der Folge wendete er sein Augenmerk der Geschichte seines Vaterlandes zu und arbeitete daran über 30 Jahre. Nachdem er viele Jahre nur das erforderliche Urkunden- und Quellenmaterial gesammelt und mit demselben bis an das Ende des 15. Jahrhunderts gelangt war, faßte er das Ergebniß [56] seiner Forschungen in ein zusammenhängendes Ganzes zusammen. Es sind vier Foliobände in Handschrift in lateinischer Sprache, welche im Archive seines Stiftes niedergelegt sind. Ebenda befindet sich ein von ihm vollendetes tirolisches Diplomatarium, eine Sammlung alter tirolischer oder auf Tirol Bezug habender Urkunden aus verschiedenen Archiven. Auch beschäftigte er sich mit Studien über die Geschichte der Grafen von Andechs, denen zwei schätzbare Abhandlungen zu verdanken sind. Die eine: „Examen genealogiae Comitum de Andechs et Tyrolis“, schickte er an die churbayerische Akademie der Wissenschaften, welche ihm darauf, 1785, das Diplom eines außerordentlichen Mitgliedes sandte. In der zweiten Abhandlung gibt P. die „Beweise aus ächten Urkunden, daß die Grafen von Andechs niemals Grafen von Tyrol, noch minder Herzoge vom heutigen Meran in der Grafschaft Tyrol gewesen sind, auch nicht sein konnten.“ P. war ein vertrauter Freund des tirolischen Geschichtsforschers Anton Roschmann und zugleich mit diesem in einen seiner Zeit viel Staub aufwirbelnden Streit mit dem Roveredaner Geschichtsforscher Girolamo Tartarotti, dem Verfasser des berühmten Werkes: „De arte critica“ und der „Geschichte über den Ursprung der Trientiner Kirche“ verwickelt.

Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von Ebersberg (Wien, gr. 8°.) Jahrg. 1838, Bd. II, S. 628. – Der deutsche Antheil des Bisthums Trient u. s. w. (Brixen 1866, A. Wager, 8°.) 1. Lieferung, S. 101. – Staffler (Johann Jacob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felician Rauch, 8°.) Bd. II, S. 119. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 321. – Ganz abweichende Geburts- und Todesdaten gibt die Bäuerle’sche „Theater-Zeitung“ 184., S. 68, nach dieser ist Puell am 26. Juni 1728 geboren, am 19. Jänner 1801 zu Nonzell gestorben.