BLKÖ:Potocki, Stanislaus (Starost von Belz)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 23 (1872), ab Seite: 168. (Quelle) | |||
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Gertrude Komorowska [S. 158, Nr. 18] trauen, deren trauriges Geschick so vielfach Stoff poetischer Behandlung gewesen. Nach Anderen heißt obiger Stanislaus mit dem Taufnamen Felix, was Andere wieder zu der Annahme verleitete, daß Stanislaus Felix [Nr. 37] der Held der oberwähnten Trauergeschichte sei. Bei der Verworrenheit der vorhandenen Familiendaten, bei der Willkürlichkeit im Gebrauche der Taufnamen, da Stanislaus Felix, bald Stanislaus allein, bald wieder Felix allein, bald Felix Stanislaus, mit der Betonung des ersten Namens u. s. w. genannt wird, läßt sich darüber nichts Bestimmtes sagen. –
36. Stanislaus P. war Starost von Belz und ein Sohn des Franz Sales Potocki, Wojwoden von Kiew. Er ließ sich heimlich mit der nachmals so unglücklichen37. Stanislaus Felix Potocki[WS 1] (Artillerie-General, geb. im Jahre 1752, gest. zu Tulczyn, nach Einigen schon 1805, nach Anderen 14. März 1810). Ein Sohn des Andreas Potocki aus dessen Ehe mit Anna, Tochter des Wojwoden von Smolensk, Stanislaus Potocki [nach dem genealogischen Taschenbuche der gräflichen Häuser 1862]; nach Anderen des Franz Sales P., Wojwoden von Kiew [Encyklopedija powszechna, Bd. XXI, S. 433]. Im Elternhause, später im Auslande erzogen, trat er in jungen Jahren bei der Cavallerie der vaterländischen Armee ein, welche er aber im Jahre 1780 wieder verließ. Im Jahre 1782 wurde er Wojwode, zwei Jahre später General-Lieutenant. 1788 legte er, um Deputirter der Wojwodschaft Bracław zu werden, seine Wojwodschaft nieder; dann wurde er Kronmarschall. Zu gleicher Zeit kaufte er von Brühl die Feldzeugmeisterstelle der polnischen Artillerie um 20,000 Stück Ducaten. Auf dem denkwürdigen vierjährigen Landtage spielte Graf St., anfänglich eine volksthümliche Figur und brachte ansehnliche Opfer dem bedrängten Vaterlande dar. Mit einem Male aber war er wie umgewandelt, widersetzte sich mit aller Entschiedenheit den Beschlüssen des Landtages, welcher im Mai 1791 eine monarchische Verfassung einführen wollte, wodurch allein noch der in, Staate herrschenden Anarchie und seinem Untergange vorgebeugt werden konnte. In diesen Tendenzen stimmte der Graf vollkommen mit jenen Rußlands überein. Um nun von Rußland Unterstützung für seine Pläne zu erlangen, begab er sich nach St. Petersburg, trat im Mai 1792 im Vereine mit Rzewuski und Branicki zusammen und proclamirte mit ihnen den berüchtigten Targowitzer Protest, welcher gegen die 91ger Verfassung entschieden protestirte und deren Zurücknahme verlangte, Die russische Armee, die in Polen einrückte, unterstützte dieses Vorhaben; der König Stanislaus August trat nun selbst der Targowitzer Conföderation bei und unter Rußlands Auspicien und Potocki’s Einflusse trat nun der Landtag von Grodno, der letzte polnische Landtag, zusammen. Dieser hob die monarchische Verfassung von 1791 auf und besiegelte die Theilung Polens. Man wirft dem Grafen vor, daß er den König Stanislaus August beseitigen und selbst die Krone Polens tragen wollte. Indessen stand Graf P. in russischen Diensten. In seinem Vaterlande ließ freilich die patriotische Partei nicht so willkürlich über Land und Volk verfügen, Männer wie Kosciuszko, Kollątaj, des Grafen Stanislaus Felix Vetter, Graf Ignaz [Nr. 20] erhoben sich und riefen das ganze Land gegen die Russen zu den Waffen, dem Grafen Stanislaus wurde der Proceß gemacht, seine Güter confiscirt, aber was half das Alles? Polen war verloren und Rußland vollkommen in der Lage und Willens, den Grafen gegen diese Maßnahmen zu schützen. Die Kaiserin Katharina II. ernannte den Grafen zum General en chef der russischen Armee, nachdem sie ihm früher schon den Alexander Newski-Orden verliehen hatte. Im Jahre 1797 zog sich der Graf auf seine Güter nach Tulczyn zurück und lebte daselbst, zurückgezogen von allen öffentlichen Geschäften, ausschließlich der Bewirthschaftung seiner [169] ausgedehnten Besitzungen. Dort brachte er bis an sein Lebensende zu, das nach Einigen schon 1805, nach Anderen aber erst 1810 erfolgte. Nähere Umstände über sein Leben enthalten die Memoiren von Chrzązczewski (Pamiętniki Chrząszczewskiego). Außer seinen zahlreichen, auf dem vierjährigen Landtage gehaltenen Reden, welche theils einzeln, theils in den Sammlungen der Landtagsreden gedruckt erschienen sind, hat der Graf noch herausgegeben: „O sukcessyi tronu w Polsce“, d. i. Von der Thronnachfolge in Polen (Amsterdam 1789, 8°.); – „Protestacya przeciw sukcessyi tronu“, d. i. Protest gegen die Thronnachfolge (ebd. 1790); – „Odezwa obywatela i posła do narodu“, d. i. Aufruf eines Edelmannes und Abgeordneten an das Volk (Warschau 1790). Noch trägt das Werk: „Historyja naturalna czyli zabawy przyjemne i pożyteczne“, d. i. Naturgeschichte oder angenehme und nützliche Unterhaltungen, 3 Bde. (Machnowska 1805, 8°.) den Namen des Grafen als Autor dieses Werkes. Dieses Werk aber ist nichts weiter als der Wiederabdruck einer von Godebski und Kossecki unter dem Titel: „Zabawy przyjemne i pożytecne“ herausgegebenen Zeitschrift, und wie dieser Wiederabdruck zu dem Autornamen des Grafen kommt, ist nicht bekannt. Graf Stanislaus Felix war zweimal vermält, seine erste, 1798 verstorbene Gemalin war Josephine Amalie Gräfin Mniszech [vergl. Nr. 24], seine zweite Sophie Gräfin de Witt [vergl. Nr. 31]. [Baur (Samuel), Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 256. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon. Zweite Abthlg., Bd. IV, S. 736, Nr. 4 (nach diesem geb. 1750, gest. 1803). – Biographie nouvelle des Contemporains etc. Par MM. A. V. Arnault; A. Jay; E. Jouy; J. Norvin et autres hommes des lettres (Paris, librairie historique, 8°.) Tome XVII, p. 43. – Dictionnaire biographique et historique, des hommes marquans de la fin du dix-huitième siècle (Londres 1800, 8°.).) Tome III, p. 198. – Dziennik literacki, d. i. Literarisches Tagblatt (Lemberg, gr. 4°.) 1860, Nr. 72 u. f.: „Charakterystyka Szczęsnego Potockiego“. – Encyklopedija powszechna, Bd. XXI, S. 433. – Auch behandelt der von Dr. Aug. Kuhn herausgegebene Freimüthige (Berlin, 4°.) 22. Jahrg. (1825), Nr. 1–10, in einer „Die Grafen von Potocki“ betitelten Erzählung die Jugendliebe eines Felix Potocki. Die Erzählung ist von Jenny Herbst nach, wie sie ausdrücklich schreibt, einer wahren Begebenheit verfaßt. Es ist nämlich die traurige Geschichte von Gertrude Potocka, gebornen Komorowska [Nr. 18], deren Geliebter und Gatte auch ein Stanislaus Potocki, doch von einer anderen Linie dieses Hauses gewesen. In der Novelle heißt der Graf Felix. Die Belletristik nimmt es mit Taufnamen und auch sonst mit der Geschichte nicht eben genau. – Porträt. J. Lampi p. J. S. Klauber sc. (Fol.). – Medaille. Anläßlich einer von P. im Jahre 1786 errichteten Legion wurde eine Medaille in Bronze geprägt]. –
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Stanislaus und Stanislaus Felix sind eine Person.