BLKÖ:Potocka, Sophie Gräfin (geb. um 1773)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Potocki, Paul
Band: 23 (1872), ab Seite: 166. (Quelle)
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31. Sophie Gräfin Potocka (geb. um 1773, gest. zu Berlin 1823). Zweite Gemalin des Grafen Stanislaus Felix Potocki (gest. 14. März 1810). Die Lebensgeschichte dieser ebenso durch ihre große Schönheit wie durch ihre Geschicke merkwürdigen Frau, war schon Gegenstand mehrfacher Erörterungen, die jedoch, wie interessant sie auch lauten mögen, ohne auf die Familienacten gestützt zu sein, keinen authentischen Werth besitzen. Nach Einigen wäre sie einem verarmten Stamme der berühmten Familie Kantakuzeno entsprossen, in Constantinopel von dem damaligen französischen Gesandten Marquis de Vauban, n. A. du Barry, den verarmten Eltern um eine Summe Geldes abgekauft und auf Vauban’s Kosten erzogen worden. Als der Gesandte nach Frankreich zurückberufen ward und auf seiner Reise in die Heimat in der russischen Festung Kamieniec Rast machte, sah der Gouverneur der Festung Graf de Witt die schöne Sophie und verliebte sich sterblich in sie. Als auch Sophie Gefallen fand an dem jungen und schönen Gouverneur[WS 1], stand dem von ihm gefaßten Plane der Entführung nichts mehr im Wege, die denn auch vollkommen gelang. Als de Witt später mit Sophien, die seine Gattin geworden war, in Hamburg sich aufhielt, traf er daselbst mit Stanislaus Felix Grafen Potocki zusammen. Diesem erging es, als er Sophien de Witt sah, geradeso, wie es de Witt beim ersten Anblicke Sophien’s ergangen war. Graf Potocki verliebte sich so sehr in die schöne Frau, daß er de Witt eines Tages folgenden Vorschlag machte: Hier Herr Graf sind zwei Papiere, das eine eine Scheidungsacte, welche, wenn sie unterschrieben haben, auch von ihrer Gattin unterschrieben werden wird; das andere ein Wechsel auf zwei Millionen, zahlbar nach Sicht durch meinen hiesigen Banquier. Der Graf de Witt, in pecuniärer Bedrängniß, ferner gedenkend, wie er gegen Vauban vorgegangen und besorgend, daß es ihm von Seite Potocki’s geradeso ergehen könnte, fand es angezeigt, den Scheidungsact[WS 2] zu unterzeichnen und den Wechsel anzunehmen. Nun wurde Sophie Gräfin de Witt Gattin des Grafen Stanislaus Felix Potocki, dessen Lebensskizze weiter unten [Nr. 37], folgt. Gräfin Sophie Potocka war bald eine gefeierte Schönheit. Als sie zu Petersburg am Hofe erschien, wurde sie nur „Die Diamantenfee“ genannt. Sie wurde bald Witwe, denn Graf Stanislaus Felix Potocki starb im Jahre 1810, n. A. gar schon 1805. Obwohl die Gräfin ein dem Glanze und Vergnügen gewidmetes Leben führte – sie verweilte meist auf ihrer prachtvollen Besitzung Tulczyn in Rußland – so war sie doch im hohen Grade mildthätig; jeden Tag bezeichnete sie durch eine Wohlthat, Indem sie die Güter selbst verwaltete, linderte sie das Los ihrer Leibeigenen, beförderte den Landbau, errichtete gemeinnützige Anstalten und that Gutes, wo sie nur konnte. Graf de la Garde entwirft ein ungemein liebliches Bild von dieser ihrer Schönheit und Herzensgüte wegen gefeierten Dame. In Folge eines Brustleidens reiste sie nach Berlin, wo sie die berühmtesten Aerzte consultirte, ohne jedoch Rettung zu finden, denn sie starb daselbst, kaum 50 Jahre alt. Ein Pastellgemälde, welches sie darstellt und dessen märchenhafte Schönheit noch heut Gegenstand allseitiger Bewunderung ist, befindet sich unter den [167] Curiositäten des kön. Kupferstich-Cabinetes in Berlin. Gräfin Sophie hatte aus ihrer ersten Ehe mit Grafen de Witt einen Sohn, der später als General und berühmte Männerschönheit auf dem Congresse in Wien viel Aufsehen erregte; aus ihrer zweiten Ehe aber mit Grafen Potocki drei Kinder, einen Sohn Boleslaus Georg (geb. 1806) und zwei Töchter: Sophie (geb. 1807), vermält (seit 1829) mit Grafen Kisseleff, und Olga (geb. 1810), vermält (seit 1828) mit Leo Grafen Narischkin. Frau Louise Mühlbach hat erst in jüngster Zeit in dem von ihr herausgegebenen „Damen-Almanach für 1870“ (Leipzig, Dürr) die Schicksale der Gräfin Sophie zum Vorwurfe einer historischen Novelle genommen und den Almanach mit dem Bildnisse dieser schönen Frau in Stahlstich ausgestattet, wofür ihr mehr Dank gebührt, als für ihre Gebilde der Phantasie. [Berliner Revue (1868), 52. Bd., 3. u. 4. Heft. – Leipziger Lesefrüchte (gesammelt von Dr. Greif), IV. Jahrg. (18356), Nr. 10: „Die Gräfin Potocka“. – Gartenlaube (Leipzig, E. Keil, 4°.) Jahrg. 1867, S. 655: „Eine berühmte Schönheit“, von Holzhausen.][BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Potocka, Sophie Gräfin [Bd. XXIII, S. 166, Nr. 31].
    Daheim. Herausg. von Dr. Rob. Koenig (Leipzig, Velhagen und Klasing in Bielefeld, gr. 4°.) VIII. Jahrg. (1872), Nr. 18, S. 278: „Aus dem Leben einer schönen Frau“ (Sophie Potocka) [mit Holzschnittbildniß nach einem Pastellbilde im Berliner Museum auf S. 277]. [Band 28, S. 369]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gouveneur.
  2. Vorlage: Scheidunsact.