BLKÖ:Prochazka, Joseph

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 23 (1872), ab Seite: 340. (Quelle)
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Prochazka, Joseph (Arzt und Schriftsteller, geb. zu Neuhaus in Böhmen 16. Februar 1811, gest. ebenda 18. Juni 1856). Seine Eltern betrieben in Neuhaus ein Müllnergeschäft; er besuchte daselbst die unteren Schulen und das Gymnasium, die philosophischen Studien machte er zu Pilsen unter Sedlaczek und Smetana, dann trat er in das Franziskanerkloster Maria Schnee zu Prag, in welchem er drei Jahre als Noviz zubrachte und Theologie studirte. Aber noch vor Ablegung der Ordensgelübde verließ er im Jahre 1835 das Kloster und begann nun das Studium der Medicin an der Prager Hochschule. Während dieser ganzen Zeit studirte er fleißig böhmische Literatur und war zugleich Mitglied der Dilettanten-Gesellschaft, welche zu jener Zeit, 1835–1840, im Kajetan’schen Hause auf der Kleinseite čechische Stücke aufführte. Nachdem er die medicinische Doctorwürde erlangt, blieb er noch einige Zeit in Prag, um Chirurgie und zugleich Mineralogie zu studiren. Dann ließ er sich als praktischer Arzt in seiner Geburtsstadt Neuhaus nieder und übte nicht geringen Einfluß aus die Entwicklung des dortigen gesellschaftlichen Lebens, richtete ein Dilettantentheater ein, führte einige Zeit die Leitung desselben, that viel für die Ortsarmen u. dgl. m. In den Jahren 1848 und 1849 unterrichtete er die Gymnasial-Jugend unentgeltlich in der čechischen Sprache und in der Naturgeschichte. Er war auch mehrfach literarisch thätig, übersetzte mehrere Jugendschriften von Christoph Schmid in’s Čechische und gab sie unter dem Pseudonym Devitský heraus. Die Titel seiner Schriften sind: „Povíky pro květouci stáři“, [341] d. i. Erzählungen für das reifere Alter (Prag 1836, 8°.). Uebersetzung einer Jugendschrift von Christoph Schmid; – „Pytlácí. Kryzelda. Povídky pro dítky“, d. i. Die Wilddiebe. Gryseldis. Erzählungen für Kinder (Prag 1836, 8°.), gleichfalls Uebersetzung aus dem Deutschen; – „Poslední konsul Kafský. Povidka dle tatarských pověsti“, d. i. Der letzte Consul von Kafa. Erzählung aus dem Russischen, nach tatarischen Ueberlieferungen (ebd. 1840, 12°.); – „Varhany u sv. Pavla, povídkad“, d. i. Die Orgel bei St. Paul (Neuhaus 1840), Uebersetzung aus dem Deutschen; – „Malé povídky v listech pro rodiče a dítky“, d. i. Kleine Erzählungen in Briefen für Eltern und Kinder (ebd. 1839), aus dem Deutschen des Christoph Schmid; – „Perle a koraly, čili pověsti a báchorky rozličných světa národův“, d. i. Perlen und Korallen, oder Erzählungen und Märchen verschiedener Völker der Erde (ebd. 1842); – „Uhliř“, d. i. Der Köhler (ebd. 1844), Uebersetzung aus dem Deutschen; – „Německé a české rozmluvy“, d. i. Deutsche und čechische Gespräche (Neuhaus 1848; neue Auflage 1862); – „Malý horník a Vystěhovanci do Ameriky“, d. i. Der kleine Bergmann und die Auswanderer nach Amerika (ebd. 1849), Uebersetzung aus dem Deutschen des Gustav Nieritz; – „Nerostopis“, d. i. Mineralogie (ebd. 1852, neue Aufl. 1862); – „Ctnost a pokora“, d. i. Tugend und Demuth (ebd. 18..); – „Ztracené ditě. Svěcení věže. Boháč a lazar“, d. i. Die verlornen Kinder. Der Leuchtthurm. Der Reiche und der Bettler (ebd. 1858); – „Stařeček z hor. Bratři. Dve povídky pro ditky“, d. i. Der Alte aus den Bergen. Die Brüder. Zwei Erzählungen für Kinder (Neuhaus 1841); die erste Erzählung übersetzte Joh. Pospischil, die zweite Joseph Prochaska[WS 1]; außerdem bearbeitete P. mehrere deutsche Theaterstücke für die čechische Bühne, welche auf dem Theater zu Prag mehrere Male gegeben und dann auch in Tyl’s „Thalia“ durch den Druck veröffentlicht wurden, und zwar Castelli’s „Zwei Freunde und ein Rock“ (Dva přátelé a jeden kabát); – Töpfer’s „Guter Ton“ (Dobry ton) und „Der Tagesbefehl“ (Vévodův rozkaz). Viele kleinere Arbeiten, Erzählungen, Novellen u. dgl. m., theils Original, theils Nachbildung, schrieb er für die čechischen Unterhaltungsblätter „Jindy a nyni“, „Květy“, „Lumír“, in welch letzterem überdieß seine schätzbarste Arbeit, für welche er seit Jahren die Materialien und Quellen gesammelt, nämlich die Geschichte der Stadt Neuhaus (im Jahre 1854) im Drucke erschienen ist. Im Vorstehenden ist eine vollständige Uebersicht der selbstständig erschienenen Schriften Joseph Prochazka’s mitgetheilt, jene in Doucha’s „Knihopisny slovník“ ist unvollständig, in Jungmann’s „Historie literatury česke“ aber sind mehrere Schriften des Pfarrers Adalbert Prochazka [S. 345, in den Quellen, Nr. 1] und des Arztes Joseph Prochazka verwechselt. Dem im schönsten Mannesalter verstorbenen Arzte wird nachgerühmt, daß er ein „rastloser Unterstützer der Armuth“ gewesen.

Bohemia (Prager polit. und belletrist. Blatt. 4°.) 1856, Nr. 151. – Ostdeutsche Post (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1856, Nr. 150. – Lumír (čechisches belletr. Blatt, schm. 4°.) 1856, Nr. 26, S. 623. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, I. L. Kober, gr. 8°.) Bd. VI, S. 983, Nr. 6.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Prochasa.